XXXII; [time_sleep_until();]

Mona war gerade dabei, sich noch den Hoodie anzuziehen, den Yana ihr gestern vorbeigebracht hatte, als es an der Tür klopfte.

"Das war zu leise Charlotte", hörte sie gedämpft durch dieser, die aber dennoch geöffnet wurde und Charlotte Theodore etwas schubste, um schneller zum Bett laufen zu können.

Mona bückte sich ihr entgegen, bemerkte jedoch, dass sie die Kleine nicht hochheben konnte.

Simon half ihr dabei und so hatte sie in Windeseile die beiden an ihr hängen.

"Ich freue mich ja auch euch zu sehen."

"Entschuldige Mona", hauchte es leise in ihr Ohr und sie verstand vorerst nicht, weswegen Theodore sich entschuldigte. Vielleicht hatte sie ihre Aufgabe als Nanny falsch angepackt. Anstatt zu zwingen hätte sie vielleicht einmal fragen sollen, weswegen er es nicht tun wollte.

Sie hatte gestern noch viel Zeit, nachzudenken.

"Dann lasst uns nachhause fahren", lächelte sie, weniger aufgesetzt als in letzter Zeit und die Kinder wirkten erfreut. Simon fragte sie, ob sie sich auch dafür bereit fühle, doch sie nickte.

Es war lediglich ihr Blutverlust, der ihr so den Garaus gemacht hat.

Als sie den Rucksack geschultert hatte, führten die Kinder sie, jeweils eine Hand haltend, aus dem Krankenhaus. Sie wirkten wie ausgewechselt und es erfüllte Mona mit Freude, dass ihnen etwas an ihr lag.

Zuhause angekommen, taddelte sie Simon, es langsam anzugehen und ihn anzurufen, sollte etwas sein.

Doch Mona hatte nicht vor etwas zu überstürzen.

"Dein Verband sieht so langweilig aus", bemerkte Charlotte, die selbst eine neonpinke Stütze um den Knöchel trug, "Darf ich malen?"

Sie holte sich ihre Mappe und setzte sich zu den Kindern, um nebenbei zu lernen, während Charlotte den Verband mit pinken Blumen und blauen Sternen bemalte; jedoch nur die Handfläche. Auch Theodore nahm sich einen Stift und zeichnete, für sein Alter gesehen, einen schönen Vogel.

"Sag' mal Theodore", begann sie das auszusprechen, was ihr schon seit gestern hinter den Fingernägeln brannte, "warum magst du Zähneputzen nicht so gerne?"

Er stöpselte den Stift zu und legte ihn in Charlottes Federpennal.

"Das ist so langweilig und dann schmeckt das Essen immer so komisch", seufzte er bedrückt.

"Dann lasst uns was vereinbaren", hob sie ihre Hand, als würde sie einen Schwur sprechen, "vorher Frühstück, dann Paw Patrol, dann Zähneputzen."

"Abgemacht", schlug Theodore erfreut auf die Hand und auch Charlotte imitierte ihn, jedoch auf die falsche Hand, worauf Mona den Schmerz zu unterdrücken versuchte.

"Doch was machen wir heute zu Mittag", sprach Mona ihre Gedanken laut aus und auch die Kinder begannen nachzudenken.

"Schokolade", riss Charlotte die Hände in die Höhe und Theodore begann zu lachen.

Doch Mona fand diesen Vorschlag gar nicht schlecht, wenn man ihn etwas dreht und wendet.

Der Vormittag verflog und somit stand Simon im Flur; schon zielsicher in die Küche zum Kochen bereit.

Doch dort waren drei fleißige Küchenfeen am Werk; die beiden kleinen Feen von der Oberfee eine Einführung bekamen.

Während Charlotte Bananen mit der Gabel zerdrückte, versuchte Theodore selbstständig das erste Ei in die Schüssel zu schlagen.

Sie haben Simon nicht einmal bemerkt.

Mona schenkte ihm ein leichtes Lächeln, als er sich am Esstisch niederließ und darauf wartete, entdeckt zu werden.

"Hallo Papa", bemerkte Theodore kurz und Simon staunte. So war er noch nie begrüßt worden, dass sie nicht auf ihn losgelaufen sind.

Auch Charlotte bemerkte ein kurzes Hallo, gebannt die Milch zu den Bananen zu schütten und der Bruder verteilte Mehl in der Schüssel. Auch ein Löffel Kakao fand dort Platz.

Die Kinder wechselten sich ab beim Rühren, während Simon sich auch nützlich machen wollte und eine Pfanne auf den Herd stellte. Er glaubte zu erraten, was Mona mit den Kindern zauberte.

"Yana kommt heute auch aufs Mittagessen", bemerkte er und warf zum Erstaunen der Kinder die Bananenpfannkuchen durch die Luft. "Eine Gerichtsverhandlung wurde abgesagt und dafür beginnt sie den Rest der Woche eine Stunde früher."

Mona lächelte. Zum ersten Mal seit Monaten war es nicht aufgesetzt, sondern aus ihrem Herzen heraus.

