Thirty-five.
Noch einmal streiche ich den grauen Rock glatt und stecke meine Bluse hinein. Meine Haare habe ich mir zu einem strengen Dutt gebunden.
Auch Samuel und Joanne, sowie Harry haben für heute ihre besten Sachen herausgesucht. Ich möchte einen guten Eindruck vor dem Gericht machen.
Nachdem Dean mir gedroht hatte, ging alles ziemlich schnell. Nur zwei Tage später haben Harry und ich die Kinder abgeholt. Natürlich nicht ohne, dass es noch einmal zu einer hitzigen Diskussion mit meinem Exmann kam.
Beinahe zeitgleich mit dem Abschicken der Scheidungspapiere kam eine Gerichtsvorladung per Post. Zunächst soll der Vertrag geprüft werden, wird dieser als ungültig erklärt bestimmt das Gericht über das Sorgerecht.
Während Dean wahrscheinlich seine ganze Kanzlei auf diesen Fall angesetzt hat, haben wir lediglich Daniel an unserer Seite. Zu fünft betreten wir das imposante Gebäude.
Mit jeder Minute die wir in der großen Eingangshalle warten müssen steigt meine Nervosität. Harry scheint dies zu bemerken und schließt mich in seine Arme. Seine Nähe gibt mir Kraft. Ich bin so froh, dass er sich für heute extra frei genommen hat um dabei sein zu können. Alleine würde ich das hier nicht durchstehen. Und nicht nur das. Harry hat für mich seit gestern weder geraucht, noch getrunken. Mir ist klar, dass er vermutlich heute Abend wieder weitermachen wird, aber wichtig ist, dass er jetzt seriös und zurechnungsfähig ist.
Hallende Schritte ertönen, was mich dazu veranlasst meine Augen wieder zu öffnen. Mit erhobenem Kopf kommt Dean die Treppen hinauf. Natürlich nicht alleine. Direkt neben ihm läuft eine großgewachsene, brünette Frau. Sie ist dürr und ihr Ausschnitt gleicht dem eines Mannes, doch am schrecklichsten ist ihr zu einem Grinsen verzogenes Gesicht, als sie mich erblickt. Drei andere Anwälte folgen Dean, als er an uns vorbei in den Gerichtssaal tritt und mich keines Blickes würdigt.
Er hat sich wirklich eine neue geangelt. Und dazu noch so ein Flittchen. Ihr Rock ging vielleicht bis zur Mitte ihrer Oberschenkel und ihre Bluse hatte sie bis zum Bauchnabel aufgeknüpft. Dazu kommt ihr schlecht gemachtes Make-Up und die stark gewellten Haare. Als wäre sie aus irgendeinem Porno entsprungen.
„Na kommt, es geht los.“ Noch einmal atme ich durch, bevor ich Samuel und Joanne an die Hände nehme und in den Gerichtssaal trete. Hier scheint es gleich um die zehn Grad heißer zu sein.
Unsicher folge ich Daniel, welcher selbst auch nicht viel Sicherheit ausstrahlt, und setze mich auf den Platz mit meinem Namensschild. Neben mir nehmen Harry und sein bester Freund Platz, während die Kinder sich zu einer Mitarbeiterin des Jugendamtes setzen müssen. Aufmunternd lächle ich ihnen zu, versichere ihnen, dass alles gut werden würde.
Nach nur wenigen Minuten kehrt Ruhe ein, als der Richter den Saal betritt. Kurz wandert mein Blick zu meinem Gegenüber, welcher mich siegessicher angrinst, bevor wir beide den alten Mann mit der albernen Perücke fixieren.
Nachdem alle Formalien abgearbeitet sind, beginnt einer von Deans Anwälten mit seinem Plädoyer. Außer tausenden von Fachbegriffen bringt er jedoch nichts zu Stande. Daniel hingegen macht seinen Job ganz gut.
Seine Nervosität hat er abgelegt sobald er aufgestanden ist und hält seitdem eine gut durchdachte Rede, wieso der Vertrag gültig sei.
