~Kapitel 14~

Tag 39

"Jetzt stell dir einen typischen Tour Tagesablauf vor. Du stehst auf, machst dich fertig, was machst du als Erstes?" fragte mich die Psychologin.

"Ich geh zum Sport und hole mir dann irgendwo einen Kaffe." antwortete ich und dachte an die unzählig vielen verschiedenen Coffeeshops die ich bereits auf der ganzen Welt gesehen hatte.

"Triffst du dort schon auf Fans?" fragte sie.

"Meistens schon."

"Wie reagieren sie auf dich?"

"Die Meisten sind ziemlich nett und verständnisvoll.
Aber sie sind unglaublich aufgeregt und strahlen diese innere Unruhe aus, die ich auf mich übertrage.
Aber ich verstehe es ja auch." erzählte ich.

"Was machst du danach?"

"Naja nicht sonderlich viel, ich gehe duschen, muss zum Soundcheck und danach geht es schon mit Meet and Greets los. Am Abend dann die Show."

Ich schloss einen Moment die Augen und dachte an den atemberaubenden Moment, diese paar Stufen hochzugehen, das Schreien zu hören, die Lichter zu sehen und einfach das zu tun, wofür ich geboren wurde. Musik zu machen.

"Danach gehst du in ein Hotel?"

"Kommt drauf an, manchmal geht es auch gleich mit dem Tourbus weiter."
Das ist echt anstrengend aber auch ziemich cool, zumindest wenn man so einen Bus hat, wie ich.

"Schläfst du Nachts gut?"

"Ich schlafe vorallem wenig. Die Zeit rast so an mir vorbei, dass es sich so anfühlt als würde sich die Welt in der Nacht, wenn ich alleine bin und alles ruhig ist, endlich mal wieder in normaler Geschwindigkeit drehen." erklärte ich und sie notierte sich einige Sachen.

"Okay, ich schätze das reicht dann erstmal. Wir haben jetzt beinahe 90 Minuten gesprochen und ich danke dir, dass du so ehrlich bist.
Wir sehen uns dann bei der nächsten Sitzung, ja?" fragte sie und hielt mir ihre Hand hin.

Ich nickte, schüttelte ihre Hand und stand dann von dem blauen Sofa auf, um den Raum zu verlassen.

Danach war ich einfach nur unglaublich müde. Es war zwar erst 17 Uhr, doch ich fiel in mein Bett und schlief sofort ein.

~Grace~

Ich leuchtete mir mit meinem Handy den Weg und stieg die Treppen nach oben.

Da Jonathan, dumm wie er ist, noch immer nicht gemerkt hatte, dass ich seinen Schlüssel besaß kam ich jede Nacht zur selben Uhrzeit hier hoch, wenn ich nicht mehr schlafen konnte.

Plötzlich bewegte sich Etwas und ich leuchtete in die Richtung, nur um kurz darauf Shawn zu erkennen, der sich gegen die große Metalltür gelehnt hatte und mich abwartend ansah.

"Was willst du hier?" fragte ich sofort.

Ich weiß nicht wieso, doch unser Gespräch neulich hatte uns voneinander entfernt.

Ich fühlte mich durchschaut, obwohl er doch keine Ahnung von mir hatte und das ärgerte mich.

"Das Selbe wie du. Ich will raus." er zuckte mit den Schultern und sah mir noch immer entgegen.

Er kniff leicht die Augen zusammen, da ich ihn mit meiner Handytaschenlampe anleuchtete.

"Das ist mein Platz."

"Und du willst ihn nicht mit mir teilen?" fragte er und hielt sich gespielt getroffen die Hand auf sein Herz.

Ich verdrehte lediglich die Augen und sperrte die Tür auf, die uns noch vom großen Flachdach trennte.

Ich ging vor, wartete nicht auf ihn und setzte mich wie immer an die Kante.

Ich liebe diesen Moment.
Es könnte jedes Mal schief gehen, ich könnte das Gleichgewicht verlieren, stolpern, ausrutschen und zig Meter in die Tiefe stürzen.

"Meinst du, es tut weh da runter zu fallen?" fragte ich Shawn, als er sich neben mir nieder gelassen hatte, mit den Beinen gegen die Hauswand baumelte und in die Ferne sah.

