06
“Ratet mal, wer heute Nachmittag einen Surfkurs hat.“ Fröhlich pfeifend kam Eleanor ins Zimmer spaziert, während Harry und ich gerade dabei waren, die letzten Schlucke aus unseren Kaffeetassen zu leeren.
Mit gehobener Augenbraue grinste ich sie an, was sie irritiert die Stirn runzeln ließ. “Was? Du guckst mich an, als sei ich ein Clown“, lachte sie nervös, woraufhin auch Harry sich ein Kichern nicht verkneifen konnte.
“Ihr zwei habt doch schon kräftig Morgensport betrieben“, witzelte er, wofür die Brünette ihm bloß mit hochrotem Kopf einen Stinkefinger zeigte, ehe sie wieder auf dem Absatz kehrt machte.
Ich warf Harry einen verschwörerischen Blick zu, den er mit einem Zwinkern erwiderte, bevor er aufstand, um das Frühstücksgeschirr wieder wegzubringen - wobei er absichtlich mit dem Hintern wackelte. Kopf schüttelnd riss ich meine Augen von seinen geschwungenen Rundungen los und checkte stattdessen mein Handy, weil Jacob ja eigentlich versprochen hatte, sich noch einmal zu melden. Mittlerweile war es aber in London bereits halb zehn und da mein Freund ein strenger Frühschläfer war, lag er bestimmt schon seelenruhig im Bett.
Also schüttelte ich mit einem Seufzen die Gedanken an ihn ab und berührte unwillkürlich mit meiner Fingerkuppe meine Lippen, auf denen noch immer der Kuss haftete. Just in diesem Moment kehrte Harry mit genau dem gleichen Arschwackeln wieder und fuchtelte mit einem Flyer vor meiner Nase herum.
“Eleanor hatte Recht. Julia war eben da und hat gesagt, dass für uns alle heute ein exklusiver Surfkurs stattfindet“, sagte er und ließ sich neben mich auf die Matratze plumpsen. “Und, was machen wir bis dahin?“, fragte ich, weshalb er mit den Schultern zuckte. “Schlafen. Ganz viel schlafen“, nuschelte er undeutlich und presste sein Gesicht in die Bettdecke.
“Miteinander?“, scherzte ich, was ihn schlagartig hochfahren ließ. “Hättest du jetzt Lust?“, wollte er neugierig wissen. “Keine Ahnung“, murmelte ich und nestelte am Saum der Bettdecke, wodurch sich unsere Hände berührten. Lust hatte ich, doch ich dachte viel eher an Jacob. Zaghaft nahm Harry meine in seine und hauchte symbolisch einen Kuss auf ihren Rücken. “Wir überstürzen nicht“, beruhigte er mich. “Immerhin haben wir nicht umsonst eine Woche Eingewöhnungszeit.“
Kurz darauf schlenderten wir trotz fehlender Motivation durch die sonnigen Straßen Honolulus und lauschten den Geräuschen der Großstadt, bis wir ein Café erreichten, welches von Palmen gesäumt dazu einlud, Pause zu machen. “Warst du schon mal surfen?“, erkundigte ich mich, sobald der Kellner uns jeweils einen Cappuccino vor die Nase gestellt hatte.
“Nein. Ich werde bestimmt einhundert Mal ins Wasser fliegen“, gluckste er und versenkte gleichzeitig seinen Löffel im Milchschaum. “Und du?“ “Nein. Und um ehrlich zu sein, bin ich auch nicht wirklich scharf drauf.“
Harry leckte sich ein wenig Schaum von der Oberlippe, dann lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und blinzelte genüsslich in die Sonne. “Ich wette, dass du häufiger vom Board fällst als ich“, sagte er nach einer Weile, was mich empört Schnauben ließ. “Niemals! Ich wette dagegen!“, entgegnete ich, weswegen er mir mit einem süffisanten Grinsen die Hand entgegen streckte. “Okay. Deal.“
Allerdings war sein Hochmut schnell verraucht, nachdem er einige Stunden später innerhalb von zwei Minuten fünf Mal vom Brett gerutscht war - und das, obwohl er lediglich breitbeinig drauf saß. “Vielleicht solltest du in Erwägung ziehen, nicht andauernd wie wild mit deinen Armen rumzufuchteln“, feixte ich, wofür ich prompt eine ausgestreckte Zunge seinerseits kassierte.
