Kapitel 30

Einfach loslassen.

Einfach einen Schritt ins Leere. Nur damit man die Flügel ausbreiten und sich vom Wind treiben lassen.

Einfach Spaß haben.

Einfach man selbst sein, ohne Gedanken daran verschwenden, was Richtig und Falsch ist für Andere. Sein Richtig für einen Moment fühlen.

,,Also was sagst du, bist du dabei?", wiederholte Theo seine Frage, während er mich breit anlächelte. Seine Augen leuchteten förmlich vor Euphorie und allein deswegen hätte ich sofort Ja gesagt, aber eine innere Stimme hielt mich davon ab.

Was ist wenn mich jemand sieht? Wenn Bilder entstehen, wie ich mit meinem Assistenten und seinem besten Freund feierte? Das wäre alles andere als ,,Normal verhalten"

,,Die Bar ist wirklich nicht groß, da kennt dich niemand", pflichtete nun auch Fynn bei, der neben Theo stand. Verflucht.

Wir standen draußen vor dem Restaurant, eigentlich schon auf dem Heimweg bis Theo anfing zu erzählen, dass er jetzt zu einer Bareröffnung wollte, in welcher einer seiner DJs auflegte.

,,Das ist ein Scherz...mich kennt die ganze Stadt", schnaubte ich leicht von dieser Tatsache genervt. Wäre es Anders...wäre ich jemand anderes...

,,Es ist okay...wenn du nicht möchtest, fahre ich dich nachhause", knickte Fynn ein und ließ seine Hände in seine Jackentasche gleiten. Theos Schultern sanken nach unten, was mich tief einatmen ließ. Verflucht. Morgen würde ich mich hassen.

,,Ab dem Moment ab dem mich irgendjemand in der Bar kennt, oder Bilder von mir gemacht werden, verschwinden wir. Versprochen?", begann ich, aber eine Antwort darauf würde ich nie bekommen.

Theo stieß einen triumphierenden Laut aus, bevor er mir einen Arm um die Schulter legte und mich die Straße hinunter führte. ,,Noch ist dein Moment abzuhauen", warf Fynn ein, wobei er jedoch stark mit einem Lächeln kämpfen musste.

,,Jetzt red ihr es ja nicht schlecht", fuhr ihn sein Freund an, was mich lächeln ließ. Bitte, lieber Gott, lass mich diese Entscheidung nicht bereuen.

***

Wir saßen direkt an der Theke der kleinen Bar, während wir versuchten uns über die Lautstärke zu unterhalten. Die Lautstärke kam von den ganzen Menschen, die sich in diesem Raum quetschten und versuchten zu tanzen.

Allein Theos Kontakten verdankten wir diese drei hart erkämpften Plätze. ,,Ja und einmal war Fynn so betrunken, dass er...", erklärte Theo laut, welcher sich fast schon gar nicht mehr mit Lachen zurückhalten konnte.

,,Theo ich glaube es reicht...nicht dass du mir noch meinen guten Ruf kaputt machst", unterbrach ihn Fynn, der neben mir saß.

,,Jetzt sei kein Spielverderber", kommentierte ich und sah kurz von Theo zu Fynn. Fynns Wangen waren leicht gerötet, was entweder an dem Alkohol lag oder an dieser Wärme hier drin. Seine Augen lagen auf mir, während ich sein Gesicht musterte und einen Moment zulange an seinen leicht geöffneten Lippen hängen blieb.

Die Schnapsrunden eben waren wirklich zu viel gewesen. Schnell hob ich meinen Blick, was Fynn schmunzeln ließ. Er beugte sich ein Stück zu mir vor, damit er mir zu flüstern konnte: ,,Wie gern würde ich gerade Gedanken lesen können."

,,Wie schade, dass du es nicht kannst", überspielte ich sein Kommentar und griff nach meinem Getränk, um daran zu nippen. ,,Kann das sein, dass sie hier die Getränke extra stark machen?", wendete ich mich zu Theo, welcher jedoch verschwunden war. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er aufgestanden ist.

