23. Kapitel

Ich wünschte, ich hätte niemals diese Tür geöffnet. 

Ich wünschte, ich hätte Aydens Einladung angenommen. Wer weiß wie meine Zukunft dann ausgesehen hätte? Ich hätte mein Leben so weiterführen können wie es vorher war, ohne jeglichen Stress. Ein toller Collageabschluss und ein wundervolles Haus, worin ich dann immer Mom und Jayden eingeladen hätte. 

Aber ich konnte nichts mehr ändern. Konnte mich nicht mehr verstecken. 

Nein, das Versteckspiel ist von nun an vorbei. 

Meine Finger flutschten vom Türknauf und klatschten gegen meinen Oberschenkel. Es lief alles in Zeitlupe ab, jede noch so kleine Bewegung. 

Vor mir zeigten sich zwei Männer, die beide in Anzüge steckten und einer lächelte mich sadistisch an. 

Eiskalt wurde mir, langsam kroch es mir den Rücken herauf und legte sich wie eine Hülle um mich. Ich nahm nichts anderes mehr war, außer ihn. Der andere Mann sagte irgendetwas, aber ich hörte nicht hin. Geschockt starrten meine Augen die Person an, die ich nie wiedersehen wollte. 

Mein Mund fühlte sich staubtrocken an, als hätte ich seit Stunden nichts mehr getrunken. Wie angewurzelt blieb ich stehen, konnte nicht weggucken. Diese Augenfarbe die nicht ganz grün, aber auch nicht ganz grau war würde ich überall wiedererkennen. Dieses eiskalte ließ einem nie wieder los. 

Ich schluckte. 

Lächeln konnte er noch nie ordentlich, seine Augen blieben dabei so wie sie waren. 

Ich schielte kurz zum anderen Mann. Sie sahen sich so verdammt ähnlich. Oh Mom, wo hast du die denn nur aufgegabelt? 

Plötzlich legte sich eine kalte Hand hinten auf mein Kreuz, was mich fast aufschreien ließ vor Schreck. >Ronnie Schatz, lass die Herren herein.<, lachte meine Mom fröhlich. >Kommen Sie herein, Mr Bennet!< Ich wünschte, meine Mom konnte genau in dem Moment meine Gedanken lesen, denn ich hatte absolute Panik. Sie durfte diese Männer nicht hereinlassen! 

Ich wusste wie die beiden hießen. Doch Mr Bennet betrat dankend und lächelnd den Raum und übergab Mom seinen Mantel. Ich blieb immer noch dort, wo ich war. 

Als er an mir vorbeigehen wollte, blieb er nochmal kurz stehen und beugte sich lächelnd zu mir herunter. Ich musste mich zusammenreißen mich nicht angeekelt gegen die Tür zu drücken.

 >Kein Entkommen, my love.<, raunte er mir mit seiner tiefen Stimme zu. 

Ich riss meine Augen weit auf. Das hatte er schon einmal gesagt, bloß nicht zu mir und damals habe ich es auch anders interpretiert. Jetzt wusste ich ganz genau, was er meinte. 

Dann betrat er ebenfalls den Raum und spielte die Show, die er einstudiert hatte. O Gott, wie soll ich den Abend bloß überstehen, wenn ich jetzt schon fast kollabiere?

***

Schweigend saß ich da, alle um mich herum aßen und unterhielten sich angeregt. Besonders Daemon und Jayden diskutierten heftig über irgendeine bescheuerte Sache, was mit Motorrädern zutun hatte. Aber nicht freundlich, sondern eher als würden sie sich gleich an die Gurgel gehen. Und das gute war: ich saß direkt zwischen den beiden. 

In Gedanken stocherte ich in mein kaum angerührtes Essen herum, immer darauf bedacht nicht so viel Aufmerksamkeit zu erregen. Was aber nichts brachte, er starrte mich trotzdem unentwegt an. 

Was machte er hier? Seit wann verkehrte meine Mom mit solchen Männern? Daran ist nur ihr neuer Lover schuld. Obwohl – auch wenn sein Vater und er vom Aussehen eher viel gemeinsam haben – scheint es so, als wenner ganz anders wäre, als sein Sohn. Müsste das nicht eigentlich anders herumsein? 

Als ich meinen Namen hörte, ließ ich vor Schreck meine Gabel auf den Teller fallen, so dass ein lautes Klirren erklang. Alle hielten sofort in ihrer Rede inne. Mist, Mist, Mist! 

Ohne auf ihn zu achten, schaute ich nach oben. >Hm?< , sagte ich etwas verdattert. Ich will das nicht! Lasst mich alle in Ruhe! >Du möchtest doch auch Psychologie als Hauptfach nehmen?<, fragte meine Mutter mich, so dass sie mit mir angeben konnte. Anstatt Jayden zu nehmen, der Betriebswirtschaft wählt. 

Warte, auch? Ich nickte. Eigentlichhatte ich das damals nur gesagt gehabt, damit sie mich in Ruhe lässt. So richtig darüber nachgedacht habe ich noch nicht. Ich bin ja auch noch nicht in der Oberstufe. 

Mein Mom strahlte. >Mr Bennets Sohn hat gerade sein letztesJahr und erzählte gerade spannende Sachen, die auch für dich interessant sein könnten.< Ich versteifte mich und nickte verkrampft. 

