VIII:
"Morgen Kento."
Sakuyama zuckte vor Schreck zusammen und hielt seine Finger verkrampft vor sich, als würde er sich verteidigen müssen. Doch es war nur Ryoyu gewesen, der nicht anders im Bett lag, als vor den guten acht Stunden, als sie ins Bett gegangen waren. Mit einem leicht müden Lächeln, schwang er die Bettdecke von seinem Körper und die Beine aus dem Bett, um sich über das Gesicht zu streichen. Kento wird sich an das ständige Geklingel des Armbands seines Freundes noch gewöhnen müssen. Auch die Bitten, es über Nacht wenigstens abzunehmen, verweigerte der jüngste strickt.
"Warum musst du mich eigentlich so erschrecken hm?", verschränkte Kento die Arme vor der Brust und lehnte sich an die Wand, um Ryoyu ansehen zu können. Diesem fielen fast im Sitzen die Augen zu.
"Hast du überhaupt geschlafen?"
Kobayashi rieb sich erneut über das Gesicht und raufte seine langen Strähnen, bevor er den Kopf schüttelte. Sakuyama hatte sich dies schon gedacht, denn nicht ohne Grund war er an einem freien Tag schon um acht Uhr wach. Für Kobayashi war an einem wettbewerbsfreien Tag das Mittagessen sein Frühstück und auch welchen Lärm man machte, Ryoyu war nicht vor elf wach zu bekommen.
"Ich glaube fünf Minuten", drückte er sich aus der Matratze und schlürfte ins Badezimmer, um sich einmal kaltes Wasser ins Gesicht spritzen oder gleich das ganze mit dem eisige Nass zu waschen. Doch auch dies scheint nicht wirklich gegen seine Müdigkeit zu helfen. Er könnte im stehen hier und jetzt vor dem Waschbecken wegschlafen.
"Geht's du mit zum Frühstück?", erkundigte sich Kento und Ryoyu streckte den Kopf durch die Tür in das Zimmer. Sein Zimmerkollege war bereits dabei, sich umzuziehen und legte ein Lächeln an den Tag, welches Ryoyu nur teilen konnte. Auch wenn er die ganze Nacht wach gelegen war, hat er gelächelt. Es müsste also ein wenig mehr Grund sein, als nur etwas Schlaflosigkeit.
Er griff zurück und rubbelte sich mit dem Handtuch das Gesicht trocken, bevor das Tuch wieder zurück in das Badezimmer flog und Ryoyu sich neben seinem Koffer fallen ließ. Er kramte blind das eine weißes Shirt und eine einfache graue Jogginghose heraus und wandelte damit zurück ins Bad. Er würde sich vorher noch eine Dusche gönnen. Vielleicht würde das helfen, seinen müden Muskeln etwas Schwung zu verleihen.
Mit einem tiefen Atemzug prasselte das Wasser auf sein Gesicht. Erneut unterdrückte er ein Gähnen. Auch wenn er noch so krampfhaft versucht hatte, einzuschlafen und die ganze Sache mit Mona gestern kräftezehrend gewesen war, ist er nur da gelegen und hat das Armband im Mondschein betrachtet.
Er stieg nun aus der Dusche und betrachtete sich im Spiegel. Seine Haut war blass, geisterhaft und seine dunklen langen Strähnen, die nass vor sich hintropften. Wie wird dieser Tag heute wohl ausgehen, bei ihrer Müdigkeit.
Mit einem erneuten Gähnen schlüpfte er in die frischen, bereitgelegten Sachen und wandelte zurück in das Zimmer. Kento sprang vom Bett auf und Ryoyu schnappte sich noch die rote Jacke vom Stuhl, da ihm ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen war, nachdem er die Dusche verlassen hat.
"Gehen wir."
Als Kento und Ryoyu sich an den Tisch gesetzt haben, wurde der jüngere leicht verwundert gemustert. In seiner Hand hat er nur eine Tasse Kaffee gehalten und sonst nichts. Wenn es um das Frühstück ging, war Ryoyu der tapferste Esser mit Abstand zu allen anderen.
"Alles gut bei dir Knirps?", stopfte sich Junshiro einen Löffel Müsli in den Mund und hatte seine Mahlzeit nach dem nächsten Schöpfer beendet. Er und Taku waren die ersten gewesen, die zum Frühstück gegangen sind.
Ryoyu nickte und krallte sich die kleine Milchkanne, die neben der Tasse von Reruhi stand. Auch ein Würfel Zucker fand neben dem guten Schluck Milch Platz in der blauen Tasse und er rührte, wenn auch unbewusst, mit der linken Hand. Das Klingeln der Glöckchen hatte etwas Beruhigendes an sich.
"Wie geht's mit deiner Hand", war Takeuchi der nächste, der Ryoyu mit Fragen bewarf und somit musste er seinen Mund öffnen und ein paar Worte aufbringen, auch wenn er zu müde dazu war.
"Schmerzt noch ein wenig, aber geht eigentlich", nahm er einen Schluck vom heißen Kaffee und spürte, wie er langsam mit der belebenden Wirkung in seine Muskeln sickerte. "Wie geht es euch? Wie war das Springen?"
Einheitliches Gemurmel kam zurück, dass es eigentlich ganz in Ordnung war. Auch wenn Ryoyu das Springen mit Kento im Zimmer mitverfolgt hatte, hat er nicht wirklich aufgepasst. Es war alles nur an ihm vorbeigeschrammt. Er nickte stumm anerkennend und dröhnte sich weiter mit Kaffee zu.
