~08~
Kageyama
Es war bloß eines der vielen Wohnzimmer im Schloss, in dem wir saßen, aber es war jenes, welches wir am häufigsten nutzen. Es hatte einen gemütlichen Touch, auch wenn die Möbel aussah, als hätte man sie einem Museum entnommen.
Ich saß mit den Ellenbogen auf die Knie gestützt auf einem der Sessel, um mich herum der engste Kreis der Familie. Meine Brüder nahmen eine Couch in Beschlag, meine Cousins mit ihrem Vater und ihrer Mutter die gegenüber, während mein Vater einen anderen Sessel besetzte. Neben ihm waren außerdem noch seine zwei Berater Matsukawa und Hanamaki anwesend. Um uns herum positionierten sich dann noch selbstverständlich unsere Bodyguards.
Stille umgab uns. Nachdem der König uns zu einer Besprechung heute Abend beordert hatte, kamen wir alle, um an diesem Familienrat teilzuhaben. Jedem war klar, worum es ging.
>>Gibt es schon etwas Neues im Bezug auf den Brand<<, fragte Kindaichi und kaute auf seiner Unterlippe.
Iwaizumi schüttelte mit seinem Kopf, lehnte sich auf seine Oberschenkel und faltete die Hände in einander. >>Bisher wissen wir nur, dass es eine Gruppe gewesen sein muss, die dieses Attentat sorgfältig geplant hatte. Hätte eines der Dienstmädchen nicht die Augen offengehalten und den Kerl nicht auf frischer Tat ertappt, hätte es noch viel schlimmer ausgehen können.<<
Osamu fuhr sich mit seinen Handflächen über das Gesicht und krallte sich in seine grauen Haare.
>>Bis auf eine vage Personenbeschreibung haben wir nichts. Aber ich arbeite bereits mit der Polizei an unseren nächsten Schritten<<, sprach der Chefleibwächter weiter und erklärte uns die Situation.
>>Jetzt ist die Frage, wie wir damit am besten Umgehen<<, murmelte Kunimi leise in Gedanken und lehnte sich etwas zurück.
Matsukawa kritzelte irgendwas auf seinem Tablet herum. >>Die Öffentlichkeit weiß davon noch nichts und das wird aus so bleiben<<, meinte er und bedachte alle Anwesenden in diesem Raum mit einem bestimmenden Blick.
>>Also verhalten wir uns so wie immer?<<, fragte Shirofuku, meine Tante. Es überraschte mich, dass sie überhaupt etwas sagte. Normalerweise blieb sie still, spielte die brave Prinzessin an der Seite meines Onkels. Sie war zwar nett und eine liebe Frau, aber sie verlor sich irgendwann in der royalen Rolle, die ihr zugeschrieben wurde.
>>Richtig!<<, bestätigte Hanamaki, >>Je nachdem wie die Ermittlungen voranschreiten, werdet ihr nach der Renovierung eures Anwesens zurück in dieses kehren. Allerdings werden wir die Arbeiten daran etwas herauszögern, sodass wir mehr Zeit gewinnen.<<
>>Das heißt aber auch, das wir uns so unauffällig wie möglich verhalten<<, meinte Iwaizumi und schaute direkt mich an. >>Keine Eskapaden – das gilt vor allem für dich.<<
Ich grinste, verschränkte meine Hände hinter meinem Kopf und lehnte mich zurück. >>Das wäre dann aber nicht so wie immer<<, feixte ich und erwiderte seinen Blickkontakt provozierend.
>>Tobio<<, knurrte mein Vater leise und warnend. Es war das erste Mal, dass er in dieser Runde heute seine Stimme erhob. >>Es geht um den Schutz aller Anwesenden hier, also reiß dich gefälligst zusammen.<< Seine braunen Augen funkelten mich drohend an.
Ich biss die Zähne zusammen. >>Tz<<, machte ich abwertend und wand meinen Blick von ihm ab.
>>Also um keine Panik auszulösen, verschweigen wir der Öffentlichkeit die Geschehnisse. Und wer ist über den Vorfall informiert?<<, fragte Kita und rückte etwas von seiner Gattin ab.
Ich beobachtete es und war bemüht, mein Missfallen nicht zu zeigen. Es war eine reine Nutzehe, die den beiden Vorgeschrieben wurde. Die meiner Eltern war auch nicht anders, bloß mit dem Unterschied, dass die beiden über die Zeit eine gute Freundschaft entwickelt hatten, die ihnen ihr Leben deutlich erleichtert hatte. Kita und Shirofuku interagieren außerhalb der Öffentlichkeit für die Presse kaum miteinander. Ich wusste nicht mal, ob sie sich mochten.
