~Kapitel 5~

~Shawn~

Sonderfall. Station 4 ist für die Sonderfälle.

Was macht Grace nur dort? Wieso sollte sie ein Sonderfall sein?

Von allen Menschen, die ich bisher hier gesehen habe, wirkt sie wie das normalste und bezaubernste Geschöpf.

Aber wer weiß, der Schein kann schließlich trügen.

Eins ist sicher, ich werde es rausfinden.

Natürlich sollte ich mich um mich selbst kümmern und schnell gesund werden, doch dieses Mädchen hat mich sofort in ihren Bann gezogen und ich habe das Gefühl das würde sich nicht so schnell wieder auflösen.

Ich riss mich aus meinen Gedanken, als mir bewusst wurde, dass ich immernoch wie ein Idiot vor dem geschlossenen Aufzug stand und drehte mich um, um den Gang entlang zu laufen.

Ich entschied mich dazu, mich auf die super Gefängnis Terrasse zu setzen, um ein bisschen die kalifornische Sonne zu genießen.

Dieses verfluchte Gitter machte mich regelrecht nervös.

Je länger ich darauf starrte, desto eingesperrter kam ich mir vor.

Ich verstehe, dass das eine unabdingliche Sicherheitsvorkehrung war und es zu unser allem Wohl war, wenn hier Niemand mehr runter springen konnte, aber dieses Gitter symbolisiert genau das, was mich seit Monaten plagte.

Ich fühlte mich gefangen.

Und auch wenn ich objektiv tausend Mal mehr Freiheiten und Möglichkeiten hatte, wie jeder andere Typ in meinem Alter, kam ich mir trotzdem unglaublich gefangen vor.

Als wäre da ein Gitter um mich herum, das ich selbst geschaffen hatte, jetzt aber nicht mehr los bekommen konnte.

Ich will mich doch nur endlich mal wieder frei fühlen.

Frei von Angst, Stress, Druck.
Frei von allen Verpflichtungen und normal leben.

Gleichzeitig wollte ich so schnell wie möglich wieder zurück auf Welttour.

Doch auch wenn ich meinen Job liebte und meine Fans, momentan ist es so wie Grace gesagt hat, ich wollte nur wegen den Fans zurück, nicht weil ich es gerade selbst wollte.

"Hi!" ein dunkelrothaariges Mädchen erschien wie aus dem Nichts direkt vor mir und setzte sich auf einen der Stühle mir gegenüber.

"Hallo.." begann ich überfordert, denn sie strahlte eine unglaubliche Energie aus.

"Ich bin Maya, freut mich echt sehr dich kennen zu lernen." sprach sie schnell und streckte mir ihre Hand entgegen.

"Shawn, freut mich auch." antwortete ich und schüttelte kurz ihre zierliche Hand.

"Ach das weiß ich doch, oh mein Gott das ist so aufregend.
Tut mir echt leid, was passiert ist, das muss schwer für dich sein, einfach hier zu sitzen und Nichts zu tun, wenn du doch sonst jetzt um die Welt reisen würdest.
Ups, ich glaube das sind nicht unbedingt die passendsten Worte im Moment, sorry." sie grinste mich überfreundlich an und ich blinzelte ein paar Mal, bevor ich die Augenbrauen zusammen zog.

Was hatte sie nochmal alles gesagt?

"Äh.." begann ich, wurde jedoch sofort wieder von dem Wirbelwind unterbrochen.

"Das tut mir so leid, ich neige dazu ziemlich viel und schnell zu sprechen, vorallem wenn ich nervös bin und ja das bin ich definitiv, immerhin sitzt ein Weltstar vor mir.
Okay, das ist wahrscheinlich auch das Letzte das du hören möchtest, du bist schließlich hier um etwas runter zu kommen, also verzeih mir, dass ich so ziemlich immer das Unpassenste sage!" entschuldigte sie sich und ich glaube ich hatte sie bisher nicht ein einziges Mal blinzeln sehen.

Irgendwie ist sie unheimlich aber auf eine verschobene Weise auch ziemlich süß.

"Schon okay." lachte ich leicht und sah wie sie ebenfalls breit anfing zu lächeln.

Also noch breiter als zuvor und ich war mir eigentlich sicher, dass das nicht möglich wäre.

"Ich wollte eigentlich nur Hi sagen." sagte sie und nickte eifrig.

"Hallo." wiederholte ich und sah sie fasziniert an.

Die Menschen hier sind eindeutig komisch und verrückt, allerdings muss ich sagen, dass das angenehm war.

Es schien als würde hier Niemand verstecken, wie er fühlte und wer er wirklich war.

Und das ist im Gegenzug zu meinem Alltag, in dem Jeder versuchte mir Alles recht zu machen eine richtige Erleichterung.

"Also, wie gefällt es dir bisher so?" fragte sie interessiert und lehnte sich über den Tisch ein wenig zu mir, jedoch nicht aufdringlich.

"Es ist gar nicht so übel. Ich hoffe nur ich kann mir all die Regeln hier merken." scherzte ich und sie begann laut zu lachen.

Nicht aufgesetzt, einfach nur natürlich.

"Weißt du, solange du am Leben bleibst, sind alle anderen Regeln zweitrangig." scherzte sie lachend und ich wusste nicht so recht, wie ich reagieren sollte.

Eigentlich war der Witz ziemlich makaber, andererseits waren sie es hier wohl nicht anders gewohnt.

"Weißt du was nicht verboten ist? Lachen. Du darfst hier nicht Alles zu ernst nehmen, das würde dich nur runter ziehen, also lach einfach darüber, dass das Leben uns alle scheinbar hasst." sagte sie strahlend und ich machte mir so langsam Gedanken, wieso sie wohl hier war.

Ja, sie schien ein wenig zu aufgedreht und zu laut zu sein, vielleicht verrückt.
Aber an sich war sie doch ein aufgewecktes, fröhliches Mädchen.

Okay, ich muss eindeutig damit aufhören Jeden hier zu analysieren.

Sie haben alle ihre Gründe hier zu sein, das erkennt man nun mal nicht immer sofort.

"Ich habe gesehen, du hast dich bereits mit Grace angefreundet.
Das ist super, denn wir sind auch sehr gute Freunde und man hält es hier deutlich leichter aus, wenn man Freunde hat." begann sie sofort ein neues Thema und ich nickte wieder nur.

Ich meine, ich bin ja nicht dumm aber mit diesem Mädchen kommt man wirklich nicht so ganz mit.

"Freunde.. ja.." murmelte ich und dachte zurück an das Ende unserer Konversation, in der sie mir quasi die Aufzugtüre vor der Nase zugeknallt hatte, um zu Station 4 zu fahren.

Die Sonderfälle.
Wieso zum Teufel ist sie ein Sonderfall?
Und wieso juckt es mich so sehr was mit ihr ist?

"Lass dich nicht abschrecken, sie ist eigentlich ein unglaublich toller und freundlicher Mensch, sie hatte heute einfach nur einen blöden Start in den Tag, glaub mir. Grace ist wunderbar." sagte sie überzeugt und ich zweifelte ihre Worte kein bisschen an.

Etwas in mir war überzeugt davon, dass Grace wunderbar ist.
Nur gibt es da Etwas, das sie unglaublich mitnimmt.

Und ich will und werde rausfinden, was es ist.

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