~22~
Kageyama
Ein Klingeln saß in meinen Ohren fest und ließ alle anderen Geräusche nur noch dumpf und leise erscheinen.
Es war ein einziges Chaos. Geschrei, Gebrüll, Geweine. Noch ein Schuss!
Ich zuckte und schaute auf. Da meine Sicht verschwommen war, konnte ich nur schwer etwas erkennen und musste mehrfach blinzeln. Ich fühlte mich trunken, doch nach und nach setzten sich die Schemen zu etwas zusammen, sodass es ein Bild ergab.
Ein weiterer Schuss, der mich zusammen zucken ließ. Selbst nach Monaten im Krieg hatte ich mich nicht an dieses Geräusch gewöhnt. Ehrlich gesagt, war es auch nichts, woran ich mich gewöhnen wollte. Als ich aufsah, erblickte ich Kuroo, welcher mit gezückter Waffe vor uns stand und wohl für die Schüsse verantwortlich war.
Er war angespannt und schaute sich die ganze Zeit um, scannte die Umgebung, um sicher zu gehen, dass wir nicht mehr in Gefahr schweben.
Ich schluckte und drehte meinen Kopf umher, um die Situation
einzuschätzen. Ich hatte einen Schmerz gespürt, ehe ich für einige Sekunden weg war. Nun lag ich schwerfällig auf dem Boden.
Plötzlich erstarrte ich und meine Augen weiteten sich, mein Herz setzte einen Moment aus. Nein! Das konnte nicht sein!
>>Verdammt, Shittywaka, wach auf!<<, flehte Iawizumi und biss sich auf die Lippe.
Er lag nur regungslos da, seine Augen waren geschlossen und sein Kopf schlaff in meine Richtung gedrehte. Seine sonst so braunen Haare waren in einem tiefen Rot getränkt und seine Wange lag in einer Blutlache, die immer größer zu werden schien.
Iwaizumi hatte sich über ihn gestützt. Vermutlich hatte er ihn nach dem Schuss auf den Boden geworfen, um ihn vor weiteren möglichen Angriffen zu schützen. Nun lag seine Hand an der unbefleckten Wange, zitterte und streichelte nur ganz sachte über die Haut. Seine Augen waren ganz groß und die Angst stand ganz deutlich darin geschrieben.
>>Komm schon<<, bat er mit flüsternder Stimme. >>Mach die Augen auf... bitte!<<
Ich schluckte hart und streckte meine Hand aus, wobei ich mich aufrichten wollte. Ich wollte zu ihm. >>Papa!<<, rief ich im kratzigen Ton und zog meinen Oberkörper hoch, versuchte, zu ihm zu kriechen.
Da packte auf einmal wer meine Schulter und hielt mich zurück. >>Bleib liegen, wir wissen nicht, wie schlimm deine Kopfverletzung ist<<, ertönte Bokutos Stimme über mir.
Ich hatte ihn gar nicht bemerkt. Hatte er sich etwa auch über mich geworfen? War er schon die ganze Zeit dort? Sein Gewicht drückte mich wieder vorsichtig auf den Boden.
Da fielen mir seine Worte auf und ich zog die Augenbrauen zusammen. Langsam hob ich meine Hand und berührte meine Schläfe, ehe mich ein brennender Schmerz durchfuhr, sodass ich augenblicklich abließ. Von da an spürte ich den pochenden Druck in meinem Schädel und ich verzog das Gesicht.
Als ich meine Finger vor meine Augen hielt, sah ich wie ein roter Bluttropfen gerade dickflüssig hinab sickerte. Geschockt drehte ich mich wieder herum und versuchte, alles Geschehende zu realisieren. Was hier vor sich ging und was es bedeutete.
Dann wanderte mein Blick wieder zu meinem Vater und meine Augen brannten gefährlich. Mühsam streckte ich meine Hand erneut nach ihm aus, um ihn zu greifen, näher zu kommen. Irgendwas musste ich doch machen, statt bloß hier herum zu liegen und auf den Rettungswagen zu warten.
