Twenty-eight.

Zunächst möchte ich mich einmal dafür entschuldigen, dass ich solange kein neues Kapitel geschrieben habe.

Ich bin momentan sehr viel im Stress und wenn ich mal zu Hause bin, habe ich oft nicht den Kopf zum Schreiben. 

Trotzdem werde ich jetzt wieder versuchen öfters zu updaten.

Harry stellt sich die Schachtel auf den Schoss, streicht mit seinen langen Fingern über die dort drin stehenden Briefe. 

Ohne mich anzusehen, beantwortet er die im Raum stehende Frage. "Ich habe sie gesehen, als du gestern Abend kamst. Aber wenn ich ehrlich bin, hatte ich schon vorher die Vermutung."

Er scheint unsicher zu sein, was er nun tun oder sagen soll. Gedankenverloren mustert er eines seiner Schriftstücke, überfliegt die Worte die er selbst einmal geschrieben hat. Auch ich weiß nicht genau, wie ich mit dieser Situation umgehen soll. Weder aus seinen Gesichtszügen, noch aus seiner Stimmlage kann ich erschließen ob er etwas dagegen hat, dass ich die Briefe besitze, oder nicht.

Meine Hand lege ich auf seine, welche gerade ein weiteres Blatt hält. Im Gegensatz zu mir ist er immer so warm. Seine raue Haut stört mich auch nicht, ist sie doch ebenso ein Teil von ihm, wie alles andere. Leise, besorgt ich würde ihn aus tiefgehenden Gedankengängen reißen, frage ich nach, wieso er denn schon vorher  die Vermutung gehabt hatte. 

Harry befeuchtet seine Lippen mit seiner Zunge, bevor er mich ansieht. "Ich weiß ja nicht, wie viel du schon gelesen hast. Aber während meiner Flucht, da muss ich wohl zwischendurch ohnmächtig gewesen sein. Ich weiß nicht mehr viel, nur dass ich lange nicht gegessen und getrunken hatte. Jedenfalls bin ich irgendwann aufgewacht, jedoch ohne meine Habseligkeiten. Natürlich dachte ich erst, dass ich beklaut wurde, bis mir eingefallen ist, dass vermutliche amerikanische Soldaten mich gefunden hatten."

Seine Hand löst er aus meiner, spielt damit an dem ausgefransten Kartonecken rum. Der Blick des Brünetten hat sich ebenfalls auf die Kiste, in seinen beinen, gerichtet. Ich unterbreche ihn nicht, als er anscheinend überlegt was er als nächstes sagen könnte.

"Ich weiß bis heute nicht genau was passiert ist. Aber ich denke, dass sie gedacht haben müssen ich wäre tot, und die Briefe und alles andere was ich dabei hatte, meiner Familie zukommen lassen wollten. Und anscheinend lag ich da gar nicht so falsch." Ein flüchtiger Schmunzler legt sich auf sein Gesicht.

"Wenn du es nicht willst, dann werde ich nicht weiter lesen, Harry. Ich könnte das verstehen." 
Seine Brust hebt und senkt sich einmal schwer, woraufhin er laut Luft ausstößt. Mit der linken Hand fährt er sich durch die Haare, nu rum diese direkt wieder an den Karton zu legen. Seine grünen Augen huschen von dem Gegenstand zu mir und wieder zurück. Unschlüssig holt Harry noch einen Brief heraus, liest sich kopfschüttelnd die ersten Zeilen durch und steckt ihn wieder zurück.

Ich glaube schon, dass er nun aufstehen wird und alles aus dem Fenster kippt, da drückt er mir diese so unscheinbare und doch so kostbare Kiste in die Hand. Gerade öffne ich meinen Mund, möchte fragen, ob das wirklich in Ordnung geht, als er einfach seine Lippen auf meine legt.

Ich vertiefe den Kuss, stelle die Briefe zur Seite, um meine nun freien Hände um seinen Nacken zu legen und ihn so näher an mich zu ziehen. Das Kribbeln in meinem Bauch und das Rasen meines Herzens bestätigen mir nur noch einmal, dass er die richtige Entscheidung gewesen ist.

