~Kapitel 10~
"All these voices in my head get loud
I wish that I could shut them out
I'm sorry that I let you down"
~Let you Down - NF~
Shawn
"Hey. Wach auf!" brummte ich gelangweilt und wartete darauf, dass das Mädchen vor mir aufwachte.
Die Party konnte ich gestern Abend vergessen, die Laune war mir definitiv vergangen nach diesem Anblick.
Wie konnte man ein unschuldiges Mädchen auch so zurichten?
Ich hatte bereits Vieles gesehen aber das hatte den Vogel abgeschossen.
Die blutigen, aufgeplatzten Wunden an ihrem zierlichen Rücken hatten sich in mein Gedächtnis gebrannt und ja, ich hatte Mitleid mit ihr.
Außerdem hatte ich es gehasst ihr nochmal genauso weh tun zu müssen, doch hätte ich ihre Wunden nicht versorgt, wäre sie vermutlich noch an einer Blutvergiftung drauf gegangen und darauf konnte ich in meinem Haus verzichten.
"Wach doch endlich auf!" zischte ich genervt und beobachtete, wie sie ihre großen Augen öffnete und sich verwirrt umsah.
Zuerst sah sie friedlich aus, doch nachdem sie sich auch nur einen Millimeter bewegt hatte, verzog sie ihr Gesicht vor Schmerzen.
Sowas heilt nunmal nicht über Nacht.
"Steh auf und geh nach Hause." forderte ich kalt und beobachtete ihren überforderten Gesichtsausdruck.
Was? Hatte sie etwa erwartet hier bleiben zu dürfen?
Ich hatte absolut kein Interesse daran am Ende eine Anzeige wegen Entführung oder so einer Scheiße am Hals zu haben.
Sie soll schön nach Hause gehen und mit ihren Eltern ein Krankenhaus aufsuchen.
Ich bin schließlich nicht verantwortlich für sie.
Ich kannte nicht mal ihren Namen. Er war mir auch ziemlich egal. Außerdem brauchte ich den Raum.
"Ja.." murmelte sie eingeschüchtert und versuchte sich auf ihren Armen abzustützen.
Wie in Zeitlupe hob sie sich von der Matratze und ihr Blick fiel auf das blutige Bettlaken unter ihr.
"T-Tut.. Mir leid." stotterte sie und ich verdrehte lediglich die Augen.
"Ich kümmer mich drum. Und jetzt mach dass du verschwindest." so langsam verlor ich die Geduld, sie sollte endlich verschwinden. Je länger sie hier war, desto mehr.. Ach egal.
Ich beobachtete weiterhin, wie sie sich vom Bett erhob und sich überfordert umsah.
"Da liegt ein Shirt für dich." sagte ich und nickte zur Kommode, die an der Wand stand. Sie humpelte hilflos darauf zu und versuchte es sich über den Kopf zu ziehen, scheiterte dabei jedoch kläglich.
Ich stieß einen genervten Laut aus und trat auf sie zu, um ihr zu helfen, doch sie verlor das Gleichgewicht und lehnte hilflos an der Wand.
"Stell dich nicht so an." knurrte ich.
"Tut mir leid." ihre Stimme bebte und ich befürchtete, sie würde bald wieder anfangen zu heulen. Darauf konnte ich verzichten.
"Ich helf dir mit dem Shirt." sprach ich ruhiger und wollte ihr helfen das Shirt über ihren komischen Bühnen-Fummel zu ziehen. Das hätte tatsächlich heiß aussehen können, doch doch die Blessuren an ihrem Körper waren nicht sonderlich attraktiv. Außerdem erhöhten sie meine Aggressivität, weshalb sie schnellstens abgedeckt werden sollten.
Nachdem sie erneut hin und her schwankte, hielt ich sie an ihren Oberarmen fest, bevor sie umfallen konnte.
"Geht's wieder?" wollte ich wissen, doch sie schüttelte den Kopf. Ich biss die Zähne zusammen. Flipp jetzt nicht aus, Man.
"Was ist los?"
"Mir ist schwindelig. Und übel. Mir ist so warm." hauchte sie leise und ich sah, wie ihre Augenlider flimmerten.
Sie hatte dunkle Schatten unter den Augen. Ein großer blauer Fleck zierte ihr Gesicht und Schweißperlen standen ihr auf der Stirn.
Ohne sie vorzuwarnen legte ich meine Hand auf ihre Stirn und musste zu meinen Missgunsten feststellen, dass sie definitiv Fieber hatte.
Sie begann etwas Unverständliches vor sich hin zu Murmeln und ich hob eine Augenbraue.
"Na klasse. Also zurück ins Bett." gab ich genervt von mir und half ihr dabei, sich wieder seitlich ins Bett zu legen.
Noch immer redete sie vor sich hin und ich fuhr mir verzweifelt durch die Haare.
Ich verließ das Zimmer, um im Bad entzündungshemmende Medikamente zu suchen.
