XVI;

Ryoyu hatte seine Hand auf ihre gelegt und ein Strom von Wärme durchflutete sie.

Als wäre er eine heilvolle Quelle, spendete er ihr so ein Gefühl wie Geborgenheit und zauberte ihre Gänsehaut weg. Mona spürte sogar seine zarte Haut bis ins kleinste Detail.

Schlagartig begann ihr Herz bis zum Hals zu pochen und sie hielt die Luft an. Zum ersten Mal in ihren Leben glaubte sie zu wissen, an einem Ort zur richtigen Zeit mit dem richtigen Menschen zu sein.

Sie sah zu Ryoyu, der ihr ein flüchtiges Lächeln schenkte und sich danach so verhielt, als würde er dem Moderator zuhören. Sie wusste, er tat nur so.

Er war der erste gewesen, der ihr einen Kuss auf die Wange gegeben hat. Er war der erste, der gezeigt hat, dass sich etwas zwischen den zweien befand. Und jetzt tat er es zum zweiten Mal, als er ihre Hand genommen hat.

Sein Griff wurde etwas fester.

Mona wusste nicht wie ihr geschah. Sie wusste weder noch, wie sie reagieren sollte. Jedoch versuchte sie sich ins Gedächtnis zu rufen, dass sie beide nicht alleine waren.

Vielleicht fand Ryoyu doch mehr gefallen an ihr, als nur Zeitverschwendung, wie sie vorhin gemeint hatte. Vielleicht war er wirklich interessiert an ihr.

Ein vielleicht um ein anderes vielleicht.

Mona versuchte sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Vielleicht existierte es nur einmal und bereute danach sich nicht eingelassen und viel zu viel nachgedacht zu haben.

Erneut ein vielleicht.
Relativiert die Gewissheit, dass ihr immer noch ungewiss ist, ob er es nun wirklich ernst meinen möge.

Doch ihr Herz scheint sich langsam an seinen Rhythmus zu gewöhnen. Der Takt war auf einer Wellenlänge. Auch ihre Schutzwand öffnete sich ohne ihrer Erlaubnis, um zuhören zu können, was er zu sagen hat.

Sie war neugierig, wie ein Kindergartenkind auf eine ihr dringlich vorkommende Frage brannte.

Sie wollte wie aus dem Nichts alles erfahren.

Und alles nur durch eine Hand, die auf ihre gelegt wurde und etwas warm war.

Ryoyu wusste nicht, warum er dies getan hat, konnte aber nun seine Hand nicht mehr zurückziehen. Es war wohl ihre Gänsehaut gewesen, die ihn dazu veranlasst hat, sie zu wärmen.

Und auch wenn Junshiro nebenan stand und nach unten sah.
Wenn er dies auch sehen konnte, Ryoyu war alles egal. Er wollte sie nur noch an sich ziehen und erneut an ihrem Haar schnuppern, welcher lieblicher Duft das erste Mal im Krankenhaus in seine Nase gestiegen war. Er erinnerte sich oft an diesen Moment, wenn er glaubte so etwas zu verspüren wie sie zu vermissen und sich vorspielte, dass dies alles eingebildet war.

Auch wenn er nur glaubte, dass sie eine gute Freundin war, kümmerte er sich um sie als wäre er ihr Ehemann; zumindest in seinem Kopf verhielt er sich so.

Wenn er vor ihr stand, klopfte sein Herz wie wild.
Und wenn er alleine war, wirkte es so als wäre sie eine Dolmetscherin oder dergleichen, welche er einmal gesehen und vergessen hat.

Doch er wirkte innerlich verwirrt.
Er wusste nicht, was er glauben soll.

Er wollte sie nicht verletzen und dennoch ist es im auf einer anderen Seite egal.

Und wenn er versuchte schlussendlich auf eine richtige Antwort zu kommen, seine Sätze besaßen immer ein wenn.

Als würde er sich wünschen, einen Satz einzuleiten, der ihm sagte was er glauben soll.

Ryoyu seufzte kurz und hatte schier die Hälfte der Winners Party versäumt.
Noriaki stand bereits dort und lächelte den Menschen entgegen, während auf der Leinwand ein Film ablief. Ein Halbkreis aus Männern hatte sich um Kasai gebildet, in dem Ryoyu nun auch den Trainer erkannte.

Trainer um Trainer und Legenden erschienen im Film und sangen zusammen als Geschenk für Noriaki. Der hielt noch einen Hut in der Hand.