Sie richtete ihren Blick auf Mr Bennet. >Ronnie hat im letzten Jahr ihre Schwierigkeiten gehabt, aber dafür strengt sie sich dieses Jahr umso mehr an, damit sie gut durch die Highschool kommt.< >Ach ja? Erzählen Sie mir mehr davon.< 

Als ich seine Stimme hörte, war es endgültig vorbei mit mir. Ich schaute hoch und blickte sofort in seine gefährlichen Augen. Er lehnte sich mit seinem Scotch Glas nach hinten, dabei spannte sein Anzug an Armen und Brust, als wenn er jeden Moment reißen würde. Er war schon immer muskulöser als andere, die neben ihm aussahen wie ein Streichholz. Dazu kamen noch seine unzähligen Tattoos, die aber unterm Anzug versteckt waren. Leider wusste ich wo seine Tattoos anfingen und auch aufhörten

Seine Lippen formten sich zu einem diabolischen Lächeln. Wie konnte ich damals bloß so dumm sein? Ich musste hier weg, frische Luft schnappen. 

Hastig stand ich auf.>Ähm, wo ist ihre Toilette, Mr Miller?<, fragte ich den Lover meiner Mom.>Treppe hoch und dann zwei Türen links.<, sagte er freundlich. 

Bevor ich gehen konnte, hielt Daemon mich am Rockzipfel fest. Als ich zu seinen braunenAugen schaute, keimte kurz Erleichterung in mir hoch, aber sie verflog auch schnell. >Alles ok?<, fragte er mich misstrauisch. Ich setzte ein gezwungenes Lächeln auf. >Natürlich.< Dann riss ich mich mehr oder weniger los und sprintete los. 

Als ich außer Reichweite war, zog ich mir schnell die High Heels aus und lief die Treppe hoch, immer zwei Treppenstufen auf einmal. Oben angekommen lief ich zum Badezimmer durch, knallte die Tür zu und schloss ab. Außer Atem lehnte ich mich gegen die Tür. 

Ich zählte bis 10 und atmete immer wieder schwer aus, bis mir schwindelig wurde. Dann riss ich das Fenster auf und ließ Sauerstoff ins Zimmer. Erst dann ließ ich mich erschöpft auf die Toilette fallen. 

Tränen brannten mir in den Augen, aber ich hielt sievzurück. Weinen würde jetzt nichts bringen, das würde mir nicht mal ansatzweise helfen, außer vielleicht mein Make-up ruinieren. Wo bin ich da nur hineingeraten? Ich klatschte mir beide Hände ins Gesicht. Verdammte Axt! Wie konnte das nur passieren? War ich damals wirklich so naiv und dämlich gewesen, um mich auf diesen Mann einzulassen? Da sieht man, wie psychische Umstände mit einem Menschen spielen können. 

Denn sie machen jemanden zu einem emotionalen Wrack, so dass derjenige nicht mehr Gut und Böse voneinander unterscheiden kann. Manipulation ist das richtige Wort dafür. Wieso muss alles so verdammt kompliziert sein? Und ich dachte, dass mit Daemon und mir war die Spitze des Eisberges, aber da habe ich mich gewaltig getäuscht. 

Erschöpft und mit zittrigen Beinen stand ich von der Toilette auf, um zum Waschbecken zugelangen. Wenn jetzt jemand klopft, lass ich ihn garantiert nicht herein, nichtmal wenn es Mom ist. 

Vorsichtig versuchte ich mir Wasser auf die Wangen zu spritzen, die glühten wie Feuer, die zu meinen Händen nicht passen wollten. Denn die waren eiskalt. Aber es tat gut diese Kälte an meinen Wangen zu spüren. 

Nochmal tief durchatmend versuchte ich herunterzukommen, um nicht gleich an einer Panikattacke zu sterben. Okay, noch länger kann ich hier nicht versauen, sonst kommt Mom wirklich noch hoch. 

Mein Herz immer noch laut klopfend, trat ich hinaus in den kühlen Flur, der nur mit dem Mondschein von draußen beschieden wurde, so dass eine mystische aber auch gleichzeitig gruselige Atmosphäre entstand. Ich entschied mich trotzdem nicht gleich hinunter zu gehen, sondern noch ein Weilchen aus dem Fenster zu starren. Nennen wir es der Situation entziehen. 

Was würde ich jetzt dafür alles tun, um mich in einen Werwolf zu verwandeln und durch dieses Fenster zu springen. Am liebsten würde ich jetzt auf irgendetwas einschlagen, am besten was kaputt gehen kann. So habe ich schon immer meine Aggressionen besser unter Kontrolle gehabt: sportliche Aktivitäten. Und jetzt bitte nicht pervers denken. Obwohl das auch immer viel Spaß machte. 

>Uh, dieses Gesicht kenne ich nur allzu gut. Du möchtest auf etwas einschlagen.< 

Als diese ganz besondere raue Stimme erklang, verkrampften sich bei mir sogar die inneren Organe. 

Ich hatte ihn nicht gehört, geschweige denn jemanden dieTreppe hochkommen hören. Wie eine Raubkatze schlich er sich an, als wenn er seinen Gegner überprüfen möchte. Still wie eine Katze zu sein war schon immer sein Spezialgebiet, aber auch nur eins von vielen. 

Mein Puls raste so schnell, dass ich ihn sogar im Ohr zischen hörte. Jede Zelle war auf Hochspannung, auf die Gefahr gerichtet. Wie in Zeitlupe richtete ich meinen Kopf nach hinten, um noch erschreckender zu sein. 

Er stand dort, in der Dunkelheit kaum zu erkennen, wie ein Mann, der seine Geschäfte durchführt. Nämlich absolut ernst. 

Als er aus der Dunkelheit trat konnte ich nicht anders, als ängstlich einzuatmen. Er hörte es und grinste auf seine teuflische Art und Weise. Er erahnte meine Schwachstelle, aber er war schlau genug um sich nicht gleich darauf zu verlassen. 

Seine Augen blitzten im Mondschein gefährlich auf. >Hallo, Ronnie.< Ich schluckte. 

Verflucht seihst du, Elijah Bennet.  

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