Kapitel 15

Es war ein Kampf meine Augen während der Sitzung mit unseren Beratern offen zu halten. Als Kronprinzessin war ich dazu verpflichtet daran teilzunehmen, aber zum größten Teil verstand ich sowieso nicht um was es ging.

Wenn ich dann einen Beitrag leistete, dann wurde dem erst gar nicht zugestimmt, da ich noch zu wenig Erfahrung hatte. Kurz gesagt, es war absolut ätzend.

„Ist das bei Ihnen angekommen, eure königliche Hoheit?"

Ich schreckte hoch als ich von Mr Douglas direkt angesprochen wurde. „Wie bitte?"

„Ich fragte, ob Sie mitbekommen haben was wir über ihr Verhalten gegenüber den kursierenden Videos besprochen haben?"

Ich setzte eine entschuldigende Miene auf. In den letzten zwei Stunden hatte ich so gut wie gar nichts von dem mitbekommen, was unsere Berater besprochen hatten. „Tut mir leid, ich war gerade etwas abgelenkt."

Mr Douglas sah mich missbilligend an. Ich konnte diesen Mann nicht ausstehen. Seine Arbeit machte er zwar gut und gewissenhaft, aber er schleimte sich auch regelmäßig bei meinem Vater ein. Und er ließ keine Gelegenheit aus, mich in solchen Sitzungen zu demütigen.

Ich war ziemlich sicher, dass er auch keine Frau auf dem Thron Englands sehen wollte. Mein Vater hielt leider große Stücke auf ihn, weswegen es sinnlos war in seiner Gegenwart schlecht über Mr Douglas zureden. Insgeheim hatte ich mir vorgenommen ihn zu feuern, sobald ich Königin war.

Mit einem theatralischen Räuspern zog Mr Douglas meine Aufmerksamkeit auf ihn.
„Wir sind uns darüber einig, dass Sie sich weiterhin bedeckt halten. Es wird ein Statement gedruckt werden, indem Sie ausdrücken, dass sie die Ereignisse zur Kenntnis genommen haben. Sie werden mitteilen, wie sehr sie diese Ausschreitungen getroffen haben und es Sie bedrückt, welch schlechtes Bild über Sie im Umlauf ist. Anschließend werden Sie versichern, alles zu tun um eine gemeinsame Vertrauensbasis mit dem Volk zu schaffen. Vielleicht versuchen Sie ab jetzt ernsthaft sich wie eine Kronprinzessin zu verhalten und nicht bei jeder Gelegenheit das Volk gegen sich aufzubringen."

Er schenkte mir ein falsches, schleimiges Lächeln und ich war von seiner unverschämten Art einfach nur sprachlos.

„Danke für die Zusammenfassung, Mr Douglas. Dann wäre für heute alles geklärt. Ich danke Ihnen für ihre Geduld."  Mein Vater beendete damit die Sitzung und allgemeines Gemurmel erfüllte den Raum, als alle ihre Unterlagen zusammenschoben und aufstanden.

„Würdest du diese Sitzungen bitte ernst nehmen?" Dad hielt mich zurück, als wir alleine im Raum waren. Er war offensichtlich mal wieder nicht zufrieden mit mir, was nichts Neues war.

„Entschuldigung aber stundenlange Diskussionen über Finanzen sind einfach nur einschläfernd. Außerdem wird alles was ich sage in den Dreck gezogen. Ich bekomme ja nicht einmal die Möglichkeit wirklich mitzureden, weil alle sagen ich hätte zu wenig Erfahrung und nicht genügend Wissen über die Themen." Genervt verschränkte ich die Arme vor der Brust. Ich war eigentlich zu erschöpft, um mich jetzt auch noch vor meinem Vater rechtfertigen zu müssen.

„Du hast in deinem Leben noch genug Zeit die Dinge alleine zu regeln. Aber solange ich noch nicht abgedankt habe, sollst du dir alles in Ruhe anschauen."

Ich verdrehte die Augen. „Wenn ich ein Mann wäre, würde man mich mit Sicherheit mehr mitreden lassen."
„Mach' dich nicht lächerlich Wilhelmina."

„Aber es ist doch wahr!", protestierte ich. „Niemand von diesen anzugstragenden Arschgeigen nimmt mich ernst. Vor allem nicht dieser Douglas, der wartet doch nur darauf mich fertig zu machen."

„Ich sehe mal über deine Ausdrucksweise hinweg", sagte Dad dennoch tadelnd. „Das ist genau das, was deine Mutter und ich dir immer versucht haben beizubringen. Du wirst immer auf Menschen treffen, die dich nicht für voll nehmen. Deshalb musst du lernen damit umzugehen und dich durchzusetzen. Nur weil du eine Frau bist, heißt das nicht, dass du kein Land regieren kannst. Also reiß' dich gefälligst zusammen."

