Verdammte Monarchie - Blaine POV
Ich erzähle Elijah von meiner dunkelsten Zeit. Die Zeit, zwischen Weihnachten und meiner Krönung und die unmittelbare Zeit danach.
Zu dieser Zeit, habe ich keinen Ausweg gesehen. Zu dieser Zeit, hatte ich von niemanden Halt und war gefangen in meiner Rolle als König. Eine Rolle, die ich eigentlich nie wollte und die ich annehmen musste.
Im Prinzip ist es jetzt auch noch nicht besser, aber Elijah gibt mir den nötigen Halt. Mit ihm besteht die Möglichkeit, das alles durchzustehen. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie muss es möglich sein. Andere vor mir haben es auch geschafft, ich bin nicht der Erste und nicht der Letzte.
„Ich wollte das einfach niemals sein", sage ich traurig. „Wieso musste..."
Ich lege meinen Kopf in den Nacken und seufze. Bin ich wirklich schon bereit, über diese Sache zu sprechen?
„Wieso musste was?", hakt er vorsichtig nach.
„Ich war nicht das erste Kind meiner Eltern", sage ich schließlich. Ich vertraue ihm blind. „Sie hatten eine Tochter. Als sie 1 Jahr alt war, wurde bei ihr eine unheilbare Krankheit diagnostiziert. Sie brauchte dringend eine Knochenmarktransplantation, aber meine Eltern waren keine geeigneten Spender und einen Spender zu finden, hätte Jahre dauern können. Es war wahrscheinlich, dass sie in regelmäßigen Abständen eine Transplantation oder andere Dinge bräuchte. Der Arzt hat ihnen geraten, ein zweites Kind zu bekommen, weil die Chance groß ist, dass es der passende Spender sein könnte."
„Und du bist dieses Kind?"
Ich nicke. „Ja, ich bin nur entstanden, weil sie einen Spender brauchten. Aber kurz vor meiner Geburt, ist sie gestorben."
Elijah schaut mich mit aufgerissenen Augen an. Ich sehe, wie sich die Tränen in seinen Augen sammeln und er sich bemühen muss, nicht jeden Moment los zu weinen.
„Ich hatte nie eine tiefe Bindung zu meinen Eltern. Vor allem nicht zu meiner Mutter. Ich glaube, für sie war ich nur ein Mittel zum Zweck. Sie wollte immer, dass ich alles perfekt mache. Meine Kindheit war nicht unbedingt so, wie man sie sich vorstellt."
„Blaine...", flüstert Elijah. „Das tut mir so leid."
„Ich habe das schon so lange in mir, dass ich wohl mittlerweile damit leben kann. Aber... ich habe es vorher nie jemanden erzählt. Auch vor der Presse wurde das geheim gehalten."
Elijah fällt mir in die Arme und drückt sich an mich. „Danke für dein Vertrauen."
„Du gibst mir so viel Halt, ohne dich würde ich das glaube ich nicht schaffen. Ich habe es fast nicht geschafft..."
„Bitte denk nie wieder sowas... denk nie wieder der richtige Weg wäre es, sich umzubringen."
„Ich gebe mein Bestes."
Ich gebe wirklich mein Bestes, immer und überall. Wenn ich mit der Schulpsychologin gesprochen habe, dann geht es mir vielleicht irgendwann auch wieder besser.
„Bitte komm immer zu mir, wenn es dir mal wieder zu viel ist. Du kannst immer zu mir kommen", sagt er und streichelt mir über den Rücken. „Wieso musst du dich so häufig übergeben?"
„Wenn ich vor vielen Menschen sprechen muss, also egal ob im Fernsehr oder live, dann ist der Druck in mir so groß, dass ich mich jedes Mal fast übergebe. Oft schaff ich es gerade nur so zum Badezimmer, wie heute."
