8 - Der Geruch von Alkohol

Bei den Toiletten angekommen spürte ich, wie mir Tränen durch mein Gesicht liefen. 

Ich hielt meinen Kopf gesenkt, damit die beiden Mädchen vor mir es nicht sehen würden.

Ich lief zu den Waschbecken und versuchte die Reste ihres dämlichen Milchshakes aus meinen blonden Haaren zu waschen.

"Madison ist ein Miststück. Das wird sie zurück bekommen, ich schwöre es."
Lox lehnte an der Wand und wirkte, als würde sie irgendwelche teuflischen Rachepläne für Madison schmieden, während Camila neben mir stand und mir Papierhandtücher reichte.

"Ich versteh nicht, was ihr Problem ist. Sie hat doch Alles, also wieso hackt sie auf Schwächeren rum?" fragte Lox und stieß sich von der Wand ab. 

"Nichts für ungut." hing sie hintendran und suchte durch den Spiegel Blickkontakt zu mir.

Ich tupfte meine Haare trocken und wagte einen Blick in mein Gesicht. 

Meine Augen waren rot von den Tränen und ließen mich wie ein Zombie aussehen. 

Meine Haut war blass und meine Sommersprossen stachen ins Auge. Poröse Lippen, trockene Haut, alles was zu einer kompletten Katastrophe gehörte.

"Wovon hat Madison da gesprochen? Mit deiner Mum?" fragte Camila plötzlich vorsichtig und ich sah sie erschrocken an.

Wie ich sie kennengelernt hatte, war sie sehr sensibel zu wissen, was man Leute fragen sollte und was nicht, deshalb überraschte es mich, dass sie mich darauf ansprach. Denn es war offensichtlich Etwas, worüber ich nicht einmal sprechen würde, wenn ich könnte.

"Wahrscheinlich wird sie dir antworten." sagte Lox nun ironisch und verschränkte die Arme. 

Ich wusste, dass sie es nicht böse meinte, sondern Madison sie echt wütend zu machen schien.
Vielleicht war mal etwas zwischen ihnen vorgefallen oder sie kann Menschen wie Madison einfach nicht abhaben.

"Du redest nicht wegen einem Schock? Hat es etwas mit deiner Mutter zutun?" fragte sie weiter, obwohl ich dachte sie würde es spätestens jetzt merken, dass ich nicht drauf angesprochen werden möchte.

"Ist ihr was passiert?" hakte sie weiter nach und das war der Punkt an dem ich begriff, was ich hier eigentlich tat. 

Ich hatte diese fremden Menschen schon viel zu nah an mich ran gelassen und anscheinend erwarteten sie jetzt sowas wie eine Freundschaft zwischen uns.

Doch das würde nie funktionieren. Sie sollten mich einfach aus ihren Köpfen streichen und ignorieren, wie all die anderen Schüler auch.

Ich schnappte mir meine Tasche vom Boden und lief an den Beiden vorbei in den Schulflur.

"Livi warte! Es tut mir leid." rief Camila, doch das ignorierte ich und verließ das Schulhaus, um nach Hause zu laufen. 

Dad würde mich schon für die letzten Stunden entschuldigen.

~~~~~~

Ich öffnete die Tür des Hauses meiner Tante und das Erste, das mir entgegen kam, war der Geruch von Alkohol. 

Langsam tastete ich mich vor zum Wohnzimmer, nur um dort meine Befürchtung bestätigt zu bekommen.

Dad saß auf dem Sofa. Er starrte an die Wand und auf dem kleinen Glastisch vor ihm, ein Glas und eine Flasche Whisky. 

Er ist kein Alkoholiker.. das hoffe ich zumindest und er ist auch nie ausfallend geworden, doch zugegeben ist es in den letzten Monaten durchaus häufiger vorgekommen, dass er Alkohol trank als vor dem Verlust.

Ich setzte mich neben ihn um mich damit bemerkbar zu machen. Mitleidig sah ich ihn an, als er aufsah, obwohl ich diesen Blick von Anderen selbst hasste.

In seinen Augen spiegelte sich pure Verzweiflung und tiefe Trauer wieder und eine Träne verließ sein rechtes Auge. Er wischte sie schnell weg.

"Was machst du denn schon Zuhause? Du hast doch noch Unterricht." sagte er leise mit brüchiger Stimme und ich zuckte entschuldigend mit den Schultern.

"Verstehe.. Was ist denn mit deinen Haaren passiert?" wollte er nun wissen und ich schüttelte nur bedrückt den Kopf. 

Als ich ihm wieder in die Augen sah, wusste ich, was er brauchte. Ich rutschte näher an ihn ran und nahm seine Hand in meine. 

Ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, da ich Körperkontakt selbst bei meinem eigenen Dad momentan nur schwer ertragen konnte. Und das tat mir schrecklich leid.

"Kann ich dich in den Arm nehmen Schatz? Nur einen Moment?" fragte er bittend und ich nickte, bevor ich meine Hände um ihn schloss und ihm einen Kuss auf die Wange gab.

Einen kurzen Augenblick später löste ich mich wieder von ihm und er bedankte sich bei mir.
Es ist traurig, dass ein Vater sich für eine Umarmung seiner Tochter bedanken musste.

Ich stand auf und nahm sein Glas um den restlichen Inhalt davon in den Abfluss zu schütten. 

Wenn Tante Jane in einer Stunde von der Arbeit kommt, sollte sie die Flasche und das Glas nicht unbedingt hier sehen. 

