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"Wie geht es deiner Hand?", fragte sie etwas zurückhaltend und sah beschämt zu Boden. Auch wenn Ryoyu kaum wusste, wo diese leicht rebellische Ader aus dem Nichts kam, griff er nach ihrem Handgelenk und brachte sie damit zum Aufsehen. Er mochte es nicht, sie mit gesenktem Haupt neben ihm.

"Gut genug, damit ich dich festhalten kam", lächelte er und zauberte auch eines auf ihre Lippen. Wie schaffte er es nur immer, sie zum Lächeln zu bringen.

Es war ein Wunder.
Mona war oft verschlossen, mit sich selbst unzufrieden und lächelte kaum. In letzter Zeit scheint aber der letzte Punkt schwindend aus ihrer Charakteristik zu verpuffen.

Langsam ließen seine Finger wieder ab von ihrem Handgelenk und eine Tür wenige Schritte vor ihm öffnete sich. Eine Person stürmte aus dem dazugehörigen Raum und riss den Kopf durch die Gegend, bis er Ryoyu anvisierte.

"Ryoyu", begannen die Worte leise und Kobayashi hielt, griff erneut nach dem Handgelenk von Mona, die er durch sein Festhalten ebenfalls zum Stehen brachte und ihn nur etwas verwundert ansah. Kobayashi wagte es nicht seinen Blick von der Person abzuwenden, die offensichtlich sauer auf ihn war und er zog Mona schützend hinter sich.

Fast schon wie in einem guten Videospiel musste der tapfere Krieger die Prinzessin vor dem bösen beschützen. Doch das Böse hat der Krieger selbst losgelöst.

"bukkoroshite yaru zo!"

Die Person rannte auf Ryoyu zu und er wusste, dies wird er nicht überleben.

In einem Bruchteil einer Sekunde, zog er Mona hinter seinem Rücken hervor, zur Seite, bevor er auch schon den Knall an seinem Hinterkopf spürte. Leicht benebelt sah er in die feurig brennenden Augen von Kento, die auch eine leicht traurige Note in sich trugen und versuchte Ruhe zu bewahren. Auch wenn Ryoyu sein eigenes Shirt die Luft abschnürte und Kento ihn so in die Höhe hob, dass er mit den Zehenspitzen dem Boden entlang gestreckt, keine Fliesen spüren konnte, konnte er etwas Ruhe bewahren.
"Aho!"

"Agari dakchyo! Michinsaeki!"
Noch bevor Ryoyu eine Reaktion zeigen konnte, ließ Kento ihn los und sah etwas verwirrt zu Mona, die diese Worte von sich gegeben hat. Wenn auch nicht in der Muttersprache der beiden, klang es ähnlich, wurde aber bevorzugt Übersee im gespaltenen Korea gesprochen.

Sakuyama sah zu dem um gute zehn Zentimeter größeren Kobayashi hinauf und konnte sein leicht beeindrucktes Gesicht immer noch nicht verbergen. Ryoyu war Mona zwar dankbar, auch wenn sie nicht wusste, dass er diese Strafe verdient hat, die diesmal doch etwas heftiger ausgefallen war.

Kento ohne seinen Laptop, war ein unlebendiger, genervter Kento. Er ernährte sich rein von Animes und anderen Serien, die Ryoyu für tausende Yen nicht ansehen würde.

"Hat sie mich gerade einen verrückten Bastard genannt und dass ich meine Klappe halten soll?", legte Kento die Stirn in Falten und war der einzige im Team, der Koreanisch fast fließend beherrschte. Er hat sich in der Highschool doch mehr in dieses freiwillige, nicht benotete Fremdsprachenfach hineingekniet, als alle anderen.
Er kratzte sich kurz am Hinterkopf und seufzte, hielt danach Ryoyu einen Finger unter das Kinn und bohrte seinen Fingernagel so in die Haut des jüngeren, dass er noch nicht durch die Haut ging. Auch wenn Kobayashi sich noch so auf die Zehenspitzen stellte, Kento kannte kein Erbarmen.

"Was hast du mit meinem Laptop gemacht hm?", schluchzte er und eine Träne floss über seine Wange. "Du hast ihn kaltblütig ermordet!"

"Ich wollte doch nicht...", versuchte Ryoyu sich zu verteidigen, doch er wusste wie viel sich dies brachte. Mona wurde langsam unruhig und so etwas wie ein Beschützerinstinkt kam in ihr hoch. Obwohl sie Schimpfwörter hasste und heute ein paar schlimme koreanische ausgesprochen hatte, zeigte sie keine Reue.

