Pied Piper: Die Rattenfänger

Sie konnte das Lied hören.

Es war ganz leise, aber sie konnte es hören.

Sie blieb vor der dunklen Gasse stehen, die sich tief vor ihr erstreckte, woraus die sanfte Musikquelle ertönte.

Es war spät in der Nacht.

Nur die große Straßenlaterne, die neben ihr stand, konnte ihr ein wenig Licht spenden, um einen kleinen Bruchteil der langen und schmalen Gasse vor ihr zu erleuchten, die sie wie unter einer Hypnose ohne zu bemerken, betrat. Ihre langsamen und vorsichtigen Schritte machten fast keine Geräusche, aber ihr Gehör schien sich in diesen Moment so zu verschärfen, dass sie laut und deutlich den Staub unter ihren Fußsolen knistern hören konnte.

Da bemerkte sie erst, dass sie nicht nur Barfuß war, sondern völlig nackt.

Aber es interessierte sie nicht.

Sie ging einfach weiter und folgte dem Gesang, der bei jeder ihrer Schritte deutlicher wurde.

Es ist besser, weil es eine schlechte Sache ist
Du weißt es tief in dir

Sie atmete die kalte Nachtluft tief ein- und aus. Ihre Hände hatte sie hinter ihrem Rücken verschränkt, während sie mit rhythmusvollen Schritte der Musik folgte.

Ihr gefiel der Klang, wie er ihren Ohren schmeichelte.

Es wird jetzt nicht aufhören
Du kannst nicht aufhören
Sei etwas ehrlicher

Sie hatte das Gefühl dieses Lied zu kennen, den melodischen Text mitsingen zu können, aber jedes Mal wenn die Stimme verstummte, konnte sie diese nicht ersetzen.

Hör auf
Hör jetzt auf zu schauen und geh für deine Prüfungen lernen
Deine Eltern und dein Chef hassen mich
Die Videos, die du geschaut hast, die verschiedenen Bilder, Twitter
V-app, Bon Voyage
Ich weiß, was du machen kannst, es ist gut

Als würde ihr Gehirn jedes gesprochene Wort aufsaugen wollen. Die tiefe Stimme verharrte sich in ihrem Herz und schien schmerzhaft an ihr zu ziehen. Sie blieb augenblicklich stehen, nachdem es bei ihren weiteren Schritten schmerzhafter wurde und es ihr schwieriger fiel zu gehen. Aber sie konnte nicht lange der Melodie standhalten. Ihre Füße trugen sie weiter. Auch, wenn es ihr weh tat. Sie konnte irgendwie nicht dagegen ankämpfen.

Hör auf, analysiere das Musikvideo später
Du hast sowieso schon genug Fotos von mir in deinem Zimmer hängen
Was erst eine Stunde ist, wird (bevor du es weißt) zu einem oder zwei Jahren
Das ist ein Lied, welches ich dir als Belohnung gebe
Du warst ein braves Kind

Und dann auf einmal hörten die Schmerzen auf. Es fiel ihr wieder leichter zu gehen, woraufhin sie ihr Tempo erhöhte und anfing zu laufen.

Es wird nicht bestraft
Komm her, ich bin dein Paradies
Du kannst deine Augen nicht schließen
Du kannst deine Augen nicht schließen
Auch wenn du dich dagegen wehrst, es wird dir nichts bringen
Lehne mich nicht ab
Schließe deine Augen und hör zu

Und sie schloss automatisch ihre Augen, ließ die Musik überhand über ihrem Kopf und ihren Körper nehmen. Alle Faser ihres Körpers schienen die süßlichen Klänge der Melodie aufsaugen zu wollen, sich nicht davor jemals trennen zu wollen.

Sie brauchte mehr.

Viel mehr.

Folge den Klängen der Pfeifen, folge diesem Lied
Auch, wenn es ein wenig gefährlich ist, bin ich so süß
Ich bin hier dich zu retten
Ich bin hier um dich zu zerstören
Du bist diejenige, die mich gerufen hat, schau nur, wie süß es ist
Folge den Klängen der Pfeifen

Sie sprintete. Ihr Atem wurde rapider und ihr Herzschlag rasend schnell.

Ich nehme überhand über dich
Ich nehme überhand über dich

Wie auf Knopfdruck verlor sie auf einmal all die Energie aus ihrem Körper und sie brach auf dem kalten Beton zusammen.

Sie konnte sich nicht mehr bewegen.

Ihre Atemzüge regulierten sich wieder und ihr Herzschlag verlangsamte sich. Sie fühlte sich auf einmal so müde, dass sie ihre schweren Augenlieder zufallen ließ.

