Kapitel 9
Im Clan herrschte Aufruhr, als die drei Krieger ins Lager zurückkehrten. Stimmen erhoben sich durcheinander, und die Luft schien vor Anspannung zu knistern. „Was ist denn hier los?" fragte Bachfeder verwundert, während sie ein schmales Kaninchen auf den Beutehaufen legte. Ihr Blick wanderte durch das chaotische Treiben, doch niemand schien ihre Frage zu hören.
Felsenstern und Wolkenwächter standen gemeinsam auf dem Hochfelsen, ihre Blicke ernst und durchdringend. „Katzen des FlockenClans, versammelt euch in Ruhe beim Hochfelsen!" rief Felsenstern mit kraftvoller Stimme durch das Lager, seine Worte hallten wie Donner zwischen den Bauten. Sofort begann das geschäftige Treiben zu stocken, und die Katzen bewegten sich allmählich in Richtung des Hochfelsen, ihre Gesichter von Neugier und Sorge gezeichnet. Wolkenwächter, neben ihm, ließ seinen strengen Blick über die Menge gleiten, sein Schweif zuckte ungeduldig.
Frostsee fixierte seinen Vater mit einem durchdringenden Blick. Er kannte diesen Ausdruck nur zu gut – etwas war geschehen, und es konnte nichts Gutes bedeuten. „Wolkenwächter hat fremde Gerüche an der Grenze wahrgenommen," begann Felsenstern, seine tiefe Stimme durchdrang das aufmerksame Schweigen der versammelten Katzen. Der imposante braun-graue Anführer ließ seine braunen Augen prüfend über die Menge wandern, während seine Worte schwer in der Luft hingen. Frostsee spürte, wie sich die Anspannung in seinem Körper verstärkte.
Etwas war im Gange – und es lag Gefahr in der Luft.
„Keine Katze wird sich den Grenzen mehr nähern dürfen," verkündete Felsenstern mit fester Stimme, während ein unruhiges Murmeln durch die versammelte Menge glitt. Skepsis und Unbehagen lagen in der Luft.
„Aber wie willst du das durchsetzen?" fragte Bachfeder herausfordernd, ihre grauen Augen bohrten sich in die des Anführers. Ihre Stimme war ruhig, doch der Unterton ließ keinen Zweifel daran, dass sie die Entscheidung infrage stellte. Ein paar Katzen schnappten erschrocken nach Luft, und die Spannung unter den Clangefährten war deutlich spürbar.
Felsenstern richtete seinen Blick kühl auf die Kriegerin, seine Schweifspitze zuckte leicht. „Das ist nicht zur Diskussion gestellt, Bachfeder," entgegnete er schneidend. „Jeder, der meine Anordnung missachtet, wird die Konsequenzen zu spüren bekommen."
„Sei nicht dumm, Bachfeder ..." murrte Aschenstaub, die ihren Platz in der Menge keinen Moment verließ. Ihre dunkelblauen Augen blitzten warnend, doch ihre Stimme blieb gedämpft, fast belehrend.
Funkensprung nickte stumm neben ihr, bevor sie leise hinzufügte: „Felsenstern und Wolkenwächter wissen, was sie tun ..." Ihre Stimme klang weniger fest, fast als hätte sie selbst Zweifel. Ihr Blick wanderte hinab zu ihren weißen Pfoten, als wollte sie den wachsenden Druck, der auf der Situation lastete, ignorieren.
Bachfeder ließ sich jedoch nicht so leicht beirren. Sie zuckte mit den Ohren und warf den beiden einen herausfordernden Blick zu. „Wenn du blind folgen willst, bitte. Aber manche von uns wissen, wann etwas falsch ist."
Ihre Worte ließen das Lager noch unruhiger werden. Einzelne Stimmen begannen zu flüstern, während Felsenstern seine Position auf dem Hochfelsen unnachgiebig hielt. Wolkenwächter stand wie eine Statue an seiner Seite, sein stechender Blick glitt prüfend durch die Menge.
„Frostsee hat vielleicht Recht mit seinen Sorgen." Bachfeder sprach leise, aber ihre Worte hatten Gewicht. Frostsee blinzelte überrascht, als er sie ansah. Seit wann dachte Bachfeder plötzlich wie er? War er doch nicht allein mit seinen Zweifeln? Ein Gefühl von Erleichterung und zugleich Unbehagen machte sich in seiner Brust breit.
Er suchte ihren Blick, doch Bachfeder hatte bereits ihre Aufmerksamkeit auf den Hochfelsen gerichtet, wo Felsenstern und Wolkenwächter weiterhin in düsterem Gespräch versunken waren. Die Kühle in der Luft schien sich mit jedem Moment zu verdichten.
Frostsee lenkte seinen Blick nach vorne, wo Sommerranke, der Heiler, stand. Der beige Kater wirkte besorgt, seine Augen suchten die Umstehenden, als versuchte er, die Stimmung zu deuten. Seine Ohren zuckten nervös, als würde er jede kleine Bewegung in der Luft spüren. Es war selten, dass der Heiler so doll unruhig war. Normalerweise war er der ruhige, bedachte Teil des Clans, der mit klarer Stimme und fester Meinung zu jeden Sprach. Doch jetzt schien er selbst in einem inneren Konflikt zu stecken.
