72 - Nebenwirkungen


Mitten in der Nacht wurde ich plötzlich wach. Ich hatte das Gefühl irgendetwas stimmte nicht.

Ich nahm mein Handy von dem kleinen Nachtkästchen und sah auf die Uhr. Es war kurz vor 3 Uhr in der Nacht und ich brummte genervt auf.

Dann fiel mir eine Sms ins Auge auf die ich den ganzen Tag gewartet hatte. Mute's Dad hatte geantwortet, doch die Worte gefielen mir ganz und gar nicht.

"Du darfst sie nicht unbeaufsichtigt lassen, wenn sie unter dem Einfluss der Tabletten steht.
Sie spielen stark mit der Psyche und können, sobald die Wirkung nachlässt, Wahnvorstellungen und Halluzinationen hervor rufen.
Sie ist nicht sie selbst, wenn sie die Tabletten genommen hat.
Pass bitte auf sie auf." stand in der Nachricht und es lief mir eiskalt den Rücken runter.

Hätte man mir das nicht vorher sagen können? Es lag doch auf der Hand dass ich die Tabletten eventuell zum Einsatz bringen musste.

Ich setzte mich auf und griff neben mich, doch das Bett neben mir war leer. Verdammte Scheiße.

Ich stellte schnell das Licht an und irrte im Hotelzimmer rum, bis mir bewusst wurde, dass sie weg ist.

Einzig und allein ein Zettel lag auf dem Bett. Mit undeutlicher Schrift stand darauf "Mum hat angerufen und gesagt ich soll nach Hause kommen."

Fuck. Fuck. FUCK.

Ich zog schnell eine Hose und einen Pulli an, bevor ich mir Schlüssel und Handy schnappte und aus dem Zimmer lief.

Wie wild geworden hämmerte ich gegen die Tür von Camila und Jack, die kurz darauf von einem verschlafenen Jack geöffnet wurde.

"Mute.." murmelte ich und aus dem Hintergrund hörte man Camila die schnell aufstand und zur Tür lief.

"Was ist mit ihr? Shawn! Rede!" sagte sie hecktisch und ich brachte zittrig heraus, dass sie weg war.

"Weg? Was heißt weg?!" fragte Jack aufgebracht, während Camila eine Jacke über ihren Pyjama anzog und in ihre Schuhe schlupfte.

Jack zog sich ebenfalls einen Pulli und Schuhe an, bevor wir zu dritt das Hotel durchsuchten.

"Sie hat einen Zettel geschrieben, dass sie nach Hause geht." brachte ich heraus und suchte quasi in jeder Ecke dieses verfluchten Hotels in der Hoffnung ich würde mein Mädchen in irgendeiner Ecke sitzend finden und könnte sie zurück ins Bett bringen.

"Nach Hause?" fragte Jack verwirrt.

"Ihr Dad hat geschrieben dass die Tabletten Wahnvorstellungen hervorrufen können." erklärte ich und wir durchsuchten die Lobby, die Nachts zum Glück nicht besetzt war.

Die dachten noch wir wären komplett Irre.

"Nach Hause. Natürlich. Ihr Haus!" sagte Camila plötzlich und ein Licht ging mir auf. Es war sinnlos hier zu suchen, wir müssen zu ihrem Haus.

Also verließen wir das Hotel und fuhren so schnell es ging mit meinem Auto durch die Straßen Toledo's. Ich versuchte mich zu erinnern, wie der Weg war, doch ich war zu aufgewühlt und schien mich schnell verfahren zu haben.

"Shawn, du fährst gleich aus der Stadt raus, auf der anderen Seite der Brücke ist schon eine andere Stadt." sagte Jack der neben mir saß.

Camila tippte auf ihrem Handy rum, wahrscheinlich versuchte sie den Weg zu finden.

"Er hat recht wir müssen.." begann sie doch plötzlich schrie Jack laut auf.

"Brems!" schrie er und ich drückte schnell auf die Bremsen.

Erst als das Auto stand wurde mir bewusst, wieso er es gesagt hatte. Vor mir auf der Straße stand sie. Einsam und allein auf der Brücke. Sie sah verwirrt aus.

Schnell stieg ich aus und rannte zu meiner Freundin, doch sie wich einen Schritt zurück und sah uns verängstigt an.

"Ich glaub.. ich hab mich verlaufen. Könnt ihr mir helfen?" fragte sie ruhig und sah sich noch immer verwirrt um.

Ihre Augen sahen rot auf, ihre Haare waren zerzaust, doch die Angst in ihrem Blick war es, was mich wirklich beunruhigte.

Ich hätte nie gedacht, dass die Nebenwirkungen so stark sein würden.

"Ja, los wir gehen zurück ins Hotel." sagte ich sanft, doch sie sah mich an als hätte ich den größten Schaden auf Erden.

"Hotel? Was redest du?" fragte sie und sah mich an, als hätte sie mich noch nie zuvor gesehen.

