Prolog

Seliha

13 Jahre zuvor

„Du gehörst zu dieser Mafia", zischt Vater mir ins Ohr, zieht mich an meinen dunklen Haar auf die Beine und bringt mich dazu schrill aufzuschreien.
„Du bist Red Blood!", brüllt er weiter, schüttelt an meiner Schulter, als wäre es eins seiner beliebigen Spielzeuge. Nein, nein, nein. Ich kann das nicht.
Nicht mit meinen 7 Jahren. Ich will doch einfach nur weiter spielen.

Nach Hilfe suchend blicke ich zu meiner Mutter, welche ihren Blick schon längst abgewandt hat. Bin ich ihr egal? Ist mein Schmerz ihr egal? Erst heute morgen hat sie mit mir und meinen Puppen gespielt. Sie hat mich angelächelt und mit sogar erlaubt Schokokuchen zu essen. Wieso sieht sie mich nun nicht an? Wieso hilft sie mir nicht?

Ein Schluchzer verlässt meine Lippen, dann wage ich es meinem Vater wieder in die Augen zu schauen, doch er schaut schon längst auf den Ring in seiner Hand. Ein gefährliches Funkeln durchblitzt seine dunklen, monsterartigen Augen.

„Schwöre dieser Mafia," fängt er an zu reden, hält den Ring mit dem wunderschönen roten Rubin nun zwischen uns, während all die Mitglieder unserer Mafia in dem Saal verteilt stehen, „deinem Fleisch und Blut treue zu leisten. Du wirst kämpfen. Du wirst töten. Du wirst uns beschützen!"

Seine Hand gleitet von meiner Schulter zu meiner Hand, welche er nun schmerzhaft kneift, sodass ich ihm meine Finger präsentiere. Ich hab Angst. Ich will das nicht. Wieso macht er das? Ich dachte ich muss das alles tun wenn ich älter bin.
Ich kann das noch nicht. Ich will weiter mit Nevia auf der Rutsche spielen. Ich will nicht kämpfen. Ich will nicht töten.

„Schwöre alles dafür zu tun diese Mafia zu beschützen." Seine Worte kommen wie in Zeitlupe über seine trockenen Lippen, währende er mit gierigem Blick dem Ring folgt und wie er auf meinem Finger geschoben wird. „Dad bitte", weine ich leise, suche immer wieder seine Hilfe, doch das einzige wofür er Augen hat, ist die Klinge, welche auf dem kleinen Tisch neben uns liegt.

„Zeige uns deine Treue." Langsam geht er zurück und verschränkt seine Hände hinter seinem Rücken. In diesem Anzug und diesem Saal, sieht er aus wie einer der Mörder die er immer wegschickt un uns zu beschützen. Ich habe Angst vor ihm. Früher hatte ich Respekt, doch diese hat sich in bitterliche Angst verwandelt. Ich kann ihn nicht mehr als meinen Dad sehen.

Wo ist Mum? Wieder schaue ich durch den Saal, doch das einzige was ich zu Gesicht bekomme, ist Mamas Kleid und wie es aus der Tür schweift. Sie hat mich alleine gelassen.

Panik. Ich habe Panik. Doch als ich meine Finger um dem Griff des Messers spüre, weine ich erneut. Ich will niemanden töten. Ich kann das nicht. Bitte hilf mir Louie. Bitte. Tränen kullern meine erhitzen Wangen hinunter. Wieso sehen mir so viele zu? Sofort merke ich wie meine Atmung schneller wird. Doch ich kann sie nicht mehr kontrollieren. Wieso passiert das! Verwirrt packe ich an meine Brust, aber dennoch fühlt es sich an, als würde ich jeden Moment umfallen. Als würde mein Gleichgewicht jeden Moment zu Nichte gehen.

Verschwommen sehe ich die Gesichter der Wachen. Jedoch ist Louie nicht hier. Er ist wie immer nicht bei mir.

