27. Siebenundzwanzig

Kaia


"Eure Hoheit?"

Ich hatte Noah schon seit mehreren Minuten von meinem Augenwinkel aus bemerkt und entdeckt wie er mich eine Zeit lang beobachtet hatte. Vielleicht tat er auch einfach nur seinen Job, auf die Königsfamilie aufzupassen. Doch ich wusste schon seit Tagen, dass er sowohl mir als auch Grayson aus dem Weg ging.
Er schien lange unschlüssig darüber gewesen zu sein, wie er absofort mit uns sprechen sollte, konnte sich nun aber anscheinend überwinden.

"Ist alles in Ordnung? Sie wirken so...einsam", stellte er fest und musterte nicht nur die leere Bank auf der ich saß, sondern auch meine besondere Bekleidung.
Ich verstand, dass es ziemlich eigenartig wirken musste wenn eine Prinzessin, die normalerweise von Sicherheitspersonal umkreist wurde, so früh morgens alleine im Schlossgarten saß und die Gärtner bei ihrer Arbeit beobachtete. Allerdings verbrachte ich meine Zeit hier nur, um auf Grayson zu warten. Letzten Abend bat er mich darum kurz nach Sonnenaufgang vor dem Schloss auf sein Kommen zu warten, da er wohl irgendetwas mit mir vor hatte.
Ich wusste nicht worum es ging, da er mir jedoch sagte, dass ich mich so unauffällig wie möglich Kleiden sollte, konnte ich mir denken, dass wir das Grundstück verlassen würden, was mich unglaublich neugierig, aber auch ein wenig skeptisch machte.
Mich so sehr in die Öffentlichkeit zu werfen, bat genügend Futter für diese ganzen Reporter und Paparazzis, von denen sich schon von Grund auf viel zu viele herumtrieben.
Deswegen versuchte ich mich an Graysons Anweisungen zu halten, jedoch galt alles, das im Rest des Landes als normale Kleidung angesehen wurde, hier im Schloss als ungewöhnlich.
Trotzdem besaß ich genügend davon um mir ein Outfit aus einem Paar heller Jeans und einem weißen Oberteil zusammen zu stellen. Außerdem trug ich mein Haar offen, um möglichst wenig von meinem Gesicht zu zeigen, und auf meinem Schoß lag ein grauer Kaputzenpulli, den ich mir überziehen konnte, würde tatsächlich jemand anfangen Fotos von uns zu machen.

"Alles Bestens, Noah", erwiderte ich lächelnd. "Ich warte nur auf meinen Bodyguard."
Noch bevor ich den Satz zuende sprach, spannte sich Noahs Haltung deutlich an, als ich seinen Freund erwähnte. Der Kuss beim Ball lag inzwischen fast zwei Woche in der Vergangenheit und Grayson hatte mir noch am selben Abend versichert, dass Noah ein vertrauenswürdiger Mann war und ich mir um ihn keine Sorgen machen musste.

"Kaia, Sie sollten wissen, dass ich Sie beide keinesfalls verurteile oder ähnliches. Und ich weiß, dass man solche Gefühle nicht ignorieren möchte. Aber passen Sie einfach auf. Sie wissen, was Ihr Bruder mit Grayson machen könnte, wenn er es herausfindet. Seine Leute lauern überall."
In seiner Stimme lag reine Sorge. Um sich, um Grayson und vielleicht sogar um mich.

"Sind Sie denn nicht auch einer seiner Leute?", fragte ich und Noahs Blick fiel kopfschüttelnd zu Boden. Der dunkle Lack auf seinen Schuhen hatte angefangen staubige Streifen zu bilden, da er sich darauf konzentrierte einige Kieselsteine beiseite zu schieben.
"Vielleicht auf Papier. Aber ich weiß genau so gut wie alle Anderen was für Nummern hinter den Türen seines Büros abgezogen werden. Und solche Dinge unterstütze ich nicht."

Verständnisvoll nickte ich und hob meinen Kopf an um zu verfolgen weshalb sich seine Körperspannung wieder veränderte und seine Augen nun auf einen Punkt hinter mir fixiert waren. Ich brauchte mich garnicht umzudrehen, um zu spüren, dass es sich um Grayson handelte, als er seine warmen Hände auf meinen Schultern platzierte.

