45 - Ich kann das nicht sehen

Olivia's Sicht :

Als die Polizei eintraf und ich beobachten konnte, wie dieser Mistkerl endlich abgeführt wurde, konnte ich aufatmen und wusste, der Plan war es wert.

Es hätte nie soweit kommen müssen, hätte ich einfach nach meinen Freunden gerufen.

Doch es ging einfach nicht. Ich kann es nicht wirklich erklären, es ist nur so, dass ich obwohl ich wieder sprechen kann, in manchen Momenten noch immer diese Blockade verspüre, die mich zwingt leise zu sein.

"Komm mit, wir machen das sauber." sprach Camila sanft zu mir, reichte mir eine Decke, die die Polizisten mitgebracht hatten und hielt mir eine Hand entgegen.

Shawn's Griff um meinen Körper wurde fester und ich sah Angst in seinen Augen, als ich Anstalten machte aufzustehen.

"Schon gut, wir passen auf sie auf." sprach ihm Lox sanft zu, was absolut ungewohnt war.

Nicht, dass Mahogany keine ruhige und fürsorgliche Seite hatte, es war nur komisch, dass sie mit Shawn so redete, den sie doch normal nur anzickte.

Ich wickelte die Decke um meinen Körper und folgte den Beiden zur Tür.

"Könnten wir das Mädchen vielleicht erst befragen?" wollte einer der Polizisten wissen und Lox blieb schlagartig stehen und drehte sich um.

"Wollen sie mich komplett verarschen? Sehen sie das Mädchen doch mal an. Ich glaube sie spinnen. Garantiert wird sie erst Mal mit Niemandem reden. Verstanden?" zischte sie und ich riss die Augen auf.

Hatte sie gerade wirklich einen Polizisten beleidigt?

"Lox, hör auf. Er ist Polizist." redete Camila tadelnd auf sie ein.

"Mir doch egal." sie verdrehte die Augen und lief weiter, weshalb ich leicht schmunzeln musste.

Ich drehte meinen Kopf um zu Shawn zu sehen, der noch immer am Boden saß. Cameron hatte sich neben ihn gesetzt und die Beiden redeten.

"Keine Sorge, er wird nicht weglaufen. Ganz sicher." flüsterte Cami und schob mich sanft zu den Mädchentoiletten.

"Bin gleich wieder da." rief Lox, als sie schon in eine komplett andere Richtung gelaufen ist.

Bei den Toiletten angekommen wagte ich einen kurzen Blick in den Spiegel und könnte gerade wieder heulen. Gab es einen verdammten Tag, an dem Shawn mich hübsch gesehen hatte? Beziehungsweise, hübscher als gerade?

Und wieso interessiert es mich überhaupt, was Shawn über mein Aussehen denkt? Wahrscheinlich bin ich doch nur ein Freak, der niemals in Frage kommen würde, für Jemanden wie ihn.

Mein Körper ist entstellt, meine Seele ein Scherbenhaufen. Ich will ihm keine Last sein. Er scheint genug eigene Probleme zu haben.

Aber was ist, wenn wir uns gegenseitig heilen würden? Wäre das möglich?

In einer Beziehung gibt es doch immer einen Part der mehr gibt und einen der mehr nimmt.

Ich habe alles gegeben, was ich hatte. Und Mason hat es genommen und darauf rumgetrampelt.

Shawn würde nie auf meinem Herzen herumtrampeln, oder? Immerhin war er anfangs ziemlich gemein zu mir.

Schutzmechanismus? Ich denke kaum.
Er hatte keinen Grund mich runter zu machen. Ich war einfach nur ein leichtes Ziel für ihn. Also wieso nutzte er meine Schwächen aus? Um von seinen abzulenken?

Egal was passiert ist, Shawn hat sich verändert. Ich habe mich verändert. Er hat mich verändert. Bin ich es, die ihn geändert hat?

"Hallo? Erde an Livi?" Camila fuchtelte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht rum und ich schreckte einen Schritt zurück.

