11. Kapitel

Mit wehenden Haaren machte ich mich auf dem Weg zum Raum 223, um meine Strafe für den Vorfall im Chemieraum abzusitzen. Wie oft ich wohl in Zukunft noch nachsitzen werde? Das bleibt wohl in den Sternen.

Mit in einer kurzen Bewegung, strich ich mir eine wirre Haarsträhne aus dem Gesicht, welche sich kitzelnd in mein Auge stiel. Als ich vorhin ein Blick im Spiegel erhascht habe, musste ich Sam leider mit seiner Behauptung Recht geben; denn, ich sah scheiße aus. Aus meinem Zopf fielen schon vereinzelte Strähnen, die wirr abstanden oder sich zur komischen Babylocken formten. Mein Hoodie war zerknittert und richtig frisch sah ich auch nicht mehr aus. Tja, also öffnete ich meinen Zopf, wuschelte hier und da noch in meinen Haaren herum, um ein bisschen Volum zu kriegen, trug Lipgloss auf und, was ich eigentlich nie tat, Wimperntusche und Rouge.

Natürlich nicht zu viel, ich wollte ja nicht wie Katy Price aussehen.

Schon mit einem viel besseren Gefühl riss ich die Tür mit Schwung auf und erntete somit einen überraschten Blick von Mrs Ruth, die für die Nachsitzer verantwortlich ist. Wahrscheinlich hatte sie deswegen so viele Falten im Gesicht, weil sie sich ständig mit den Übeltätern herumschlagen musste. >Ach Ronnie, setzen Sie sich doch.< Ich nickte dankend, warum auch immer man sich fürs Nachsitzen bedanken musste und setzte mich nach ganz hinten.

Mrs Ruth war eine der einzigen Lehrer, die mich mit meinem Vornamen ansprach, weswegen ich sie auch immer freundlich anlächelte. So, jetzt muss nur noch Daemon kommen und dann kann der Spaß beginnen. Klingt fast so, als wenn ich mich freuen würde ihn zu sehen. Daraufhin schüttelte es mich gleich.

Schon nach 5 Minuten, kam die besagte Person in den Raum geschlendert und musterte jeden einzelnen Schüler, bis sein Blick bei mir hängen blieb. Er hatte sich seinen Rucksack lässig über eine Schulter geschmissen und versteckte seine andere Hand in der Hosentasche. Mit seiner bloßen Ausstrahlung zog er die ganzen Blicke auf sich und ich müsste lügen, wenn ich sage, meinen nicht.

Und wie ich ihn anstarrte, denn sein enges weißes Shirt, schmiegte sich wunderbar um seinen prachtvollen Körper. Dazu noch die verwuschelten braunen Haare und das gemeißelte Gesicht. Ja, hier hat Gott wirklich alle Arbeit geleistet.

>Du starrst.<, sagte er plötzlich vor mir stehend. Okay, vielleicht sollte ich wirklich mal zum Arzt gehen, das ist ja nicht mehr normal, wenn ich nicht mitkriege, wie eine Person näherkommt, obwohl ich sie anstarre.

>N-nein.<, sagte ich leider nicht so fest, wie ich mir das gewünscht habe. Er lachte bloß und ließ sich neben mir nieder. Dann weckte Mrs Ruth unsere Aufmerksamkeit. >So, da jetzt alle da sind, möchte ich Ihnen noch kurz die Regeln sagen, die für das Nachsitzen gelten. Alle verhalten sich leise! Niemand spricht mit seinen Banknachbarn-< Dabei guckte sie ganz besonders mich und Daemon an. >- und Sie bleiben für genau 2 Stunden hier.< Wir alle murmelten entweder ein Ja oder nickten nur. Dann setzte sich Mrs Ruth wieder. Als ich sah, dass Mrs Ruth wieder mit ihren Aufzeichnungen beschäftigt war, drehte ich mich zu Daemon, der sich gerade Kopfhörer in seine Ohren stecken wollte und entzog sie ihm.

>Hey, was soll das?!<, flüsterte er wütend. >Sonst willst du doch auch, dass ich dich in Ruhe lasse, also... < >Ach, sei still!<, zischte ich und legte die Kopfhörer auf den Tisch. Daemon musterte mich nur verwirrt, dabei wanderten seine geschwungenen Lippen nach oben.

Okay, reiß dich zusammen!

>Warum bist du in meinem Chemie Kurs, obwohl du in der Oberstufe bist?< Diese Frage interessierte mich am meisten, weswegen ich sie auch gleich am Anfang beantwortet haben wollte. Daemon verdrehte nur seine Augen. >Du willst mich also ausfragen?< Er lächelte bloß falsch. >Daraus wird nichts!< Ich verengte meine Augen. >Wieso nicht?< Er guckte mich ausdruckslos an. >Würdest du mir meine Fragen beantworten?< Ohne groß darüber nachzudenken, was ich tat, nickte ich.

