13. Kapitel
So Far - Olafur Arnalds
Vor einem Jahr
Schniefend und ächzend kam ich wieder auf die Beine, die er mir gleich wieder wegtreten wollte, aber ich wich ihm- immer noch benommen- gekonnt aus.
Die Menge um uns herum grollte, schrien förmlich, dass sie mehr sehen wollten. Einige verstand ich überhaupt nicht, andere wiederum schrien Beschimpfungen oder Aufmunterungen, aber nicht auf die nette Art. Ich schmeckte Schweiß, Blut und die pure Panik auf der Zunge, die überdeckt wurde von Gehässigkeit und Zorn. Ich hatte das Gefühl, dass meine Welt sich dunkelrot färbte, alles und jeder ging mir tierisch auf die Nerven, besonders der Typ vor mir, der antanzte wie ein Affe.
Blut lief ihm aus der Nase, an der Augenbraue war eine Platzwunde und die Lippe blutig geschlagen. Trotzdem hatte ich das ungute Gefühl, dass ich viel schlimmer aussah. Mein Arm wurde schwach und kribbelte, was ein sicheres Zeichen dafür war, dass er gleich taub sein würde. Ich spürte nur noch ein Pochen in der linken Gesichtshälfte, sonst merkte ich auch dort nichts. Ein gutes Zeichen? Nein, eher nicht.
Als ich mich scharf nach links bewegen musste, zog ein zischender Schmerz durch meinen Körper, der mich nach unten gucken ließ. Ein dicker, fetter Bluterguss zog sich über meinem Bauch und ich schluckte, was ich sofort bereute. Blut floss urplötzlich aus meiner Nase, wovon ich würgen musste. Aber ich musste mich konzentrieren!
Als der Typ selber einen fatalen Fehler begann, holte ich mit dem Ellenbogen aus, traf ihm am Kinn, worauf er gegen die Abgrenzung flog. Ich verzog das demolierte Gesicht zur einer Grimasse, kam mit großen gefährlichen Schritten auf ihn zu und holte nochmal mit dem Fuß aus. Blut quoll aus seinem Mund, was wenig appetitlich aussah. Die Menge brüllte noch lauter auf, auch Elijah hörte ich heraus.
>Los Baby, ich will meine Belohnung!<, rief er.
Ob er die kriegt, bleibt noch offen. Den letzten Kampf hatte er natürlich gewonnen, jetzt musste nur noch ich den Sieg holen. Ob ich das bezweifle? Ja, und zwar sowas von. Ich hatte noch nie so einen starken Gegner gehabt und so schlimm war ich auch noch nie verletzt worden. Na ja, auf jeden Fall fühlte es sich so an, als ob es schlimm ist.
Da kann mir Make-up auch nicht mehr helfen, aber das war jetzt mein geringstes Problem, denn der Typ rappelte sich wieder auf.
Etwas blitzte in seinen Augen auf, was ich nicht identifizieren konnte und etwas sagte mir, dass ich heute lieber Zuhause geblieben wäre. Meine Energie ist vollkommen ausgeschöpft, Schweiß perlte von meiner Haut ab und machten meine Hände schwitzig und nutzlos. Ich hörte Elijah nochmal aufbrüllen, dann verschwand alles um mich herum.
Ich war eine der besten, die sie hier hatten und ohne Elijah hätte ich das niemals geschafft, aber der heutige Tag war anders. Hatte man mir etwas untergemischt oder wurde ich einfach nur krank? Keine Ahnung, so hilflos hatte ich mich das letzte Mal an dem Todestag meines Vaters gefühlt. Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen und ich schloss die Augen für einen kurzen Moment.
Tränen brannten mir in den Augen und ich wusste, dass das hier schlimm ausgehen wird.
Für mich oder für ihn.
Gerade noch rechtzeitig öffnete ich die Augen wieder und wich seinem Schlag aus. Es drehte sich kurz und mir wurde schwarz vor Augen, aber niemand sah, dass ich sosehr kämpfte. Lange werde ich das nicht mehr aushalten.
Auch wenn mein Gehirn sich wie Watte anfühlte, wusste ich ganz genau, was das Großmaul als nächstes vorhatte. Er wollte mir in den Rücken treten, heute nicht. Schnell wirbelte ich herum und versetzte ihm ein tritt in den Magen und gab ihm ein Kinnhacken.
Diese hastigen Bewegungen gaben meinem Körper gefühlt den Rest und ich taumelte ein paar Schritte nach hinten. Weiße Lichter blendeten mich, die anscheinend von der rissigen Decke kamen- hoffte ich. Vielleicht stützte ich mich irgendwo ab, aber ganz genau konnte ich das nicht sagen.
Ich latschte in etwas Flüssigem hinein, was Schweiß, aber auch genauso Blut sein könnte. Lieber nicht darüber nachdenken, sagte ich selbst zu mir.
Ich ging wieder auf den Typen los, der sich auf seinen Knien abstützte... und das war mein Fehler.
Anstatt darauf zu warten, was er macht, ging ich ohne Plan auf ihn los, genau was er von mir erwartete. Wie konnte ich nur so dumm sein? Aber da war es schon zu spät.
Blitzschnell holte er mit so viel Schwung aus, dass mein Kopf sich so anfühlte, als würde er explodieren. Ohne ein weiteres Wort, knallte ich nach mehreren Umdrehungen auf die harte Steinplatte. Irgendwie versuchte ich mich noch mit den Händen aufzufangen, aber dabei überdehnte ich sie nur.
Ich spuckte Blut auf den Boden und stöhnte vor Schmerzen auf, die nicht zu beschreiben waren, so überwältigen waren sie. Mein ganzer Körper bebte, und schrie förmlich nach der Erlösung.
Wie in Zeitlupe, schaute ich nach oben, und erhaschte den undurchschaubaren Blick von Elijah. Ich sah nur verschwommen, aber sein Blick sagte alles. Ich hörte meine langsame Atmung, spürte den schwachen Herzschlag in meinem Brustkorb und die zuckenden Muskeln, die nach und nach an Kraft verloren und taub wurden.
Die nackte Angst bahnte sich ein Weg durch mich hindurch, aber das Adrenalin setzte nicht ein. Mein Blick glitt an Elijah vorbei, zur einer Person, die mir bekannt vorkam. Aber dadurch, dass mein Blickfeld für Bruchteile verschwommen und wieder klar wurde, hatte mein Gehirn keine Zeit, das zu verarbeiten.
Aber gerade, als mein Kopf wieder nach unten sinken wollte, klärte sich mein Blickfeld für drei Sekunden länger. Mir stockte der Atem und Tränen schlichen sich in meine Augen. >Dad...<, flüsterte ich kaum hörbar. Diese schwarzen Haare, die selbstbewusste Haltung, obwohl er für einen Mann recht klein war, würde ich überall erkennen. Er formte die vollen Lippen zu einem Lächeln und damit wusste ich, dass es vorbei war.
Die Schwärze hüllte mich fast komplett ein, trotzdem guckte ich nicht weg, aus Angst, er könnte einfach wieder verschwinden. Etwas Salziges mischte sich mit dem metallischen Geschmack in meinem Mund, meine Wangen fühlten sich feucht an.
Dann spürte ich auf einmal einen brennenden Schmerz im Rücken, worauf ein Knack folgte, mich die Schwärze komplett einhüllte, mich mit sich riss... und Dad verschwunden war.
Vergesst nicht zu voten.😉
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