Matsukawa beantwortete diese Frage, ohne von seinem technischen Gerät aufzublicken. Ich fragte mich immer, was er darauf alles machte. Candy Crush gegen die Langeweile spielen? >>Alle die sich jetzt in diesem Kreis befinden sowie die engsten Mitarbeiter des Königshauses. Unterhaltet euch schlichtweg am besten einfach nicht darüber an Orten, an denen euch jemand hören könnte.<<
Atsumu schien, leicht nachdenklich gestimmt. >>Dann müssen wir doch aber trotzdem bei öffentlichen Auftritten erscheinen. Ist das nicht viel zu gefährlich, wenn da Leute herum laufen, die womöglich einen weiteren Anschlag auf uns verüben wollen?<<, fragte er und tippte dabei unaufhörlich mit der Zeigefingerkuppe gegen seine Unterlippe.
>>Wir verstärken die Sicherheitskräfte vor Ort und führen unsere Routinen doppelt durch<<, erklärte Iwaizumi und knackte seinen Nacken. Allein die Vorstellung von doppelter Arbeit ließ ihn müde wirken.
>>Wir dezimieren die Auftritte so gut uns möglich.<< Hanamaki, der ebenfalls auf seinen Minilaptop etwas eintippte.
>>Und keine Alleingänge.<<
Nach dieser Aussage richtete sich die Aufmerksamkeit auf mich. Besonders die Augen meiner Bodyguards hinter mir, waren auf mich gerichtet. Ich spürte regelrecht, wie sich ihre Blicke in meinem Hinterkopf brannten.
Ich tat so, als würde ich es nicht bemerken. Stattdessen beugte ich mich vor, schnappte mir einen der grünen Äpfel, die in einer Schale auf dem Couchtisch standen, und biss geräuschvoll davon ab.
>>Außerdem werden alle Mitarbeiter noch einmal gründlich vom Neuen geprüft<<, fuhr der Sicherheitschef fort, ohne mir beim Essen weiter Beachtung zu schenken. >>Ich habe Ushijima bereits damit beauftragt. Er sitzt schon dran.<<
Es herrschte einen Moment Schweigen. Nur die Laute, die mein Apfel von sich gab, wenn ich ihn verspeiste, waren zu hören. Endgültig wurde sie dann aber von einem grauhaarigen Bodyguard unterbrochen, der plötzlich seinen Kopf in den Raum streckte.
>>Verzeiht die Störung, aber ein Rintaro Suna ist gerade eingetroffen<<, berichtete der schlaksige Riese. Ich vermutete, dass es der Neue war. Ich hatte ihn heute auf der Gala nur flüchtig gesehen und mit ihm noch keine wirkliche Bekanntschaft gemacht.
>>Ich dachte, er wird erst Morgen entlassen<<, sagte Tsumu verwundert, bevor er es mir nach machte und sich einen der roten Äpfel vom Tisch schnappte.
Samus Augen hingegen weiteten sich bloß, er war hibbelig, fast so als würde er eigentlich sofort aufspringen wollen. Ich erkannte die Erleichterung, Sorge und Freude in seinen dunkeln Augen.
Kita nickte dem Neuling zu. >>Sie können ihn herein lassen. Er gehört zu unserer Leibwache.<<
>>Ich komme mit!<<, rief Osamu aus und war bereits von der Couch aufgestanden, bevor der Neuling den Rückzug antreten konnte.
>>Nein!<< Kitas Stimme schnitt durch den Raum wie ein Messer. So erlebte ich ihn auch selten.
Sein Sohn erstarrte in der Bewegung und drehte vorsichtig seinen Kopf zurück zu seinem Vater. Bei seinem ernsten Blick schluckte er. >>Aber, Vater!<<, wollte er an dessen Mitgefühl appellieren. >>Er hat mich aus dem Feuer gerettet. Ich will nur schauen, wie es ihm geht.<<
Kitas Blick wanderte für Rat zu dem des Königs. Dieser deute mit der lockeren Hand auf ihn und überließ seinem Bruder so die Entscheidung, was er tun sollte. Ich erkannte, wie der Kiefer meines Onkels mahlte und er angespannt die Augen schloss, ehe er tief Luft holte. >>Schön, komm aber umgehend zurück, wenn du es weißt.<<
Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Mit einem unterdrückten Lächeln, stürmte er mit dem Bodyguard aus dem Wohnzimmer.
