2. Kapitel
Mein Kopf knallte auf die Tischplatte, wobei er gleich darauf wehtat. Das war mir aber egal, denn ich war absolut verzweifelt. Meine Mathe Lehrerin erzählte da vorne irgendein Schwachsinn, wovon ich nichts verstand. Wenn ich dieses Jahr nicht ran klotze, falle ich in Mathe durch. Eigentlich ist Mathe mir immer egal gewesen, aber ich hatte meiner Mom versprochen dieses Jahr gut in der Schule zu sein. Ich versuchte es, wirklich, aber Mathe... nein danke.
Nach ein paar Sekunden kriegte ich ein Papierkügelchen am Kopf ab, das in meinem Pferdeschwanz hängen blieb. Heute Morgen bin ich mal wieder zu spät aufgestanden, was für mich nichts neues mehr war, aber leider blieb da die Frisur etwas außen vor. Ich wusste sofort, wer mir dieses Kügelchen an den Kopf geworfen hatte. Stöhnend hob ich den Kopf von der kühlen Platte und starrte Ayden aus zusammen gekniffenen Augen an, der mir nur die Zunge heraus streckte. Plötzlich holte die Stimme meiner Lehrerin uns wieder in die Wirklichkeit. >Mr Rider, möchten Sie vielleicht nach vorne kommen und uns ein Beispiel vor machen?<
Ich werde niemals Aydens erschrockenen Gesichtsausdruck vergessen, der war einfach nur grandios! >Äh, nein Mrs Weeler.< Es fingen alle an zu lachen und auch ich musste mir es verkneifen. Mrs Weeler hielt die Kreide hoch. >Doch, ich möchte es aber.< Jetzt guckte er mich aus zusammen gekniffenen Augen an und ich streckte ihm ebenfalls die Zunge raus. Tja, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.
Nach der Mathe Stunde verließ ich gemeinsam mit Ayden- der neben mir schmollte wie ein Baby- den Raum. Nachdem er nach vorne geholt wurde, hatte ihm die Lehrerin gleich eine schlechte Note rein gedrückt, weil, wie zu erwarten, Ayden selber nicht aufgepasst hatte. >Jetzt hör auf zu schmollen.<, sagte ich. >Das wirst du schon wieder ausbügeln.< >Wenn du meinst.<, sagte er bockig. Ayden hasste es, schlecht zu sein, was vielleicht daran lag, dass er auch nicht verlieren konnte. Sportler eben. Wir gingen in die volle Kantine, wo Sam schon auf uns wartete und uns einen Platz sicherte. Er winkte sogar. >Da seid ihr ja endlich!<, sagte er erleichtert. Als wir uns setzten, flüsterte er noch: >Steffany hat mir fast das Ohr abgekaut.< Ich grinste. Ayden biss genüsslich in sein Baguette und erzählte gleich darauf:
>Ach so, hätte ich fast vergessen. Nächste Woche ist mein erstes Spiel... < Er konnte nicht mal aussprechen. >Oh jaa! Ich weiß schon ganz genau, was ich dort anziehen werde. Weißt du noch Ronnie, mein Football-Top?< Wie konnte ich das vergessen? Sam trug es einmal bei einem Konzert und nannte es dort die ganze Zeit "das Aufreißer-Shirt", was auch geklappt hatte. Sam hatte noch nie so viele Jungs an der Backe gehabt. Ich nickte. >Klar. Wann ist denn dein Spiel?< Aydens Augen glänzten. >Am Freitag, und wisst ihr was?< Ich zog die Augenbrauen hoch. >Vielleicht werde ich Captain.< Sam quickte auf. >Oh Mann, wie toll Ayden!<, sagte ich. Sam sah mich aus großen Augen an. >Toll? Das ist grandios! Der Captain ist unser bester Freund, was für eine Ehre.< Sam sprang auf und umarmte Ayden von hinten.
Das gute an Ayden war, dass er nicht dachte, Sam wollte etwas von ihm, denn so gut wie er auch aussah, er war nicht Sams Typ. Als Sam losgelassen hatte, drehte er sich abrupt um und guckte direkt zu einer Gruppe Jungs. Träumerisch ließ er sich neben mir fallen. Er konnte nicht einmal still sitzen >Haaa, er ist so verdammt süß!< Ich schielte an Sam vorbei und entdeckte Ryan, umringt von den "Bad Boys" und Haufenweise Mädchen. Daemon entdeckte ich nicht, wahrscheinlich trieb er es mit Miranda auf der Toilette. Warum dachte ich überhaupt darüber nach?