Er warf einen Blick auf die Uhr. „Tut mir Leid, ich habe jetzt noch ein Telefonat mit dem dänischen König. Wir sehen uns beim Abendessen."
Damit ließ er mich alleine in dem Konferenzraum zurück.

Seufzend verzog ich mich auf mein Zimmer. Dort warf ich ein Blick auf mein Smartphone und stellte fest, dass ich ein verpassten Anruf von Grace hatte.

Wir waren nach der Gala in Kontakt geblieben und hatten uns belanglose Nachrichten verschickt, aber ich hatte das Gefühl in ihr eine wahre Freundin gefunden zu haben. Und da Freundschaften etwas war, was es in meinem Leben nicht im Überfluss gab, freute ich mich umso mehr, wenn ich von ihr hörte.

Kurzerhand rief ich sie zurück. Grace wollte wissen, ob ich Lust hätte mich mit ihr zu treffen. Sie hatte selbstverständlich auch die Videos gesehen und fand Ablenkung täte mir gut. Da stimmte ich ihr zu, also lud ich sie in den Palast ein.

Momentan war es schließlich nicht sinnvoll sich außerhalb zu treffen, wenn es keine Angelegenheit im Namen der Krone war, wie mein Vater es so schön ausgedrückt hatte.

Ich gab Emmett Bescheid, dass ich Besuch bekommen würde, damit das Sicherheitspersonal darüber in Kenntnis gesetzt war. Anschließend beauftragte ich Lucy damit sich um Tee und Gebäck zu kümmern.

Es war mit Grace abgemacht, dass sie mir eine Nachricht schreiben würde, wenn sie angekommen war. Als endlich mein Smartphone die neue Ankündigung anzeigte, lief ich nach unten. Grace wurde problemlos hereingelassen, aber zuerst durchsucht.

„Werdet ihr etwa von Terroristen bedroht?", scherzte Grace, als sie schlussendlich durchgelassen wurde.
„Ich habe es geschafft uns in eine neue Sicherheitsstufe zu katapultieren."

Schmunzelnd führte ich Grace in mein Zimmer, wo wir uns auf meinen Balkon setzten und Lucy uns Tee brachte. Grace sah sich auf dem Weg die ganze Zeit staunend um. Es fielen nicht gerade selten Begriffe wie „Ach du scheiße ist das wirklich echtes Gold?"

„Dann erzähl' mal? Wie schlimm ist es wirklich?", fragte meine Besucherin, die es sich auf den gepolsterten Balkonstühlen sofort bequem gemacht hatte.

Ich stöhnte auf. „Eine Katastrophe. Seit ich vor dem Friedhof die Nerven verloren haben, spielt die ganze Bevölkerung verrückt. Ich war zuvor schon nicht ganz so beliebt, aber ich glaube dieses Missgeschick hat das Fass zum Überlaufen gebracht."

„Dieser Vollidiot hat deine Mutter beleidigt, es ist doch völlig normal, dass du da ausrastest."

Ich trank einen Schluck von meinem Tee, bevor ich ihr antwortete. „Aber ich bin Teil der Königsfamilie und von ihr erwartet man dass man keine Fehler macht. Wir sollen perfekt sein und wenn wir es nicht sind, werden wir als unfreundlich abgestempelt."

„Aber die können doch nicht wirklich verhindern, dass du Königin wirst, oder?", fragte Grace. „Das kann ich mir fast nicht vorstellen."

„Zuerst einmal sind wir nur die Repräsentanten von England, da wir ja keine absolute Monarchie haben. Von daher wird das etwas schwieriger. Aber es kam in der Geschichte schon oft genug vor, dass Könige gestürzt wurden. Wenn die Bevölkerung das also wirklich ernst meint könnte ein Referendum gegen mich veranlasst werden. Oder im Extremfall wird ein Bürgerkrieg angezettelt. In diesem Fall wäre es vielleicht sinnvoll zurückzutreten, bevor sie mich umbringen."

Grace prustete los. „Das meinst du doch nicht ernst." Aber als sie in mein Gesicht sah, verschwand ihr Lachen. „Du meinst das wirklich ernst."

„Natürlich meine ich das ernst. Das sind keine Hassnachrichten mehr auf Instagram. Die Leute gehen mit Fackeln auf die Straße und sprayen an Wände, dass ich verschwinden soll. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bevor sie mit größere Sachbeschädigung anfangen."

„Das ist übel." Man sah Grace an, dass sie die ganze Situation nicht so schlimm eingeschätzt hatte. Doch die Situation war wirklich ernst.
„Aber wen wollen sie denn statt dir auf dem Thron? Deine Schwester?"