Schließlich nahm ich Tropfen, die ich in ein Glas mit Wasser abfüllte und ging erneut mit Desinfektionsmittel, Tüchern und den Tropfen ins Gästezimmer zurück.
Sie lag unruhig da und redete. Das konnte heiter werden.
Ich kniete mich zu ihr ans Bett und hielt ihr das Glas hin. Sie sah mich aus großen verwirrten Augen an.
Sie hat eine schöne Augenfarbe. Nur leider waren sie matt und leblos. Sie strahlten Nichts aus, rein gar nichts. Als wäre dieses Mädchen nur eine leblose Hülle.
"Trink das, es wird helfen." sagte ich und konnte sie dazu bringen, das Glas leer zu trinken.
Jetzt war sie doch wieder mein Problem. Aber so wie sie beisammen war, konnte nicht mal ich sie vor die Tür setzen. Und ich war sonst bereit viele herzlose Dinge zu tun.
"Wir müssen deinen Rücken nochmal sauber machen." sprach ich und sie schüttelte energisch den Kopf.
"Doch. Es führt kein Weg daran vorbei." blieb ich bei meinen Worten und begann ihre Verletzungen erneut sauber zu machen.
Und auch heute schien es nicht weniger schmerzhaft zu sein, ihrer Reaktion nach zu urteilen.
Als ich fertig war, setzte ich mich wieder vor sie auf den Boden.
"Wie ist das passiert?" fragte ich nach, weil ich eindeutig zu neugierig war. Sie blinzelte ein paar Mal und atmete erschöpft ein und aus.
Das Saubermachen schien sie ganz schön an den Rand des Bewusstseins gedrängt zu haben.
Und natürlich wollte ich ihr diese Schmerzen nicht zufügen, doch mir blieb keine andere Wahl.
Wenn sich die Striemen weiter entzünden, würde das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Blutvergiftung führen.
Und die waren nicht sonderlich angenehm.
"Er war wütend." antwortete sie nach einer Weile abwesend.
"Wer?"
"Mein Chef." antwortete sie und ich hatte das Gefühl, sie bekam gar nicht wirklich mit, dass sie mit mir sprach. Immer wieder schloss sie die Augen. Man sah ihr die Erschöpfung an. Vermutlich würde sie sich gar nicht mehr daran erinnern, sobald es ihr besser ging.
"Wieso kündigst du dann nicht einfach?" wollte ich verwirrt wissen.
Schön, vielleicht brauchte sie das Geld aber war es das wert?
Sie konnte doch genauso gut als Kellnerin arbeiten anstatt sich verprügeln zu lassen.
Sie wirkte auf mich ganz und gar nicht wie ein Mädchen, das gerne für fremde Männer an einer Stange tanzte.
"So leicht ist das nicht." hauchte sie.
"Wieso nicht?"
"Er ist.. Auch mein.. Vater.." murmelte sie noch, bevor sich ihre Augen endgültig schlossen.
Ich wich aufgrund ihrer Worte ein Stück zurück und spürte, wie sich eine enorme Wut in mir staute.
Eine Frau sollte nie geschlagen werden. Niemals.
Doch die Tatsache, dass es ihr eigener Vater war, der sie scheinbar nicht nur dazu Zwang sich vor Anderen auszuziehen, sondern auch derartig verprügelte, dass dieses Mädchen nun in halb bewusstlosem Zustand vor mir lag, machte das Ganze noch viel schlimmer.
Ich stand vom Boden auf und begann auf und ab zu laufen.
Mach dir keine Gedanken, Man. Es hat dich nicht zu interessieren. Es ist nicht dein Leben, also nicht deine Verantwortung. Streich sie einfach wieder aus deinem Kopf, vergiss dass sie letzte Nacht hier aufgetaucht war und was ihr widerfahren ist.
Wie soll ich diesen Anblick ignorieren? Ich kann sie nicht einfach ihrem Schicksal überlassen.
Das ist ihr Kampf. Nicht deiner.
"Aber wäre sie Aaliyah.." murmelte ich vor mich hin und ging weiter auf und ab.
Ist sie aber nicht! Haben wir uns verstanden? Sie ist nicht Aaliyah und auch sonst Niemand, der dich zu interessieren hat.
"Aber.." begann ich verzweifelt. Wenn ich sie jetzt auf die Straße setze, wird sie das nicht überleben. So kalt kann nicht mal ich sein.
Das wird übel ausgehen. Du musst sie loswerden. Du musst dafür sorgen, dass sie hier verschwindet, wenn sie wieder wach wird. Du hast genug Probleme. Sie wird nur Ärger machen. Kapiert?
"Ja.." flüsterte ich und drehte mich um, um den Raum zu verlassen.
+++
Ein kleiner paranoider Shawn, der mit der Stimme in seinem Kopf redet. Was halten wir davon? Allgemein, was sagt ihr zu Shawn's Reaktion und Verhalten? Wird er sie wirklich rausschmeißen, wenn sie wieder wach wird?
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