Da drehte Iwaizumi seinen Kopf in meine Richtung. Seine Augen waren glasig und trafen direkt auf meine. Es war uns beiden klar.
-
Hinata
Ich rannte sofort zum nächst gelegenen Krankenhaus, ohne meinen Eltern genaues zu erklären, aber ich konnte gerade an nichts Anderes denken, als zu Kageyama zu kommen. Ihm durfte nichts passiert sein. Es durfte einfach nicht!
Auf den Aufnahmen hatte man nichts genaueres erkennen könne und dann wurde die Übertragung abgebrochen. Das war der Moment gewesen, in dem ich einfach los gestürmt war. Rumsitzen kam nicht infrage. Ich musste wissen, was los war, wie es ihm ging.
Mein Herz raste und meine Hände waren ganz schwitzig. Die Hektik hinderte mich zum Glück daran, meiner Angst nachzugeben. Meine Gedanken waren voll, doch ich hörte nicht auf diese. Ich hatte ein klaren Ziel und zu diesem musste ich zuerst.
Als ich merkte, das sie nicht in dieses Krankenhaus gebracht wurden, machte ich sofort kehrt und rannte so schnell ich konnte zum nächsten. In diesem befanden sich sich glücklicherweise dann auch.
Es war leicht zu erkennen, denn es herrschte ein einziges Chaos. Menschen tummelten sich in Massen im Wartebereich und mehr als nur ein Kamerateam hatte sich hier ihr Lager aufgeschlagen. Es war erschreckend, wie überfüllt es war. Ich wollte gar nicht daran denken, was für ein Horror es für die Angestellten war, doch dafür hatte ich gerade eh keinen Kopf.
Mein Blick schweifte hin und her, aber ich konnte nichts erkennen. Stattdessen wurde ich permanent angerempelt und von vorbei laufenden Leuten herum geschubst. Mir blieb nichts anderes übrig, als mir einen Weg durch die Menge zu bahnen und mich durch diese viel zu übel riechenden Menschen zu quetschen.
Es war ein Kampf, doch ich schaffte es, durch zu stolpern, ehe ich an die gelbe Absperrung kam, die uns daran hinderte, weiter in den nächsten Bereich einzudringen. Mist! Hibbelig sah ich mich um und wollte an den Schränken von Wachen vorbeischauen, ehe mir ein Eulenkopf ins Auge sprang.
>>Bokuto!<<, rief ich und stellte mich auf die Zehenspitzen, wobei ich ihm hastig wank, um seine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.
Es klappte. Er schaute sich erst verwirrt um, ehe er mich erkannte und auf mich zu kam. Dabei deutete er mir an, etwas an die Wand weiter in der Ecke zu gehen. Selbstverständlich tat ich das, wobei ich mich an dem Absperrband festhielt.
>>Wie geht es ihm?<<, fragte ich sofort und blickte zu ihm mir großen Augen auf.
Er schluckte und schaute sich um, um sicher zu gehen, dass uns keiner zuhörte. >>Ich weiß es nicht<<, gestand er leise.
Die Angst packte mich nun doch und ich verstärkte meinen Griff, sodass sich das Plastik unter meinen Finger mehr spannte. >>Was heißt, du weißt es nicht?<<, fragte ich panisch und vielleicht wurde meine Stimme auch etwas dünn bei den Worten.
>>Ich kann dir nichts genaueres sagen, außer, dass die Ärzte sich gerade um ihn kümmern<<, murmelte er und schaute mich selbst aus unsicheren Augen an.
>>Und das heißt?<<, fragte ich weiter und fing langsam an, zu zittern. Dieses Gefühl hielt ich nicht aus. Es war unbeschreiblich, als würde mein Körper selbst nicht wissen, wie er reagieren sollte. Ich wollte einfach nur zu Kageyama, damit ich wusste, dass es ihm gut ging. Ich wollte wieder in seine Arme, in dem Wissen, dass alles bestens war!
