XIII; [we could disappear]
Mehrere Wochen später...
Noch ein Tag geschafft, flüsterte sie sich zu und fiel rücklings in das Bett.
Sie rieb sich über das Gesicht und streckte ihre Beine, damit der Schmerz von Muskelkater etwas weichen konnte. In jetziger Hinsicht wäre es wohl besser gewesen, zuhause schon ein paar Mal auf den Skiern gestanden zu sein, denn jetzt machte ihr Körper die Rechnung mit ihr.
Heute hat der Tag wegen windbedingten Gondel- und Sesselliftsperren auch schon nach dem Mittagessen geendet; morgen würden sie den Heimweg antreten.
Mona schloss die Augen und entspannte sich. Viel machte ihr zu schaffen und die langen Fahrten mit den Gondeln um jegliche Pisten zu erreichen, war unterstützend gewesen.
Obwohl sie viel nachgedacht hat, waren auch so einige brauchbare Gedanken dabei, die ihr etwas die Augen geöffnet haben. Dennoch verstand ein Teil ihres Körpers noch nicht, was Mona ihm erklären will; ihr Kopf.
Ihr Herz pochte fest entschlossen für eine Sache, während ihr Verstand sich verhielt, als würde er in einem Geschäft sich für ein paar Schuhe entscheiden müssen oder nicht; als wären sie teuer und dennoch schön.
Ohne dass sie Ryoyu als Trophäe betiteln möchte, war er in gewisser Hinsicht ein teurer Preis, den es nicht so leicht zu bekommen gab. Mona war sich bewusst, dass sie den Kampf eventuell verlieren konnte. Doch verlieren war in ihrer Natur eher wenig vorgeplant; kämpfte sie so lange bis sie ein für sie passables Ergebnis erzielte.
Doch auch wenn ihr Herz ihr sagte, auf volle Offensive zu gehen, hielt sich ihre Seele defensiv.
Mona war immer schon verschlossen gegenüber anderen Menschen gewesen, da sie nicht immer positive Erlebnisse mit dieser Spezies gemacht hat. Oft war ihr Inneres doch zu seltsam für andere; sie verstanden es schlichtweg nicht auf die Weise, wie Mona es interpretierte.
Ihre Seele glaubte zu meinen, dass Ryoyu wie jeder andere war.
Mona hingegen verneinte diesen Gedanken.
So setzte sie sich auf und sah um sich. Ihre Hand griff zur Seite um ihre Winterschuhe näherzuziehen und schälte sich aus den Skischuhen. Auch wenn manche das Wetter als grauenhaft bezeichnen mögen, Mona konnte sich einen Spaziergang nicht verkneifen. Außerdem wollte sie Linus besuchen, der eigentlich nur mitgekommen war, um auf der Schanze zu trainieren. Außerdem gab es auf dem Hinweg ein Buchgeschäft, in welches Mona schauen wollte.
Die Lehrer waren minder begeistert, zeigten aber ein wenig mehr Begeisterung als sonst, wenn er unter der Schulzeit von der FIS freigestellt einen Monat fehlte; und Hunger hatte sie auch noch.
In andere Schuhe gesteckt und die Jacke bis zum Kinn geschlossen, schnappte sie noch die Mütze vom Tisch. In ihrem Hotelzimmer herrschte ein ziemlichen Chaos, was niemanden störte, da sie ja mit niemanden das Zimmer teilte.
Als einziges Mädchen musste Mona ein einzelnes Zimmer haben, so schrieb es die Regierung vor. So entkam man den nervigen Streitereien, wer mit wem in welchem Zimmer schlief.
Sie verließ den Raum und stapfte den Flur entlang zum Ausgang.
Langsam, je weiter sie in das Dorf kam, beruhigte sich der Wind. Dennoch ließ sie ihre Kapuze auf, da es um einiges wärmer war. In Sichtweite befand sich schon das Geschäft, in welches sie seit dem ersten Tag als sie hier angekommen waren, gehen wollte. Sie sind durch das halbe Dorf spaziert, um zu ihrer Unterkunft zu gelangen und da hat Mona die Buchhandlung entdeckt.