"Was unterstützt du nicht?", fragte er provokant. "Ich hoffe du sprichst gerade nicht von-"

"Es ging um Ronan", warf ich ein und stand langsam auf um ihn direkt ansehen zu können.
Aufmerksam betrachtete er mich, wartete darauf, dass ich vielleicht meine Meinung änderte. Doch ich nickte nur kurz um meine Aussage nochmal zu unterstreichen, was er auch akzeptierte und mit wenigen Schritten vor die Bank trat.

Noah wechselte einen Blick zwischen mir und Grayson und lächelte vorsichtig. "Gut, dass wir darüber reden konnten, Eure Hoheit. Ich sollte jetzt wohl weiter meine Arbeit machen. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag."
Als er Grayson zum Abschied zunickte, erwiderte dieser die Geste sofort und konnte sich wohl ein Grinsen nicht verkneifen, während er "Bis dann" sagte und ihm dabei zusah, wie er sich immer weiter von uns entfernte.

"Also...willst du mir verraten was du heute vor hast?"
Ich drehte mich auf meinen Zehenspitzen zu Grayson um und blickte kurz an ihm hinab. Seine Kleidung war ungewohnt lässig. Weder ein Anzug, noch eine Krawatte. Er trug ein schwarzes Hemd und eine ebenso dunkle Jeans.
Er machte immer noch einen sehr edlen Eindruck, jedoch kam einem bei diesem Anblick nicht das Bild eines Bodyguards in den Kopf.
"Wir machen einen Ausflug", antwortete er und sein Grinsen von vorhin wurde noch breiter, als er meine Klamottenwahl begutachtete.

Ich wollte mich nur ungern auf eine Diskussion einlassen, die ihn amüsierte und mich nur aufregte, weswegen ich ihm einfach vertraute und sein Schweigen akzeptierte.

Die ganze Autofahrt über sprachen wir eigentlich ziemlich wenig. Nur kurz wurde das Thema von vorhin angerissen, doch da wir das eigentlich schon vor Tagen geklärt hatten, gab es auch nicht viel zu reden. Hauptsächlich blieb es im Wagen so still, weil ich einfach noch hundemüde war. An regulären Tagen frühstückte ich zwischen 8 und 9 Uhr Vormittag. Weswegen es nicht sonderlich einfach für mich war, bereits um 5 Uhr morgens aus dem Bett gekrochen zu kommen. Mir fehlten eindeutig ein paar Stunden schlaf und hätte Grayson nicht bereits den Motor abgestellt und mir die Tür geöffnet, wäre ich wohl auch direkt wieder eingenickt.

Ich stieg aus dem Wagen und stand direkt vor einer kaum befahrenen Straße, welche Richtung Stadt führte und in eine riesige Wiese überging. Erst als ich mich umdrehte, fiel mir der leere Parkplatz auf an dem wir standen, daneben der Eingang zu einem großen Park.

"Was machen wir hier?", fragte ich ruhig, aus Angst mit meiner Stimme das leise zwitschern der Vögel und das Rauschen des kleinen Baches zu übertönen. Als Kind verbrachte ich viel Zeit in der Natur, weswegen mir diese Geräusche eine Wärme bereiteten, die mich an schöne, einfachere Zeiten erinnerte.

Schulterzuckend ergriff er meine Hand, verschränkte seine Finger mit meinen und zog mich durch den Eingang. Mit seiner anderen Hand hielt er eine braune Papiertüte fest, in der sich zwei To Go Kaffeebecher aus irgendeinem Coffee Shop befanden.
"Die Ruhe genießen, reden, Menschen die verrückt genug sind so früh aufzustehen beobachten und vielleicht rumknutschen", sagte er grinsend und zwinkerte mir belustigt zu. Ich spürte wie das Blut in meine Wangen schoss mein Gesicht rot anlief, was Grayson wohl auch nicht entging und er mich lachend an sich zog um mir einen Kuss auf den Scheitel zu drücken.
"Entspann dich, Prinzessin. Wir machen uns einfach einen entspannten morgen und genießen die Zeit hier."

