Kapitel 8
To-Do Nummer drei war Silas.
Der vermutlich Temperamentvollste von uns Geschwistern und Starrköpfigste, um ganz ehrlich zu sein.
Ich betrat das Forschungsgebäude, was vollständig aus Glas gebaut war. Die Mitte der Abteilung bildete ein riesiger Baum, wessen Zweige bis hoch zu gläsernen Decke reichte. Ich war viel zu selten hier, aber die Forschungsabteilung lag etwas außerhalb des Geländes, damit die Labore und die damit verbundenen Gerätschaften nicht durch die Erschütterung der Flugzeuge gestört werden.
Ich betrat den Fahrstuhl und fuhr in die dritte Etage, höher war das Gebäude nicht, aber höher musste es auch nicht sein, denn auf diese drei Etagen verteilten sich zehn Labore mit verschiedenen Schwerpunkten.
Ganz zu schweigen von dem großen Lager, in dem Silas alles mögliche hortete.
Ich würde nicht bezweifeln, dass er dort nicht auch irgendetwas Radioaktives lagerte.
Als ich das Büro meines Bruder betrat, fiel mein Blick sofort auf die Luftmatratze, auf welcher Bettzeug lag.
,,Du lebst hier ja wirklich", stellte ich überrascht fest, bevor ich die Tür hinter mir schloss und das Essen, was ich eben bestellt hatte vor die Nase meines Bruders auf den Schreibtisch stellte.
,,Ja...aber nur in Sonderfällen, keine Sorge", erklärte er sofort und beäugte das Essen vor ihm, danach wanderten seine Augen zu mir.
Sein Blick sprach ganz deutlich Wofür hab ich das verdient? Schließlich war das von seinem Lieblingsasiaten der Stadt.
,,Einfach weil ich deine Lieblingsschwester bin", flötete ich lächelnd und ließ mich auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch sinken.
Sein Büro quoll förmlich über von Papierkram, Büchern und Gerätschaften, von welchen ich gar keine Ahnung hatte. Vielleicht war es auch besser so.
,,Ich habe ja auch nur eine", argumentierte er, jedoch war jeder Zweifel beseitigt, als er sein Essen öffnete und ein hungriges Seufzen über seine Lippen kam.
Silas konnte man schon immer mit Essen bestechen, genauso wie Ethan. Ich tat es ihm gleich und reichte ihm zwei Essstäbchen.
Silas schnappte sich eine meiner Frühlingsrolle und schob sie sich in den Mund, bevor er anfing zu sprechen: ,,Okay, jetzt wirklich, Phia. Wieso bist du hier?"
Ich nahm mir extra Zeit zu antworten, während ich mein Jackett über den Stuhl hängte und die Ärmel meiner weißen Bluse zurück schob.
,,Ich war eben bei Gideon", begann ich ruhig, so als wäre es nur etwas beiläufiges.
Silas hielt sofort beim Verschlingen seines Essens inne und musterte mich skeptisch.
So sehr er auch die Verwandtschaft mit Gideon jetzt abstreiten würde, den gleich Blick hatte mir unser älterer Bruder eben auch zugeworfen, aber das behielt ich lieber für mich.
,,Du solltest ihn mal sehen. Du hast ihn ganz schön mies getroffen", meinte ich schmunzelnd, jedoch verzog Silas nicht seine Miene.
,,Ich hatte auch nicht vor ihn zu verfehlen", konterte er und ich seufzte.
Der Typ war so ein sturer Esel. Ich legte die Stäbchen weg und sah ihn an.
,,Ich finde es auch nicht gut, was er gemacht hat, im Gegenteil. Mein Anliegen ist, dass du dir anhörst, was er zusagen hat, mehr nicht. Du musst ihn weder verzeihen noch ihm um den Hals fallen. Nur zu hören. Bekommst du das hin?", fuhr ich fort und über Silas Lippen kam nur ein abwertendes Brummen.
Ja, er konnte ganz schön nachtragend sein.
,,Ich verspreche dir rein gar nichts. Weder dass ich das in den nächsten Tagen mache, noch dass er nicht noch ein Veilchen bekommt", meinte Silas, als er endlich wieder angefangen hat, zu essen.