Vielleicht würde sie endlich wieder einmal ein Buch finden, das ihr zusprach. Es gab viel zu viele gute Bücher und Mona las viel zu wenige davon.
Die letzte Zeit war für ihr Projekt draufgegangen; dies zeigte sich deutlich. Nicht zu sprechen von leichter Ausgebranntheit in ihrem Kopf, auch von leicht schwankenden Schulnoten. Durch die oft durchgearbeiteten Nächte zog sich der Schlafmangel über mehrere Wochen mit und die Konzentrationsfähigkeit litt darunter.
Sie hielt nun vor dem Schaufenster und ließ ihre Augen über die ausgestellten Exemplare schweifen. Es waren viele ihr unbekannte Bücher dabei, was aber nicht hieß, dass sie diesen nicht einen Versuch gab.
Leicht vertieft, welches Buch sie als erstes den Klappentext durchlesen sollte, vernahm sie eine ihr viel zu vertraute Stimme.
Sie war leicht rau und unterhielt sich aufgebracht mit jemanden, der immer nur etwas zurückgezogen mit einem Mhm antwortete.
Mona drehte sich um.
Niemand war hinter ihr.
Sie drehte den Kopf leicht nach links und nach rechts, jedoch erspähte sie niemanden.
Auch wenn ihre Sicht durch die Kapuze leicht beschränkt war, glaubte sie sich etwas eingebildet zu haben.
Jedoch aus ihrem Trance von Bücheranstarren gerissen, drückte sie nun die Tür zu ihrer rechten auf, um in den Buchladen treten zu können.
Der Duft von Kaffee stieg ihr in die Nase und die Tortenstücke in leuchtenden Farben stachen ihr hinter der Glasscheibe ins Auge.
Neben den Bücherregalen standen auch drei kleine Tische mit je zwei Stühlen im Geschäft, wo bereits eine Person las und zwei weitere sich bei einer Tasse irgendwas und Sachertorte gedämpft unterhielten.
Mona war die einzige, die durch die Regale streifte.
Sie nahm ihre Kapuze und die Mütze ab und strich sich die langen Haare etwas zurecht, die an den Spitzen leicht durch die Schneeflocken nass geworden waren.
Ihre Hand steuerte geradewegs auf ein Buch zu, welcher Umschlag sie auf Anhieb angesprochen hat.
Abt Muho
Das Meer weist keinen Fluss zurück
Ein Weg zu Liebe und Gelassenheit
In der Mitte zierte ein Schriftzeichen.
Als sie auf der Rückseite ein paar Zeilen zu lesen begann, war das Buch auch schon unter ihren Arm gewandert.
Der Schreibstil war ausschlaggebend. War dieser für den Leser ansprechend, kann jedes Thema einen gewissen Reiz der Interesse erwecken.
Im Hintergrund öffnete und schloss sich die Tür zum Buchcafé mehrere Male. Mona ignorierte es.
Sie war viel zu begeistert von der Atmosphäre.
In Innsbruck gab es auch Buchgeschäfte, jedoch viel zu modern und nicht in mit einem Café verbunden.
Und ihre Nase wanderte in ein weiteres Buch.
Rick Riordan
Apollo
Das verborgene Orakel
Vielleicht sollte sie sich zwei Bücher mitnehmen, um eines während ihres Aufenthaltes im Skilager und eines während der Heimreise zu lesen.
Bücher konnte man schließlich nicht genug haben.
So kramte sie ihre kleine Geldtasche aus der Jackentasche und legte die Bücher auf den Tresen, hinter der die blonde Frau mittleren Alters stand, die Mona schon die ganze Zeit beobachtet hatte.
"20,45", kam eine viel zu fröhliche Stimme als zu der Mimik passend hervor und Mona zahlte den Betrag auf den Cent genau.
"Mona!"
Die gemeinte riss den Kopf zur Seite und nahm unterbewusst die Bücher, die sie an sich drückte.