Aber sie traute sich nicht einzuschlafen.

Sie musste doch noch mehr hören!

Sie hatte nämlich das Gefühl ohne diese Melodie nicht mehr existieren zu können.

Du weißt es hat schon bereits begonnen
Ab diesem Moment, als du diesen Klang vernommen hast

Leise Schritte hallten durch die dunkle Gasse. Sie näherten sich ihr immer mehr. Sie machte ihre Augen auf, blickte in die tiefe Gasse vor sich. Mehrere dunkle Gestalten standen um sie herum und blickten auf ihr herab. Einer von ihnen hielt einen roten Apfel in seiner Hand, welchen er ihr hinreichte, als er in die Hocke gegangen war. Obwohl sie sein Gesicht nicht identifizieren konnte, kam er ihr mehr als bekannt vor.

Vor allem seine hellblauen Haare.

Ja, vielleicht bin ich ein wenig gefährlich
Ein wenig gefährlich
So wie der Rattenfänger, der dich mitzieht
Ich teste dich, ich teste dich
So wie das verbotene Obst, das dich lockt, obwohl du es bereits weißt

Seine raue Stimme erklang ganz tief in ihrem Ohr und erregte Gänsehaut überall auf ihrer Haut, als er ihr die lieblichen Wörter zugeflüstert hatte. Sie versucht nach ihm zu greifen, aber konnte nur den roten Apfel erfassen, den er ihr in die Hand drückte. Dann ging er den Weg weiter, woraufhin auch die anderen ihm folgten.

Alle blickten aber kurz zu ihr zurück, als ihr zum ersten Mal in den Gedanken kam, sich vielleicht doch umzudrehen.

Meine Pfeifen wecken alles auf
Der Klang neckt dich noch mehr
Du reagierst, wirst mitgezogen
Ich atme endlos aus
Ich bin dein heimliches Vergnügen
Du kannst nicht entkommen
Niemals

Dann hörte das Lied abrupt auf.

Sie stellte sich auf, als die sieben Männer schon fast von der Schwärze verschlungen wurden und rannte ihnen hilflos nach.

Sie musste nämlich diese Melodie hören, sonst hatte sie das Gefühl, sie könnte nicht mehr atmen.

Den Apfel hielt sich ganz fest in ihren Händen geballt und traute sich nicht ihn loszulassen. Sie fing an bitterlich zu weinen, als die Musik nicht mehr zu spielen begann, obwohl sie sich so bemühte ihr zu folgen, sich ihr zu ergeben.

Sie schrie nach ihnen, flehte sie an.

Die Melodie sollte nicht aufhören, sie durfte nicht einfach verschwinden!

Den roten Apfel führte sie ohne nachzudenken zu ihren Lippen, bevor sie reinbiss. Es schmeckte erst bitter, aber die süßliche Flüssigkeit, die ihren Mund beim Nachgeschmack füllte, machte sie völlig verrückt. Sie brauchte mehr.

Und dann erklang sie wieder. Die Pfeife, die Melodie, ihr einziger Wunsch, ihr einziges Verlangen. Ein herzvolles Lächeln schmückte ihre feuchten Lippen, als sie ihre Arme weit ausstreckte und die liebliche Musik ihre Ohren füllte, ihr Gehirn betäubte.

Es wird nicht bestraft
Komm her, ich bin dein Paradies
Du kannst deine Augen nicht schließen
Du kannst deine Augen nicht schließen
Auch wenn du dich dagegen wehrst, es wird dir nichts bringen
Lehne mich nicht ab
Schließe einfach deine Augen und hör zu

Sie gehorchte der Anweisungen und schloss ihre Augen.

Die Melodie erklang noch lieblicher als je zuvor, noch gefährlicher als je zuvor.

Sie atmete tief ein und aus, bevor sie ihre Augen wieder öffnete.

Folge den Klängen der Pfeifen, folge diesem Lied
Auch wenn es ein wenig gefährlich ist, bin ich so süß
Ich bin hier um dich zu retten
Ich bin hier um dich zu brechen
Du bist diejenige, die mich gerufen hat, schau, wie süß es ist
Folge den Klängen der Pfeifen

Und sie folgte dem Lied weiterhin. Sie konnte nicht mehr anders; sie war davon besessen.

Ja, ich bin ein wenig gefährlich
Nicht mal ich kann mit mir selbst umgehen
Mach dir keine Sorgen, meine Hände sind
nur für dich warm, warm

Dort wartete der Braunhaarige auf ihr, an der Ende der Gasse. Er lächelten sie an und hielt ihr seine Hand hin, welche sie gleich berührte. Sie war warm. So warm, dass sie erst jetzt bemerkte, wie sie fror. Er umfasste behutsam ihre Hand und zog sie zu sich.