Er zog seine Augenbraue nach oben und lehnte sich weiter zu mir. >Na gut, dann beantwortest du mir erst eine Frage und dann kommt deine.< Ich schluckte, wie als wenn ich wüsste, dass da nichts Gutes bei raus springen wird. Nach seinem Lächeln zu urteilen, lag ich auch richtig.

>Warum denkt Miranda, dass wir miteinander schlafen?<

Ich öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Ich öffnete und schloss ihn. Das tat ich ungefähr sooft, dass man denken könnte, ich wäre ein Fisch auf dem Land. Ich bemerkte wie die Röte ihren Weg vom Hals, bis zu meinem Gesicht bahnte und dort auf Dunkelrot anstieg. Gott, könnte es noch peinlicher werden? Ich wusste, dass Miranda es das letzte Mal falsch verstanden haben muss, denn meine Wortwahl war nicht gerade überdacht, sondern eher unbedacht. Das war schon immer eine Schwäche von mir: Erst Handeln, dann denken. Obwohl es eigentlich andersrum sein müsste.

Ich guckte rasch nach unten und tat so, als wären meine Hände gerade wichtiger als er. Dann stotterte ich vor mir hin. >Ich... Ähm... naja... < Mir war gewiss, dass Daemon mich noch immer grinsend anstarrte und auf eine Antwort wartete. Hatte ich überhaupt eine Erklärung dafür?

Ich spürte, wie er sich noch weiter vorbeugte. >Stehst du auf mich?<, raunte er. Geschockt riss ich die Augen auf und guckte wieder zu Daemon hoch, der immer noch gleich aussah und nicht verschwunden ist. >Nein!< Oder? Nein! >Warum dann?< Und jetzt wusste ich nicht mehr weiter. Letztes Mal wollte ich mich einfach nur verteidigen, und das nicht körperlich. Und wie man sieht, alles geht schief. >Das muss Miranda falsch verstanden haben.<, sagte ich stattdessen. Es stimmt ja auch; Miranda hat es falsch verstanden.

Er zog amüsiert eine Augenbraue nach oben. >Daemon, glaub mir, dass war ein Missverständnis. Sie hat geglaubt, ich schmeiße mich an dich ran und so hab ich ihr gesagt... < Das Wort zog ich extra in die Länge; vielleicht will er das ja gar nicht wissen. >Was hast du ihr gesagt?<

Ich schaute wieder nach unten. Meine Hände sahen noch immer übel aus, aber wenigstens verfärbte sich das Lila in blau/grau. >Ähm, dass sie nicht die Einzige ist, die mit dir schläft.< Für eine Weile hörte man nichts, nur meinen Atem, bis Daemon auf einmal los prustete und einen bösen Blick von Mrs Ruth erntete.

Es dauerte gefühlte Jahre, bis er sich wieder beruhigte und mich wieder ansah. >Na ja, wenigstens bin ich sie jetzt erst mal los.< Dann räusperte er sich, während ich ihn mit Falten in der Stirn musterte.

Warum mich dieser Satz so freute? Keine Ahnung. Irgendwie fühlte es sich so an, als wenn mein Herz vor Freude in die Hände klatschte. Bescheuert. Ich hatte genug von Jungs, von gutaussehenden Jungs. Trotzdem würde ich am liebsten Lächeln. Mein Muskel zuckte sogar schon.

>Was hast du da eigentlich gemacht?< Noch bevor ich fragen konnte, was er meinte, ergriff er eine meiner Hände. Panik schoss urplötzlich in mir durch. Schnell entriss ich ihn meine Hand und funkelte ihn wütend an. >Das geht dich überhaupt nichts an.< Sein Gesicht wurde ernst und legte sich ebenfalls in Falten. >Sag mal, prügelst du dich etwa?< Ich drehte mich schnell von ihm weg, um so mein Gesicht zu verstecken. >Das waren zwei Fragen zu viel.< >Ronnie,... < >Daemon! Hör auf zu quasseln!<, sagte Mrs Ruth.

Daemon guckte wieder in meine Richtung, bemerkte aber, dass er aus mir nichts rauskriegen wird. Wahrscheinlich niemals. Das wars wohl mit "Ausfragen".

***

Als ich die Tür öffnete, sprang mir Sam schon fast entgegen. >Da bist du ja endlich! Weißt du wie lange ich gewartet habe?< Ich zog die Schultern hoch. >1o Minuten?< >Ja!< Ich lachte. Wäre Sam heute nicht gewesen, hätte ich wahrscheinlich gar nicht mehr gelacht. Er hakte sich bei mir unter. >Und was ist so passiert? Daemon war der Erste, der den Raum verlassen hatte.< Zum Glück auch, denn heute hatte ich genug von Daemon Star.

