the accident
53. Kapitel
Doch plötzlich entdeckte ich die Person, die neben meinem Vater stand. Sie trug ein elegantes rotes Kleid, die passenden Pumps und den ernsten Gesichtsausdruck, den man von ihr kannte. Außerdem hatte sie ihren linken Arm in ihrer Hüfte gestützt und sah mich nun an. Ein Schauer durchfuhr mich. Ich war steif stehen geblieben. Alles in mir spannte sich an und eine Angst machte sie in mir breit.
„Grace", unterbrach nun die Stimme meines Vater meinen Gedankengang. Zum ersten Mal in meinem Leben hörte ich die Stimme meines Vaters und sie klang anders, wie ich sie mir immer vorgestellt hatte.
„Papa", wisperte ich kaum hörbar und die ersten Tränen begannen über meine Wangen zu laufen.
Nun war der Damm gebrochen und ich rannte auf ihn zu. In seinen Armen begann ich zu weinen, während er mich fest an sich drückte. Ich wollte nie wieder losgelassen werden.
„Gracie", unterbrach meine Mutter nun die Idylle mit ihrer kalten Stimme.
Warum war sie hier? Wie konnte sie wissen, dass ich mich hier befinden würde? Ich hatte alle Hinweise darauf verschwinden lassen. Es gab also rein gar keine Spuren. Das müsste ja heißen, sie wusste die ganze Zeit von meinem Vater.
„Was?", giftig blicke ich sie an und dieses Mal hatte ich keine Angst vor ihr. Sie hatte jegliches Druckmittel verloren. Ich war endlich frei.
„Du solltest mit mir zurückfliegen", meinte sie ernst und blickte mich emotionslos an.
„Warum sollte ich das?", fauchte ich ihr zu. Sie hatte mir meine Kindheit und Jugend genommen.
„Ich möchte nicht, dass du hier bleibst. Es ist gefährlich für dich", sie redete mit mir, als wäre ich noch ein kleines Mädchen, das einen Beschützer brauchte.
„Warum sollte ich mit dir mitkommen? Du hast alles versaut. Du hast mir meinen Vater genommen. Du hast mir mein gesamtes Leben genommen. Du hasst mich. An jedem einzelnen Tag hast du mir deutlich gemacht, welchen Hass du mir gegenüber verspürst. Du hast mich leiden lassen. Dein einziges Interesse war immer nur dein Job. Du hast dich nie auch nur ansatzweise für mich interessiert. Warum sollte ich also mitkommen, Mutter?", ich spuckte die Worte ihr nur so entgegen.
Für einen Moment schien sie sprachlos zu sein. Dann fing sie sich jedoch wieder und nahm einen tiefen Atemzug, um anscheinend die passenden Worte darauf zu finden.
„Ich möchte dich nicht verlieren", flüsterte sie und senkte den Kopf. War das jetzt echt? Es konnte nicht echt sein. Sie war mal wieder dabei in ihre Rolle zu schlüpfen und die gute Mutter zu spielen, die sie nicht war. Es kehrte Ruhe ein. Wir redeten nicht miteinander und blickten uns nur stumm an.
„Grace, ich möchte nicht noch ein Kind verlieren", meine Mutter sah nun auf. Allerdings sah sie alles andere aus, als würde sie Witze machen. Das Ganze wirkte ziemlich realistisch. Nachdem ich aber mein gesamtes Leben mit meiner Mutter verbracht hatte, war ich nicht naiv und schenkte ihren Worten keinen Glauben.
„Mum, ich durchschaue dich. Warum lügst du?", sauer sah ich sie an. Mittlerweile sah sie emotional getroffen aus, als hätte ich ihr etwas an den Kopf geworfen.
„Sie hat Recht", sagte nun mein Vater, woraufhin ich zusammenzuckte.
Verwirrt blickte ich von meiner Mutter zu meinem Vater. Nun verstand ich rein gar nichts mehr.
„Als du gerade mal wenige Monate alt warst, fuhr dein Vater mit deinem Bruder zu einem See in der Nähe unseres Hauses. Dein Bruder war fünf Jahre alt und hatte gerade erst schwimmen gelernt", sie stoppte und eine Träne lief ihr über die Wange. Ich verstand gar nichts.
„Nachdem wir lange geschwommen waren, haben wir uns auf die Decke am Ufer gelegt und sind beide eingeschlafen. Nach einer Weile weckte er mich geschockt und meinte, er hätte sein Armband im Wasser verloren. Das Armband hatte er von Grandma bekommen und es bedeutete ihm wirklich viel. Ich hingegen sagte zu ihm, er hatte es bestimmt zu Hause gelassen, denn im Wasser würden wir es nicht wiederfinden. Doch plötzlich rannte er, wie von der Wespe gestochen los ins Wasser. Er kam allerdings nicht weit. Im Wasser stolperte er über einen Felsen. Dann schlug er sich den Kopf im Wasser auf und verlor das Bewusstsein und er wachte auch nicht wieder auf. Im Rettungswagen verstarb er", erzählte mein Vater. Er legte seine Hand auf meine Schulter und zog mich an sich, während er erzählte.
Geschockt und mit großen Augen sah ich meinen Vater an. Ich konnte nicht weinen. Es ging einfach nicht. „Ist er wirklich tot?", kopfschüttelnd sah ich meinen Vater an, auch wenn ich die Antwort bereits kannte. Dad nickte langsam.
„Er ist nur wegen deines Vaters gestorben. Ich will, dass du mit mir zurückkommst", riss nun meine Mutter wieder ihre Aufmerksamkeit auf sich.
„Er ist weg ihm gestorben? Es war wohl ein Unfall", schrie ich sie an. Die Emotionen brachen vollkommen aus und in diesem Moment hätte ich ihr am liebsten die Haare ausgerissen vor Wut.
„Hätte er gehandelt, wären wir heute eine glückliche Familie", meinte meine Mutter selbstsicher.
„Wir wären keine glückliche Familie. Du bist dazu nicht fähig", giftete ich sie an.
Schnell rannte ich aus der Tür. Ich wusste zwar nicht, wo genau ich jetzt hinwollte, aber ich rannte einfach über das Gelände, als gebe es keinen Morgen mehr. Ich hatte einen großen Bruder. Ich konnte es einfach nicht glauben. Würde er noch leben, wäre er jetzt 23 Jahre alt und alles wäre anders gekommen. Ich konnte ihn noch nicht einmal richtig kennenlernen. Wie er jetzt wohl wäre? Was sein Name wohl war? Vielleicht fing sein Name ebenfalls mit G an und er hieß Gilbert oder so. Vielleicht trug er aber auch einen Namen, wie James, Austin oder Maurice. Warum muss das Schicksal einem immer dazwischen kommen und alles zerstören? Ich würde alles dafür tun, meinen Bruder treffen zu können. Er wäre wahrscheinlich mein Ein und Alles.
Hätte ich wirklich eine glückliche Familie, würde er noch leben oder wäre alles ohnehin auf Grund des Charakters meiner Mutter zerstört? Vielleicht wäre sie vollkommen anders und erst der Tod meines Bruders hatte sie auf diesen Weg gebracht. Warum sonst hatte mein Vater sie geheiratet? Es war wohl keine arrangierte Ehe. Ich wünschte einfach, alles würde einfach einmal gut werden und nicht mit dem nächsten Schrecken enden.
Hey,
ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat.
Habt ihr das erwartet?
Liebe Grüße
Jenny
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