54 - Das hat Zeit


"Hey.." flüsterte ich und biss mir auf Lippe.

Er sah mich kurz an, doch dann drehte er sich wieder zum Fenster und spielte weiter auf seiner Gitarre. Ziemliches Deja Vu.

"Können wir reden?" fragte ich über die Töne seiner Gitarre hinweg.

Er hörte nicht auf zu spielen, antwortete jedoch nebenbei :"Ja, du kannst wieder reden. Glückwunsch."

Seine Stimme klang so eisig kalt, dass mir allein davon kalt wurde.

Langsam ging ich auf ihn zu, nahm mir einen Stuhl und setzte mich lediglich neben ihn. Eigentlich hatte ich erwartet, dass er direkt aufsteht und davon läuft, doch er blieb ruhig sitzen und spielte weiter, bis er ganz plötzlich aufhörte und ich ihn erschrocken ansah.

"Es tut mir leid." begann ich und sah ihm tief in die Augen.

Das Schlimme ist nur, ich konnte rein gar nichts darin erkennen.
Shawn sprach oft nur mit seinen Augen, daran konnte ich erkennen, wie er drauf ist, ob es ihm gut geht, doch jetzt erkannte ich überhaupt nichts.

"Das ist nett." antwortete er und stand doch auf, um seine Gitarre wegzupacken.

"Wenn du dann fertig bist, ich muss nach Hause." sagte er beiläufig und schloss den Reißverschluss seiner Gitarrentasche.

"Ich bin natürlich nicht fertig. Wir wären überhaupt nicht hier, wenn du mir einfach mal zugehört hättest, anstatt die ganze Zeit vor mir weg zu rennen, als hättest du Angst vor mir!" warf ich ihm nun vor, wobei ich gerade alles Andere als in der Position zu Vorwürfen bin.

"Oh warte, jetzt ist es also meine Schuld, dass du mich sitzen gelassen hast? Und ja Olivia, vielleicht habe ich Angst vor dir aber auch nur, weil ich weiß, dass die Menschen die wir sehr gerne haben, uns am Meisten weh tun können!" zischte er nun und hielt somit zumindest nicht mehr diese eisige Fassade aufrecht.

Warte.. hat er mich gerade Olivia genannt? Wie erstarrt sah ich ihn an.
Mein Mund öffnete sich, doch es kam kein Ton raus.
Er hat mich.. das ist ernst..

"Sind wir dann fertig?" fragte er übertrieben gelangweilt und ging auf die Tür zu, aber nicht mit mir Freundchen.

"Nein, verdammt. Wir sind alles Andere als fertig , du hörst mir jetzt zu, verstanden?" sagte ich laut, nachdem ich mich an ihm vorbei gedrängt hatte und mich vor die Tür gestellt hatte, sodass er nicht mehr raus kommt.

"Du denkst du kannst Anforderungen stellen?" fragte er leicht lachend. Jedoch bin ich sicher, dass er das nicht unbedingt lustig fand.

"Ja."

"Geh aus dem Weg." brummte er, doch ich blieb stehen, ohne mich auch nur einen Millimeter zu bewegen.

"Geh aus dem Weg, Olivia!" zischte er nun lauter und versuchte mich somit einzuschüchtern und wenn ich ehrlich bin, ich hätte wahrscheinlich vor Jedem Angst, der so mit mir redet, doch nicht vor Shawn. Er würde mir nie etwas tun.

"Nein. Zuerst hörst du mir zu!" schrie ich beinahe.

"Ich habe keine Lust dir zuzuhören, verstehst du das nicht? Ich will dich nicht mal sehen, verdammt.
Ich hab dich an mich ran gelassen, dir von meinen Problemen erzählt, sogar von meiner Exfreundin und jetzt tust du das selbe? Du lässt mich allein ohne jegliche Erklärung oder einen Grund?
Ist es, weil ich dir zu kompliziert bin? Weil ich Ärger bedeute? Was ist es, das ich ändern muss, dass du zu mir gehörst?
Denn genau das ist, was ich will. Ich will dich." mit jedem Wort wurde er lauter, doch anstatt Angst zu bekommen, klopfte mein Herz mit jedem Wort stärker in meiner Brust.

"Ich will das doch auch, du dummer Sturkopf!" schrie ich zurück.

"Was ist dann das fucking Problem?" fragte er laut.

"Na, dass du mir nicht zuhörst!"
Ich breitete meine Arme aus, denn ich habe das Gefühl, das ist was ich schon den ganzen Tag sage. Dass man mir mal zuhören sollte.

"Ich weiß, das wird dir genauso wenig gefallen, aber es war nicht meine Schuld. Mein Dad hat mir verboten dich zu sehen, kurz bevor ich losgehen wollte. Er hat mir mein Handy weggenommen und mir keine Sekunde wieder gegeben!"

Es blieb einen Moment ruhig, in dem wir uns Beide nur ansahen, und die Ruhe genossen, die somit entstanden ist.