Ich schaute meinem Cousin noch eine Weile nach und ein beklemmendes Gefühl machte sich in meinem Magen breit. Das war viel zu auffällig, Samu! Ich wusste, dass zwischen ihm und seinem Bodyguard etwas lief und er Gefühle für ihn hegte, aber das durfte er nicht. Er wusste das und dennoch hat sich viel zu riskant, in der Nähe der Dinosaurier der Monarchie verhalten. Wenn die davon Wind bekämen, wäre es für die Zwei vorbei.
Rasch zog ich mein Handy aus meiner Tasche und tippte eine Nachricht an ihn.
Kageyama:
Reiß dich mal zusammen! Wenn du nicht willst, dass ihr auffliegt, solltest du damit nicht so herum wedeln!
Vor geraumer Zeit hatte ich die Beiden mal bei etwas Unanständigem erwischt und seitdem decke ich sie gelegentlich. Abgesehen von mir war auch sein Zwilling darüber in Kenntnis und ich denke, dass Kita ebenfalls etwas ahnte. Nach der Aktion gerade eben vermutlich sogar alle in diesem Raum.
>>Und was ist mit Kunimi?<<, fragte Kindaich unsicher.
Überrascht riss ich mein Blick vom Display los und heftete ihn auf meinen jüngsten Bruder. Ich erkannte an seinen Schultern, wie angespannt er war und wie ausschlaggebend für ihn die Antwort war.
Auch Kunimi war überrascht. Er lockerte seine abwesende Haltung und beugte sich vor, um seinem Bruder ins Gesicht sehen zu können. >>Du meinst in Bezug auf meine anstehende Wehrpflicht?<<, murmelte er leise.
Kindaichi nickte, verweigerte aber ihn anzuschauen. Seine Augen waren weit aufgerissen und fixierten einen Punkt an der Wand. Es war das erste Mal, dass ich registrierte, wie zu schaffen, ihn diese Tatsache machte. Die Beiden hatten nämlich ein ziemlich gute Beziehung zu einander – im Gegensatz zu mir.
Das Interesse galt nun dem jungen Prinzen. Es war schon eine Art Spektakel, dass an einem Abend gleich zwei der Royals ihre Fassade etwas verschlampten.
Langsam wanderte Kindaichis Blick zu unserem Vater. >>Kaum kommt ein Bruder zurück, geht der andere.<< Er bemühte sich zwar, seine Gefühle zu kontrollieren, aber es gelang ihm verhältnismäßig schlecht. >>Außerdem... ist es in dieser Situation nicht zu gefährlich? Ich mei-<<
>>Nein<<, unterbrach ihn dar König mit seiner ruhigen, dennoch erhabenen Stimmlage. >>Er wird gehen.<<
>>Aber da wimmelt es nur so von Waffen!<<, sprang nun auch ich ein und kehrte in einen aufrechten Sitz zurück. >>Jeder kommt dort an welche, weil jeder welche benutzt. Außerdem laufen da überall Leute herum, die-<<
>>Die allein auf seinen Schutz bedacht sind und ihn mit seinem Leben verteidigen würden!<< Sein Klang wurde nun schärfer, genau wie sein Blick, der eine stumme Mahnung war.
Wut flammte in mir auf. >>Das ist doch bescheuert! Warum gehen wir denn überhaupt hin, wenn wir so oder so nur unter Schutz stehen?! Da tragen die Soldaten dann doch eine viel größere Last, als die, die sie so oder so schon tragen! Welchen Sinn-<<
>>Er wird dort hin gehen!<<, durchschnitt die Stimme meines Vater den Raum und ließ mich verstummen. Die Spannung, die nun herrschte, war zum zerreißen. >>Es ist seine Pflicht und diese muss er erfüllen.<<
Sein Blick traf stählern auf meinen. Ich hielt ihm stand, legte die Verachtung, die ich in diesem Moment für ihn empfand, in meine blauen Augen. Ich verstand nicht, weshalb er seinen Sohn so einem Risiko aussetzte. Unser Blickwechsel heizte die Stimmung allerdings nur noch mehr an.
Und aufs Neue verlor ich den Kampf. >>Wenn das dann Alles ist, was es zu klären gab, kann ich ja jetzt gehen<<, meinte ich, stand auf und wollte mit meinem angebissenen Apfel in der Hand, auf die Tür zu steuern.
Vater hielt mich aber noch einmal zurück. >>Vergiss nicht; Morgen, 11 Uhr, Brunch mit Kenjiro Shirabu. Du wirst anwesend sein.<<
Ich schnaubte. Auf einen dieser Monarchie in den Arsch kriechenden Politiker hatte ich wirklich keinen Bock, aber da würde ich wohl nicht drumherum kommen.
-
Ich hasste Papierkram. Und auf meinem Bürotisch lag eine Menge davon.