"Okay", seufzte ich und folgte ihm über einen kleinen Weg durch den Park. Das Meiste der Fläche hier war einfach nur grüner, mit Blumen übersähter Rasen. Einige Bäume bildeten einen kleinen Wald und ein glänzender Teich sorgte für das Zentrum.
Es war wirklich wunderschön anzusehen.
Gleich neben dem Wasser befand sich eine Art Picknicktisch, worauf Grayson die Papiertüte abstellte und beide Kaffeebecher auspackte. Ich setzte mich auf eine der Bänke, die mir eine heftige Gänsehaut bescherten, da sie sich dank der kühlen Nacht noch ziemlich gefrohren anfühlten. In dem Moment fiel mir auch ein, dass ich meinen Pullover im Wagen liegen gelassen hatte und ich jetzt nur noch den Kaffee und Graysons Körper hatte um mich notfalls zu wärmen oder zu verstecken.

"Hier."
Er reichte mir einen dampfenden Becher Kaffee und platzierte sich auf der gegenüber liegenden Sitzfläche. Es brauchte nur den Geruch von Kaffee um mich aus meinem Halbschlaf zu wecken.

Sobald wir beide genug davon getrunken hatten, um unsere Gehirne etwas mehr anzustrengen, fingen wir auch an längere Gespräche zu führen. Wir unterhielten uns über Graysons Job und ein wenig über sein Leben vor dem Schloss. Er erzählte mir davon, dass er schon viele unterschiedliche Ausbildungen absolviert hatte und daher viel gereist war. Es war so ihm einfach nur zuzuhören und mehr über ihn herauszufinden. Ihn kennenzulernen. Über mich gab es nicht viel zu erzählen, da er das Meiste davon schon wusste. Erstaunt hatte es ihn nur, als ich ihm mitgeteilt hatte wie gerne ich irgendwann durch Europa reisen möchte. Da ich oft stundenlang in unserer Bibliothek untertauchte, dachte er ich wäre nicht bereit dazu unter die Leute und raus in die Welt zu kommen.

"Wo lebt deine Familie eigentlich zur Zeit? Lebt sie hier in Norwegen?", fragte ich irgendwann und trank gerade den letzten Schluck von meinem Kaffee. In Graysons Augen veränderte sich etwas, als er seinen Becher abstellte und mich seine Aufmerksamkeit traf. Für wenige Sekunden wurde sein Blick einfach nur leer, bis er erneut dieses charmante Grinsen aufsetzte, dass er immerzu an den Tag brachte.
"Nein, sie sind gerade im Ausland. Das ist ziemlich kompliziert zu erklären. Wenn wir schon davon reden, ich habe gehört du reist diese Woche noch nach England?"
 
Perplext zog ich meine Augenbrauen zusammen und wusste nicht ob ich auf seine Frage oder auf die Tatsache, dass er meiner Frage komplett aus dem weg ging, eingehen sollte. Ich entschied mich für die sichere Variante und machte einfach mit.
"Ja. Obwohl ich es hassen werde mit Matthew Zeit verbringen zu müssen, bin ich super aufgeregt darüber endlich England besuchen zu können. Ich wollte schon immer London erkunden!", schwärmte ich.

"Wurde dir gesagt, dass ich nicht mitkommen werde?"

Ich erstarrte.
"Nein."
Meine Stimme war fast nur noch ein flüstern, das hoffte er würde sich gerade nur über mich lustig machen wollen.
"Das geht nicht Grayson. Wie soll ich das ohne dich überleben?"

"Es wird alles gut werden. Ich bin für so eine Reise noch nicht zugelassen. Noah arbeitet schon länger hier als ich. Er wird dich begleiten."

Grayson würde nicht mit nach England kommen?
Das hieß also Matthew und ich eine ganze Woche alleine in einem Schloss.
Ich musste dafür sorgen, dass Noah mir keinesfalls von der Seite wich.

Etwas nasses tropfte auf meinen Arm und als ich glaubte, dass mir bereits die Tränen kamen, tastete ich meine noch trockenen Wangen ab.
Doch bei dem einen Tropfen blieb es nicht und als Grayson es ebenfalls bemerkte, fielen uns erst die dunklen Regenwolken auf, die sich am Himmel gebildet hatten.