Im ersten Moment hatte sie die Person nicht erkannte, doch als die langen Ski den Weg vor dem Menschen in das Geschäft gefunden haben, witterte sie eine leichte Vorahnung in ihrem Hinterkopf, wer dies sein könnte.
Sie drehte sich um und sah die Erleichterung in Ryoyus Gesicht.
Nicht Mona gefunden zu haben, sondern mit Rucksack und Ski durch die Tür gepasst zu haben.
Er lehnte die Latten vorsichtig neben den Schirmständer an die Kopfseite des Regals und stellte den Rucksack daneben.
Mona kam auf ihn zu, jedoch wusste sie nicht wie sie ihn begrüßen sollte.
Für eine Umarmung kannten sie sich zu wenig. Für Händeschütteln zu gut.
So stoppte sie nun abrupt und sah die Hände von Ryoyu auf sie zukommen, als würde er sie in eine Umarmung schließen wollen. Auf ihren Gesichtsausdruck aber, hielt er kurz und senkte eine Hand zu ihrer hinab, um diese schütteln zu können.
"Hallo", entgegnete er mit einem leichten Lächeln, wie sie es von dem schüchternen Japaner nicht anders gewohnt war. Sie hatte ihn noch nie breit grinsend gesehen.
"Hi", kam es knapp zurück und Mona versuchte ihre roten Wange zu verstecken, indem durch ihr leichtes Kopfsenken die Stirnfransen in ihr Gesicht fielen. "Hast du heute Training?"
Kobayashi lachte und öffnete seine Skijacke.
"Ich hatte heute Bewerb."
Als hätte Mona ein Blitz erfasst, zuckte sie leicht zusammen. Etwas an dem Englisch von Ryoyu war anders. Es war eine grammatikalische Meisterleistung.
"Willst du vielleicht...", kaute er auf diese Anspielung leicht auf seiner Unterlippe und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. "...vielleicht etwas trinken?"
Ihr Kopf war noch immer zu sehr davon erstaunt, wie schnell dieser Mensch die englische Sprache perfektioniert hat. Als wäre er ein britischer Austauschskispringer.
Und danach begann sie erst einmal zu denken und das Denkfutter an ihr Gehirn weiterzuleiten.
Um 6 Uhr war Zimmerkontrolle und jetzt war es, nach kurzem Linsen an die Wanduhr über der Tür hinter Ryoyu, knapp nach 4.
"Gerne", antwortete sie wieder kurz und Kobayashi schnappte sein Gepäck. Nur zwei Meter weiter stellte er es in die Ecke. Sie haben den Sitzplatz neben dieser gewählt.
"Wie war das Springen?", legte sie den Kopf leicht schief und Ryoyu zuckte mit den Schultern, als seine Nase in die Kuchenkarte vertieft war.
Er sah auf und lächelte Mona kurz an, die dies nur erwiderte.
"Die Schanze ist nicht so meins. Was soll ich machen."
Seine Miene wurde etwas mehr verlegen als er ein fünfundreißigster murmelte.
Eine weit jüngere Frau als die Kassiererin der Bücher wurde auf die beiden aufmerksam und fragte nach den Wünschen der zwei. Sie trug eine schwarze Hose, weiße Bluse mit kleinen Wollknäulen darauf und eine kurze Kellnerschürze.
Mona entschied sich für einen Kakao und einen Apfelstrudel. Ihr Gegenüber hingegen blieb bei seinem Kaffee, wobei Mona das Glitzern der Augen Ryoyus bei ihrem bestellten Apfelstrudel nicht leugnen konnte.
So begannen sie über Gott und die Welt zu reden.
Wie es Mona schulisch ging, fragte er. Was für eine Schule eigentlich er gemacht hat, fragte sie. Wie er sein Englisch so schnell perfektioniert. Wie weit ihr Projekt bereits war. Die Fragen gingen Hand in Hand und so wie die Minuten vergingen, wurde die Stimmung lockerer.
Beide haben sich schon seit Wochen nichts mehr geschrieben, da keiner so recht wusste, was er schreiben sollte. So hatten beide nun mehr Fragen, mit denen sie das Gespräch aufrecht erhalten konnten.