Es scheint ihr wieder besser zu gehen.
Dennoch auch nur, da ihr Gespräch mit Yana sie aufgebaut hat; da sie Mona dabei unterstützte, was sie vor hatte.

Wochen um Wochen vergingen. Es war für Mona bald das Ende des Sommers nahe und ein Verlangen in ihr brannte mehr denn je.

Es war Zeit, dafür aufzubrechen.

Während Simon mit den Kindern den schwarzen Audi nahm, auf zu Tante Marie, stiegen Mona und Yana in den goldenen VW Golf.

"Bist du nervös?", fragte Yana, die selbst etwas angespannt klang.

"Ganz ehrlich, kein bisschen", hatte sie lässig den Arm an der Tür abgestützt und sah nach draußen.

War es zu überstürzt?
Eigentlich will ich es schon ewig machen lassen.

Obwohl sie gerade mal eine halbe Stunde bis zu ihrer Zielstadt Zug hatten, fühlte es sich für Mona wie eine Ewigkeit an.

Und es durchschlich sie ein Gedanke, der sie beinahe dazu veranlasste, umzudenken.

Werde ich Ryoyu noch gefallen?

Sie schüttelte den Kopf und verbannte diesen Gedanken.

"Denkst du wieder an ihn?"

Mit einem Seufzer musste sie nicken. Mona wünschte sich es verneinen zu können.

Es war zwar lange her, aber ihr Kopf hatte sie wieder erinnert, dass dieser Geist irgendwo auf der Welt noch existierte und offenbar ihren Kopf noch beschäftigte.

"Wissen deine Eltern eigentlich davon?"

"Meine Mutter hat ihn damals verarztet, aber ich weiß nicht, ob sie das alles mitbekommen hat. Sie hat seit Dezember einen neuen Job dazugenommen."

"Was arbeitet sie?"

"Sie ist Ärztin in der Notfallchirurgie an der Uniklinik in Innsbruck, nebenbei Professorin an der Uni und jetzt auch noch Notärztin beim Roten Kreuz. Sie ist nicht mehr viel zuhause."

"Und dein Vater?"

"Vertreter bei der Firma Miele, er ist jetzt mehr zuhause, als letztes Jahr, weswegen Mama auch den Job annehmen konnte, den sie so lange wollte."

"Klingt ziemlich anstrengend."

"Klingt nur so", seufzte Mona erneut, "anstrengend ist nur das andere."

Yana beendete mit keiner weiteren Frage das Gespräch und bog in die Stadt ein. Für sie ergab sich ein Besuch bei Simons Bruder, bis Mona in der Stadt alles erledigt hatte.

"Ich hoffe, du findest dich alleine zurecht", hielt Yana auf einer Kurzparkzone am Straßenrand, "sonst meld' dich einfach."

"Danke, dann bis später", sprang sie aus dem Auto und zum ersten Mal begann ihr Herz zu pochen. Sie war mehr aufgeregt als gedacht.

Ihre Augen musterten immer wieder die beleuchten Buchstaben über der Tür.

Soulmarks Tattoo&Piercing

Als Mona sich am Vormittag im Krankenhaus durch mehrere Studios in der Umgebung gesehen hat, hat ihr dieses am meisten imponiert. Und als Yana erfreut darüber war, dass es in Zug lag, scheint alles perfekt zu sein.

Als sie auf ihr Smartphone sah, hätte sie noch fünf Minuten vor ihrem Termin. Dennoch nahm sie ihren Mut zusammen und betrat das Geschäft.

Eine junge Frau, in Oversize-Hoodie und schwarzen Leggins empfing sie. Ihre Haare waren am Hinterkopf zu einem wilden Knoten gebunden und strahlten in knallendem Hellblau.

"Hallo Mona", kam sie sofort auf sie zu und Mona war im ersten Moment etwas unbehaglich, da sie nicht der Mensch war, denen es gefiel, wenn anderen direkt auf einen zugehen.

"Entschuldige", hielt die Blauhaarige und lächelte verlegen, "ich bin Emilia."

"Mona", lächelte sie zurück und die beiden Frauen lachten kurz.

"Ich mag deine Klamotten", versuchte die Frau etwas die Stimmung aufzulockern und Mona bedankte sich, während sie an sich entlang sah.

Seit dem Krankenhaus hat sich so einiges geändert. Sie hatte viel Spaß mit den Kindern und auch ihr Gemüt scheint sich selbst langsam zu reparieren. Und ihr Kleidungsstil war ziemlich in die schwarze Grungeszene gerückt.

Emilia zeigte ihr auf die Ecke mit einem langen Sofa und dicken Katalogen am Tisch.

Sie ließen sich dort nebeneinander nieder. Mona wurde von Minute zu Minute nervöser.

"Ich bin für die Piercings hier zuständig", begann Emilia aufzuklären und stöberte mit Mona durch einen Katalog, der zur Veranschaulichung diente.

Es gab mehrere medizinische Piercings, aus denen sie wählen konnte und langsam versuchte sie sich zu entspannen. Emilia wirkte auf sie, als würde sie wissen was sie tat und Mona hatte Vertrauen.