>>Ich weiß es nicht, Shoyo<<, wiederholte er, nun aber etwas eindringlicher. >>Ich kann dir momentan auch nichts sagen.<<
Ich schluckte nur hart und leckte mir über die trockenen Lippen. Mein Herz donnerte immer wieder gegen meine Brust und ich krallte mich weiter in den Griff, um das Zittern zu unterdrücken. >>Dann lass mich zu ihm!<<, bat ich und schaute ihn aus hoffnungsvollen Augen an.
>>Das geht nicht.<<
>>Aber wieso nicht?<< Meine Stimme wurde immer dünner, da sich der Kloß in meinem Hals immer weiter vergrößerte und die Tränen immer schwerer zu zurück zu halten waren. Ich wusste, dass genau das meine Augen dennoch widerspiegelten.
Bokuto schüttelte den Kopf. >>Du würdest nur unnötig stören, hier ist gerade ein einziges Durcheinander<<, erklärte er, wobei er schwer ausatmete. Er sah ziemlich fertig aus.
>>Bitte!<<, wiederholte ich dennoch leise flehend. Ich musste einfach zu ihm! >>Ich will ihn nur sehen.<<
Doch ich bekam nur ein erneutes Kopfschütteln zurück. >>Das würde zu zu viel Aufmerksamkeit führen und wir können es gerade nicht gebrauchen, dass sich die Medien noch auf das Thema mit dir stürzen.<< Seine Stimme war entschuldigend, aber fest. Er wollte keinen Widerspruch.
Meine Augen brannten und ich spürte, wie sich die Tränen in diesen sammelten. Ich musste mir fest auf die Lippe beißen, damit ich ein Schluchzend verhinderte. Meine Brust krampfte sich zusammen und es schmerzte. Es tat so weh, die Sorge brachte mich um!
>>Du solltest jetzt besser gehen, Hinata<<, fügte er noch leise hinzu, ehe er sich umdrehte und, ohne mich noch einmal anzusehen, entfernte.
>>Nein, Bokuto, warte!<<, rief ihm ihm hinterher, um ihn zurück zu halten, doch entweder war es zu laut, oder er wollte mich nicht hören. Er verschwand wieder.
Niedergeschlagen löste ich meine Hände von dem Absperrband und senkte den Blick auf den Boden. Nun hielt ich die Tränen nicht mehr auf.
-
Iwaizumi
Wie gebannt starrte ich auf das grün leuchtende Schild über der Tür zum Operationssaal. Es war an, keine Ahnung wie lange schon, mein Zeitgefühl hatte sich getrübt. Es bedeutete, dass die Operation lief und Keiner, außer den behandelnden Ärzten, Zutritt hatte.
Ich fühlte mich wie in einem Sturm, doch gleichzeitig war es so ruhig. Ich war müde, würde aber eh kein Auge zu kriegen, würde ich mich jetzt hinlegen. Ich würde das Krankenhaus nicht verlassen, ich würde nicht von dieser Tür weggehen, nicht, bevor ich wusste, was mit Tooru war. Nicht, bevor ich ihn nicht nochmal gesehen habe.
Und da sah ich es wieder. Vor meinem inneren Auge spielte sich die Szene in Dauerschleife ab. Wie der Schuss fiel und in der Sekunde mein Herz zum Stillstand kam. Wie ich dennoch instinktiv und antrainierte handelte. Ich hatte mich sofort auf ihn geworden und über ihn geschützt. Hatte versucht, ihn abzuschirmen, doch es hatte nichts gebracht.
Ich war zu spät gewesen.
Die Kugel hatte ihn getroffen. Am Kopf.
Ich kniff die Augen zusammen und krallte mich in meine Haare, wobei ich fest die Zähne zusammen biss und mit aller Macht diesen gewaltigen Schmerz unterdrückte. Ich war nicht derjenige, der Schmerzen hatte, Tooru lag dort auf dem Operationstisch und kämpfte um sein Leben!
Ich hatte ihn nicht beschützen können...
Meine einzige Aufgabe hatte ich nicht erfühlt. Ich hätte besser aufpassen müssen. Ich hätte besser kontrollieren sollen. Ich hätte es bemerken müssen. Aber ich hatte es nicht!
