~Kapitel 37~

"Wo gehen wir hin?" wollte ich wissen, als wir um das Krankenhaus liefen und ich mühsam die Infusionsstange hinter mir her zog.

"Zu deinen Eltern." antwortete er und hielt meine andere Hand.

Eigentlich dachte ich, hier draußen würde er Angst haben, jede Sekunde mit mir von einem Fan erwischt zu werden, doch er wirkte entspannt und schlenderte mit mir den Weg entlang.

"Oh ja, genau das Richtige." murmelte ich ironisch und sah wie er leicht lächelte.

"Vertrau mir." sagte er lediglich und wir gingen weiter.

Rechts und links von uns waren Bäume und die Sonne strahlte warm auf uns hinunter.

Etwas weiter erkannte ich meine Eltern auf einer Bank sitzen.

Dad hatte den Arm um Mum gelegt und ihr Kopf lag auf seiner Schulter.
Es ist eine Weile her, sie so vertraut gesehen zu haben.

Shawn strich mir über den Handrücken und lief plötzlich noch näher neben mir.

"Hey." brummte ich, als wir bei meinen Eltern angekommen sind.

Sie blickten auf und sahen uns einen Moment schweigend an, bevor sie aufstanden und mich Beide fest umarmten.

Das hatte ich definitiv nicht vermisst.

"Wie geht es dir mein Schatz?" fragte Mum und sah mir lächelnd ins Gesicht.

Wieso hat hier eigentlich jeder so gute Laune?
Sind die froh dass ich bald endlich weg bin?
Keine Last mehr bin?

"Wie es Einem nunmal geht, wenn man grad erst erfahren hat, dass man sterben muss, während alle Anderen leben dürfen."

Ich zuckte mit den Schultern und beobachtete, wie sich die Mundwinkel meiner Mutter senkten.

"Möchtet ihr euch nicht setzen? Ich denke wir haben viel zu besprechen." mischte sich Dad nun ein, jedoch viel entspannter als sonst.

Er zeigte auf die Parkbank, auf der die Beiden gerade noch saßen und setzte sich mit Mum wieder hin.

Shawn und ich setzten uns daneben.

"Also.. Wir.." begann Dad doch ich unterbrach ihn, wohl wissend was er sagen würde.

"Darf ich bitte zuerst? Ich weiß nämlich wo dieses Gespräch hinführen soll.
Ihr wollt mich überzeugen die Therapie zu machen, weil ihr auf ein Wunder hofft.
Aber könnt ihr einmal auf das hören, was ich möchte? Ein einziges Mal?" fragte ich direkt.

Mum und Dad sahen sich einen Moment lang an, dann nickte meine Mum.

"Was möchtest du denn?" fragte sie sanft und lächelte halbherzig.

"Leben. Es ist sicher, dass ich das nicht überleben werde.
Ob ihr das wahrhaben wollt oder nicht. Ihr müsst mich gehen lassen.
Also bitte, wenn euch etwas an mir liegt, wenn ihr mich liebt, dann akzeptiert dass ich die Behandlung nicht machen möchte.
Ich wünsche mir nur, solange wie möglich normal weiter zu machen und Zuhause oder in der Klinik zu sein, bis es nicht mehr geht.
Könnt ihr mir diesen Wunsch bitte erfüllen?" bat ich und begann dabei erneut zu weinen.

Vielleicht ist das schwer verständlich.
Vielleicht weine ich zu viel.

Aber ich werde sterben.
Ist das nicht Grund genug?

"Gracie.. Hör zu, Schatz. Diesen Wunsch können wir dir leider nicht erfüllen.
Weißt du wir haben lange darüber nachgedacht, waren die ganze Nacht wach und haben gesprochen.
Und wir denken es wäre eine gute Idee, wenn.." sprach meine Mutter doch ich wollte das schon gar nicht mehr hören.

Immer dieses pseudo respektvolle Gerede.
Dabei interessiert es sie einen Scheiß was ich denke oder möchte.

"Es ist mir egal was ihr denkt.
Es ist verdammt nochmal der Rest meines mickrigen Lebens und nicht eures.
Wenn ihr mich tatsächlich zwingen wollt werdet ihr sehen, was ihr davon habt." zischte ich und weinte dabei.

"Gracie.." sprach Dad.

"Nein ich will es nicht hören!" antwortete ich wütend.

Wieso wollen sie mir auch noch die letzten Monate, Wochen.. Wer weiß..kaputt machen?