Mona sah lachend auf die Uhr und es war bereits knapp nach halb 6. Zeit zu gehen.
Sie haben vor fünf Minuten bereits den jeweiligen Betrag gezahlt und verweilten, um die Tassen noch zu leeren.
"Nein ehrlich", schüttelte er leicht den Kopf. "Kento sagt, er lässt mich nur unter Aufsicht an seinen Computer. Also wenn du da bist", bekamen seine Wangen einen sanften Rosaton und er rutschte weiter in den Stuhl. Die Hände verschränkt vor der Brust und die Tasse in einer Hand.
Schweigen kehrte ein.
Ryoyu starrte auf die Tischplatte, Mona auf ihre Tasse.
Sie wusste nichts zu sagen, weder noch, wie sie sich nun verabschieden sollte.
"Machst du heute noch etwas Spannendes", erhob sie den Kopf und Ryoyu schüttelte sich aus seinen Gedanken.
"Ja", hauchte er und sah ebenfalls auf. "Für Nori wird so eine Feier veranstaltet, da sind auch wir eingeladen. So um halb 9"
Als seine Augen nun zur Uhr schweiften, bemerkte er dass es Zeit war, zu gehen. Auch Monas Körpersprache zeigte bereits, dass sie noch Pläne für den Abend hatte.
Beide erhoben sich still und nahmen die Jacken von den Stuhllehnen. Sie verpackten sich wieder wetterfest für das kalte Draußen.
Mona atmete tief durch und wusste, sie musste gehen, auch wenn sie diese Zeit mit Ryoyu genossen hat.
"Gut, dann bis..."
"Würdest du mich zur Feier heute begleiten?"
Mit all seinen Mut den er in seiner dürren Gestalt und dem mangelnden Selbstbewusstsein aufbringen konnte, platzte es auf ihm heraus. Die Augen leicht zusammengekniffen und den Kopf etwas zwischen den Schultern, verharrte er nun auf eine Antwort wartend, als würde Mona ihn jeden Moment schlagen.
Mona hingegen starrte Ryoyu an, als würde er ihr gerade ein Märchen erzählen. Ihr Herz hat für eine Sekunde ausgesetzt und so jeder Gedanke in ihrem Kopf war verstummt geblieben.
Sie hat sich viel erwartet, dass er fragen würde wieder mehr miteinander zu schreiben oder etwas ganz anderes. Nicht im geringsten so eine Einladung.
"Ja", rief sie schon fast erfreut, doch stoppte diese Freude durch die wieder aufkommenden Gedanken der Realität, die dies nicht zulassen würden. Von der Seite der Lehrer habe es geheißen, dass sie am Abend nicht länger frei hätten, als bis neun Uhr.
Ryoyu hingegen scheint sehnlichst auf eine Antwort von ihr zu warten. Desto sehnlicher wünschte sie sich, eine Lösung für ihr Problem zu finden.
Ein von ihr gehasster Schutzinstinkt ließ sie einen Schritt von ihm zurückmachen, welche Geste Ryoyu sichtlich nicht einschätzen konnte und sich aus seiner verkrampften Position entspannte. Er musste sich zurückhalten, Mona nicht festzuhalten.
"Es tut mir leid Ryoyu, aber ich..."
Mona raufte sich die Haare und Ryoyu legte ihr eine Hand auf die Schulter, worauf sie aufsah.
"Wenn du kommst, dann treffen wir uns vor dem Eingang der Grimming-Therme."
In seinem leichten Lächeln war ein wenig Traurigkeit ersichtlich, als er seinen Rucksack von Boden nahm und schulterte. Auch die Ski fanden einen Weg in seine Hand und er beugte sich vor, um Mona nochmals ins Ohr flüstern zu können.
"Du musst aber nicht..."
Ein flüchtiger Kuss huschte auf die Wange von Mona und Kobayashi verschwand mit den sanften Glöckchen über der Tür aus der Geschäft, während Mona erst einmal zu realisieren begann, was gerade geschehen war.
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