~ Kapitel 4~

"Das ist die Rezeption. Solange du nicht Suizidgefährdet bist, wovon ich jetzt mal ausgehe, oder du einen anderen Grund für eine Ausgangssperre hast, kannst du dich hier einfach an und abmelden, wenn du die Klinik verlassen möchtest.
Unter der Woche müssen wir um 21 Uhr wieder hier sein, am Wochenende gibt es Sonderregelungen je nachdem, was man vor hat." erklärte ich und wank Mrs.Geller, der Dame die so ziemlich 24 Stunden am Tag hier rum sitzt.

"Man darf hier raus?" fragte er verwirrt und ich sah ihn seltsam von der Seite an.

"Was denkst du denn? Das hier ist kein Gefängnis.
Zumindest nicht für Alle.." murmelte ich und ignorierte die Tatsache, dass er mich schon wieder oder immer noch anstarrte.

Wir gingen einige Minuten schweigend weiter durch die Gänge, bis er die Stille wieder brach.

"Was meinte dieser Typ vorhin damit, dass du mich angesichts der Umstände rumführen sollst?" fragte er.

"Naja, ich finde deine Musik ziemlich scheiße und jede Andere hier würde dich wahrscheinlich in eine Abstellkammer ziehen und dich verführen wollen." antwortete ich schlicht, woraufhin er stehen blieb und mich mit offenem Mund anstarrte.

Ich grinste leicht.

"Das war nur ein Scherz, Superstar. So scheiße ist deine Musik gar nicht." gab ich zu und drehte mich zu ihm.

"Das Andere könnte jedoch wirklich stimmen." ich zuckte mit den Schultern und ging weiter.

"Oh und du zerrst mich nicht in eine Abstellkammer?" fragte er nun schmunzelnd und ich zog eine Augenbraue noch oben.

"Ich werde lieber erobert, Romeo." ich nickte und grinste ironisch.

"Ich werde es mir merken." er zwinkerte mir zu.

"Der eigentliche Umstand ist, dass ich aus unserer Gruppe schon am Längsten hier wohne, deshalb sollte ich dich rumführen." sagte ich schließlich die Wahrheit, auch wenn es ihn offensichtlich einen Scheiß anging.

"Wieso?" harkte er nach.

"Weißt du die Meisten, darunter auch du, gehen hier früher oder später geheilt raus.
Es ist schließlich die beste Rehabilitationsklinik Amerikas." wiederholte ich die Worte meiner lieben Eltern, verdrehte dabei jedoch die Augen.

"Ich aber nicht. Ich bleibe hier vermutlich mein Leben lang."

"Warum?"

"Du stellst wirklich zu viele Fragen, Shawn." ermahnte ich ihn, denn ich konnte mir Schöneres vorstellen, als einem wildfremden Typen Dinge zu erzählen, die ich sonst auch vor Jedem geheim hielt.

"Tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nahe treten." entschuldigte er sich direkt.

"Gut." antwortete ich schlicht und führte ihn weiter, bis wir am Aufzug ankamen.

Ich drückte den Knopf und wartete bis der Aufzug kam, um mit ihm in den Keller zu fahren.

Dort angekommen lief ich voraus, ohne auf Shawn zu warten.

"Hier rechts ist ein Waschraum, mit Waschmaschinen und Trockner und so weiter.
Waschmittel steht in dem Schrank, ich persönlich nehme aber mein Eigenes, das riecht besser." erzählte ich und könnte mich danach direkt wieder ohrfeigen.

Als ob es Shawn Mendes interessiert, welches Waschmittel ich benutze.

"Du musst nur deine Kleidung waschen, Handtücher werden alle im Raum gegenüber gesammelt, dort kannst du dir auch frische Handtücher mit ins Zimmer nehmen.
Außer du hast einen Sonderstatus und hast einen eigenen Zimmerdienst oder sowas.." merkte ich an und verließ den Waschraum wieder.

"Kannst du mir sagen, was dein Problem mit mir ist?
Wieso denkst du ich würde mir Sonderrechte rausnehmen?" fragte er plötzlich als ich wieder zum Aufzug ging und den Knopf gedrückt hatte.

"Hast du mir nicht zugehört? Beste Rehabilitationsklinik, was denkst du, wie viele Promis ich hier schon ertragen musste?" warf ich ihm vor, obwohl er wohl kaum etwas dafür kann, dass sich die ganzen abgestürzten Stars hier wie die letzten Vollidioten benommen hatten.

"Du kennst mich nicht. Ich bin nicht wie die.
Ich bin hier um gesund zu werden, um meine Fans glücklich zu machen und wieder auf Tour gehen zu können!" behauptete er, doch am Liebsten würde ich laut los lachen.

Ich betrat den Aufzug, Shawn folgte mir.

"Und mit dieser Aussage, bist du genauso wie all die Anderen.
Denn man wird nicht für seine Fans gesund oder für seine Karriere.
Man muss für sich selbst gesund werden, Mendes." erklärte ich und spürte wie es mir selbst im Herzen weh tat.

Wieso auch immer.

Wir fuhren zurück ins Erdgeschoss und gingen diesmal den rechten Gang entlang.