All das Diskutieren geht schneller vorbei als gedacht, dafür erstreckt sich die Zeit, die sich der Richter zurückzieht, über Ewigkeiten. Während mein Exmann angeregt mit seinen Schoßhündchen redet, sitze ich schweigend neben Harry und maltraktiere seine Hand. Immer wieder flüstert er mir zu, alles würde gut werden. Wenn ich ihm doch bloß glauben könnte.
Nach bestimmt einer halben Stunde Warten, verkündet der Richter sein Urteil. Der Vertrag sei ungültig, das Sorgerecht solle jetzt ausgehandelt werden.
Zuerst wird Dean gebeten eine Aussage zu machen. Selbstsicher und fachgemäß erläutert er seine Sicht auf die Dinge. Dass er, als Vater ein Recht darauf hätte die Kinder zu erziehen. Dass ich und nicht er gegangen wäre. Dass Harry nicht in der „seelischen Verfassung“ sei Kinder aufzuziehen. Dass unser Wohnort nicht geeignet wäre und wir auch nicht genug Geld hätten. Des Weiteren würde es ihnen bei ihm an nichts fehlen, auch nicht an einer weiblichen Bezugsperson. Dabei wandert sein Blick kurz zu der brünetten Schlampe.
Allein Harrys fester Griff um mein Handgelenk hält mich davon ab auf der Stelle aufzuspringen und diesem Arschloch meine Meinung zu sagen. Als ich dann endlich auch dran bin, muss ich mich zurücknehmen um möglichst Vorbildhaft zu wirken. Ich erkläre, dass Dean fast nur arbeiten würde und sich nie viel um die Erziehung gekümmert habe. Er ist schließlich nur abends zu Hause. Zudem krame ich etwas aus, was ich eigentlich nicht mal erzählen wollte, mich jedoch dazu genötigt fühle. Hin und wieder rutscht ihm auch mal die Hand aus. Eigentlich nichts Weltbewegendes und auch nichts schlimmes, schließlich ist es in den meisten Schulen und Familien Gang und Gebe. Und doch hoffe ich, dass dies, und die Information, dass sein quasi Vater ein aggressiver alkoholsüchtiger ist, mir einen Vorteil verschafft.
Auch Harry und die Schlampe sollen aussagen. Natürlich schlägt sich die Brünette auf Deans Seite und rutscht beinahe auf ihrem Schleim aus, als sie erzählt wie toll und perfekt er doch als Vater sei. Harry scheint sich nicht ganz so wohl in seiner Haut zu fühlen, als alle Blicke auf ihm liegen. Nur knapp legt er dar, dass ich die Kinder mehr lieben würde und eine tolle Mutter sei und auch er gerne als Vater da sein wollen würde.
Zum Schluss sollen sich auch die Kinder zu alledem äußern, sich am besten gleich entscheiden zu wem sie wollen. Alle Augenpaare liegen auf den Beiden, gespannt und erwartungsvoll. Ich merke wie die Kleinen nervös und verunsichert werden, am liebsten würde ich sie auf den Schoß nehmen und sie beruhigen.
„Mom und Dad sollen sich nur wieder vertragen. W-wir wollen bei beiden sein.“
Mein Herz bricht in zwei, als ich Sams tränengefüllte Augen sehe. Wieso lassen die mich nicht zu meinem Baby?
Nachdem sich der Richter abermals eine Weile zurückgezogen hat, wird über unser aller Zukunft entschieden.
„Nach ausführlicher Beratung mit dem Jugendamt hat das Gericht im Sinne der Kinder entschieden. Samuel und Joanne Winchester werden bei ihrer Mutter leben. Dean Winchester wird dementsprechend Unterhalt zahlen müssen und ein Umgangsrecht für zwei Tage die Woche haben.“
Einen Freudenschrei ausstoßend umarme ich zuerst Daniel und dann Harry. Vollkommene Erleichterung überfällt mich, als ich meine Kinder in die Arme schließe.
Ich habe gewonnen. Wir haben gewonnen.
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