„Etwas stimmt nicht," murmelte Frostsee leise, fast mehr zu sich selbst.
„Hör auf, uns zu hinterfragen, Bachfeder! Wir tun nur das, was das Beste für alle ist!" Felsenstern fauchte, seine Stimme hart und durchdringend. Die Spannung im Lager war förmlich zu greifen, als die Worte in die Stille schnitten. Bachfeder blieb jedoch nicht ruhig, ihre Nackenhaare stellten sich auf, und mit funkelnden Augen fauchte sie zurück: „Ich werde nicht schweigen, bis eine vernünftige Aussage aus euren Mäulern kommt!"
Der Streit zwischen den beiden schien den gesamten Clan in Atem zu halten. Doch bevor Felsenstern noch etwas erwidern konnte, trat Wolkenwächter aus den Schatten des Hochfelsens. „SEI STILL!" brüllte er, und der Klang seiner Stimme ließ die Luft erbeben. Er fuhr die Krallen aus und starrte Bachfeder mit so einer Wut an, dass selbst die tapfersten Krieger einen Schritt zurückwichen. „Du denkst, du bist schlau mit deinen inkompetenten Kommentaren?"
Die Worte des Stellvertreters hallten durch das Lager, und es herrschte eine gespannte, fast greifbare Stille. Niemand wagte sich zu bewegen, als Wolkenwächter und Bachfeder sich anstarrten, ihre Blicke funkelten vor Zorn. Der Konflikt zwischen den beiden war nicht neu, aber heute war es anders. Etwas schwebte in der Luft, als könnte es jederzeit explodieren.
„Denn lass mir dir eins sagen", knurrte Wolkenwächter drohend und trat einen gefährlichen Schritt auf Bachfeder zu. Die Luft zwischen ihnen knisterte vor Spannung, als der Stellvertreter seinen Blick in die Augen der Kriegerin bohrte. „Das bist du nicht."
Bachfeder spürte das Gewicht seiner Worte wie einen Schlag, der ihr den Atem raubte. Sie trat einen Schritt zurück, doch in ihren Augen loderte ein Funke. „Du kennst mich nicht", fauchte sie, ihre Stimme wütend, aber auch herausfordernd. „Ich habe nicht vor, mich von dir einschüchtern zu lassen, Wolkenwächter."
Die anderen Katzen im Lager hielten den Atem an. Einige sahen sich nervös an, während andere gespannt warteten, wie dieser Streit enden würde. Frostsee fühlte, wie sich die Dunkelheit der Situation immer weiter zusammenzog, und er wusste, dass ein noch viel größeres Unglück bevorstehen könnte, wenn diese Spannungen nicht bald gelöst wurden.
„Ach ja? Du spuckst große Töne, aber vergiss nicht, wer dir den Schutz bietet, wer dir ein sicheres Leben ermöglicht hat!", fauchte Wolkenwächter und peitschte mit dem Schweif hin und her. Der Zorn in seiner Stimme war unüberhörbar, die Wut schien sich in ihm zu stauen wie ein gewaltiger Sturm, der gleich losbrechen würde.
Bachfeder funkelte ihn mit aufbrausenden Augen an. „Du nennst das Schutz? Uns alle hier zusammen mit Felsenstern wie Gefangene zu halten und uns zu zwingen, nach deinen Regeln zu leben?", knurrte sie zurück, ihre Stimme scharf und voller Verachtung. Die Spannung zwischen den beiden war greifbar, als würden die Funken jeden Moment zu einem Feuer werden.
Wolkenwächter verengte seine Augen zu schmalen Schlitzen. Ein gefährlicher Glanz schimmerte in seinen Augen, als die Wut in ihm hochstieg. Mit einem lauten Zischen zog er seine Krallen aus und ging einen bedrohlichen Schritt auf Bachfeder zu. „Du hast wirklich keine Ahnung, wie weit du gehen kannst, oder?", fauchte er, die Drohung in seiner Stimme unverkennbar.
Plötzlich trat Frostsee zwischen die beiden. Mit einem tiefen Knurren stellte er sich vor Bachfeder und blockierte den Weg seines Vaters. Der Kater funkelte Wolkenwächter mit einem Blick an, der all die Monde von unterdrücktem Zorn in sich trug. „Fass. Sie. Nicht. An.", knurrte er mit solcher Wucht, dass die Worte wie ein Schock in der Luft hingen. Der Blick, den er seinem Vater zuwarf, war eisig und entschlossen. Es war nicht der Blick eines Sohnes, der noch in Ehrfurcht vor dem älteren Kater stand. Es war der Blick eines Kriegers, der genug hatte.