Okay, das war ein Anfang, damit ließ sich arbeiten. Während wir zu Abend aßen, redeten wir über Gott und die Welt.
,,Wäre ich nicht gerade an etwas Großem dran, hätte ich das Handtuch geschmissen. Soll Gideon doch sehen, wo er bleibt", nuschelte Silas, nachdem er sich eine Ladung Nudeln in den Mund geschoben hatte.
Ich verdrehte nur die Augen. Schließlich wusste ich nur zu gut, wie sehr er diese Labore liebte und nirgendwo anders, würde er diese Chance geboten bekommen, so wie er sie bei Royal Industrie hatte. Das wusste er auch, weswegen er nur bluffte.
,,Warst du schon bei ihm?", fragte Silas ruhig und ich schluckte.
,,Nein. Du?", stellte ich ihm die Gegenfrage und legte meine Essstäbchen weg, irgendwie war mir der Hunger gerade in dem Moment vergangen. Silas schüttelte langsam den Kopf.
,,Ich möchte nicht, dass sich das Bild von ihm in Orange einprägt", gab er zu, bevor er seufzte und sich in seinem Bürostuhl zurück lehnte und die Arme hinter seinem Kopf verschränkte.
Ich konnte ihn nur stumm zu stimmen. Unseren Dad in den Sträflingsklamotten zu sehen, würde mich vermutlich schlimm erschüttern...aber um Antworten zu erhalten musste ich das tuen. Nur war ich noch nicht bereit dafür.
*****
Das Anwesen war viel zu ruhig. Nicht das es lauter gewesen wäre, wäre Dad hier.
Aber irgendwie lag ein unheimlicher Schleier über alles, als würde ein Timer ablaufen, bis die nächste Bombe hoch ging, die schließlich alles in die Luft jagen würde.
Innerlich bereute ich es gerade etwas, als ich die kalten Stufen der Treppe hochlief, Elijah den Rücken gekehrt zu haben, wie gerne hätte ich mich bei ihm unter die Decke gekuschelt oder seine neusten Skizzen begutachtet.
Aber ich musste mich dem hier stellen, so schwer es auch sein mochte. Ich war nicht allein. Das war der Einzige Trost.
,,Phia, ich dachte du schläfst heute nicht daheim", meinte Ethan, als ich sein Zimmer betrat, welches direkt gegenüber von meinem lag.
Er war der Einzige meiner Brüder und neben Olivia, der von Elijah wusste.
Silas und Gideon waren schließlich ausgezogen und Landon ständig verreist. Ethan lag auf seinem Bett und hatte auf dem großen Smart TV an der gegenüberliegenden Wand irgendein Foodballspiel laufen.
,,Das mit Elijah ist vorbei", sagte ich stumpf und setzte mich neben meinen Bruder.
Eigentlich wollte ich gerade wirklich nicht darüber reden, sondern einfach nur seine Gesellschaft genießen. Ich wollte nicht allein in meinem großen Zimmer sitzen, sodass meine Gedanken sich überschlugen und ich vielleicht doch den Verstand verlor.
,,Ach Phia", murmelte er und legte einen Arm um meine Schultern, um mich an ihn ran zuziehen.
,,Ich muss ihm aber keine reinhauen, oder?", hinterfragte er und ich musste schmunzeln.
Wenn ich das gewollt hätte, hätte ich die Sache Silas gesteckt. Auch wenn Ethan gerne so tat, könnte er nie einer Fliege etwas zu leide tuen.
Ich lehnte mich an die Schulter meines Bruders, während er mir langsam über den Arm strich.
Ethan und ich hatten schon immer ein enges Verhältnis, einfach weil wir die Jüngsten dieser Familie waren, von welchen verlangt wurde, dass sie genau wie ihre älteren Geschwister erfolgreich waren und in ihre Fußstapfen traten.
So saßen wir also auf seinem Bett und schauten schweigend ein Foodballspiel, wo ich nicht mal die Mannschaften kannte.
Aber es tat gut mit meinen Gedanken nicht allein zu sein, denn meine To-Do Liste war lang.
Welcher der Brüder mögt ihr am Meisten?
(Für mich ist und bleibt es einfach Ethan)
Vergiss das ☆ nicht, wenn dir das Kapitel gefallen hat^^
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