>Nicht wirklich viel. Daemon hat mich wieder genervt... <, wobei ich schuld bin, >... und sonst eigentlich nichts.< Sam wollte wieder ansetzen, aber ich unterbrach ihn hastig. >Nein, warte! Weißt du wer zu mir gekommen ist, nachdem ihr gegangen seid?< Sam blieb stehen. >Nein, ein Typ?!<, quietschte er schon fast. Ich nickte mit strahlenden Gesicht. >O Mein Gott, sag es mir, sag es mir... !< Ich atmete tief durch, um die Spannung noch etwas zu heben. >Es war Isaac Stone... < Sam schlug sich die Hand vor dem Mund, dabei konnte ich seine lila lackierten Fingernägel sehen. >Nein... du meinst unseren Scott Eastwood?< Wieder nickte ich mit diesen grusligen Lächeln.

Sam zog mich weiter. >Was hat er gesagt?<, dabei klang er so atemlos, als wenn er mehrere Meilen gelaufen wäre. >Los Ronnie, sonst platze ich!< Wieder lachte ich. >Ja, ja. Also, er hat mich gefragt, ob ich nachher noch zur Umkleide kommen möchte, bevor das Spiel beginnt.< >Uhh, da wird jemand bald flachge... < >Nein, stopp! Hier wird niemand flachgelegt. Wir wollen uns bloß unterhalten.< >Verstehe.<, sagte er mit diesen gewissen Unterton. Ich schupste ihn bloß.

>Hast du mein T-Shirt?< >Klar!< Er holte es aus seiner Tasche, worauf stand: Go Vikings! Ich schüttelte nur lächelnd den Kopf, und bedankte mich. Mit ihm hatte ich diese Diskussion schon mal, auch wenn er wusste, dass die Vikings nicht spielen, nahm er die Tasche trotzdem immer mit. Als Motivation für Ayden, oder so. Das Shirt war schlicht schwarz und mit Aydens Nummer bestickt: Nummer 12, der Runningback. Jetzt war ich komplett schwarz angezogen, aber das störte mich nicht, irgendwie fiel ich trotzdem auf.

>Jetzt los, lass uns gehen, bevor wir zu spät kommen.< >Stimmt, bevor du spät zu Mr Eastwood kommst.< Dann rannten wir lachend los zur Tribüne. Wir stießen die Doppeltür auf und steuerten zum Feld. Natürlich saßen dort unzählige Schüler und Lehrer, die allesamt Trikots anhatten oder einfach wie immer aussahen.

Völlig außer Atem, kamen wir bei den Treppen an. >Such schon Plätze, ich komm dann gleich.< Sam nickte vielsagend. Grinsend verschwand ich um die Ecke, auf dem Weg zu den Umkleiden der Footballer. Mein Herz hämmerte in der Brust, was wohl daherkam, dass ich vorher gerannt bin wie eine Irre. Okay, tief durchatmen.

Nach drei tiefen Atemzügen, machte ich mich wieder auf dem Weg. Einfach dem Geruch folgen, dachte ich mir. Ich spürte ein bisschen die Nervosität, aber das war zum Glück auch alles. O Mein Gott, ich treffe mich gleich mit Isaac Stone! der Footballstar schlecht hin... nach Ayden. Er war ebenfalls ein Runningback, und kongruierte gerne mit Ayden, trotzdem lieferten sie zusammen immer ein grandioses Spiel. Heute werden sie die Karos auf jeden Fall fertigmachen!

Genau, das ist mein Motivationsspruch für Isaac... und Ayden. Ich bog links ab und, wie zu erwarten roch es hier nicht gerade angenehm. Warum duschen Footballer eigentlich nie? Sogar unsere Schule roch schon in jeder Ecke nach Achselschweiß.

Ich ging nach ganz hinten durch und wollte gerade die Tür öffnen, aber das wurde mir schon abgenommen. Ein verwirrter Ayden stand vor mir. >Ronnie, was machst du denn hier? Nicht, dass ich mich nicht freuen würde, aber... wieso?< Das letzte Wort sagte er schon etwas misstrauischer. Ich zuckte nur mit den Achseln. >Ich wollte mal vorbeischauen und dir viel Gläck wünschen. Wo wolltest du überhaupt hin?< Jetzt wirkte Ayden ertappt und kratzte sich am Nacken. >Ähm,... Gwen wollte sich noch mit mir treffen... < Ich fing an zu lächeln. >Toll!< Und boxte ihn auf die Schulter. >Na dann, will ich dich nicht länger aufhalten.< Er lächelte, aber es veränderte sich schnell. >So, und zu wem wolltest du jetzt? Nicht zu mir, das weiß ich.< Ich rollte mit den Augen. >Das wird dir Sam schon erzählen. Triff du dich jetzt schnell mit Gwen.< Er lachte. >Du hast Recht. Wir sehen uns!< Dann gaben wir uns die Ghettofaust und sagten: >Go Vikings!< Ayden war zum Glück nicht so hartnäckig wie Sam, der solange wartete, bis er endlich eine Antwort kriegte.