Unser Surflehrer John hingegen, der ebenfalls auf seinem Board hockte und das Schauspiel belustigt beobachtete, pflichtete mir bei: “Ja, Harry, wenn du nicht noch Fischfutter werden willst, solltest du langsam mal oben bleiben.“
Sowohl ich, als auch die Mädels fingen an, lauthals zu lachen, wodurch Harry beleidigt die Arme vor der Brust verschränkte und eine Schnute zog. Jedoch riss John ihn aus dieser Pose, indem er laut in die Hände klatschte. “Okay, zurück zum Eigentlichen. Wir werden jetzt einfach mal ein bisschen rauspaddeln. Legt euch zuerst hin und achtet darauf, wie die Wellen eure Bretter in Schwingung vetsetzen, oder der Wind euch in eine bestimmte Richtung drücken will. Wenn wir an einer geeigneten Stelle angekommen sind, könnt ihr versuchen, langsam aufzustehen, so wie wir das eben trocken an Land geübt haben.“
Und so setzte sich unsere kleine Gruppe in Bewegung, und auch wenn ich nach wir vor weder für das Meer, noch für den Sport keine helle Begeisterung aufbringen konnte, genoss ich das Rauschen der seichten Wellen und die Wärme auf meiner Haut.
Schließlich kam John zum Stehen und wandte sein Board so, dass er uns mühelos dabei zusehen können, wie wir kläglich daran scheiterten, uns aufzurichten.
Meine Knie schienen bei jedem noch so kleinen Versuch, sich auf der Oberfläche abzustützen, abrutschen, wodurch ich bereits nach wenigen Minuten frustriert aufstöhnte.
Mir die feuchten Strähnen aus dem Gesicht streichend riskierte ich einen Blick zu Harry, der zumindest genau so seine Schwierigkeiten hatte, Gleichgewicht zu halten. Und kaum hatte er es tatsächlich geschafft, halbwegs in die Senkrechte zu kommen, rutschte er mit einem gellenden Schrei ab.
Schlagartig folgte Hunter ihm, die durch das Erschüttern auch ins Straucheln gekommen war. Eleanor schmunzelte schadenfroh und zwinkerte mir aufmunternd zu. “Wenigstens sind wir noch nicht baden gegangen!“
Doch noch bevor ich ihr zustimmen konnte, wurden wir beide von fremden Armen gepackt und ins Wasser gezerrt.
Irgendwann gab John auf, sodass wir letztendlich alle vier wie begossene Pudel am Strand standen und ins in unsere Handtücher schlangen. “Wir sehen uns morgen wieder“, warnte John uns amüsiert vor, woraufhin ein Raunen durch unsere Gruppe ging. “Keine Sorge, am Ende der Reise könnt ihr das.“
Mit diesen Worten verabschiedete er sich und stieg in seinen Jeep, wo schon alle Surfboards verstaut waren, danach ließ er uns allein zurück. “Ich brauch erst mal eine heiße Dusche. Wir sehen uns beim Abendessen im Restaurant“, verkündete Hunter und verzog sich - Eleanor im Schlepptau.
Spielerisch kniff ich Harry in die Rippen. “Und wir? Was stellen wir an?“ “Sex unter der Dusche?“, schlug er mit ernster Miene vor, ehe er in Gelächter ausbrach. Trotzdem sah ich ihn schockiert an und musste einige Male schlucken. Beruhigend legte er einen Arm um mich, während wir zum Hotel wanderten.
“Alles gut. Du musst nicht mit mir schlafen. Überhaupt nicht.“
“Sorry. Ich weiß, worauf ich mich eingelassen habe, und mit dir klingt das auch echt nicht schlimm, aber trotzdem...“, druckste ich herum, weshalb er meine Hand griff, damit er die drücken konnte. “Hey, wenn du das partout nicht kannst, wäre das auch ein Ergebnis der Studie“, erinnerte er mich.
“Aber ich hab ja Lust. Sehr sogar“, flüsterte ich, was er dennoch hörte. “Ich auch.“ Ich blieb abrupt stehen und nahm all meinen Mut zusammen. “Okay. Lass es uns probieren. Vielleicht kann ich über meinen Schatten springen.“
Das wiederum ließ er sich nicht zweimal sagen.
endlich mal wieder ein kapitel, ich hoffe es gefällt euch!
qotd: was ist euer lieblingsland?
aotd: norwegen
stay happy & safe! ich liebe euch. x
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