Quattro
Seattle
"Wie geht's ihr? Wie macht sie sich in der Schule?", hakte ich nach und blickte der Frau in die Augen, die ich mit 18 Jahren zu lieben geglaubt hatte. Nun wusste ich, dass ich es niemals getan hatte. Aurora hatte mich des besseren belehrt und mir gezeigt, was Liebe eigentlich bedeutet.
Der Gedanke an sie war unerträglich und ich biss mir automatisch meinen Kiefer fester zu während sich mein Herz so anfühlte als würde es in tausend Stücke zerbrechen.
"So wie es einem Mädchen gehen kann, welches Trisomie 21 hat...Sie hat ihre Erzieherin gebissen also kannst du dir vorstellen wie sie sich macht", antwortete Alice bereits genervt von unserem Gespräch. So verlief es jedes Mal, wenn ich sie sah, obwohl das nur bis zu vier Mal im Jahr der Fall war, da sie mich so gut wie nie treffen wollte.
Calista, meine wunderschöne Tochter, hatte ich insgesamt zwei Mal in ihren sieben Jahren getroffen und da war sie noch so jung, dass sie sich nun nicht mehr an mich erinnern konnte.
Alice ließ nicht zu mich mit meiner eigenen Tochter bekannt zu machen, also blieb mir nichts anderes übrig als sie aus der Ferne zu beobachten und zu beschützen.
Ich konnte es Alice aber auch nicht übelnehmen. Ich hatte sie mit 18 geschwängert und hatte mich dann mit Jordan aus dem Staub gemacht. Ich war noch nicht bereit für ein Kind gewesen. Ich war selbst noch eins.
Jordan und ich waren auf uns allein gestellt, ohne Geld, ohne einem wirklichen Dach über unseren Köpfen.
Wie hätte ich mich so um ein Neugeborenes kümmern sollen?
Zwar war es keine Entschuldigung für mein Handeln, aber ich war noch jung und in Panik geraten. Abhauen schien damals die beste Lösung zu sein.
Ich nickte und nahm einen Schluck von meinem Kaffee.
"Was hat die Erzieherin gemacht, dass sie verdient hat gebissen zu werden?", scherzte ich, woraufhin Alice ihre Augen rollte.
"Keegan, du weißt, dass ich mich nur wegen dem Geld mit dir treffe. Also zögere es bitte nicht länger heraus", kam es bissig von ihr als sie mich mit ihrem kalten Blick beäugte.
Ich räusperte mich bevor ich niedergeschlagen nickte.
"Natürlich, Entschuldigung", antwortete ich während ich das Kuvert mit dem Geld rausnahm und es ihr überreichte.
Sie öffnete es und überprüfte, ob es der abgemachte Betrag war.
Ich übergab ihr bei jedem unserer Treffen, um die 3000 Dollar damit sie sich ohne Geldprobleme, um Calista kümmern konnte.
"Es ist alles drin", kommentierte ich und dieses Mal nickte sie.
"Mama!", rief eine Kinderstimme und beide unserer Köpfe schnappten in die Richtung.
Calista hielt die Hand von Joffrey, dem Ehemann von Alice, und hatte ein breites Grinsen im Gesicht. Sie standen auf der gegenüberliegenden Straße und warteten auf Alice.
Mein Herz ging auf als ich meine Augen auf meinen kleinen Engel legte und ich konnte nicht anders als traurig zu lächeln. Traurig, weil ich sie nicht in meinen Armen halten konnte. Traurig, weil sie mich nie 'Papa' nennen würde und traurig, dass ich daran nichts ändern konnte.
Und als ich sie so stehen sah wurde mir eins bewusst.
Ich bereute es nicht Dante verraten zu haben.
Ich bereute es nicht meine Seele verkauft zu haben und meine Liebenden unter den Zug geworfen zu haben solange es meinem Engel gut ging.
Hätte ich nochmal die Wahl gehabt zwischen dem Leben meiner Tochter und Dante, so würde ich jedes Mal das Erstere wählen.
Für keinen geringeren Preis hätte ich ihn verraten. Er war wie ein Bruder für mich und obwohl es unglaublich schmerzhaft für mich war, das zu tun, war es mir Wert solange meine Tochter lächeln konnte.
"Ich muss jetzt los. Tschüss Keegan", verabschiedete Alice sich und stand auf, ohne mir in die Augen zu sehen.
"Machs gut", antwortete ich, wobei ich noch mein kleines Mädchen ansah.
Immer noch grinsend winkte sie mir, einem Fremden in ihren Augen und ich tat es ihr mit einem schweren Herzen nach.
Nachdem sie gegangen waren, blieb ich noch im Café sitzen und trank meinen Kaffee aus.
Auf dem Weg in meine Wohnung, klingelte mein Handy. Es war Gavin, einer der Anwälte von Dante und Vincenzo.
Alles was mit Dante und seiner Verhaftung zusammenhing ging erst mal durch mich. Ich hatte ihn da reingebracht, also war das mindeste was ich machen konnte, alles von außen so zu lenken, dass es ihm da drin einigermaßen gut ging.
Er wurde durch mich von der Einzelhaft entlassen und ich hatte die Gefängniswärter bestochen, damit sie ihn in den selben Block wie Vincenzo taten.
Dante und Vincenzo wussten nichts davon und das war auch besser so, ansonsten hätten sie die Anwälte niemals angenommen, die ich davon überzeugt hatte, sie zu vertreten.
"Ja?", sprach ich mit flauem Magen in den Hörer.
"Herr Brent? Wir haben ein Problem", kam es von der anderen Seite des Telefons zurück.
Fuck.
Ich lief verzweifelt und wutentbrannt zugleich auf und ab.
Schlaf war für mich gestrichen und unglaubliche Kopfschmerzen angesagt. Mir war regelrecht schlecht und seitdem Anruf konnte ich nicht ruhig sitzen.
Frustriert schmiss ich das Whisky Glas auf den Boden. Es zerschmetterte auf dem Parkett und die gold-braune Flüssigkeit breitete sich aus.
"Fuck!", schrie ich und fuhr mir durch die Haare.
Ich würde ihn nicht sterben lassen. Ich hatte genug scheiße angerichtet. Mein Bruder war ein Flüchtender vor der gesamten Polizeigewalt Amerikas, Dawn unauffindbar, Angelo ohne Geld, um für seine Mutter zu sorgen, Vincenzo im Knast und Aurora...Gott Aurora...
Ich konnte mich nicht mehr halten und fiel auf die Knie, direkt in die Pfütze aus Alkohol.
Meine Kehle schnürte sich zu und Schluchzer entwichen mir.
Ich würde ihn nicht sterben lassen und wenn es das Letzte war, was ich tat!
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