Ayden drehte sich ebenfalls um. >Wenn du meinst.<, sagte er unbeeindruckt. >Wenn ich meine? Hallo! Siehst du nicht wie heiß er ist?< Ich lachte kurz auf. Ayden verdrehte die Augen und widmete sich wieder seinem Baguette. >Was meinst du?<, fragte Sam mich. >Was meine ich?< >Denkst du, ich sollte ihn mal ansprechen?< Ich schielte noch mal kurz zu Ryan. >Sam, hör mal. Du solltest tun und lassen, was du willst, aber ich möchte nicht, dass er dich verletzt.< Und ich wusste ganz genau, dass Ryan Sam verletzten würde. Ich wusste jetzt nicht, ob er schwul war, aber ich hatte ihn schon mit vielen Mädchen gesehen und somit war das für mich eindeutig. Aber Sam war immer so positiv, was natürlich nicht schlecht ist.
>Du hast Recht... < Er guckte mich an. >Ich glaube, ich beobachte das mal.< >Du willst ihn beobachten?< >Ja! Wie soll ich sonst herausfinden, ob er schwul ist?<, sagte er, als wenn es das normalste der Welt wäre. >Okay, aber pass auf!< Jetzt mischte sich Ayden wieder ein. >Genau, sonst verprügelt Ronnie ihn.<, gab er grinsend von sich. >Hey!< >Was denn? Du hast dich mal mit einem Jungen geprügelt und der war drei Jahre älter als du.< >Na und?... Wie auch immer, pass einfach auf.< Sam nickte eindringlich. >Natürlich!< Dann stand er auf und schlich wie ein Ninja davon. Das konnte doch nur schief gehen.
***
Nachdem die Schule vorbei war, gingen Sam und ich in die Mall, um etwas Passendes für die Party zu finden. Ich hatte immer noch keine Lust, aber wenn Sam an meiner Seite war, konnte ich einfach nicht schlecht gelaunt sein. Als wir in den ersten Laden kamen, klatschte er sich in die Hände, wobei sein roter Nagellack sich durch die Scheinwerfer spiegelte. >Also... < Er drehte sich mit einem breiten Grinsen zu mir um. >Erst suchen wir was für mich und dann für dich. Bei dir werden wir bestimmt wieder etwas länger brauchen.< Ich machte eine genervte Fratze. >Danach gehen wir auch zu McDonalds.<, sagte er. Jetzt lächelte ich wieder. >Okay!< Wir gingen in die hintere Abteilung- die Jungs Abteilung- und suchten etwas für Sam, dass auch seinem Style entsprechend war. Er verkrümelte sich zu den Hosen und ich blieb bei der T-Shirt Abteilung zurück.
Ich kannte Sam Stil eigentlich ganz gut, aber es war trotzdem immer wieder schwierig etwas zu finden, was auch Sams großen Erwartungen entsprach. War nur eine Sache falsch oder nicht so gut, fiel es sofort unter den Tisch.
Ich durchforstete jeden Bügel, aber es war, wie gesagt, schwierig. Als ich ein schwarzes transparentes T-Shirt hoch hielt, um es mir genauer anzuschauen, schnappte es mir Sam weg. >Das passt perfekt zu meiner schwarzen Hose!< Er lief zur Umkleidekabine und ließ dabei einige Sachen fallen, so viel wie er mit hatte. Tja, keine fünf Minuten später, entschied sich Sam für das Shirt und einer schwarzen Röhren Jeans. >Findest du das Shirt nicht etwas... gewagt?< Er schüttelte den Kopf. >Nein, das ist perfekt. Außerdem wird es zum Schwarzlicht passen.< >Schwarzlicht?< >Ja! Die Party ist mit Schwarzlicht, wusstest du das nicht?< >Nein!< >Jetzt weißt du es.< Ich konnte es nicht fassen. Ich mochte schon generell keine Partys und jetzt auch noch mit Schwarzlicht? >Werden wir dort auch bemalt?< Sam lachte. >Na klar, du Dummerchen.< Na toll, jetzt konnte nicht mal McDonalds meine Laune verbessern. Jetzt wusste ich auch, warum Sam sich genau das Shirt geholt hat. Was sollte ich jetzt anziehen? Sam ging durch die Reihen. >Ganz einfach. Ich such dir Klamotten aus und du probierst sie an.< Ganz einfach? Wenn er die Sachen aussucht, kann das ein langer Tag werden, aber ich stimmte zu. Ich hatte keine Lust auf eine Diskussion.
Schon nach wenigen Minuten kam Sam mit einem Sack voller Bügel an der Umkleide an. Ich probierte eins nach dem anderen, aber es gefiel mir einfach nicht. Manche Teile waren gewagt, andere zeigten zu viel Haut, beides mochte ich nicht besonders. >Ach komm schon, Ron! Zieh noch mal das transparente Long-Shirt an.< Ich atmete genervt aus, zog es aber nochmal über. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Auf eine Party gehen, war einfach nicht mein Ding.