"Oh ich wollte dich nicht erschrecken.." murmelte sie und kam mit einigen Tüchern auf mich zu. Ich versuchte ihrem Blick auszuweichen, denn ehrlich gesagt war es mir ziemlich peinlich, dass sie nun meine Arme gesehen hatten.

Die Tür öffnete sich und Mahogany kam erneut herein.

Sie hielt eine Leggins in der Hand, die sie mir reichte um sie anzuziehen. Und dafür bin ich ihr ziemlich dankbar, ich kam mir nämlich reichlich blöd vor hier ohne Hose rumzustehen.

"Danke." murmelte ich und zog die Hose an, die sie wahrscheinlich von ihren Sportsachen genommen hatte.

"Und jetzt lass uns das mal ansehen." Camila zog mich sanft zum Waschbecken und begann meine Arme sanft mit den Tüchern von dem Blut zu entfernen. Sie tupfte ganz vorsichtig um mich nicht zu verletzen, aber ich bin nicht sonderlich empfindlich was meine Arme angeht.

"Los gib schon her, ich mach das." sagte schließlich Lox und ich bemerkte, wie Camila überall hinsah, außer auf meine Arme. Sie drehte sich mit einem "Danke" weg und lief durch den Raum.

"Sie kann kein Blut sehen." erzählte mir Lox schmunzelnd und ich konnte es Cami nicht übel nehmen. Sieht auch alles Andere als schön aus, das weiß ich schon.

"Das ist es nicht. Ich kann das nicht sehen!" Sie zeigte auf mich und fuhr sich ein Mal durch die Haare, bevor sie rauslief und die Tür hinter sich zu knallte.

"Es tut mir leid." nuschelte ich und sah bedrückt zu Boden. Ich weiß nicht, wieso sie so verärgert ist, aber es tut mir in jedem Fall leid.

"Sie meint das nicht so. Sie ist einfach.. ein so guter Mensch, dass sie es nicht erträgt Andere leiden zu sehen. Das ist die einzige Situation in der sie ungemütlich wird. Wenn sie merkt, sie kann Jemandem nicht helfen oder Jemand blockt ihre Hilfe ab, bekommt sie eine so große Wut auf sich selbst, weil sie eben nicht helfen kann, dass sie gemein zu Anderen ist." erklärte Lox ruhig und tupfte weiter das Blut von meinen Armen.

"Naja, für Camila's Verhältnisse gemein." lächelte sie und warf schließlich die Tücher in den Müll.

"Also, was soll das?" fragte sie schließlich als sie sich die Hände wusch und mich durch den Spiegel beobachtete. Ich sah sie fragend an und sie nickte zu meinen Armen.

Ich atmete tief durch und zuckte schließlich beschämt mit den Schultern.