Die Lichter der Stadt flimmerten und bildeten einen Kontrast zum Meer, das von hier aus schwarz wirkte.

"Ich weiß nicht, ob man viel mitbekommt. Ich denke man ist sofort tot." er zuckte mit den Schultern und sah dann kurz in den Abgrund, wendete den Blick jedoch schnell wieder ab.

"Ich glaube der Moment in dem man fällt, der fühlt sich ewig an. Und stell dir vor du fällst und hast Zeit daran zu denken, dass du gar nicht sterben willst." argumentierte ich.

"Dann spring am Besten gar nicht erst." riet er mir.

"Hab ich nicht vor. Ich frage mich nur, welche die sanfteste Art ist zu sterben." erzählte ich und sah zu ihm rüber.

Er drehte den Kopf langsam zu mir und hob eine Augenbraue.

"Und ich soll dir noch glauben, dass das nicht der Grund ist wieso du nicht raus darfst?" fragte er vorwurfsvoll.

"Glaub mir, wäre das der Grund, wäre ich schon längst gesprungen. Du weißt nichts über mich, also hör auf andauernd so zu tun." zischte ich und wendete den Blick wieder ab.

"Sei nicht immer gleich so aggressiv." forderte er nun und ich atmete genervt aus.
"Denn für Jemanden der nicht viel fühlen kann, ist da ne Menge Wut vorhanden."

"Bist du jetzt auch unter die Psychologen gegangen oder wieso denkst du mich analysieren zu können?"

"Entspann dich doch einfach.." er klang erschöpft und ich lies mich nach hinten fallen, sodass ich die Kieselsteine in meinem Rücken spürte und hoch zu den Sternen sehen konnte.

"Du musst dich ganzschön bescheuert fühlen, zwischen uns Verrückten." murmelte ich.

"Wer sagt, dass ich nicht auch verrückt bin?" fragte er nun und ich beobachtete, wie er sich ebenfalls nach hinten fallen lies und somit neben mir lag.

"Ich." antwortete ich schlicht.

Ich schloss die Augen und hörte die Wellen in der Ferne rauschen.

"Soll ich dir was erzählen, Shawn?" fragte ich leise und hielt die Augen geschlossen, stellte mir vor mit einem Handtuch im Sand zu liegen.

"Ja."

"Ich bin seit über einem Jahr hier in Kalifornien. Jeden Tag sehe ich den Ozean, ich kann das Wasser immer sehen. Und ich war noch nie dort." erzählte ich leicht lächelnd über die Ironie.

"Wieso nicht?"

"Meine Eltern halten es für zu gefährlich." antwortete ich schlicht.

"Wer zum Teufel sind deine Eltern? Der Präsident und die First Lady?" harkte er nun aufgebracht nach.

"So führen sie sich zumindest auf." sagte ich.

"Woher kommst du?" fragte er nun.

"Aus einer kleinen Stadt in Nebraska."

"Und von dort bringen dich deine Eltern extra hier her?" fragte er geschockt, worüber ich beinahe lachen musste.

"Okay, Mr.Kanada." antwortete ich schlicht.

"Das ist doch was anderes, ich bin schließlich.." er hörte auf zu reden, weshalb ich die Augen öffnete, mich auf meinen Unterarmen abstützte und ihn abwartend ansah, doch es kam nichts.

"Klar, du bist ein Superstar und ich nur das normale Mädchen. Du hast gute Hilfe verdient, du hast genug Geld,.." er unterbrach mich.

"Das ist nicht was ich sagen wollte."

"Aber was du gedacht hast." warf ich ihm vor.

Ich drehte mich auf die Seite und stützte mich nur noch mit dem rechten Arm ab.

"Du siehst das Meer. Ich verspreche es." sagte er und sah mir tief in die Augen, da auch er sich zur Seite drehte.

"Das ist unmöglich."

"Lass das mal meine Sorge sein." antwortete er und lächelte mich plötzlich an.

+++
Was denkt ihr, wieso ihre Eltern das Meer für zu gefährlich halten?🙊

Ich muss später wieder arbeiten gehen. Ich hasse es dort. Wirklich. Bin fast froh wenn das Semester wieder los geht damit ich da nicht mehr so oft hin muss 😅

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