Das Long-Shirt war schwarz mit bunten Patsches versehen, was dem T-Shirt etwas aufregendes gab. Ich mochte es, aber das war auch schon alles. >Du könntest darunter einen Body tragen?<, sagte Sam. >Was? Nein!< >Das sieht man ja meine halben Arschbacken.< Sam lachte. >Okay, warte kurz hier.< Was sollte ich auch anderes tun? Ich hatte keine Nerven mehr dafür und meine Kopfschmerzen meldeten sich auch schon wieder. Ich kniff mir in den Nasenrücken. Wieso war shoppen nur so anstrengend? Kein Wunder, warum ich es hasste. Ich guckte mich selbst nochmal im Spiegel an. Ich fand meine Figur eigentlich, so gut wie sie war. Ich hatte genau an den richtigen Stellen meine Rundungen und ich war auch nicht so dürre, wie die ganzen Cheerleader an unserer Schule. Also, warum wollte ich meine Figur verstecken? Ich zeigte sie schon gerne, aber nicht zu auffällig. Dann dachte ich an das, was ich dieses Jahr alles verändern wollte. Wenn ich das wirklich durchziehen will, muss ich anfangen, stolz auf mich zu sein. Und das, konnte ich am besten so zeigen.
Sam kehrte zurück. >Ich weiß, du wolltest keine kurze Hose, aber... < Ich unterbrach ihn. >Nein, ist ok.< Dann verschwand ich in die Umkleide. Das war wirklich eine kurze Hose; Sam hatte nicht übertrieben. Sie bedeckte gerade so meinen Po und das Top, das er mir gab, hatte einen weiten Ausschnitt. Die schwarze Hose schimmerte sogar.
>Wie findest du es?<, fragte ich Sam. >Du siehst absolut Bombe aus! Vielleicht sollte ich mal mitkommen zum Joggen, ich will auch so einen Po.< Ich lachte. Auch wenn etwas ungewöhnlich war, fühlte ich mich trotzdem wohl, und das war die Hauptsache. Ich werde vielleicht eine sein, die am meisten etwas an hat, aber das konnte mir egal sein.
Sam und ich bezahlten und gingen dann, frohen Mundes, zu McDonalds. >Weißt du was, du solltest das Top zerschneiden und Bauchfrei gehen.< Ich zog eine Augenbraue hoch. >Dann hätte ich mir auch gleich ein Bauchfreies Top kaufen können.< Er zuckte mit den Schultern. >Wenn du unter dem transparenten Bauchfrei trägst, wird das richtig heiß aussehen.< Ich schluckte den letzten Happen von meinem Bürger hinunter. >Vielleicht.<
>Sag mal, gehen wir eigentlich zusammen hin?< >Auf jeden Fall!< >Fährt uns jemand?<, fragte ich. Sam nickte. >Ja, dein Bruder.<, sagte er grinsend. Ich beschmiss ihn mit einer Pommes. >Ja, wir werden von meinem Cousin hin gefahren.< >Tyler?< Er nickte. Tyler war in Ordnung, damit konnte ich leben. >Geht er auch hin?< >Na klar, sonst würde er uns nicht fahren.< Danach guckte Sam mir tief in die Augen. >Kommt dein Bruder jetzt nun auch?< Ich schluckte den Drang herunter, ihn wieder mit einer Pommes zu bewerfen. >Weiß nicht, müsste ihn mal fragen, aber ich denke nicht.< Sam machte einen Schmollmund, trank dann aber von seiner Cola.
Er gab einen Laut von sich. >Ich hab gehört, dass Daemon und die anderen auch kommen.< Warum erzählte er mir das? Es interessierte mich doch gar nicht! >Na und? Kann uns doch egal sein.< Er guckte mich an, als wenn ich die dümmste Person auf Erden wäre. >Hallo! Ryan wird auch dort sein, dass bedeutet ich kann mich an ihn ran schmeißen- und an Daemon- und Kaden...< Ich hob die Hand. >Ist ok, kannst du gerne machen. Ich werde dir dabei zusehen, wie du dich zum Klops machst.< >Haha, aber das werde ich nicht. So offensichtlich wollte ich es nun doch nicht machen.<
Dann wackelte er mit den Augenbrauen. >Ich mach dir auch einen klar, wenn du willst.< Jetzt verschluckte ich mich an meiner Sprite. >Nein, danke.<, krächzte ich. >Ach komm, sei nicht immer so spießig!< Ich war nicht spießig! Na gut, vielleicht ein bisschen. Ich wollte bloß einfach keinen aufreißen, höchstens tanzen. Ich schüttelte den Kopf.
Sam beließ das Thema und kam gleich zur einer nächsten Frage. >In welchem Kurs bist du jetzt eigentlich?< >Wieso, sind wir nicht im gleichen?< >Nein, ich bin in Theater und du... ?< >Rhetorik.< Oh Mann, das erste Mal, dass ich nicht mit Sam in einem Kurs bin. Auf Ayden brauchte ich nicht zählen, der wählte sowieso immer Sport. >Warum hast du Theater genommen?, fragte ich verwirrt. >Na, weil Ryan das auch macht.< >Natürlich.<, murmelte ich. Er lehnte sich nach vorne.>Das wird so toll, glaub mir.< Haha bestimmt, dachte ich. Das Jahr beginnt ja gut.
So, ich hoffe, euch hat das zweite Kapitel auch gefallen!
Hinterlasst gerne ein Kommentar :)
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