~Kapitel 61~

Tag 148
Grace Sicht

Angestrengt versuchte ich mich nicht zu bewegen und das laute Tackern des MRT Gerätes auszublenden. Ich wollte die Resultate des Scans nicht sehen.
Ich konnte es spüren, hatte ein ungutes Gefühl und wollte nicht, dass sich meine Vermutung bestätigt.

Die letzte Zeit war so unglaublich schön, mit Shawn lief es perfekt. Ich wollte nicht, dass das Alles zuende gehen musste. Und ich wollte nicht, dass er es sehen musste.

Ich kniff die Augen zusammen und versuchte ruhig zu atmen. Ich hasse diese Ganzkörper Scans. Sie dauern eine Ewigkeit und ich hasse es in dieser Röhre zu stecken. Es ist so beengend und unheimlich, obwohl eigentlich gar nichts passiert.

"Du hast es geschafft, Grace." ertönte die Stimme der Arzthelferin aus dem kleinen Lautsprecher im Gerät und die Liege unter mir setzte sich in Bewegung, sodass ich mich kurz darauf wieder aufsetzen konnte.

Die mittelalte Arzthelferin betrat den Raum und lächelte mich an, doch mein Blick fuhr sofort zu Shawn, den ich durch die Glasscheiben sehen konnte. Er lächelte sanft und ich beruhigte mich dadurch.

"Das hast du super gemacht. Ich entferne noch den Zugang, okay?" sprach sie mich erneut an und ich nickte nur.

Sie zog die Nadel aus meinem Arm und gab mir die Anweisung, das Pflaster eine Weile auf die Stelle zu drücken. Ich folgte ihr daraufhin und zog meine Schuhe wieder an und meine Jacke.

Danach traf ich auf Shawn und umarmte ihn fest, küsste ihn danach.

"Wollen wir ein bisschen nach draußen, bis die Ergebnisse da sind?" fragte er mich und ich stimmte zu.

Wir holten uns in der Cafeteria was zu trinken und liefen danach um die Klinik, um die Zeit zu vertreiben.

"Shawn ich spüre, dass es nicht gut aussieht." eröffnete ich ihm meine Gedanken und mein Griff um seine Hand wurde fester.

"Wir warten einfach ab, okay?" schlug er vor, doch ich schüttelte den Kopf.
Was soll das schon bringen? Ich weiß es doch bereits.

"Hey ihr Beiden!" ertönte Plötzlich eine Stimme hinter uns aus der Ferne. Wir drehten uns um und erkannten Karen, die lächelnd auf uns zu kam.

"Mum, hey. Was machst du hier?" fragte Shawn und gab seiner Mum einen Kuss auf die Wange. Danach umarmte sie mich herzlich und ich fühlte mich sofort ein bisschen besser.

"Ich wollte Grace eigentlich zum Shoppen entführen. Dein Dad hat mich dann daran erinnert, dass ihr heute hier einen Termin habt.
Aber das ist ja kein Grund das Vorhaben fallen zu lassen. Natürlich nur, wenn du Lust hast? Du könntest bestimmt ein paar neue Klamotten für Australien gebrauchen, oder?" schlug sie vor und ich begann zu Lächeln.

"Ohne mich?" wollte Shawn nun wissen und zog eine Augenbraue nach oben.

"Ganz recht. Nur Grace und ich. Wir können in die Mall und danach noch was essen gehen?" schlug sie vor und mein Herz erwärmte sich bei dem Gedanken daran, dass sie Zeit mit mir verbringen wollte.

"Das ist eine echt super Idee. Ich komm gerne mit. Wenn du ein paar Stunden ohne mich auskommst?" stimmte ich zu und sah Shawn dann fragend an.

"Fällt mir schwer aber ja" gab er schließlich nach und ich lächelte glücklich.

Wir liefen noch eine Weile gemeinsam umher, Shawn traf auf zwei Fans und machte Fotos mit ihnen. Nach einer Stunde betraten wir die Klinik dann wieder und wurden kurz darauf vom selben Arzt aufgerufen, der jedes Mal meine Checkups durchführte.

"Wie geht's Ihnen Ms.Andrews?" wollte er wissen und ich zuckte mit den Schultern, erzählte ihm, dass es bessere und schlechtere Tage gab.

"Okay, dann sehen wir uns den Scan mal an." sprach er leise, öffnete die Datei an seinem Computer und betrachtete es skeptisch.

"Ich zeig ihnen das Mal eben." murmelte er und stellte irgendwas um , sodass wir die Bilder nun an der Wand sehen konnten.

Ich sah das Bild an und dachte, ich würde jede Sekunde umfallen. Das kann nicht wahr sein. Ich dachte es läuft Alles gut. Die Bilder zeigen nicht das, was ich fühle.

"Was ist das Eingefärbte?" wollte Karen wissen, die ebenfalls mit rein gekommen ist.

"Alex." antwortete ich schroff und betrachtete das Bild nochmal genauer. Du bist ein elendiger Parasit Alex. Hör auf mich aufzufressen.

"Das bedeutet.." murmelte Shawn.

"Es haben sich Metastasen gebildet. Der Krebs hat gestreut. Es tut mir so leid das sagen zu müssen. Die Tests die wir gemacht haben, bestätigen das leider nur. Die Funktion ihrer Lunge hat sich nochmal um die Hälfte verschlechtert und die Sauerstoff Sättigung im Blut ist auch auf keinem guten Level." erzählte er und mein Herz begann zu rasen.
Ich bekam zum ersten Mal seit einiger Zeit wieder richtige Angst vor dem Tod.