Doch ehe ich weiter nach meinem Bruder suchen kann, wird die große Tür zu diesem Saal aufgerissen und ein junger Mann mit zerrissenen Klamotten wird von zwei wachen hinein geführt. Ängstlich trete ich zurück, drücke das Messer stärker gegen meinen bebenden, schmalen Körper, da es das einige ist, was mich nun beschützen kann. Das einzige was mich retten kann.

„Bitte", schreit der Mann. Doch mit einem harten Ruck landet er direkt vor mir auf seinen Knien. Weinend drehe ich mich zu Vater um, doch sein gieriger Blick gilt nur dem Blut, welches aus den vielen Wunden des Mannes quillt.

Er weint so bitterlich, dass meine Angst durch Sorge ersetzt wird. Vielleicht braucht er Hilfe. Eine Umarmung will er bestimmt. Er hat Angst, so wie ich. Oder?

Schwer schluckend und wissend, dass ich die Liebe die ich nun benötige, nicht von meinem Vater bekommen werde, trete ich näher an den Mann heran. Seine Haare sind dunkel. Fast schwarz. Ich mag schwarz. Zwar ist die Farbe unserer Mafia rot, doch schwarz hat mich immer am meisten fasziniert. Ich habe meine Mutter angemeckert als sie meinte, dass ich heute ein dunkelrotes Kleid anziehen muss.

Der Mann hat schöne Augen. Schöner als meine. Meine sind braun. Doch seine sind heller. Kein schönes Grün, aber dennoch hübscher als meine. „Bitte weine nicht", flüstere ich mit zitternder Stimme und lasse meine Arme nun von meinem Oberkörper fallen, welchen ich kurz vorher schwer umklammert habe.

„Ich will das nicht", hauche ich weinend, wische mir völlig überfordert meine Tränen von den Wangen und sehe wie sich die Wut des Mannes in ein ruhiges Lächeln verwandelt. „Ich auch nicht." Er schaut zu Boden, lässt seine gefesselten Hände vor seine Brust sinken und schaut nun zu meinem Vater, der von hinten alles prüfend beobachtet.

„Manchmal müssen wir Dinge tun, die wir ohne Druck von anderen niemals getan hätten." Das verstehe ich nicht. Soll ich nachfragen? Was meint er mit diesem Satz? Doch ehe ich fragen kann, hebt er seinen kopf, schließt seine hübschen Augen und atmet ein letztes Mal tief ein und aus, bevor er seinen ganzen Körper entspannt. Als würde er sein grausames Schicksal nun akzeptieren.

Wieder drehe ich mich verzweifelt zu Dad um, doch sein strenger und vielsagender Blick durchbohrt mich förmlich. Ich muss das tun. Wenn nicht, wird er wütend sein. Er wird so böse wie noch nie auf mich sein. Das hat er mir immer und immer wieder erzählt. Aber als ich über diesen Tag nachgedacht habe, hätte ich niemals gedacht, dass ich soviel Angst haben werde. Ich würde lieber als er sterben.

Aus Angst, die Wut meines Vaters spüren zu müssen, festige ich den Griff um das Messer, stelle mich so dicht wie es nur geht an den Mann heran und schaue ihm zitternd auf seine schwitzige Stirn. Hat er vielleicht auch eine Tochter? Vielleicht könnte ich mal mit ihr spielen und sie Nevia vorstellen?

An den Gedanken endlich jemand neues kennenzulernen muss ich lächeln, doch dieses wird durch die Realität um mich herum sofort wieder zerrissen. Der Mann soll keine Schmerzen haben. Er darf nicht leiden. Ich will das nicht.

„Bitte schreie nicht", flüstere ich bittend, lasse meine dünnen Lippen auf seine Wange nieder und hinterlasse einen zarten Kuss auf ihr. „Es tut mir leid."

Das nächste was ich mich nun zwinge zu tun, ist die Kehle des Mannes so zu durchtrennen wie Vater es mich gelehrt hat.

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