"Warum lächelst du eigentlich?", fiel nun die Frage von Shimizu, doch dieser wurde einfach ignoriert. Ryoyu hielt nun eine kleine Platine zwischen seinen Fingern, die er aus der Jackentasche gezaubert hat. Seine rote, die er sich übergeworfen hat und so zum Frühstück gegangen war. Ihm war bitter kalt, wie immer nach einer schlaflosen Nacht.
"Ich bin nur müde", grummelte er hervor und jonglierte im Kopf schon mit mehreren Gedanken, wie er diese Platine seinem Besitzer zurückgeben würde. Taku beugte sich währenddessen immer weiter Ryoyu entgegen, der offensichtlich Interesse an dem Gegenstand seines Kollegen zeigte. Ihm wurde nicht wirklich bewusst, weswegen Kobayashi so etwas besitzen sollte.
"Ist das die Platine von gestern?", legte Junshiro seinen Löffel in die leere Frühstücksschale und nahm einen Schluck Orangensaft, bevor er die Hand nach dem Gegenstand ausstreckte und Ryoyu ihn überreichte. Er begann zu erzählen, wie verdammt heiß diese kleine Platte werden konnte, hatte aber noch keine Ahnung, was man damit anstellen konnte.
"Mit denen kannst du alles machen", wanderte sie die Runde weiter an Taku. "Egal ob einen Spiegel mit Wetteranzeige und Uhrzeit oder eine Videospielkonsole."
Wenn sich Ryoyu zurückerinnerte an das erste Mal, als er von Junshiro schier gezwungen wurde, mit zu Taku zu kommen und dort Dan das erste Mal zu treffen, streifte ein magischer Spiegel mit Wetteranzeige durch seinen Kopf. Taku müsste damit also schon gearbeitet haben.
Ryoyu dachte noch auf gestern zurück. Nach dem Vorfall hat er mit Mona noch geschrieben und diese hat ihm erklärt, dass sie damit ein Videospiel programmieren würde. Es ergab alles langsam Sinn für Ryoyu.
"Ich muss es jedenfalls wieder zurückgeben", schmunzelte Ryoyu und schob es wieder ein, als die Platine die Runde gemacht hatte und jeder mit frühstücken fertig war. Sie würden wahrscheinlich jetzt noch hier sitzen und sich beraten, was sie heute besonderes vor haben.
"Schon wieder!", rief Reruhi erfreut und zeigte mit einem Finger auf Ryoyu, der nicht wirklich wusste, was sein Freund von ihm wollte und ihm fiel erst jetzt auf, wie unglaublich still Noriaki heute war. Shimizu deutete immer noch auf Kobayashi und auch die anderen wollten erfahren, was Reruhi so erheiterte.
"Er lächelt sonst nie am Morgen."
Schlagartig schoss Ryoyu das Blut in die Wangen und er wollte nur noch weglaufen. Auch wenn er sich im Männerkreis nicht davor zu schämen hatte, war es wohl eher die Angst, erneut mit Sticheleien attackiert zu werden.
Schämend legte er den Kopf in die Hände und nur zwei von den fünf am Tisch sitzenden verstanden, weswegen der jüngste am liebsten im Erdboden versinken würde.
Sein Smartphone, als würde es wissen in welch misslicher Lage Ryoyu sich gerade befand, begann zu klingeln. Er zog es aus der Jackentasche und war ein wenig überrascht, hob aber dennoch ab. Zur Tarnung antwortete er mit einem freundlichen Hallo auf Japanisch, was die Person am anderen Ende der Leitung kurz stutzen ließ und Ryoyu nun veranlasste, entschuldigend den Tisch zu verlassen. Er hastete nach draußen.
"Mona?"
"Mochi Mochi?", kam es recht erfreut und fragend zurück. Irgendwie klang diese Stimme nicht nach der Person, die er eigentlich erwartet hatte. Ryoyu rannte nach draußen in das Foyer und begann erneut nach der Person am anderen Ende zu fragen.
"Mona?", fragte er nun und er hörte wie mit einem Aufatmen eine Tür in das Schloss fiel. "Entschuldige, aber die Jungs sind wirklich nervig. Deswegen musste ich dich auf Japanisch begrüßen, als Tarnung."
"Gut zu wissen", kicherte sie und das Knarzen von Schnee drang an Ryoyu weiter. Offensichtlich müsste sie durch den frische gefallenen Schnee stapfen, den er nun durch die Glastüren erkannte.
"Ich muss dich was fragen."
"Wegen deiner Platine?", war es nun an ihm kurz zu lachen und erneut hielt er den kleinen Computer in der Hand. Er hatte etwas Anziehendes auf Ryoyu, doch er verstand zu wenig von Computern, als dass er sich trauen würden mit so etwas zu arbeiten.
"Willst du sie dir abholen?"
Ein kurzes Blick auf seine Armbanduhr verweigerte ihm das kurze morgendliche Treffen mit Mona. Schließlich würde der junge Japaner mit seinen Kollegen in die Stadt geschleppt werden und sie sich dort einen schönen Tag im Schneesturm machen.
"Vor der Schule schaffe ich es nicht mehr, wie wäre es am Nachmittag, so um drei Uhr?", hatte Mona hörbar das gleiche Problem und Ryoyu nickte für sich selbst zustimmend.
"Klingt gut. Ich bin vormittags in der Stadt, falls du früher Zeit haben solltest. Hab' einen schönen Tag in der Schule", lachte er in sich hinein und wartete auf den nächsten Satz, der verschollen zu sein scheint.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top