„Der Druck ist so groß, dass du dich übergeben musst. Das ist heftig. Und... hast du sonst noch was. Also... Panik, oder... ich weiß nicht. Ist da noch was?"
„Ich glaube ich habe Panikattacken."
Elijah küsst mich auf die Wange.
„Wir bekommen das zusammen hin, okay?"
„Okay", flüstere ich und lege mich zurück ins Bett. Mit ihm darüber gesprochen zu haben, hat mir geholfen. Ich fühle mich nun um einiges freier, weil das das alles nicht mehr allein mit mir ausmachen muss.
Mittlerweile ist es schon stockdunkel draußen. Nur Elijahs kleine Lavalampe erhellt den Raum ein wenig.
Ich bin wirklich kaputt von diesem Tag. Das hat mir mal wieder meine gesamte Kraft geraubt.
„Willst du hier bleiben, heute Nacht?"
„Ich weiß nicht", nuschel ich. Um ehrlich zu sein fallen mir schon die Augen zu, aber ich weiß nicht, was seine Mutter dazu sagen würde.
„Du schläfst doch schon fast ein", sagt Elijah und muss leicht kichern.
„Was sagt deine Mutter dazu?"
„Ich gehe sie kurz fragen", sagt er und steht auf.
Ich beobachte ihn ganz genau dabei, wie er sich seine Sachen wieder anzieht. Wie kann ein Mensch nur so perfekt sein?
„Mama?", höre ich Elijah rufen.
„Ich bin hier."
„Darf Blaine heut hier übernachten?"
„Vergesst bitte nicht, dass morgen Schule ist."
„Machen wir nicht, versprochen."
„Okay, dann nehme euch beiden bitte etwas zu essen mit nach oben."
Nur wenige Minuten später, kommt Elijah zurück in sein Zimmer und stellt einen Teller mit Pizza auf das Bett.
„Meine Mutter hat Pizza gemacht", sagt er und nimmt sich ein Stück.
Pizza klingt gut. Und Elijahs Mutter kann sehr gut kochen, da kommt sogar mein Appetit zurück. Jetzt habe ich also doch noch was, von dem Abendessen.
Am nächsten Morgen werde ich durch das Geräusch eines Weckers wach. Der schrille Ton reißt mich viel zu früh aus dem Schlaf. Seufzend nimmt Elijah sein Smartphone und schaltet den nervtötenden Ton aus.
„Es ist viel zu früh", sagt er gähnend und macht seine Augen sofort wieder zu.
„Ich muss noch ins Internat und frische Kleidung holen und duschen", sage ich und reibe meine Augen.
„Hm, mach das mal, ich schlaf noch etwas", sagt er und dreht sich auf die Seite.
„Ich bin neidisch", entgegne ich grinsend und gebe ihm einen Kuss auf die Wange, bevor ich aufstehe. In Rekordgeschwindigkeit ziehe ich mich an und laufe anschließend leise die Treppen nach unten. Elijahs Mutter und seine Schwester sind noch am schlafen. Zumindest ist es im gesamten Haus noch dunkel und ruhig.
Ich würde meinen Tag viel lieber hier verbringen, aber das geht leider nicht. Schule ist wichtig. Vor allem für Elijah.
Draußen wartet schon einer der Bodyguards auf mich, welchem ich gestern Abend noch Bescheid gesagt habe. Ich begrüße ihn flüchtig und setze mich auf den Rücksitz. Hier drinnen ist es angenehm warm.
Er bringt mich zum Internat und auch hier ist noch alles ruhig. Ich treffe nur vereinzelt Schüler auf den Gängen, welche noch halb am schlafen sind. Die meisten stehen jetzt erst um diese Uhrzeit auf.
Ich verschwinde direkt im Badezimmer, um mich dort fertig zu machen. Ich bin nicht einmal müde, meine Gedanken an Elijah und letzte Nacht kreisen mir die ganze Zeit durch den Kopf. Ich bin glücklich und fühle mich super.