Es mag ein holpriger und beschwerlicher Weg mit Harry sein. Wir werden fallen und rasten müssen, aber wir werden uns gegenseitig aufhelfen und weiter gehen. Wenn ich seine grünen Augen glänzen sehe, wenn ich seine große raue Hand in meiner halte, seinen heißen Atem auf meiner Haut spüre oder seine braunen Locken meinen Nacken kitzeln, dann bin ich mir sicher, dass ich diesen Mann mehr liebe, als ich je jemanden geliebt habe.

Mit einem Lächeln auf den Lippen löse ich mich von ihm, lege meine Hand auf seine Wange. 

"Danke, dass ich die Briefe behalten darf. Das bedeutet mir sehr viel, wirklich. Aber ich hoffe, dass du auch über all das was dir passiert ist, irgendwann mal reden kannst. Ich weiß, dass du dich nicht erinnern möchtest und ich kann verstehen, dass es schmerzvoll ist, aber ich sehe doch was für eine Last du mit dir trägst." Kurz ziehe ich meine Mundwinkel nach oben, streiche die weiche Haut unter meinen Fingern, bevor ich sie sinken lasse.

Harrys Lippen trennen sich leicht, nur um sich sofort wieder zu schließen. Er steht auf und erst als er schon in der Zimmertür steht, sagt er knapp, dass es nichts zu bereden gäbe. Bevor ich überhaupt die Chance habe etwas zu erwidern, verschwindet er aus der Wohnung.

Ich bin hin und her gerissen, weiß nicht ob ich ihm folgen soll oder ihm seine Ruhe geben. Ich versuche rational zu denken, doch dass ich nicht weiß, wohin er gehen könnte, treibt mich in den Wahnsinn. Schnell werfe ich mir einen Mantel über, renne die Treppen so schnell ich kann herunter und entdecke seinen großen Körper, der gerade an der nächsten Kreuzung abbiegt. 

Noch einmal beschleunige ich mein Tempo, verlangsame es aber abrupt. Die Neugier überkommt mich. Würde ich ihn jetzt aufhalten, würde ich nie erfahren, wo er hingehen wollte. Doch könnte ich ihm unauffällig folgen, gäbe mir das die Möglichkeit, vielleicht mehr über den neuen Harry zu erfahren. Möglichst leise folge ich ihm mit großem Abstand.

Ein paar Minuten laufen wir durch das Viertel, biegen und wieder ab. Die Häuser werden zunehmend schäbiger, ebenso die Menschen. Vor einer baufälligen Lagerhalle bleibt der Brünette plötzlich stehen. Ich presse mich an die Hauswand hinter mir und versuche unauffällig um die Ecke zu luken.

Nachdem Harry geklopft hat, dreimal, wird ihm die grüne Metalltür geöffnet und er tritt ein. Leise verfluche ich mich, sehe ich doch keine Möglichkeit dort unbemerkt rein zu kommen. Was auch immer dadrin ist, die Leute kennen sich sicherlich und lassen keine wildfremde Frau hinein.

Ich biege in die Seitengasse ein und gucke durch ein kleines Fenster, dessen Glasscheibe bereits von einem Spinnennetz artigen Riss durchzogen ist, kann aber leider nicht viel erkennen. Nur schemenhaft sehe ich, wie ein paar Männer sich in der Halle unterhalten oder rumlaufen. In der Hoffnung ein besseren Guckloch zu finden, laufe ich einmal um das Gebäude herum, bis ich fündig werde.

Das Fenster ist weiter oben, weshalb ich mich auf die Zehenspitzen stellen muss und deshalb auch gerade die Köpfe und nichts davon unterhalb, sehen kann. Wenigstens werde so auch ich nicht erkannt. 

Die Gesichter sagen mir alle nicht wirklich was, kennen tue ich diese Männer auf jeden Fall schon einmal nicht und auch Harry kann ich nicht finden. 
Nach einigen Minuten höre ich lautes Rufen. Auf der Suche nach der Geräuschsquelle, kann ich einen Kreis entdecken, den einige der Kerle gebildet haben. Einer steht genau in der Mitte davon. 

Von einem neben liegenden Raum öffnet sich die Tür, aus der Harry tritt. Sein Shirt hat er anscheinend ausgezogen.