Ich schaute mich um, und erntete meistens verwirrte Blicke von den Jungs, die es aber nicht zu stören scheint, wenn ein Mädchen sie halbnackt sieht. Schön, ist mir ganz recht.

Als ich schon seinen Namen rufen wollte, erschien er plötzlich aus einer Ecke, o- oh- ohne T-Shirt. Mein Gott, ist das ein Waschbrettbauch. Wie oft er wohl ins Fitnessstudio geht? Fünfmal in der Woche? Bevor ich anfing zu sabbern, schaute ich lieber schnell in sein Gesicht. >Hey.< Er lächelte mir zurück und deutete mir, dass ich zu ihm kommen soll. >Du bist gekommen.< >Natürlich, hab ich doch gesagt.< Ehrlich gesagt wäre ich jetzt lieber woanders, aber das Leben ist kein Wunschkonzert und wenn dich ein süßer Typ sprechen will, dann machst du das verdammt nochmal wo er es will (Bloß nicht auf Toiletten).

Er setzte sich hin. >Ehrlich gesagt, hat Sean gemeint, ich soll dich hierher bestellen, aber ob das so eine gute Idee war... < Ich lachte nur und verschränkte die Arme. >Nicht die beste, aber immerhin ein Anfang.< Er schaute lächelnd zu mir hoch. >Es ist schön, dass du gekommen bist, auch wenn- na ja, die Umstände etwas anders hätten sein können.< >Tja, man kann es sich nicht aussuchen.<, sagte ich. >Bist du doll aufgeregt?<, fragte ich ihn. >Ob ich aufgeregt bin? Immer!<

Ob ich ihn mal fragen sollte, dass er wie Scott Eastwood aussieht? >Aber ich denke, heute gewinnen wir das Ding.< Ich nickte zustimmend. >Obwohl es mir vielleicht besser geholfen hätte, wenn du meine Nummer, statt Aydens Nummer auf dein T-Shirt gedruckt hättest.<, sagte er leicht ironisch. Ich schaute grinsend an mir hinunter. >Das nächste Mal, werde ich deine Nummer tragen.<, versprach ich. Ich schaute wieder auf und sah in das schönste Lächeln, was ich je gesehen habe... zu schön. >Abgemacht.<

Er stand wieder auf und gab mir einen Zettel und Stift. Fragen schaute ich darauf. Wollte er jetzt ein Autogramm von mir? Er bemerkte, dass ich nicht wusste, was er wollte, also sagte er: >Gib mir deine Nummer.< Ich blickte zu ihm auf. >Wirklich?< Was für eine dumme Frage; natürlich will er deine Nummer, sonst hätte er nicht gefragt!

Er lachte auf. >Ja, unbedingt.< >Okay.<, sagte ich wieder mit diesem beschissenen Grinsen. Was ist bloß los mit mir? Bevor ich es mir noch anders überlegte, kritzelte ich schnell meine Nummer hin. Er steckte den Zettel in seinen Beutel.

>Hey, Newton, der Couch will uns nochmal sehen!<, sagte irgendein Junge, den ich nicht kannte. Vielleicht jemand aus der Oberstufe. Isaac nickte. >Okay, das war kürzer als ich gedacht habe, aber es war trotzdem schön.< Ich nickte, natürlich grinsend. >Ich wünsch dir viel Erfolg und natürlich deinem Team auch.< >Danke.< Dann verschwand er lächelnd.

***

>Und, wie war's?<, brüllte Sam, als ich mich durchboxte zu ihm. Die Meute wurde lauter, das hieß, das Spiel beginnt gleich. >Toll!< Sam piekte mir in die Seite und gab mir mit seinem Blick zu verstehen, dass wir später darüber sprechen.

Die Leute wurden immer lauter und die Footballspieler liefen aufs Feld, in der Mitte stand ein Mikrofon. Es war immer ein wundervoller Anblick, die Spieler aufs Feld laufen zu sehen, in ihrer ganzen Pracht und in ihren Leggings.

Ja, das wird auf jeden Fall ein spannendes und grandioses Spiel!

Ich wünsche allen noch schöne Ferien😊❤ (also die, die Ferien haben)

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