Kobayashi war jetzt weniger nach feiern zumute, als es noch vor einer Stunde der Fall gewesen war.
Jetzt, wollte er nur Antworten.

Als die Menge zu klatschen begann, riss es ihn aus seinen Gedanken und er klatschte ebenfalls. Wie es aussah, war das ganze förmliche vorbei und nun die wirkliche Party angesagt.

"Sollen wir nach unten gehen?", lächelte Taku Mona entgegen, die nur rettend zu Ryoyu sah. Sie hat natürlich nichts verstanden.

Kobayashi stand ein leichtes Lächeln auf den Lippen und er nickte. Ein wenig Alkohol würde nicht schaden.

Er zog Mona ein wenig grob am Oberarm mit sich mit, die schier über ihre eigenen Füße gestolpert war. Doch Ryoyu hatte nur Augen für den Blick seines Bruders, der auf ihm lastete. Er signalisierte ihm, Junshiro nichts vorzuspielen.

Doch Ryoyu spielte nichts vor. Er verstand nur nichts von sich selbst.

Kein Aussetzen des Herzschlages.
Kein Luftanhalten.

Nichts von dem verstand er.
Und sein Bruder machte es ihm nicht wirklich einfacher, eine Lösung darauf zu finden.

"Ryoyu?", hauchte eine leise Stimme und er zuckte zusammen. Seine Hand, wie er nun sah, hatte sich in den Oberarm von Mona gebohrt, die noch tapfer standgehalten hatte.

Er ließ los und rieb sich verlegen das Handgelenk.
Es wäre am besten sie den ganzen Abend nicht mehr zu berühren.

Ohne ihr einen Blick zu schenken, ging er mit schnellen Schritten auf den Aufzug zu. Mona hatte Arbeit, ihm zu folgen.

Wie aus dem Nichts verhielt er sich so anders, als würde er eine zweite Persönlichkeit besitzen.

Als wäre er schüchterner Streber und Schulhofschläger in einem.

Doch Mona glaubte an das erste. So wie er war, als sie ihn kennengelernt hat.

"Kommst du?"
Mona erwachte aus ihren Gedanken und sah, dass sie genau vor dem offenen Lifttüren stehengeblieben war.

Junshiro hatte ein wachsames Auge auf die Hand von Ryoyu, der Mona am liebsten in den Aufzug gezogen hätte.

Leicht verlegen entschuldigte sie sich und trat ein, worauf sie sich in das Untergeschoss bewegten.

Angekommen, trennten sie wenige Schritte von der Menge, die erfreut und aufgeweckt die Füße zum Liveact bewegte. Auch Mona war nun nach Tanzen zumute.

Ryoyu bat sie jedoch mit ihm mitzukommen. Sie wollte jedoch, dass er ihr folgte.

Dies hatte zur Folge, dass beider Gesichter nur Millimeter trennten.

Mona spürte wie ihr die Röte in die Bäckchen kroch und zeigte zur Garderobe.

"Ich komm' gleich wieder."

Ryoyu nickte mit einem sanften Lächeln, welches Mona nur den Atem raubte. Sie musste sich innerlich selbst ermahnen, endlich diesen nervenden Mantel abzulegen.

Sie hastete davon.
Er steuerte geradewegs auf die Bar zu.

Sie sind von der Gruppe der japanischen Athleten getrennt, die alle noch damit beschäftigt waren, Kasai in der Menge zu erkennen.

In Ryoyus Kopf war ein Plan entstanden, für den er dankbar war.

Zu sagen, es wäre das Beste die Finger von Mona zu lassen, war einfacher als getan.

Er konnte sie kaum katholisch machen, dieses zarte Etwas nicht zu berühren.

Alkohol die Schuld zu geben, um ihr näher zu kommen, dagegen konnte Junshiro nichts einwenden.

Ryoyu war bekannt beim kleinsten Tropfen Alkohol die komischsten Dinge abzuziehen und dies würde ihm heute einmal von Nutzen sein.

Mona kam wieder zurück, Ryoyu betrachtete sie, wie ihr Kopf immer wieder hin und her flog, bis sie ihn endlich erkannte.

"Wo warst du denn so lange", lachte er kurz und sie schnaubte nur ein paar Strähnen aus dem Gesicht; gespielt mit einem beleidigten Blick.