"Glaub mir, mein Wochenende war genau so schlimm wie deins. Ich hatte von der ersten Sekunde an Schuldgefühle und es gab nichts, was Dad umgestimmt hat. Es tut mir so unendlich leid Shawn, das musst du mir glauben." sagte ich nun mittlerweile in einem normalen Ton.

"Und was tun wir jetzt dagegen?" fragte Shawn und drehte sich von mir weg.

Ich hatte ernsthaft gehofft, jetzt wo ich es ihm erklärt habe, wäre er wieder normal zu mir, aber nein.

Er kehrt mir den Rücken zu.

"Was meinst du?"

"Naja, wird schwer, wenn der Vater meiner Freundin mich nicht mag." sagte er und ich zog verwirrt eine Augenbraue nach oben.

"Aber ich bin doch gar nicht deine.. oh.." nun begriff ich auch endlich, worauf er anspielte. Träume ich?

Shawn drehte sich zu mir und hatte ein breites Grinsen im Gesicht. Da sagt nochmal Jemand, Frauen hätten Stimmungsschwankungen.

"Da steht wohl Jemand auf dem Schlauch hm?" fragte er und lief langsam auf mich zu.
Und oh mein Gott, muss ich erwähnen, wie heiß er dabei aussah? Ich denke nicht.

"Soll ich es deutlicher machen?" fragte er und unfähig, Etwas zu antworten nickte ich nur. Er kam noch näher.

"Ich möchte, dass du meine Freundin wirst, Mute." flüsterte er und ich war nun komplett verwirrt.

Also heißt das jetzt, er ist nicht mehr sauer? Oder ist das gerade so eine Art Racheaktion? Vielleicht gibt es versteckte Kameras oder sowas?

"Du bist nicht mehr sauer?" fragte ich verwirrt und er verdrehte die Augen.

"Also noch deutlicher.." murmelte er, legte seine Hände an meine Wangen und zog mich zu sich, um seine Lippen mit meinen zu vereinen.

Unsere letzten beiden Küsse waren ebenfalls schön und genau das, was wir gebraucht hatten. Doch sie waren viel sanfter und vorsichtiger.
Dieser Kuss ist anders.

Es ist als hätten wir Jahre aufeinander gewartet und uns endlich gefunden. Einen so leidenschaftlichen Kuss habe ich noch nie erlebt.

Meine Hände fanden wie von allein an seinen Hals, um ihn näher zu mir zu ziehen. Seine rechte Hand lag nun an meiner Taille und er begann in den Kuss zu grinsen, was auch mich zum Lächeln brachte.

Nunja, und dann wurde es zu einer ziemlich peinlichen Situation, denn die Tür ging auf und so ziemlich alle unsere Freunde standen nun im Zimmer.

"Shawn wir.." begann Cameron, doch er hielt direkt inne, als wir auseinanderfuhren.

Halt, hatten sie nicht gesagt, sie wüssten nicht, wo Shawn steckt? Vielleicht auch nur Intuition.

"Okay, ich glaube, sie haben sich vertragen." sagte Cameron ein wenig peinlich berührt, wenn auch wir beide die Jenigen sind, die gerade wahrscheinlich rot anliefen.

Zumindest ich, Shawn nahm es locker, lächelte und legte seinen Arm um meine Taille.

Hallo Gänsehaut.

"Ich glaube, sie haben sich ein bisschen mehr als vertragen." rief Mahogany und begann zu lachen.

"Ja kann sein." murmelte ich und sah peinlich berührt auf den Boden.

"So ungern wir das auch unterbrechen." Camila ließ eine Pause um mir zuzuzwinkern, "da draußen findet gleich ein Konzert statt und Destiny ist kurz davor ohnmächtig zu werden." erklärte Cami.

"Das liegt wohl eher an Jack." nickte Lox überzeugt. Gut, kann schon sein, dass sie ihn gut findet, aber deshalb wird sie nicht gleich umkippen.

"Na also, dann bringen wir es hinter uns." sagte Shawn motiviert, nahm seine Gitarrentasche in die eine und mich an die andere Hand.

"Du spielst also?" fragte ich hoffnungsvoll, um Destiny nicht doch gleich noch einen Krankenwagen rufen zu müssen.

"Ja, aber nur, wenn du mit mir auf ein Date gehst." sagte er und zwinkerte.

Ich nickte eifrig und begann zu lächeln. So schnell kann sich das Blatt wenden.

"Sag mal, seid ihr jetzt zusammen oder so?" fragte Lox laut und ich wurde mit Sicherheit erneut rot.

"Lox!" ermahnte sie Camila.

"Das hat Zeit. Richtig?" fragte Shawn und gab mir einen Kuss auf die Wange.

"Richtig." antwortete ich grinsend.

++++

Dramaaa.. Leute ohne Witz, ich war so komplett drinnen, als ich das Kapitel geschrieben hab :D Was haltet ihr von der Wendung? 

Und morgen ist der erste Dezembeeer <33

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