~18~

Kageymama

Ich ließ meine Wut an ihm aus, das war mir bewusst.

Ich wusste auch, dass es arschig von mir war, dies zu tun, doch ich brauchte es. Ich hatte diese Ladung Wut und Frust auf mir heraus bekommen müssen. Ich hatte das Gefühl, die Kontrolle wieder in meinen Händen zu halten, zurück bekommen müssen.

Der Bourbon in meiner Hand tat den Rest.

(Einige Stunden zuvor)

Ich fragte mich schon die ganze Zeit, wohin wir fuhren. Er hatte es mir gegenüber nicht verraten und so langsam wurde ich misstrauisch, denn wo sollten nur wir zwei hinfahren? Ein Vater-Sohn-Ausflug wurde es ganz sicher nicht. Er war der König – kein Vater.

Immer wieder musterte ich ihn unauffällig, ließ meinen Blick von oben bis unten gleiten. Den weißen Anzug mit dem grauen Jackett und der türkisen  Krawatte sah ich nicht oft an ihm, was mich noch etwas skeptischer werden ließ. Er sah zwar förmlich wie der König aus, aber dennoch nahbar. Warum wollte er diesen Eindruck vermitteln?

Ich hatte einen dunkelblauen Anzug an, da Yaku ihn mir heute bereit gelegt hatte und meinte, ich solle ihn tragen –  Anweisung des Königs. Ich hatte es mit einem Schnauben kommentiert und es nur im Stillen hinterfragt. 

Gelangweilt lehnte ich meinen Ellbogen an die Autotür des Rolls-Royce und schaute aus dem Fenster zu den vorbeifliegenden Bäumen, die sich mit der Zeit immer mehr gehäuft hatten. Meine Vermutung war mittlerweile, dass wir zu irgendeinem Anwesen fuhren, vermutlich welche die jemand Adligem gehört. Aber wer?

Mein Vater redete während der Fahrt nicht, sondern schaute nur konzentriert nach vorne. Ich hatte schon immer die Vermutung gehabt, dass er Reisekrank ist, aber das würde er wohl niemals zu geben. Nach weiteren acht Minuten waren wir an unserem Ziel.

Der Wagen fuhr eine lange, edle Einfahrt hoch, ehe er neben einem Springbrunnen hielt. Uns wurden die Türen geöffnet und wir stiegen aus. Ich sah mich um, bewunderte erst den Springbrunnen und dann das pompöse Haus, was wohl eher eine Villa war. Ich zog eine Augenbraue hoch, da ich es erkannte, aber davon ausging, dass es leer stand. Laut meines Wissens jedenfalls.

Mein Vater allerdings stand bereit vor der beeindruckend großen Tür und drückte auf die Klingel, die direkt neben dem Eingang war und sich im Maul eines steinernen Löwenkopfes befand. Als ich näher trat erkannte ich einen geschwungenen Namen auf dem Schild. Shimizu.

Verwirrt zog ich eine Augenbraue hoch und schaute meinen Vater mit einem Seitenblick an. Den Namen kannte ich gar nicht, aber die Familie musste ja Geld haben, wenn sie so ein Haus besaß und der König sich dazu aufraffte, ihnen eine Besuch abzustatten. Warum waren wir hier?

Kurz darauf öffnete sich die Tür schon und ein edel eingekleideter Diener bat uns herein. Er verneigte sich, während wir an ihm vorbei liefen und ich mich in der Eingangshalle umsah, die einen so großen Kronleuchter inne hatte, dass er fast mit dem unseren Konkurrenz machte. Ich staunte nicht schlecht. Waren sie etwa neureich oder so?

Fußschritte zogen meine Aufmerksamkeit auf sich und genau in dem Moment, indem ich meinen Kopf drehte, kam eine schwarzhaarige Schönheit aus einem der Zimmer. Sie war wohl der Grund unseres Besuches. Ihre graublauen Augen wirkten kühl, aber ausdrucksstark, ihr Haar war zu einem Dutt am Hinterkopf befestigt, wobei eine Strähne vorn wohl mit Absicht heraus fiel. Ihr Kinn zierte ein süßes Muttermal.

Mein Vater sprang gleich drauf an und breitete etwas seine Arme aus. >>Herzogin Shimizu, wie schön, Sie dass Sie es heute einrichten konnten<<, zwitscherte er und bot ihr seine Hand an, die die Dame sogleich in einer elegant sanften Bewegung ergriff.