"Wieso geht es mir dann so gut? Andere sind in diesem Stadium längst an ihr Bett gefesselt." harkte ich nach.
Vermutlich weil ich es nicht wahrhaben wollte.
Wie kann es sein, dass ich mich dem Umständen entsprechend fit fühle, diese Bilder und Tests aber etwas ganz Anderes sagen?

"Sie scheinen einen unglaublichen Kämpfergeist zu haben. Sie geben nicht kampflos auf und das ist gut." sprach der Arzt mir gut zu.

"Aber das ändert nichts. Er wird gewinnen." stellte ich trocken klar.

"Früher oder später.. Leider ja." antwortete er und ich spürte dass ihm die Situation unangenehm war. Frag mich mal.

"Und wann?" fragte ich, denn ich wollte ein für Alle mal wissen, wie lang ich noch hatte.

"Das kann ich nicht sagen. Vorallem, wenn sie sich nicht im ärztliche Betreuung begeben wollen. Wenn wir sie stationär aufnehmen würden.." sprach er, wurde jedoch von mir unterbrochen.

"Nein, das kommt nicht in Frage. Ich habe versprochen ins Krankenhaus zu gehen, wenn mein Körper es nicht mehr alleine aushält. Aber das tut er. Ich fühle mich gut und ich fliege in 3 Tagen nach Australien. Ich werde mich nicht in ein Krankenbett legen, um mein Leben um ein paar Tags künstlich zu verlängern." widersprach ich ihm.
Ich werde erst ganz am Ende, wenn nichts mehr geht zurück ins Krankenhaus gehen. Kein Tag früher.

"Eine derartige Reise ist ein absolutes Risiko. Halten Sie das wirklich für eine gute Idee?" fragte er und schien an meine Vernunft zu appellieren. Doch die saß in Kalifornien in einem Zimmer einer Klinik.

"Die beste Idee meines Lebens." antwortete ich überzeugt.

"Na schön, ich kann sie wohl nicht zwingen. Nehmen Sie bitte die Medikamente weiter ein, ich habe Ihnen ein neues Rezept ausgestellt. Es sind auch stärkere Schmerzmittel dabei, die werden Sie brauchen. Und bitte.. Fangen Sie endlich an, die Beatmungshilfe dauerhaft zu tragen." bat er mich und ich nickte schweigend.

"Okay dann wünsche ich ihnen eine gute Zeit und bis zum nächsten Mal." sagte er und schüttelte uns allen die Hand.

Schweigend verließen wir das Krankenhaus, bis Karen die Stille durchbrach.

"Wenn du lieber nach Hause möchtest, können wir auch wann anders shoppen gehen." schlug sie vor, doch ich schüttelte den Kopf.

"Haben seine Worte denn irgendwas geändert? Nein. Das wussten wir schon davor." antwortete ich entspannt.

Äußerlich zumindest. Innerlich wollte ich mich heulend in einem Eck verkriechen.

"Okay.." antwortete sie lächelnd doch ich sah das Mitleid in ihren Augen.

"Wir sehen uns dann später, okay?" fragte ich an meinen Freund gewandt, der in die Ferne starrte. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste seine Wange.

Er erwachte aus seiner Starre, begann zu lächeln und zog sein Portemonnaie aus der Hosentasche, hielt mir plötzlich eine goldene Kreditkarte vor die Nase.

"Shawn.. Was zur Hölle.." murmelte ich verwirrt.

"Kauf dir was du willst für Australien." grinste er und ich sah ihn weiterhin verwirrt an.

"Aber.."

"Kein aber..glaub mir, ich weiß das klingt ganz schön arrogant aber ein paar Hundert Dollar weniger schaden meinem Konto nicht." sagte er und ich starrte ihn mit offenem Mund an.

"Aber.."

"Kein aber.. Ich bestehe darauf. Habt einen schönen Tag." lächelte er und küsste mich noch, bevor er sich von uns entfernte.

"Danke.." murmelte ich noch überfordert, obwohl er schon längst weg war.

+++

Haltet ihr es für eine gute Idee, dass Grace trotz der Bedenken des Arztes nach Australien fliegt?
Und Alex hat mittlerweile gestreut, das bedeutet es sieht nicht wirklich gut für sie aus. Gedanken dazu?

Außerdem, was würdet ihr tun, wenn ihr plötzlich so eine Kreditkarte in die Hand gedrückt bekommen würdet?
Ich hatte das Gespräch erst Vorgestern mit meiner Mum, weil wir im Lotto 11 Euro gewonnen haben :D wir haben uns halt darüber unterhalten, was wir mit dem Jackpot anfangen würden und ich habe gesagt, so kitschig das auch klingen mag, ich würde einen Großteil erstmal nach Australien spenden. Das zerreißt mir immernoch so das Herz.

Ich habe mir jetzt so ein Armband mit einem Koala drauf bestellt, deren Erlös zu 100% an die Tierhilfe in Australien geht. Okay, es kostet 35 Dollar und das ist das Armband natürlich nicht wert, aber ich finde es ist eine schöne Geste und ich freue mich schon sehr, wenn es ankommt.

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