Ein letzter prüfender Blick zeigte, dass alle gefährlichen Personen außer Reichweite waren und er nahm ihre Hand. Ein Aufschwung an Freude belebte seine Sinne und ein Lächeln schmuggelte sich auf seine Lippen.

Doch es müsste für sie aussehen, als würde er sich nicht entscheiden können, was er wollte.

"Einmal Whiskey und...", sah er zur Seite zu Mona, die nur dankend abwank. Ryoyu lächelte dem Barkeeper entgegen und hatte wenige Sekunden darauf das starke Getränk unter der Nase.

Kurz musterte er das Gesöff auf Augenhöhe und atmete tief durch. Er mochte zwar den Geschmack nicht besonders gerne, leerte dennoch das Glas in einem Zug; gekonnt die großen Augen von Mona ignoriert.

Dieses wurde schnell auf den Tresen gestellt und der Knall von der Menge verschluckt.

Er fühlte sich zum ersten Mal in seinem Leben für einen Rausch bereit.

Mit einem weiteren Atemzug versuchte er sich zu beruhigen. Seine linke Hand zitterte leicht und er war innerlich Inhaber von überschüssiger Stressenergie. Doch wie es üblich war, musste er Noriaki noch gratulieren. Zu Wellnessgutscheinen und etwas anderem, was er in seinem Trance überhört hatte.

Sie zwangen sich durch die vielen Menschen und Ryoyu hielt abrupt, sodass Mona in ihn hineinrannte.

Er drehte sich zu ihr um und fragte, ob sie vielleicht tanzen möge.
Es war noch niemand in der Nähe, der etwas Falsches sehen könnten.

Doch sie schaffte es nur ihn anzusehen. In ihren Augen erkannte er, dass sie nicht verstand, welcher Parasit ihn befallen hat, so drauf zu sein.

Ryoyu musste sich in Gedanken rufen, dass Mona nicht beim Gespräch mit Junshiro dabeigewesen war. Dennoch kam er dadurch nicht aus seiner Situation.

Die schlimmste Situation seines Lebens.

Er konnte es ihr nicht erklären, verschweigen wollte es aber auch nicht.
Er konnte nichts tun und er hoffte, dass Mona ihm soweit Vertrauen schenkte, dass alles sich zum Guten wenden wird.

Etwas schüchtern nickte sie und beide nahmen Tanzhaltung ein. Mona war überrascht, dass Ryoyu tanzen konnte. Sie hätte ihn nicht als einen solchen Typ Mann eingeschätzt.

Doch nun kam wieder dieses vertraute Schimmern in seinen Augen, welches sie seit ihrem Antreffen vermisst hatte. Er hatte nur ein dumpfes Nachdenken dort Platz genommen.

Mit leicht gebückter Haltung, schienen sie in der Menge zu verschwinden. Seine Haaren fielen ihm sanft ins Gesicht und in seiner Sportjacke wirkte er eleganter als geglaubt. Er schob sich die Brille etwas zurecht und setzte ein breiteres Grinsen auf, welches auch Mona ansteckte.

Auch wenn beide kein Gefühl mehr dafür hatten, was um sie herum passierte, standen sie doch nur da, verspürte Mona seinen Herzschlag alleine an seinen Fingerspitzen, die ihre Hand berührten.

Oder war ihrer so stark?

Ryoyu atmete tief durch und senkte seine Hände. Er spürte bereits das Rauschgift, welches sich langsam in seinem Körper freisetzte. Vor seinen Augen begann sich die Menge zu bewegen, als würde sie hin- und herschwappen.

Er hatte am Abend nichts gegessen, was ein Fehler gewesen war. Er hätte sich diesen Effekt eigentlich erst in einer halben Stunde gewünscht.

Seine Hand griff wieder nach Mona, die erneut stürmisch hinter sich hergezogen wurde. Ihr kam es vor, als würde sie jede Sekunde mit der Nase auf dem Parkett liegen und Ryoyu würde es egal sein. Doch den Grund für dieses Verhalten konnte sie sich nicht zusammenreimen.

Die Menge wurde weniger und der Zug von Ryoyu auch etwas schwächer, als sie Takeuchi erkannte. Ihr war seine Jacke in den Kopf gebrannt.

Und als sie nun vor ihnen standen, die Hände lange gelöst, würde man nur noch die Ohrfeige durch den Raum hallen hören, die jedoch in der Menge verschluckt wurde.

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