Sie tauschten einige Floskeleien, die mich eh nur zum Kotzen brachten, ehe Shimizu zu mir kam. >>Prinz Tobio, es ist mir eine Freude, sie endlich persönlich kennenzulernen<<, säuselte sie und machte einen Knicks.

>>Die Freude ist ganz meinerseits<<, gab ich in meiner königlichen Manier von mir, wobei ich knapp meinen Kopf neigte. Die Frage, warum genau wir hier waren, kreiste aber immer noch in meinem Kopf herum.

Sie schenkte mir ein sachtes Lächeln, ehe sie uns weiter führte, bis wir in einen Essensaal kamen. Er war genauso edel und pompöse, wie alles andere. Sie hatten sich wohl an einem der Schlösser hier orientiert, jedenfalls wirkte es so. 

Meine Augen wanderten über die Wände, Verzierungen, und Fenster, ehe sie zum Tisch kamen und erst dort, das kleine, blonde Mädchen ausmachten. Es hatte einen Bob, wobei in ihrem Haar eine Perlenspange war, war dasselbe Pastellgrün aufwies, wie ihr seidenes Kleid. Ihr Gesicht aber hatte keinen sonders erhabenen Ausdruck. Nein, es war eingeschüchtert und ihre Zähne waren nervös in ihrer Unterlippe vergraben.

Shimizu stellte sich zu ihr. >>Darf ich vorstellen<<, begann sie, als sie ihre Hände auf die Schultern der Kleineren legte. >>Hitoka Shi-<<

>>Yachi<<, fiel sie plötzlich dazwischen. >>Hitoka Yachi, ich habe den Namen meines Vaters behalten<<, erklärte sie nun in leiser, aber etwas festerer Stimme, wobei sie einen Knicks machte. Der missbilligende Ausdruck ihrer Mutter entging mir dabei nicht.

Ich nickte auch ihr knapp zu. >>Freut mich!<<, erwiderte ich und nahm nach einer auffordernden Handbewegung Shimizus auf einem der Stühle hier im Raum Platz. Ich saß nun genau vor Yachi, die statt mir in die Augen zusehen, auf den Teller vor sich starrte und tat, als wäre sie gar nicht da.

Verwundert zog ich eine Augenbraue hoch, kommentierte es aber nicht. Komisches Mädchen, konnte mir aber egal sein, solange sie mir nicht auf die Nerven ging. Meine Aufmerksamkeit galt lieber meinem Vater, um endlich das Anliegen unseres Besuches herauszufinden, den ich schließlich immer noch nicht wusste.

So leicht machte er es mir aber nicht. Stattdessen unterhielt er sich mit der Dame des Hauses, während er sich neben mich setzt und keinen Blickes würdigte. Ich musste es nicht verstehen, aber ich hatte das Gefühl, mich in einer Falle zu befinden und das gefiel mir nicht.

Kurz darauf kam ein Diener, um uns einen teuren Rotwein aus dem 1968er Jahrgang einzuschenken. Er kam aus Chile und habe einen ganz besonderen Gärungsvorgang – so beteuerte es Shimizu jedenfalls. Ich fand ihn nur schwer genießbar, aber ich war auch kein großer Rotweintrinker, dennoch trank ich aus Höflichkeit hin und wieder mal einen Schluck. Und weil ich diesen Besuch auch irgendwie überstehen musste.

Yachi blieb still.

Ich hingegen musste mir das ganze Gefasel über die Renovierung des Anwesens anhören, auf welches Shimizu ziemlich stolz war. Und sobald es um die Inneneinrichtung ging, war mein Vater sogar ehrlich dabei, um mit ihr alles möglich vom Kronleuchter bis zum Treppengeländer zu diskutieren. Sie hatte ihn um den kleinen Finger gewickelt.

Und schon wieder fragte ich mich, warum ich mir das ebenfalls geben musste. Und warum war dieses kleine blonde Mädchen da, wenn es nicht mal den Mund auf bekam? Das Einzige, was sie tat, zu essen und auf dieses zu starren.

Der Nachtisch war das Beste. Ein Schokoladenkuchen mir einer Himbeerfüllung und einer Creamschicht. Dafür kannte ich mich mit Backen zu wenig aus, ich konnte nur sagen, dass es fantastisch schmeckte. 