Wolkenwächter hielt abrupt inne. Der Zorn in seinen Augen wurde für einen Moment von Überraschung und einer schneidenden Enttäuschung ersetzt. Die beiden Kater starrten sich an, ihre Blicke so scharf wie schneidende Klingen, und für einen Moment schien es, als ob die Welt um sie herum stillstand. Wolkenwächter knurrte leise, seine Krallen immer noch ausgefahren, doch er tat keinen weiteren Schritt. Schließlich ließ er von Frostsee ab, doch der Hass in seinen Augen brannte weiterhin, als würde er diese kleine Rebellion nie vergessen.
„Du bist genauso töricht wie alle anderen, Frostsee", murmelte Wolkenwächter und drehte sich dann mit einem scharfen, abfälligen Blick ab. „Erinnere dich gut an das, was du dir hier eingehandelt hast."
Frostsee atmete tief ein, der Zorn, der ihm in der Kehle brannte, war noch nicht ganz verraucht, doch er hielt ihn in Schach. Als Wolkenwächter sich abwandte, wusste er, dass der Weg, den er nun eingeschlagen hatte, nicht einfach sein würde. Aber er war entschlossen, ihn zu gehen. Denn der Clan brauchte mehr als nur den alten Glauben an den blinden Gehorsam – er brauchte Veränderung. Und er würde sie bringen.
„Frostsee, du hast es ihm gezeigt!", rief Steppenfall begeistert und trat einen Schritt näher. Der Kater wirkte ermutigt, als würde er an die Entscheidung des Kriegers glauben, sich gegen Wolkenwächter aufzulehnen.
Frostsee jedoch spürte die Schwere der Situation, als sein Blick zu Felsenstern wanderte, der das Geschehen vom Hochfelsen aus mit einer bemerkenswerten Ruhe beobachtete. Der Anführer hatte kein Wort verloren, kein Kommentar, keine Reaktion gezeigt, doch die Schärfe in seinem Blick sprach Bände. Es war, als würde er abwarten, wie sich die Situation entwickeln würde – und dabei wusste Frostsee, dass jeder seiner Schritte nun beobachtet wurde.
Der Krieger spürte eine Welle der Unsicherheit.
Hatte er richtig gehandelt?
Hatte er das Richtige getan, sich gegen Wolkenwächter zu stellen?
Oder hatte er sich nur weiter von den Schatten der Unruhe und des Zweifels leiten lassen?
„Hoffentlich bist du bereit für das, was nun kommt", murmelte er leise zu sich selbst, doch seine Worte gingen in der Atmosphäre des Lagers unter.
Felsenstern ging mit schnellen, entschlossenen Schritten vom Hochfelsen hinunter und näherte sich Wolkenwächter. Der Blick des Anführers war scharf, seine Augen verengten sich, als er die Worte langsam und deutlich sprach.
„Du hast Recht", knurrte Felsenstern leise, so dass nur Wolkenwächter ihn hören konnte. „Frostsee wird uns gefährlich, aber auch Bachfeder."
Die Worte hingen schwer in der Luft, als Felsenstern eine Pause machte. Der Anführer schien nach jedem Wort zu wiegen, als ob er die Konsequenzen genau abwägen musste. Wolkenwächter nickte zustimmend, während seine Miene hart blieb. Es war klar, dass die Worte des Anführers bei ihm auf Verständnis stießen – die Unruhe im Clan wuchs, und es war nur eine Frage der Zeit, bis diese Spaltung ausbrechen würde.
„Wir müssen ein Auge auf sie haben", fügte Felsenstern hinzu, seine Stimme wurde härter. „Beide stellen eine Gefahr dar. Einer von ihnen könnte uns noch alle ins Verderben stürzen, wenn wir nicht handeln."
Wolkenwächter nickte stumm, seine Augen voller düsterer Gedanken. „Genauso wie Dämmermaske... Sie war uns auch in die Quere gekommen", fauchte er leise. Ein kaltes, beinahe hämisches Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus, als er an das Geschehen zurückdachte. Die Erinnerung daran, wie die Kätzin beinahe alles entlarvt hätte, ließ ihn nicht los. Doch sie war zum Glück mittlerweile Tod.
„Wir müssen vorsichtig sein, Felsenstern", fuhr er fort, seine Stimme wurde noch gedämpfter, als er sich dem Anführer näherte. „Bevor die beiden noch alles herausfinden."
Felsenstern stand für einen Moment schweigend da, seine Miene unverändert, doch seine Augen blitzten in einem unheilvollen Licht. Der Clan stand an einem gefährlichen Punkt, und nicht jeder würde die Wahrheit überstehen, die langsam ans Licht zu kommen drohte. Doch Felsenstern wusste, dass er alles tun würde, um seinen Platz und die Kontrolle zu behalten.
„Ich werde es im Auge behalten, Wolkenwächter", murmelte Felsenstern schließlich, seine Stimme so fest wie der Felsen, nach dem er benannt war. „Keiner wird es wagen, uns zu gefährden. Nicht so lange ich an der Spitze stehe."
Der Wind zog kalt über das Lager, als der Anführer sich umdrehte und sich wieder dem Lager zuwandte, das leise murmelt und brodelte. Die Ruhe war trügerisch, und bald würde der Sturm losbrechen.
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