Erschöpft fuhr ich mir mit den Fingern durch die rabenschwarzen Haare. Müde starrte ich auf die Dokumente, Briefe und Berichte, die vor mir auf dem Holz lagen und sich an meinem Leiden ergötzen.
Es war nicht einmal Mittag, dennoch schien die Sonne durch die riesigen Fenster herum und lockte mich mit ihren verführerischen Strahlen an. Ich saß bereits seit drei Stunden ununterbrochen in diesen vier Wänden und las mir alles über die Organisationen durch, von denen ich Schirmherr war – und das waren einige.
Akaashi kam heute morgen einmal vorbei, um mich über mein Pensum aufzuklären, welches ich bis zum Abend zu erledigen hatte. Danach verschwand er und ging seiner Arbeit nach, die aus etwas bestand, was ich nicht immer verstand.
Jedenfalls brauchte ich jetzt eigentlich dringend eine Pause. Bedauert blickte ich in meine leere Tasse, in der sich eigentlich Milch mit Honig und Zimt befinden sollte, was mir Tendo gerne zwischendurch machte. Dabei probierte er sich leider auch manchmal zu viel aus.
Gähnend verschränkte ich die Arme auf der Arbeitsplatte und bette meinen Kopf auf diese. Gedankenverloren schaute ich auf das Glas und in den blauen Himmel. Ich beobachtete die wenigen Wolken, die vorbei zogen, bis plötzlich ein orangener Haarschopf in meinem inneren Auge auftauchte.
Und da fiel mir ein, was ich heute tun könnte. Abrupt setzte ich mich auf, sprang auf und stürmte aus dem Zimmer. Durch die Flure joggend, zog ich schnell die Aufmerksamkeit meiner Leibwächter auf mich, die mir auch prompt bis in meine Privatgemächer folgten.
>>Was ist los?<<, wollte Bokuto wissen und schloss die Tür hinter sich.
>>Musst du nicht eigentlich arbeiten?<<, fragte auch Kuroo und hob skeptisch eine Braue, während er die Arme verschränkte.
>>Schon<<, gestand ich und steuerte das Schrankzimmer an, >>aber mir ist gerade nicht danach.<<
>>Und was hast du stattdessen vor?<< Bokuto folgte mir neugierig.
>>Wir besuchen eine Universität!<<, verkündete ich, drehte mich zu ihnen um und breite meine Arme aus.
Beide schaute mich mit verdutzter Miene an.
>>Ich weiß zwar nicht, ob es die schon aufgefallen ist, Kageyama. Aber dir ist es nicht möglich, einfach so in ein öffentliches Gebäude zu spazieren<<, klärte mich Kuroo auf und wollte mir somit die Idee ausreden.
>>Das ist viel zu gefährlich und riskant für dich. Außerdem sind Alleingänge jetzt noch mehr verboten als vorher.<<
Ich rollte bei Bokutos Worten die Augen. >>Deswegen kommt ihr ja mit.<<
Der Schwarzhaarige schürzte die Lippen. >>Ein Kronprinz und zwei Bodyguards sind nicht gerade unauffällig, eure Hoheit<<, meinte er spitz.
>>Und deswegen verkleiden wir uns.<< Ich begann, in meinen Klamotten herum zu wühlen und nach geeigneten Sache zu suchen.
>>Verkleiden?<<, war wenigstens einer der Zwei schon motivierter.
>>Genau! Ich gebe euch einfach Alltagskleidung von mir und wenn ich eine Kap und Sonnenbrille trage, dürfte mich so schnell auch keiner erkennen.<< Ich drehte mich noch einmal lächelnd zu ihnen, ehe ich schon mal Bokuto etwas zu schmiss. >>Und da ihr ja so top-ausgebildete Security seid, könnt ihr mich auch aus jeder potenziellen Gefahrenzone schnellstens befreien.<<
Kuroo schnaubte, schien aber, zu kapitulieren, da er wusste, das es weiter zwecklos war, mich abhalten zu wollen. >>Ich nehme an, diese Aktion hat was mit einem gewissen orangehaarigen Zwerg zu tun?<<
Grinsend drückte ich auch ihm Stoff in die Hand. >>Erraten!<<
Bokuto, der bereits sein Shirt ausgezogen hatte, hielt in der Bewegung inne und schaute zwischen uns hin und her. >>Moment, was habe ich verpasst?<<
-------
Ich weiß, dieses Kapitel hat sich jetzt etwas gezogen, aber ich hielt es für notwendig.
Ich hoffe, es hat euch trotzdem gefallen!
Man liest sich beim nächsten Kapitel!
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top