>>So<<, fing mein Vater nach einem Moment des Schweigens wieder an, was mich aufsehen und Yachi leicht zusammenzucken ließ. >>Jetzt, wo sich das Essen dem Ende neigt, sollten wir uns über den eigentlichen Grund des Besuchen widmen.<<

Die Stimmung schlug plötzlich merkwürdig um und jeder Anwesende schien zu wissen, was war, bloß ich nicht, was mich noch mehr beunruhigte. Es war still, keiner sagte was und mein Vater tupfte sich seelenruhig mit der Serviette den Mund ab, ehe er sie wieder faltete und auf seinen Schoß sinken ließ. >>Wir sind hier, damit wir alles über die Kundgebung eurer Verlobung sprechen können.<<

Prompt spuckte ich den Wein wieder zurück. ins Glas und hustete stark, da ich mich vor Schock an diesem verschluckte hatte. Ich hatte mich verhört, oder? Ich musste mich verhört haben. >>Wie bitte?<<, fragte ich also heißer nach, wobei mein Hals etwas durch den Alkohol kratze. ;ein Gesicht war sicher ganz rot und in meinem Gesicht müsste das Entsetzen geschrieben stehen.

Der König seufzte und schaute mich ruhig an, da er wissen müsste, dass ich gleich explodieren würde. >>Ich habe Hitoka als Anwärterin für deine zukünftige Frau ausgewählt. Du brauchst eine Prinzessin an deiner Seite und sie wird diese Rolle perfekt einnehmen können.<<

Meine Kinnlade klappte runter. >>Zur Hölle, nein!<<, brüllte ich, was das blonde Mädchen erneut zusammenzucken ließ. Es war gar nicht gegen sie gerichtet, sie schien nett zu sein, aber ich würde sich mit Sicherheit nicht heiraten! In mir kreisten so viele Fragen, aber die wurden gerade alle von unsagbarer Wut bedeckt. Er würde mir nicht auch noch in dieser Hinsicht die Freiheit nehmen!

>>Sie wird deine Frau, darüber gibt es keine Diskussion jetzt!<<, befahl er in seinem royalen Ton, der keinen Widerspruch duldete. >>Du musst früher oder später heiraten, das erzeugt Sicherheit im Königshaus für das Volk und du musst schließlich das Erbe fortsetzen.<

>>Irgendwann, aber jetzt doch nicht!<<, rief ich ihm entgegen und pfiff auf sein Königsgehabe. Damit ging er eindeutig zu weit! Er sperrte mich doch schon genug in diesem Palast ein! Ich lag in Ketten der Royals und jetzt wollten sie mir auch noch diese Tür zuschlagen?! >>Und wenn es soweit ist, dass entscheide das doch wohl ich!<<

>>Seit wann heiraten Royals aus Liebe?<<, stellte mein Vater die Gegenfragen, so entspannt, dass es mir den Wind aus den Segeln nahm.

Ich keuchte fassungslos und schüttelte den Kopf. >>Das mach ich nicht. Vergiss es!<<

>>Doch das wirst du, Tobio.<<

>>Du kannst mich nicht zwingen!<<

>>Und wie ich das kann!<<, donnerte er nun doch laut und stand auf, wobei er die Serviette auf den Tisch pfefferte. >>Du hast eine Aufgabe, Tobio, eine Rolle, die du einnehmen musst! Du hast dieser Familie, und diesem Land schon genug Schande bereitet. Eine Hochzeit mir einer reizenden Dame, die aus einer anderen Monarchie kommt, zeugt nicht nur von Verantwortung und Stabilität und schafft Verbindungen.<<

Ich schluckte und hob trotzig mein Kinn. Ich fühlte mich hilflos, wie ein gejagtes Tier, was in die Ecke getrieben wurde. Ich hasste es! Ich hasste dieses Leben so sehr! Niemals würde ich mich auf diese Hochzeit einlassen, sie meißeln mir nicht mein leben in Stein. Ich bestimme selbst!

>>Du hast gar keine andere Wahl, mein Sohn. Du bist ein Royal.<<

Ich lachte zynisch schnaubend auf und schüttelte den Kopf. >>Du kannst mich mal!<<, fuhr ich ihn an, ehe ich mich abwendete und aus dem Raum stürmte. Das ließ ich nicht zu! Ich würde mir nicht noch das letzte Bisschen Kontrolle entreißen lassen. So lange es ging, würde ich mich wehren.

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So! 18!

Entschuldigt, bei mir war die letzte Woche etwas privater Stress, was mich am Schreiben gehindert hat, aber hier ist es!

Ich hoffe wie immer, dass es euch gefallen hat!

Man liest sich beim nächsten Mal!

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