Mona entschied sich schlicht für die Hälfte mit einem Zirkonia und die anderen mit normalen Titankugeln.

Ich hab' mir darüber gar keine Gedanken gemacht.

Als Emilia sie tiefer in das Studio führte, wusste sie, dass es nun ernst werden wird. Und Mona freute sich darauf, als hätte sie Geburtstag.

Yana saß bereits in der Küche des kleinen Zweifamilienhauses von Simons Bruders, der jedoch nicht zuhause war. Er ist mit seiner Tochter beim Tennistraining.

Stattdessen war sie mit seiner Freundin Simone allein, was sie keinesfalls störte.

"Simone, ich hab ein Problem", klammerte Yana ihre Hände um die Tasse Tee, während Simone ihr gegenüber einen Schluck von ihrem Kaffee nahm, "und ich weiß nicht wie ich das anpacken soll."

"Geht es um deine Kinder?"

"Um meine Nanny Mona."

"Ich dachte eigentlich du bringst sie mit?", hatte Simone ganz auf die junge Frau vergessen.

"Sie musste nach Zug und da hat es sich ergeben, euch zu besuchen."

"Einen Freund dort?", zog sie die Augenbrauen zusammen und zuckte mit diesen, doch Yana schüttelte kräftig den Kopf.

"Nein", verharrte sie kurz und hob ihren Blick von der Tischplatte, "Nein hat sie nicht. Sie lässt sich Piercings stechen."

"Das wäre das letzte das ich erraten hätte", lachte Simone und verstummte, als sie die ernste Miene von Yana sah.

"Aber du hast das Problem schon angesprochen."

"Wegen einem Freund? Solltest du dich da nicht besser raushalten?"

"Mona beschäftigt es und ich möchte ihr helfen", verteidigte sie sich und Simone nickte verständlich.

"Ist es was ernstes?"

"Er hat sie stehen gelassen und sie weiß nicht weswegen."

"Arme, aber dann gleich Piercings?", runzelte Simone die Stirn und erneut schüttelte Yana den Kopf.

"Ist nicht so wichtig, aber sie will was neues ausprobieren."

"Klingt für mich nach Depressionen, auch wenn du nicht gefragt hast", nahm sie einen Schluck von Kaffee, "ich lass' mir doch nicht so aus Spaß Piercings beim Sommerjob stechen."

"Und wie rede ich am besten mit ihr? Oder ich und Simon?", klang Yana verzweifelt.

"Hm, sowas ist immer schwierig. Vielleicht ergibt sich eine Situation oder sie erzählt es ganz von selbst."

"Ich fühle mich etwas hilflos. Und sie fährt ja morgen nachhause."

"Ich glaube, das wird schon. Sowas bleibt nicht ewig", strich ihr Simone über den Oberarm, "Vielleicht hilft ein Neuanfang."

Als Yanas Smartphone klingelte und Mona ihr Fertig sein ankündigte, verabschiedete sie sich von Simone.

Mit hochroten Ohren stieg Mona ins Auto, doch etwas war völlig anders, als sie ausgestiegen war.

"Wo sind deine Haare hin", entkam es Yana etwas erschrocken und bewunderte die Kurzhaarfrisur.

Yana fiel erst jetzt auf, wie sehr Mona sich zu einem Goth Girl verwandelt hat. Jetzt mit den Piercings und der Frisur wirkte die fast schwarze Kluft noch stärker.

"Aber bitte keinen schwarzen Lippenstift", lachte sie etwas und Mona schüttelte den Kopf.

"Nie im Leben", stimmte sie mit Yana mit ein, worauf die beiden losfuhren.

Es herrschte Schweigen zwischen den beiden. Mona knirschte ihre Zähne. Die Freude, die sie vorhin beim Einsteigen verspürt hatte, war verschwunden wie Staubzucker durch einen Windhauch in der Luft verpuffte. Der quälende Gedanke Ryoyus wurde wieder stärker und dem mit Wut zu konfrontieren, scheint gleich viel zu helfen, als es vergessen zu wollen.

"Wie kann man jemanden am schnellsten vergessen", seufzte Mona. Sie entspannte ihr Kiefer.

"Nicht mehr daran denken."

"Und wie?", strich sie sich über die Stirn, "Wenn ich diese verfluchte Jacke immer mitschleppe."

"Dann bring' sie ihm zurück und alles andere was ihm gehört."

Mona hob den Kopf und sah Yana vorerst einige Minuten lang an. Es war eine simple Antwort und dennoch wirkte ihre Handlung auf sie, als wäre sie unmachbar.

"Ich kann nicht halb Japan nach ihm absuchen", begann sie zu grübeln. Ihr Kopf scheint dennoch Gefallen an dem Gedankengang zu haben.

"Frag' doch Linus, der könnte Kontakte haben oder ich frag' Simon."

"Aber ich will da glaub' ich nicht hin", sank Mona etwas in den Sitz.

"Vielleicht ist es sogar gut, dann kannst du ihn fragen was du willst."

Und ihm endlich die verdienten Ohrfeigen geben, die ich schon so lange verteilen will.

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