Grinsend schaue ich den Spiegel und betrachte mein Spiegelbild. Mich selbst glücklich sehen? Das ist ja schon echt Ewigkeiten her. Aber... was ist das?
Ich lege meinen Kopf auf die Seite und berühre die dunkelrote Stelle an meinem Hals. Ist das etwa ein... Knutschfleck?
„Oh fuck, oh fuck, oh fuck."
Wann hat Elijah mir den gemacht? Ich habe das gar nicht mitbekommen. Ein König mit einem Knutschfleck am Hals? Das geht gar nicht. Es würde für zu viel Gesprächsstoff sorgen.
Blaine
Stacy? Bist du wach? Ich brauche Hilfe. Hast du make up?
Stacy
Für was brauchst du das? Sag nicht für dich. Wie soll das passen? Ich bin dunkelhäutig, du nicht.
Blaine
Shit, stimmt. Und Hannah?
Stacy
Ja, aber Hannah ist wiederum tausend mal blasser als du... was ist denn los?
Das gibt es doch nicht. Ich lege mein Handy beiseite, ohne ihr zu antworten. Ich muss also etwas anziehen, was einen hohen Kragen hat.
Gedankenverloren steige ich erst einmal in die Dusche. In diesem Moment bin ich wieder unfassbar traurig darüber, dass ich kein normales, langweiliges Leben führen kann. Meine Trauer wandelt sich schnell in Wut um. Wut auf dieses beschissene System und diese verfluchte Monarchie.
Wieso ich? Wieso muss ich alles, was mich ausmacht verstecken? Ich kann Elijah öffentlich nicht küssen, ich muss mich verstellen, ich darf mich zu vielen Themen nicht äußern oder meine Meinung laut aussprechen.
Jetzt muss ich mir irgendwas einfallen lassen, nur wegen diesem belanglosen Knutschfleck. Ich lege meinen Kopf in den Nacken und fange laut an zu schreien. Es ist mir in diesem Moment egal, ob mich andere hören können.
Ich kann mit diesen Gefühlsausbrüchen einfach nicht umgehen.
Nach dem duschen ziehe ich mir ein weißes Hemd an, falte den Kragen ordentlich und ziehe anschließend noch ein Sweatshirt drüber.
Aber egal wie ich den Kragen lege, der Knutschfleck wird dadurch nicht versteckt. Ziehe ich einen Schal an, oder gehe ich einfach so?
Ich gehe einfach so. Ich scheiß auf die anderen.
Ich nehme mir mein Smartphone und gehe in den Speisesaal. Auch wenn ich keinen Hunger habe, würde ich eine Kleinigkeit essen müssen, sonst ist mir schnell wieder übel.
Allerdings spricht mich von der Auswahl an Essen gerade nichts an. Widerwillen nehme ich mir einfach ein bisschen Müsli und setze mich an den Tisch. Ich blende die anderen um mich herum dabei völlig aus. Selbst meine Freunde ignoriere ich.
Irgendwann bemerke ich allerdings, dass Stacy vor meinem Gesicht herumschnippst. „Alles gut? Hallo?"
Ich schaue sie fragend an und brauche eine Weile, bis ich realisiere, dass sie mit mir reden möchte.
„Oh, ja entschuldige, was gibts?"
„Du wirkst so gedankenverloren."
„Ja, irgendwie schon. Eigentlich blende ich nur diese ganzen Menschen hier aus. Bestimmt reden die."
„Über dich und den Knutschfleck? Tatsächlich ja. Wolltest du deshalb Make up? Ein bisschen Concealer wäre da vermutlich besser gewesen."
„Ist auch gar nicht mehr wichtig, diese ganze Scheiße nervt mich nur noch. Verdammte Monarchie."
Stacy starrt mich entsetzt an. „Pscht", sagt sie leise. „Hier sind zu viele Leute."
Auch wenn es mir im Moment alles egal ist, hat sie dennoch recht.
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