~~~~~~

"Ich wollte mit dir reden." die sanfte Stimme von Camila drang an mein Ohr, als ich in der Mittagspause ab von allen Anderen meinen Joghurt auf dem Schulhof aß. 

Trotz der niedrigen Temperaturen schien die Sonne und das veranlasste mich dazu, mein Joghurt lieber hier draußen in einer einsamen Ecke zu essen, als auf der Schultoilette.

Ich saß auf meiner Jacke, trug jedoch noch einen weiten Hoodie, weshalb die Temperatur erträglich war. 

Nicht mehr lang und es würde beginnen zu schneien.

Sie setzte sich im Schneidersitz neben mich und zupfte ein paar Grashalme vom Boden weg.

"Das gestern war nicht okay von mir. Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was ich mir gedacht habe dich nach der Aktion mit Madison auf etwas anzusprechen, das dich scheinbar sehr mitnimmt. Es tut mir wirklich sehr leid. Verzeihst du mir? Bitte?" sie sah mich hoffnungsvoll an und ich fragte mich immer mehr, was Camila von mir wollte.

Sie ist hübsch, beliebt, hat tolle Freunde und trotzdem versuchte sie etwas wie eine Freundschaft mit einem Psycho wie mir aufzubauen.

Wieso? War ich etwa ein Projekt? Ist es Mitleid? Wann hört sie endlich auf mich damit zu belästigen?

"Also? Was sagst du?" harkte sie erneut nach. Es schien ihr ja wirklich ernst zu sein.

Ich entschied mich dazu, einen Block und einen Stift aus meiner Tasche zu nehmen und begann ihr einen Zettel zu schreiben.

"Ich bin nicht sauer, ich versteh nur nicht, was du von mir willst. Du siehst doch, was ich für ein Freak bin also gib bitte auf zu versuchen dich mit mir anzufreunden." schrieb ich auf den Zettel und gab ihn an sie weiter.

"Du bist kein Freak. Weißt du, ich will dir helfen." Also doch die Mitleidsnummer. 

"Aber das ist nicht alles, ich sehe dir an, dass du ein tolles Mädchen bist und du verdienst eine schöne Highschool Zeit. Meine Freunde und ich mögen dich echt gern.
Und mit diesem Zettel hast du gerade eine Möglichkeit geschaffen mit uns zu kommunizieren. Wir erwarten nicht von dir, dass du sprichst, aber wir würden dich echt gerne etwas rausbringen, dir unsere Stadt zeigen, die tollen Menschen hier." erklärte sie und noch immer konnte ich nicht so ganz verstehen.

"Wir gehen morgen in unser Lieblingscafe von dem ich dir erzählt habe. Bitte komm mit uns dahin." sie sah mir in die Augen und ich schüttelte sofort den Kopf.

"Aber wieso denn nicht? Das wird sicher lustig!" argumentierte sie.

"Lustig ist nicht so mein Ding." schrieb ich auf den Zettel.

"Dann machen wir es eben zu deinem Ding." lächelte sie breit.

"Du gibst nicht auf, oder?" schrieb ich auf ein neues Blatt Papier in meinem Block. 

Sie nahm mir den Stift weg und schrieb ein großes, fettes "Nö" unter meine Frage.

Unsicher sah ich sie an. 

Es war unmöglich, ich konnte doch nicht ausgehen.

~~~~~~~~~~~

Ich fühle mich so ekelhaft. Ich hab für meinen Urlaub 9 Kg abgenommen. Jetzt bin ich zurück und hab einfach schon wieder 2 Kg zugenommen. Es nervt mich so sehr. Kann dieses scheiß Figur und Gewicht Thema nicht endlich aus unserer Gesellschaft verschwinden? 

Maaan.. 

Okay, was meint ihr? Wird Livi mit den Anderen ausgehen oder nicht?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top