Wer weiß, vielleicht denkt sie das Ja.

"Ich suche meine Mum. Sie war plötzlich einfach mit meinem Bruder weg. Sie hat gesagt ich soll auch kommen aber jetzt finde ich sie nicht." sagte sie verzweifelt und sie so zu sehen, tat mir innerlich so weh.

Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte oder was ich machen sollte.

"Wir helfen dir. Komm einfach mit uns." sagte Camila sanft und einfühlsam. Doch Olivia lächelte nur kurz und schüttelte den Kopf.

"Sie sagt das funktioniert so nicht. Ich kann nur so bei ihnen sein." sie zuckte mit den Schultern und drehte uns den Rücken zu.

"Warte, was meinst du damit?" rief ihr Jack hinterher, doch sie hörte nicht.

"Oh, da ist sie doch. Seht ihr?" sie zeigte in eine Richtung. "Danke für eure Hilfe." sagte sie schließlich und lief plötzlich auf den Rand der Brücke zu.

Halt stop, was?

So schnell ich konnte rannte ich zu Olivia und hielt sie fest, doch sie wich erschrocken zurück und schubste mich von sich.

Schnell kletterte sie über das Geländer und ich griff wieder nach ihr. Alles nur das nicht.

"Hör auf damit! Das ist nicht echt, du musst es ignorieren Olivia!" rief ich, obwohl sie direkt neben mir stand.

Mein Griff verstärkte sich um ihre Arme, wahrscheinlich würde sie blaue Flecken davon tragen, doch das war mir im Augenblick sowas von egal.

Mit aller Kraft hievte ich mich über das Geländer und drückte meine Freundin dagegen, damit sie gar nicht erst daran denken konnte runter zu fallen.

"Wach endlich auf Olivia, das ist nicht echt. Das hier ist nicht echt. Du machst gerade was ganz gefährliches und das willst du nicht." sagte ich hektisch und versuchte den Blick nach unten zu meiden.

Nie würde sie freiwillig da runter springen. Nicht mit ihrer Höhenangst. Das ist nicht sie, Shawn. Denk nicht, dass sie das Jemals freiwillig tun würde.

Aber was soll ich machen.

Camila und Jack waren auch bei uns und hielten die vor sich hin halluzinierende Livi an ihren Schultern fest.

"Hör mir zu. Du kennst mich. Ich bins.. Shawn. Dein Freund. Wir haben bisher Alles gemeinsam geschafft. Bitte komm endlich zu dir."

Sie sah mich nicht an, schien mich nicht mal zu hören.

"Es ist nicht echt. Deine Mutter will noch nicht, dass du zu ihr kommst." sagte ich verzweifelt und sah zu Camila, die in Tränen ausgebrochen ist und versuchte Olivia zu halten.

"Natürlich. Du solltest sie kennen lernen." sagte sie lächelnd.

"Das werde ich auch. Irgendwann aber nicht heute, hörst du? Wenn du das tust, wirst du sterben, willst du das?" fragte ich und sie sah mich ängstlich an und schüttelte den Kopf.

"Bitte.." meine Stimme brach und ich spürte wie eine Träne über meine Wange lief.

"Bitte komm zu dir. Ich brauche dich. Ich liebe dich. Du hast mich zu einem besseren Menschen gemacht und ich weiß nicht wo ich heute ohne dich wäre.
Du bist Alles für mich und ich werde dich nicht springen lassen. Ich halte dich fest.
Ich werde dich dein Leben lang halten und dafür sorgen, dass du nicht fällst, hörst du?" sprach ich verzweifelt zu ihr und sie lächelte mich verliebt an.

Wie ich dieses Mädchen liebe. Ich vergöttere sie. Ich will nicht ohne sie auskommen. Und ich weiß, dass sie das nicht freiwillig tun würde.

"Es sind die Medikamente Livi. Du willst das nicht." flüsterte ich unter Tränen und sah ihr tief in die Augen.

"Ich liebe dich, Mute.." hauchte ich nah an ihrem Gesicht. Ihre Gesichtszüge entspannten sich.

"Mute.. Shawn?.." murmelte sie und plötzlich sah ich, wie sie das Bewusstsein verlor.

Nicht jede Geschichte hat ein Happy End.

++++

Meisterin der fiesen Cut's ich weiß. Das nächste Kapitel wird das letzte sein. Tut mir leid :/

Kapitelfrage : Hier könnt ihr wieder Fragen an die Charaktere stellen um die Wartezeit zu überbrücken :) Ihr könnt alles fragen, egal ob es sich auf die bisherige Handlung bezieht oder was ihr schon immer wissen wolltet, was nie angesprochen wurde.

Olivia
Shawn
Mahogany
Camila
Jack
Nash
Cameron
Madison
Lauren (ihre damalige beste Freundin)
Livi's Dad
Tante Jane

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