"Könnt ihr mir erklären, was hier los ist?", verschränkte sie die Hände vor der Brust und Sakuyama trat einen Schritt von Ryoyu zurück, senkte den Finger. Erleichtert schleichte Kobayashi hinter Mona und versteckte sich dort, was sie mit einem Schmunzeln bemerkte.

"Er hat irgendwas mit meinem Laptop gemacht. Meine Daten sind weg und alles ist so komisch anders. Als hätte ich ein anderes Betriebssystem installiert."

Mona seufzte und schüttelte den Kopf, bevor ihr Blick leicht finster zur versteckten Person hinter ihrem Rücken fiel. Wie ein unschuldiges kleines Kind hob er den Kopf aus den Händen, die er auf ihrem Rücken abgelegt hatte und sah sie an.

Sie wusste nun, wo ihre Speicherkarte war. Sie ist nicht etwa durch Zufall in der Jackentasche aus dem Pi gefallen, sondern still schlummernd im Kartenslot vom Laptop seines Freundes, dessen Namen sie gestern von Ryoyu noch per Nachricht mitbekommen hatte.

"Wo ist meine Speicherkarte, Ryoyu?"

Kobayashi sah wechselweise zwischen Kento und Mona hin und her, als würde er nun in zwei verschworene Gesichter blicken. Sakuyama war sowieso drauf und dran, ihn zu töten, wie er es vorhin im Flur schreiend auf Japanisch kund gemacht hatte. Mona hingegen scheint sich um Ryoyu zu sorgen und wollte versuchen das Problem zu beseitigen, was sie wahrscheinlich nicht konnte.

"Ich habe sie in Kento's Laptop..."
Sie hob nur still eine Hand und brachte ihn damit zum Schweigen. Sie begann zu lachen und bot Kento ihre Hilfe an, es versuchen zu dürfen, den Laptop wieder zum alten zu verhelfen. Sie versicherte ihm, in den fast vier Jahren Schule, in der sie den freiwilligen IT-Zweig besucht hatte, sich auszukennen. Natürlich schlug dieser ihre Hilfe nicht ab und zeigte auf die offene Tür. Dort befand sich der Patient.

Ryoyu stand nur da und fühlte sich ein wenig schuldig. Er hätte es doch besser dabei belassen sollen, den kleinen Computer am Nachtkästchen anzustarren. Doch Mona lachte, nahm es mit Humor und tadelte Kobayashi, niemals eine fremde Speicherkarte auf einem fremdem Rechner zu testen.

"Aber du hast gesagt, dass du ein Videospiel programmierst und ich...", seufzte er und senkte den Kopf. Seine Stimme klang schon wieder wie die eines Kindergartenkindes. Er war innerlich niedergeschlagen, obwohl keiner richtig böse auf ihn zu sein scheint.

"Ach Ryoyu."
Mona schüttelte lachend den Kopf und streckte ihm ihre Hand entgegen, nach der er nun griff. Sie zog ihn Richtung Tür und hielt davor. Kento war schon im Hotelzimmer vor wenigen Sekunden verschwunden und starrte immer noch auf den Laptop, als würde er sich jeden Moment bewegen.
"Ein paar Befehlzeilen machen noch kein Computerspiel."

Nun war es Ryoyu, der sie mit sich zog, da sie sich offensichtlich nicht traute, hineinzugehen. Beim ersten Schritt auf dem weichen Teppichboden durchfuhr es Ryoyu wie einen Geistesblitz, ob sie wohl genug aufgeräumt haben, für Frauenbesuch. Kobayashi könnte sich nie erinnern, jemals gewütet zu haben und da Kento krank war, war das Auspacken auch spärlicher verlaufen als sonst.

Fast schon als wäre Mona sein Tanzpartner, ließ Ryoyu sie graziös in einer Drehung in Richtung Tisch los, bevor er sich auf das Bett warf.

Mona sah ihn nur überrascht an und wusste diese Geste nicht wirklich einzuordnen. Ohne jedoch weitere Gedanken daran zu verschwenden, zog sie sich den einzigen Stuhl am Tisch näher und setzte sich vor den Laptop.

Kento hat nach dem Blick auf die Armbanduhr eine Packung Tabletten vom Nachttischkästchen genommen und war im Badezimmer verschwunden.