"Wir sollten gehen, bevor es stärker wird", schlug ich vor und stand von meinem Platz auf. Grayson tat es mir gleich, suchte nach einer Mülltonne und entsorgte darin unsere Kaffeebecher und die leere Tüte. Es vergingen nur wenige Minuten bis wir den Eingang des Parks erreicht hatten und so schnell konnte ich nicht garnicht schauen, schüttete es bereits wie aus Eimern. Wir eilten zu Graysons Auto, doch obwohl ich bereits davor stand und an dem Türgriff rüttelte, weigerte er sich den Wagen aufzuschließen.
Ich blickte an mir hinab und sah, dass nicht nur meine Haare vor Nässe tropften sondern auch meine Kleidung von oben bis unten durchweicht war. Mein weißes Shirt verdeckte inzwischen rein garnichts mehr und verschaffte einen hervorragenden Blick auf meinen Pastellblauen BH.
"Jetzt sperr schon endlich auf", drängte ich und sah Grayson dabei zu wie er mit langsamen Schritten und einem riesigen Grinsen im Gesicht auf den Wagen zu kam.
"Tut mir Leid, aber das kann ich nicht machen."

Er baute sich vor mir auf, so dass ich direkt an sein klatschnasses Hemd starrte und sehen konnte, wie sich seine Tattoos durch den feuchten Stoff abbildeten. Seine Hand umschloss meine Taille, zog mich an ihn und fuhr langsam meine Wirbelsäule entlang, bis sich seine Finger in meinem triefenden Haar vergruben.
"Du siehst einfach gerade viel zu gut aus", hauchte er mir entgegen und drückte seine Lippen zärtlich auf meinen Hals. Fast schon aus Gewohnheit fingen meine Hände an seine Knopfleiste entlang über seinen Oberkörper zu wandern und meine Augen genussvoll zu schließen, um nur noch ihn wahrzunehmen. Der Regen war inzwischen zu einer Nebensache geworden.

Mein Hintern stieß gegen den Wagen, als sich sein Körper näher an mich drückte. Ich fühlte jeden einzelnen Zentimeter bei dem sein Mund an meiner zarten Haut eine heiße Spur hinterließ und wärend sein unregelmäßiger Atem gegen meine pochende Halsschlagader stieß, schob ich meine Finger in sein dichtes Haar und zog sein Gesicht etwas von mir, um ihm nun in die Augen sehen zu können. Atemlos starrten wir einander an, das Verlangen in seinem Blick so anziehend wie nichts anderes auf dieser Welt. Und als eine Hand sich unter mein Shirt verirrte und gierig an meiner nackten Haut entlangstrich, presste Grayson seine Lippen auf Meine, womit er gerade nocj rechzeitig den Laut auffing, der soeben aus meiner Kehle drang.
Die vielen Küsse, die vielen Berührungen, schienen kein Ende mehr zu finden und das obwohl wir uns gerade mitten auf einem öffentlichen Gelände befanden. Trotz des kalten Regens, stieg die Hitze in mir immer weiter in die Höhe und musste irgendwie gestillt werden.
"Grayson", keuchte ich leise und drückte gezwungenermaßen seinen Körper von mir. Haarsträhnen klebten an seiner Stirn und der Regen schlug uns beiden ins Gesicht. Ich holte tief Luft, musste irgendwie zu Atem kommen.
"Wir sollten fahren."

Grayson brauchte selbst ein paar Minuten um wieder zu klarem Verstand zu kommen. Dann legte er sanft seine Hand an meine Wange, fuhr mit dem Daumen über meine Underlippe und nickte. Seine Berührungen brannten auf meiner Haut, doch ich wollte mehr davon.

Einer von uns musste aber immer wieder das Feuer zwischen uns abbremsen, da wir sonst zu weit gehen würden. Ich wollte uns Zeit lassen, genug um zu wissen, dass ich bereit war.
Und Grayson verstand das, forderte meine Selbstbeherrschung jedoch immer wieder bis an ihre Grenzen.

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written by me (writingxines)

Trinkt ihr liebe Kaffee oder Tee?

Würdet ihr an einem Kapitel interessiert sein, in dem nur Royal Liar Aesthetics drin sind?

Wer ist euer Lieblingscharakter inzwischen? Wer ist euer Hass Charakter?

Wenn ihr euch fragt ob das Kapitel länger ist als die restlichen...ja Es ist in etwa doppelt so lang xd. Es hätte sonst nicht alles rein gepasst haha

Meinungen zum Buch?

Kritik und andere Anmerkungen sind immer erwünscht!

Danke, dass du dir Zeit für unser Buch genommen hast

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