Deutliche Verwirrung muss sich auf meinem Gesicht abzeichnen, als ich beobachte, wie mein Freund in den Kreis tritt. 
Was haben die nur vor?

Wieder einmal verfluche ich meine schlechte Sicht, da ich nicht mehr erkenne als ein paar Köpfe die sich hin und her bewegen. Eine Faust trifft Harry im Gesicht. 

Um nicht erschrocken aufzuschreien, halte ich mir meine Hand vor den Mund. Wieder kriegt der Brünette eine mit und keiner um ihn herum scheint ihm helfen zu wollen.

Erst jetzt wird mir klar, was die da veranstalten. 

Nachdem Harry sich wieder gefangen hat, folgt ein schneller Schlagaustausch der beiden Gegner. Ich verstehe nicht wirklich viel vom Boxen und vor allem kenne ich nicht die Regeln von Streetfights, aber nach meinem Urteilsvermögen scheint Harry, trotz seines viel kräftigeren Körpers, zu verlieren. Blut läuft aus einer Wunde über seinem Auge herunter, welches so weit ich erkennen kann bereits geschwollen ist. 

Ein Kinnhaken, lässt ihn zu Boden stürzen. 

Scheiß drauf, dass er weiß, dass ich ihn verfolgt habe. Ich renne zur Eingangstür und hämmere panisch dagegen. In der Halle wird es ruhig aber niemand kommt um mir zu öffnen. Ich erinnere mich daran, wie Harry zuvor rein gekommen ist und klopfe dreimal.

Nach nur wenigen Sekunden schwingt die Tür auf, ein bulliger Kerl steht mit verschrenkten Armen vor mir. Missbilligend mustert er mich, bevor sich ein dreckiges Grinsen auf seine schmalen Lippen streicht. Meinen Blick löse ich von der Fratze vor mir und lege ihn auf den Hintergrund, wo ich Harry am Boden erkenne. 

"Ich muss hier rein." Ich versuche möglichst bestimmt zu wirken, doch zittert meine Stimme trotzdem. Humorvoll lacht der Mann vor mir, stellt sich mir nur noch mehr in den Weg. 

Verzweifelt sehe ich wieder hinter ihn, dann in sein Gesicht. "Ich bin Harrys Freundin und ich muss zu ihm. Jetzt."

Wieder scheint er nicht zu regieren. Der Ruf eines Kameradens, er solle mich doch einfach rein lassen, scheint ihn jedoch zu überzeugen. An ihm vorbei eile ich zu Harry, welcher gerade dabei ist sich auf seine Knie aufzurichten. 

Wütend dränge ich mich durch die Traube um ihn, greife ihm unter die Arme, um ihm aufzuhelfen. Wie ich es hätte erwarten müssen, wehrt Harry sich gegen meine Hilfe und schubst mich mürrisch von sich. Seufzend sehe ich zu, wie er sich auf die Beine zwingt und etwas Blut auf den Boden spuckt. 

Mir würdigt er keinen Blick, sondern wendet sich sofort wieder an seinen Gegner. "Komm, noch eine Runde. Alles nichts."  Auffordernd hebt Harry seine Hände und ballt diese zu Fäusten, doch werde ich garantiert nicht zulassen, dass er noch mehr verletzt wird. Ich stelle mich zwischen die Beiden und werfe sowohl seinem Gegner, als auch meinem Freund einen giftigen Blick zu. Männer sind solche Idioten. Verletzen sich gegenseitig nur um zu gucken wer die größeren Eier hat.

"Harold Edward Styles! Du wirst auf keinen Fall in deinem Zustand weiter kämpfen." Meinen Worten verleihe ich mehr Ausdruck indem ich meine Arme in meine Hüften stütze. Dies scheint doch bei niemanden wirklich Eindruck zu schinden, da ich kurz darauf von zwei großen Händen aus der Mitte gezogen werde. Verzweifelt versuche ich mich aus dem festen Griff zu wenden, als der Kampf weiter geht.

Dass es Harry nicht einmal interessiert, dass ich von irgendeinem fremden Typen festgehalten werde, facht die Wut in mir nur mehr an. Für jeden Schlag den er einstecken muss, würde ich ihm gerne auch eine reinhauen.