Mona entfernte die Speicherkarte und steckte diese in ihre Manteltasche.

Dennoch, auch wenn sie sich ein Wissen angesammelt hatte, wusste sie kein Tastenkürzel auf einem MacBook.
Und sie hoffte bei aller Liebe, dass Apple die CMOS Settings nicht verkompliziert.

Ihr Blick fiel kurz zu Ryoyu, der ein wenig alleine gelassen an die Decke starrte. Seine verbundene Hand wirkte leblos und war etwas verkrampft auf seinen Bauch gelegt. Vielleicht hat ihm das Händehalten doch mehr weh getan, als er offen zu geben wollte.

Mona hatte das Verlangen, sich mit ihm zu beschäftigen.

So erhob sie sich und schnappte den Laptop. Mona setzte sich an die Bettkante und riss Ryoyu dadurch aus seinen Gedanken.

Selbst überrascht von ihrer Handlung, schüttelte sie den Kopf und wollte wieder aufstehen, als er sie am Handgelenk packte.

Einige Sekunden vergingen, bevor sie sich wieder niederließ und am Computer herumtippte.

Wie es aussah, waren die ganzen Daten von Kento ins Niemandsland katapultiert worden. Ryoyu sah ihr bei jedem Handgriff gespannt zu, bevor er von ihr einen Auftrag auferlegt bekam.

"Such mir bitte die Tastenkombination um bei einem MacBook Pro ins BIOS zu kommen."

"Bitte was?", glaubte Kobayashi nicht so ganz verstanden zu haben. Mona sprach von Dingen, die er sein Leben noch nie zu hören bekommen hat. Doch sie lachte nur und ihm gefiel es in irgendeiner Hinsicht, dass er wegen diesem unbekannten Wort so eine Miene zog, die sie zum Lachen brachte.

Schließlich versuchte er sein Glück und verhalf Mona damit ein großes Stück der Rettung des unter fremden Betriebssystem leidenden MacBooks.

Vorerst drehte sie aber den Laptop um und ließ die Seriennummer von Ryoyu noch abfotografieren, um später damit Kentos alte Lizenz wieder herzustellen.

Zum Glück hatte sie auf dem USB-Stick, der sich in ihrer Schultasche befand, eine Kopie eines älteren iOS, welcher Fakt Kento kaum stören wird.

Als alles in den Grundeinstellungen verankert war und das Betriebssystem vom USB-Stick geladen wurde, staunte Ryoyu. Es sah alles so einfach aus, dennoch könnte er dies nicht wiederholen, was Mona hier vollbracht hatte.

Kento stand bereits bei den zweien und Mona befragte ihn nach einem Backup. Hier könnte Sakuyama bereits aufatmen, da er wöchentlich seine Datensicherung auf einer externen Festplatte betrieb und auch die Backup-Funktionen von Apple nutzte.

Ryoyu warf sich wieder zurück in das Bett und begann langsam wegzudösen. Seit Mona hier war, ist er von Minute zu Minute schläfriger geworden. Dies könnte allerdings auch mit seinem Schlafmangel zusammenhängen und nichts mit ihr zutun haben.

Als Mona ihn nur mehr sanft atmen hörte, erhob sie sich langsam und ließ den Computer seine Arbeit machen, sämtliche Daten wiederherzustellen.

Nachdem Kento sich mehrmals bei Mona bedankt hatte und vor Hand schütteln schier ihre zerquetscht hat, wurde dies durch einen Anruf unterbrochen. Der Trainer hat Kento zu sich in das Zimmer gebeten, worauf Sakuyama auch verschwunden war.

Mona lehnte nun an der Tischkante und sah zu Ryoyu, der sich zur Wand drehte. Sie überlegte für wenige Minuten, ob sie nicht doch noch bleiben sollte, entschloss sich aber zu gehen.

Sie hinterließ den Laptop, nahm den USB und verstaute diesen mit der Speicherkarte aus der Manteltasche in der Schultasche.

Sie schwang sich diese auf die Schulter und ging nochmals zum Bett zurück, wo sie Ryoyu vorsichtig zudeckte und einen kurzen Moment verweilte.

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bukkoroshite yaru zo! - Ich werde dich töten! (japanisch)
Aho! - Idiot (japanisch - verwendet in Westjapan)
Mi-chin-sae-ki - verrückter Bastard (koreanisch)
A-ga-ri dak-chyo - Halt die Klappe (koreanisch)

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