Es war meine Schuld-
Ich hätte meinen Job besser machen müssen, dafür war ich doch ausgebildet! Deswegen hatte ich den Job doch überhaupt erhalten, weil ich gut in diesem war!
Doch ich hatte mich ablenken lassen. Statt die Umgeben um Auge zu behalten, wie ich es hätte tun müssen, habe ich mich in von meinen Träumereien umgarnen lassen. Statt durch die Menschenmenge nach verdächtigen Ausschau zuhalten, habe ich wie ein Trottel den König vor mir angestarrt, da das einfallende Licht sein Gesicht so perfekt umrahmt und seine Augen noch mehr zum strahlen gebracht hatte .
Das Braun hatte so golden Gewirkt und seine Haltung so edelmütig wie immer. Nur sein flüchtiger Blick in meine Richtung hatte mir verraten, dass er bereits wusste, was nach der Rede, hinter geschlossener Tür, passieren würde. Und für diese paar Sekunden, in denen ich dieselben Gedanken mit ihm geteilt hatte, war ich unvorsichtig gewesen.
Mein Herz krampfte sich zusammen und ich musste mich an die strahlend weiße Wand in meinem Rücken lehnen. Dennoch gaben meine Beine kraftlos nach und ich sank langsam zu Boden. Ich keuchte, da es sich anfühlte, als würde der Schmerz die Luft aus meinen Lungen drücken.
Den Anblick kann ich einfach nicht vergessen. So leblos, so schlaff. Das Blut umkreiste ihn wie ein bösartiges Wesen, was ihn mir rauben wollte. Es war, als würde er mir aus meinen Armen geklaut werden und ich konnte dabei nur zusehen.
>>Boss?<<
Überrascht hob ich den schwerfälligen Kopf und schaute einem meiner Bodyguards entgegen. >>Kuroo. Was gibt es?<<, fragte ich, wobei meine Stimme kratzig und vielleicht eine Spur zu belegt klang.
Das erkannte auch der Andere, denn er schluckte schwer, was seinen Kehlkopf hüpfen ließ. >>Die Presse und die Menschenschar haben wir soweit unter Kontrolle gebracht.<<
>>Gut.<<
>>Der Flügel hier wurde abgesperrt und das Personal auf die vertrauenswürdigsten und fähigsten Personen beschränkt.<<
Ich nickte wieder nur schwach. >>Gut gemacht.<<
Die zusammengepressten Lippen standen dafür, dass er mir nicht zustimmte, doch er widersprach mir auch nicht. >>Gibt es schon was Neues?<<, fragte er stattdessen.
Langsam schüttelte ich den Kopf. >>Nein, unverändert<<, antwortete ich rau. >>Wie es bei Tobio aussieht, weiß ich nicht, aber es ist auch keiner gekommen, um mir was Mitzuteilen.<<
Kuroo schluckte schon wieder. >>Okay, dann-<<
>>Geh nach Hause.<<
>>Was?<<
>>Du siehst müde aus<<, erklärte ich und zeigte auf sein Gesicht, auf dem sich tiefe Augenringe abbildeten. Sein Haar war auch noch zerzauster als üblich.
>>Aber-<<, setzte er an.
>>Was Anderes, außer warten, kannst du nicht machen, und das kannst du auch Zuhause tun. Hier sind genug Leute und ich, Bokuto oder Akaashi werden dir Bescheid geben, sollte sich etwas verändern. Momentan arbeitest du Überstunden, nimm dir jetzt eine Pause und schlaf dich aus.<<
Der Schwarzhaarige öffnete noch einmal seine Lippen, hielt aber inne und schloss sie dann doch wieder. Er nickte nur knapp. >>Verstanden<<, war alles, bevor er kehrt machte und durch die langen Flure verschwand.
Mein Blick wanderte wiederum erneut zur Tür und wartete; wartete auf eine Veränderung.
Tooru, du musst diesen Kampf gewinnen!
Bleib bei mir...
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Kapitel 22!
Viel haben ich hier nicht zu sagen xD
Ich hoffe nur natürlich, dass es euch gefallen hat!
Wir lesen uns beim nächsten Mal!
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