Es ist grausam zu sehen zu müssen, wie er anscheinend chancenlos gegen den viel besseren Boxer kämpft. Nur selten kann Harry einen Treffer setzen, fängt sich dafür aber einige sowohl in der Magengegend, als auch im Gesicht. Erst als sein Gesicht bereits furchtbar entstellt aus sieht, er Blut spuckt und sich kaum noch aufrecht halten kann, bricht einer der Zuschauer den Kampf ab und gibt bekannt, dass sein Gegner gewonnen hätte. 

Ziemlich angepisst verlässt der Brünette den Kreis und geht in Richtung der Tür, aus der er zuvor gekommen war. Schnellen Schrittes folge ich ihm in die, wie es sich heraus stellt, Kabine. Wenn man es so nennen kann. Eine kurze Bank, die gerade Platz für zwei Personen bietet steht gegenüber von einer Stange, die zum Kleider aufhängen dient. 

"Das ist deine Schuld! Du hast mich abgelenkt!" "Wieso machst du sowas idiotisches?!"

Gleichzeitig werfen wir uns Vorwürfe an den Kopf, während er nach seiner Trinkflasche greift. Als er trinkt, nutze ich die Chance, dass er mir nicht ins Wort fallen kann. "Sieh dich nur an! Wie kommt man auf die Idee, sich verprügeln zu lassen? Und wieso hörst du nicht auf, wenn du am Boden liegst?! Sieh doch nur, wie der dich zugerichtet hat!" 

Tränen steigen mir bei dem Anblick in die Augen. Ich möchte wütend auf ihn sein, aber meine Besorgnis überwiegt einfach. Für sein dummes Verhalten hätte er eigentlich noch eine Tracht Prügel verdient, aber in solch einem Zustand sollte ich ihn nicht noch mehr verletzen. Seufzend entschuldige ich mich für meinen Ausraster und greife nach einem Handtuch.

Ich drücke Harry auf die kleine Bank, auf die er sich widerwillig setzt und seinen Kopf in den Nacken legt, damit ich ihn verarzten kann.

Hin und wieder verzerrt er das Gesicht, wenn ich wohl etwas zu grob die Wunden reinige. Mit einem Hab dich nicht so oder Grade hast du auch nicht so gejammert, tue ich das allerdings ab.

Auch als das ganze Blut weg ist, sieht er noch schlimm aus. Ein Cut klafft an seiner linken Augenbraue, das selbe Auge ist beinahe vollständig zu geschwollen. Das Blut aus seiner Nase tropft weiter auf den Boden. 

Schnell suche ich Taschentücher heraus und gebe sie  ihm, damit er die Blutung stillen kann. Viel mehr kann ich ihm hier auch nicht helfen. Auf meine Bitten zum Arzt zu gehen, antwortet er nicht. Erst jetzt fällt mir der Verband an seiner Hand wieder ein, welcher mittlerweile rot anstatt weiß ist. Die Wunde muss wieder aufgerissen sein, während des Kampfes. 

Ich schmeiße dem Idioten seine Kleidung zu, bevor ich eilig die Halle verlasse. Kurz darauf folgt er, scheint noch immer nicht gut auf mich zu sprechen. Den Heimweg über muss ich mir anhören, wie ich ihn doch blamiert hätte und abgelenkt und wie er sich dort nie wieder blicken lassen könnte. Darauf antworte ich nur mit einem knappen Gut so. Schließlich will ich auch nicht, dass er da je wieder hin geht.

In seiner Wohnung angekommen, bitte ich ihn abermals zum Krankenhaus zu gehen, doch stellt er sich auf stur. Was ein Dickkopf.

"Harold, wage es nicht mich zu ignorieren, wenn ich dir helfen möchte." Er dreht mir seinen breiten Rücken zu und blickt in den Kühlschrank. 

Wütend beobachte ich ihn dabei, wie er sich ein Brot schmiert und etwas trinkt, mich weiterhin nicht ansieht.

"Ich bin gerade Mal einen Tag hier und du behandelst mich schon so? Sein kein Kind, Harold, verdammt nochmal!" 

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top