Dann tauchten die anderen sechs Männer auf, die sie gleich mit dem Braunhaarigen zusammen umkreisten. Sie spürte ihren Atemzüge an ihrem Nacken und ihren Ohren. Warme Hände berührten sie, streichelten ihre Arme, ihr Rücken, ihren Bauch, ihre Beine. Sie drückte ihre Lippen gegen ihre kalte Haut und erhitzten jede Stelle, die sie nur erforschen konnten.

Zwei paar Hände schlangen sich um ihren Hals.

Falls ich dich vielleicht zerstöre,
wirst du mir vergeben,
weil du nicht ohne mich leben kannst
Weil du von all dem weißt

Aus den leichten Küssen wurden es Bisse. Sie zerrten an ihr, als würden sie versuchen sie auseinander zu reißen. Der feste Griff um ihren Hals verfestigte sich immer mehr.

Es tat schon fast weh, aber sie nahm den Schmerz nicht wahr. Die sieben dunklen Augenpaare, die in hell aufleuchteten, als die totale Schwärze anfing sie einzuhüllen, musterten sie mit vollem Verlangen.

Sie wusste sie war nicht die einzige, die besessen war, die diese Melodie zum Leben brauchte. Auch die sieben Männer brauchten sie, um existieren zu können.

Ich nehme überhand über dich
Ich nehme überhand über dich

Sie schreckte auf und ließ ihren Blick in ihrem vertrauten Schlafzimmer herumschweifen.

Sie war tatsächlich auf ihrem weichen Teppich eingeschlafen. Sie nahm sich ihr Handy etwas zögerlich zur Hand, welches neben ihrem Kopf lag und blickte auf dem Display, als ein neues Lied zum Spielen begann.

Mic Drop - BTS

Sie erinnerte sich wieder. Sie war gerade dabei gewesen das neue Album von BTS anzuhören, nachdem sie es sich nach der Schule gleich gekauft hatte, aber musste währenddessen eingeschlafen sein.

Etwas irritiert, strich sie sich durch ihre Haare, bevor sie das Lied stoppte und ihre Schultasche zur Hand nahm, welches sie unachtsam in die Ecke geworfen hatte, als sie zuhause angekommen war.

Irgendetwas sagte ihr, dass sie erst ihre Hausaufgaben erledigen und lernen sollte, bevor sie die restlichen Lieder aus dem Album anhörte.

Also machte sie dies auch ohne weiter nachzudenken.

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Ja...

Also es gibt nicht viel zu sagen. Dieses Lied hat mich so tief getroffen, dass ich einfach nicht mehr standhalten konnte und dazu schreiben musste. Es ist etwas komisch, ich weiß. Es ist auch verwirrend und allgemein auch etwas creepy... ich weiß. Aber ich musste etwas schreiben, also hier ist das Endprodukt.

Pied Piper ist einfach ein Lied, was ich auf meiner Beerdigung spielen lassen würde. So kann man etwa meine innige Liebe zu diesem Song ausdrücken. Es beschreibt ohne scheiße mein ganzes Leben. Nicht nur das mit BTS, sondern auch mit anderen Fandoms, mit denen ich auch früher seelisch zu kämpfen hatte.

Und irgendwie dachte ich immer, dass BTS und auch andere Bands nicht davon wissen, wie viele Fans allgemein wegen ihnen leiden (im abgefuckten positiven Sinne) und jetzt kommen sie einfach mal mit einem Lied an, was über unsere tiefsten Gefühle und unser Leben handelt.

WHAT THE FUCK

Also ich muss ehrlich zugeben, es hat mich so geflasht, als ich den Songtext zum ersten Mal durchgelesen habe. »Das. Können. Sie. Mir. Einfach. Nicht. Antun.«, waren meine ersten Gedanken gewesen.

Ich weiß nicht wann ich mal endlich auf ein BTS Konzert gehen kann, aber ich VERLANGE es jetzt schon, dass sie dieses Lied spielen werden. Denn wenn ich schon sterbe, dann richtig.

#BTSWILLBETHEDEATHOFME

#LITERALLY

#JUSTKILLMEWOULDYOU

(PS: Die Übersetzung habe ich selbst gemacht. Die originell in englisch übersetzte Lyrics habe ich von der Website (https://colorcodedlyrics.com/2017/09/bts-bangtansonyeondan-pied-piper)
hergenommen.

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