„Das kann ich mir fast nicht vorstellen. Der Reihenfolge nach, wäre sie natürlich nach mir dran. Aber ganz ehrlich, meine Schwester hat nicht den kleinsten Funken Verstand oder Verantwortungsbewusstsein. Das Volk wäre schon ziemlich naiv sie als Königin zu wollen. Ich denke dann geht es mit Dads Bruder und dessen Familie weiter. Die Thronfolge hört nach meiner Schwester ja nicht auf."

„Und wie gehst du damit um?"
Vorsichtig nahm sie ihre Teetasse in die Hand und nippte daran, so als hätte sie Angst das feine Porzellan allein durch zu starke Atmung kaputt zu machen.

„Erst einmal gar nicht. Wir hatten heute morgen eine zähe Sitzung mit unseren Beratern, in der das unter anderem diskutiert wurde. Ich soll mich vorerst zurückhalten und nur ein kurzes Interview für die lokal Zeitung geben, in dem ich erkläre, dass ich die Entwicklungen zur Kenntnis genommen habe und daran arbeite eine Vertrauensbasis zum Volk aufzubauen. Allerdings habe ich keine Ahnung wie das aussehen soll. Aber lass uns bitte über etwas anderes reden." Ich grinste. „Du wolltest mich schließlich ablenken."

Ich erkundigte mich wie Grace zurechtkam und war froh zu hören, dass sie sich langsam wieder an ihr normales Leben gewöhnte. Da fielen mir die Unterlagen ein, die ich in meinem Klavierhocker versteckte. Eilig lief ich zu meinem Flügel.

„Ich würde dir gerne etwas zeigen." Ich übergab Grace die Unterlagen, die die Mappe sofort neugierig aufschlug. „Daran habe ich die letzten Monate gearbeitet und wollte dich fragen was du davon haltest."

Die Unterlagen die Grace in der Hand hielt, waren meine Ausarbeitung zu der Stiftung für Veteranen die ich ins Leben rufen wollte. Seit der Gala hatte sich das zu einer Herzensangelegenheit entwickelt und ich hatte lange daran getüftelt, um einen möglichst soliden Plan zu entwickeln.

Grace blätterte sich in den nächsten Minuten schweigend durch die Unterlagen, manchmal konnte ich sehen wie sie die Stirn runzelte und ich platze fast vor Neugier.

Letztlich hob sie den Blick mit Tränen in den Augen. „Die Grace for Veteran's Stiftung?", fragte sie fassungslos.

Lächelnd zuckte ich mit den Schultern. „Ich fand den Namen mehr als nur passend. Immerhin hast du mich dazu inspiriert."

„Wilhelmina, dieses Konzept ist der Wahnsinn! Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich ich darüber bin. Das könnte wirklich funktionieren. Mit Finanzen und Wirtschaft kenne ich mich zwar nicht aus, aber es klingt logisch was du da ausgearbeitet hast."

Lachend fiel sie mir um den Hals. „Damit kannst du die Situationen von Veteranen grundlegend verändern. Du tust damit wirklich etwas Gutes. Wann wird das umgesetzt?"

„Das ist so eine Sache", nervös lachte ich. „Ich habe bis jetzt mit niemandem darüber geredet. Und ich muss das zuerst meinem Vater vorlegen. Danach schauen sich die Berater das genau an und davor habe ich am meisten Angst. Wahrscheinlich werden sie das Konzept ablehnen."

„Wo ist das Problem, das kann dir doch egal sein." Grace runzelte die Stirn.

„So einfach ist das nicht. Wir haben auch unsere Vorschriften. Ich kann nicht aus heiterem Himmel ein Gesetz verändern oder eine Stiftung gründen." Ich rieb mir meinen schmerzenden Nacken den Lucy, nach dieser ätzenden Sitzung heute, dringend massieren musste.

Grace lehnte sich auf ihrem Stuhl etwas nach vorne und stütze sich mit den Ellenbogen auf ihren Knien ab. So konnte sie mir eindringlich in die Augen sehen.

„Wilhelmina. Du musst endlich aufhören dich hinter deinen Vorschriften zu verstecken. Entschuldige meine Ausdrucksweise, aber stattdessen solltest du dringend deinen Hintern in die Höhe bekommen und damit anfangen dich für deinen eigene Interessen einzusetzen!"


*****

Meint ihr Grace hat Recht?
Im Moment habe ich das Gefühl nur nervige Übergangskapitel zu schreiben und die eigentliche Storyline nicht richtig voranzutreiben. Das ist beim Schreibprozess wirklich ätzend. Ich hoffe es ist nicht ganz so zäh zu lesen wie es zu schreiben ist und ich langweile euch damit nicht.

Debbie

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