"Baby, du solltest deine Eltern ausreden lassen." sprach Shawn's Stimme sanft an mein Ohr.

Ich entspannte mich leicht und sah kurz zu ihm, bevor ich schweigend zu meinen Eltern sah und wartete.

"Was wir versuchen dir zu sagen ist, dass wir loslassen möchten. Möchten ist vermutlich das falsche Wort. Aber wir müssen. Das hätten wir viel früher.
Du weißt nicht wie unglaublich schwer uns das fällt und wie gerne wir dich tatsächlich dazu zwingen würden.
Aber du hast recht. Du hattest mit Allem Recht.
Wir sind schuld dass du nie richtig gelebt hast, dass du so viel verpasst hast. Wir haben so viel falsch gemacht.
Shawn hat uns die Augen geöffnet und es tut uns schrecklich leid. Uns beiden." sprach Mum und ihr stiegen ebenfalls die Tränen in die Augen.

"Ich.." begann ich direkt wütend, stockte dann jedoch.

Am Liebsten würde ich ihnen erneut Alles vorhalten was sie mir die letzten Jahre angetan hatten, doch wenn ich mal ehrlich darüber nachdachte, ist ihre Situation auch nicht einfach.

Sie müssten akzeptieren, dass ihr Kind gehen wird.
Ich muss aufhören zu denken, ich wäre die Einzige die Etwas verlieren wird.

Und sie haben Angst ich würde gehen, ohne ihnen zu verzeihen.
Vielleicht würden sie sich ihr Leben lang Vorwürfe machen.

Und ist es wirklich das, was ich will?
Wird es das rückgängig machen?
Würde es mir helfen?

Ich bin irgendwann weg.
Sie müssen damit weiterleben.

"Es ist schon okay." sagte ich also schließlich und nahm die Hand meiner Mutter fest in meine.

"Ich verzeihe euch." flüsterte ich und hörte meine Eltern erleichtert aufatmen.

Sie entspannten sich und ich wusste, dass ich das Richtige getan hatte. Vielleicht nicht das, was mir am Meisten Genugtuung gab, aber es würde ihnen helfen loszulassen.

Abzuschließen. Mit mir abzuschließen.

Der Gedanke daran verlieh mir Gänsehaut.
Meine Welt wird aufhören sich zu drehen.
Aber ihre wird sich weiterdrehen. Ohne mich.

"Weißt du, es gibt einige Dinge im Leben, die man nicht wieder gut machen kann.
Wie wir reagiert haben, gehört dazu. Aber wir werden dich nicht zwingen die Therapie nochmal durchzumachen." sagte Dad nun und ich musterte ihn überrascht.

"Wir wollen einfach, dass du so viel wie möglich nachholen kannst. Dass du endlich erfährst was das Leben bedeutet. Und deshalb.." sprach Mum nun, sie unterbrach sich zwar und schluchzte kurz.

"Deshalb möchten wir dir anbieten.. Doch mit Shawn mitzugehen. Mit ihm zu reisen und die Welt zu sehen." sagte sie und lächelte mich verweint an.

Überfordert sah ich meinen Eltern Abwechselnd ins Gesicht.
Danach drehte ich zu meinem Freund der mich anlächelte.

"M-Meint ihr das.. Wirklich ernst?" harkte ich verblüfft nach.
Die Beiden nickten aufrichtig.

Mit offenem Mund starrte ich durch die Gegend.
Ich konnte es nicht glauben.

Ich würde verdammt nochmal hier raus kommen und die Welt sehen. Shawn hielt sein Versprechen.

"Natürlich gibt es einige Bedingungen aber wir möchten dir die Chance geben das zu machen, wenn du es möchtest." erklärte Dad wieder liefen mir Tränen durchs Gesicht.

Doch diesmal aus Freude.

Ich würde nach wie vor abschließen müssen.
Ich muss noch immer sterben. Sehr bald sterben.

Doch dank Shawn, dank meinem Freund, darf ich endlich leben, bevor der Tod mich holt.

+++
Irgendwie ist es klar, dass es mir selbst nach Bad Reputation so vorkommt, dass Alles total voraussichtlich ist.
Und vermutlich ist das auch so.
Aber ich darf das auch mal, okay🤷‍♀️😅

Wird Grace mitgehen? Okay blöde Frage 😅 dann.. Ähm.. Was werden die Beiden alles erleben? 🐣

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