Leider habe ich das Gefühl, dass der Fakt, wieder reden zu können nur sehr wenig an meinen anderen Gewohnheiten ändern wird.

~~~~

Camila blieb Zuhause. Zumindest einige Tage. Ich hatte nichts von ihr gehört, noch weniger von ihr gesehen.

Die Stimmung war allgemein gekippt und ich wurde das Gefühl nicht los, es wäre meine Schuld.

Das bedeutet absolut nicht, dass ich denke Alles würde sich um mich drehen. Um Himmels Willen, nein.
Das würde ich niemals denken und schon zwei Mal nicht wollen.

Nur ist die Tatsache, wie sich alles entwickelt hat, nach dem Vorfall mit Fisher ziemlich für sich sprechend.

In den letzten Tagen, habe ich auch nicht gesprochen. Die Lehrer wissen noch nicht, dass ich es ab und zu auf die Reihe bekomme, genauso wenig wie mein Vater. Ich habe einfach Angst jemanden zu enttäuschen, wenn ich plötzlich wieder einen Moment habe, in dem ich nicht reden kann.

Vor Allem bei Dad. Das mag egoistisch klingen, doch ich bezwecke das genaue Gegenteil.

"Hey." begrüßte uns Camila, als wir vor der Schule standen und mein überraschter Blick glitt zu ihr. Sie sah normal aus. Hatte ihr typisches Lächeln im Gesicht und wirkte keineswegs anders als sonst.

"Wie gehts dir?" wollte Nash wissen und Camila lächelte ihn freundlich an, bevor sie antwortete, dass Alles bestens wäre.

Und wieso genau kann ich ihr das nicht glauben?

"Lasst uns rein gehen."

In der Schule war eine ziemliche Gerüchtewelle ausgebrochen, weil natürlich irgendwie rumgegangen ist, dass Mr.Fisher aus einem Grund gefeuert wurde und noch dazu von Polizisten abgeführt wurde.

So ziemlich Jeder schien seine eigene Wahrheit für diesen Vorfall gefunden zu haben, doch was wirklich passiert ist, ist zum Glück nicht an die Öffentlichkeit gelangt.

Der Psychologie Wahlkurs stand an und auch wenn das wahrscheinlich die größte Ironie ist, habe ich diesen Kurs gewählt und er gefällt mir ziemlich gut. Ich versuch mich dadurch natürlich nicht selbst zu therapieren, ich finde das Thema nur sehr interessant.

Camila und ich saßen nebeneinander und sie schien gut aufzupassem, doch ich war zu abgelenkt.

"Bist du sauer auf mich?" schrieb ich auf einen Zettel und schob ihn ihr zu. Sie las ihn, schüttelte den Kopf und schrieb ebenfalls etwas darauf bevor sie ihn zurück schob.

"Nein, wieso sollte ich sauer sein?"

"Du warst nicht in der Schule und als ich dich das letzte Mal gesehen habe, schienst du sauer." antwortete ich und sie lächelte, als sie es las.

"Alles ist Bestens." schrieb sie lediglich und ich hatte kaum eine andere Wahl als ihr zu glauben.

Die Stunde zog sich heute extrem in die Länge, wie eigentlich immer, wenn mich was beschäftigt und ich nicht mitbekomme, worüber überhaupt geredet wird.

Plötzlich meldete sich Camila und riss mich damit aus meinem Gedanken.

"Ja?" fragte unsere Lehrerin verwirrt und klappte ihr Buch zu.

"Kann ich vielleicht nach Hause gehen? Mir gehts nicht sonderlich gut." Ich beobachtete sie verunsichert und bemerkte, dass sie tatsächlich nicht wirklich gesund aussah.

Wie konnte das denn so schnell passieren? Vor einer halben Stunde war doch noch Alles gut und normal.

"Natürlich. Melden sie sich im Sekretariat ab." antwortete Mrs.Rowden und Camila begann ihre Sachen einzupacken und zur Tür zu laufen.

"Gute Besserung." sagte Mrs.Rowden noch, bevor Cami das Zimmer verlassen hatte.

Was war das denn?

++++

People, what is going on here? Kapitel kommt recht spät, war grad noch beim Sport und muss zu allem Überfluss morgen wieder um 4:30Uhr arbeiten..

Was denkt ihr, was mit Camila los ist?
Wie wird sich die Sache mit Shawn entwickeln?
Wie lange wird es ein Geheimnis bleiben, was die Wahrheit über Fisher ist?
Wann wird Livi mit ihrem Vater reden?
Wie wird es weitergehen?

Sooo viele Fragen..

Noch eine andere Sache : Wie ihr vielleicht wisst, macht I know what you did last Summer beim WaveAward mit und ich habe dazu ein extra Kapitel bei IKWYDLS geschrieben. Falls ihr für mich voten wollt, könnt ihr da gerne vorbei schauen. <3

Außerdem ist mein erster eigener Song fertig und er.. ist einfach scheiße xD

Also ich geh dann schlafen, mein Wecker klingelt in 5 1/2 Stunden..

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