Shawn hatte nichts mehr dazu gesagt, was vermutlich auch das Beste war.

Ich blieb mitten im Gang stehen, weshalb Mr.Superstar beinahe in mich rein rannte.

"Sorry.. war in Gedanken." murmelte er und ich ging nicht weiter darauf ein.

"Hier sind die ganzen Behandlungszimmer.
Auf deinem Therapieplan steht, wann du wohin musst.
Das ist Flügel A, hier sind meistens Gruppensitzungen. Flügel B ist da drüben." ich zeigte den anderen Gang entlang.

"Da sind dann Einzelstunden oder Krankenzimmer.
Falls es dir mal nicht gut geht, also körperlich meine ich, dann kannst du da hin gehen, es ist wie eine Notaufnahme.
Solltest du in deinem Zimmer sein und nicht mehr dazu in der Lage sein hier hin zu kommen, hast du wie im Krankenhaus einen roten Knopf neben deinem Bett.
Da kommt Jemand und hilft dir." erklärte ich und zeigte hin und wieder durch den Gang, um ihm besser zeigen zu können, was sich wo befindet.

Es ist durchaus verwirrend am Anfang, doch wenn man hier jeden Tag rumläuft und seine Räume sucht, kennt man sich irgendwann aus.

"Die Gruppentherapien.. sind die Gruppen wild zusammen gewürfelt oder sind das alles ähnliche Fälle?" wollte er nun wissen.

"Ist unterschiedlich. Die Gruppe vorhin war wild gemischt.
Es gibt aber auch Gruppen, die angepasst sind.
Immerhin ist der Sinn einer Gruppentherapie sich gegenseitig zu helfen und es ist nicht sonderlich hilfreich, wenn man zu große Gegensätze in einen Raum setzt." erklärte ich.

Er nickte stumm.

Wieder führte uns unser Weg zurück zum Aufzug, um in den dritten Stock zu fahren.

Ich drückte den Knopf, die Türen schlossen sich und der Aufzug setzte sich in Bewegung.

"Station 1 sind die Patienten mit Essstörungen, Station 2 sind alle Abgängigen, Drogen, Alkohol, Alles. Und dann ist da Station 3, in dem der Rest untergebracht ist, also alle Gestörten.
Meiner Meinung nach trotzdem die Normalsten und Liebevollsten.
Im vierten Stock sind die Sonderfälle." sagte ich.

"Wow danke, ich bin auch im dritten Stock." sagte Shawn nun gespielt beleidigt und versuchte mich damit scheinbar zum Lachen zu bringen, doch ich sah ihn nur reaktionslos an.

"Gewöhn dich dran, hier wird Jeder als gestört bezeichnet."

Wir verließen den Aufzug im dritten Stock und ich lief voraus, bis wir auf der Terrasse ankamen.

Hier standen einige Tische und Stühle, mit Sonnenschirmen.

"Hey Grace!" rief mir Amy zu, die aufgeregt wank.

Wahrscheinlich wegen Shawn, nicht wegen mir, aber eigentlich ist sie ganz nett.

Ich begrüßte sie kurz und beobachtete dann, wie Shawn näher zum Rand der Terrasse ging und mit der rechten Hand das Gitter berührte, das am Geländer angebracht war.

Ich folgte ihm.

"Ich dachte das hier ist kein Gefängnis." murmelte er und umgriff das Gitter.

Die Terrasse war wie ein sehr großer Balkon, doch man konnte nicht über die Brüstung sehen, da das Gitter als Vorsichtsmaßnahme daran angebracht war.

"Ist es nicht."

"Aber man fühlt sich mit diesem Gitter doch total eingesperrt." argumentierte er, als ob er wirklich keine Ahnung hatte, wieso es hier angebracht ist.

"Hast du schon mal einen Menschen aus dieser Höhe auf Beton fallen sehen?" fragte ich ruhig und er sah mich kurz an, bevor er mit dem Kopf schüttelte.

"Naja, ich schon. Und genau deshalb mag ich dieses Gitter." brummte ich und versuchte mich zusammen zu reißen und nicht wieder an Tony zu denken, der vor einigen Wochen noch schien, als würde er bald entlassen werden und dann mitten in der Nacht von genau diesem Balkon sprang.

Ich drehte mich um und ging zurück Richtung Aufzug.

Shawn würde schon auf mich zukommen, wenn er irgendwelche Fragen hatte.

Ich hatte jedenfalls erst Mal genug von unserer Rundreise.

"Grace warte!" rief er und joggte den Gang entlang, bis er bei mir und dem Aufzug ankam.

Die Türen öffneten sich und ich ging hinein.

"Was machst du?" fragte er verwirrt.

"Ich geh auf mein Zimmer." antwortete ich schlicht.

"Ist das denn nicht hier?" nun klang er äußerst verwirrt.

Nope, Superstar.
Es ist nicht hier.

Ich drückte auf den Knopf, mit der großen 4 und ignorierte, dass er genau gesehen hatte, wo ich hinfuhr.

Station 4 , die Sonderfälle.
Fälle wie mich.

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