,,Wer weiß, wen er in der Menge gesehen hat...du hast ja gemerkt, dass er hier jeden kennt", meinte Fynn, als ich mich wieder zu ihm drehte. Er nahm ein Schluck von seinem Bier und sah dann wieder zu mir.

,,Du wollest mir gerade etwas über deine Gedanken erzählen", griff er das Gespräch von eben auf, wobei ich die Augen verdrehte.

,,Und du wolltest deinen guten Ruf nicht zerstören", konterte ich, bevor ich vom Barhocker rutschte. ,,Was hast du vor?", fragte Fynn und zog seine Augenbrauen hoch.

,,Ich weiß nicht was du noch so vor hast, aber ich geh jetzt eine Runde tanzen", erklärte ich ihm lächelnd, während ich mich durch die Menge schlängelte. Dabei knüpfte ich mein weißes Hemd auf, da ich darunter noch ein weißes Top trug und es sonst wirklich nicht mehr auszuhalten war.

Auf der Tanzfläche angekommen, bewegte sich mein Körper fast schon von allein zu der Melodie. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen und genoss es einfach in der Menge eine von vielen zu sein. Jeder tanzte hier für sich, aber trotzdem verschmolz man zu einer Masse, die sich zur Musik bewegte.

Der Alkohol strömte durch meinen Körper, weshalb ich merkte wie es mir leicht schwindlig wurde...aber gerade war es wie ein Rausch. Ein Rausch den mein Körper brauchte. Denn dieser Abend gehörte mir, mir ganz alleine. Und das war vermutlich auch der Fehler.

***

,,Verdammt", fluchte Fynn, als er versucht mit meiner Hilfe die Haustür aufzuschließen. Ich lehnte an ihm und versuchte nicht umzufallen. Alles in meinem Kopf drehte sich. Sogar wenn ich die Augen schloss, fühlte es sich so an als würde ich Karussell fahren.

Die Tür öffnete sich mit einem leisen Klicken. ,,Bitte versuch so leise wie möglich zu sein...wir wollen schließlich niemanden wecken", flüsterte Fynn mir zu, was mich zum Kichern brachte. Er verdrehte frustriert die Augen, während er seinen Arm an meine Schultern legte, um mich zu stützen.

,,Ich hätte dich nicht aus den Augen verlieren dürfen", murmelte Fynn, während wir durch den Eingangsbereich in Richtung Treppen liefen.

,,Ach Quatsch, ich hatte Spaß", sagte ich in normaler Lautstärke, was Fynn zusammen zucken ließ. Danach hielt er sich einen Finger an die Lippen. Er war viel zu nüchtern...wie hatte er das nur geschafft, bei dem ganzen Schnaps?

Ich ließ mich gegen ihn sinken, sodass Fynn gezwungen war, beide Arme um mich zu schlingen, sodass ich nicht wieder von der ersten Treppenstufe herunter fiel.

,,Ich bin so müde...ich schaff die Treppe nicht",lallte ich und vergrub mein Gesicht an seiner Brust. Sofort stieg mir der Geruch seines Parfüms in die Nase, was einen weiteren Grund bot, ihn nicht los zulassen.

,,Doch die schaffst du...komm nur noch ein paar Stufen", raunte mir Fynn liebevoll zu, wobei er mir einmal durch die Haare strich. Ich schüttelte meinen Kopf wie ein trotziges Kleinkind. Ein genervtes Seufzen kam über Fynns Lippen, bevor er mich hoch hob.

,,Ich hoffe du bist morgen so stark verkatert, dass du das hier wieder vergisst", kommentierte er das, während er mich die Treppe hochlief. ,,Oh...ich glaube nicht, dass ich sowas vergessen werde", säuselte ich und lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter. Meine Arme hatte ich um seinen Hals geschlungen, während ich seine Nähe einfach nur genoss.

,,So wo ist dein Zimmer, Prinzessin?", hinterfragte er als er auf unserer Galerie angekommen war. ,,Da vorn", murmelte ich, was Fynn zum Schmunzeln brachte. ,,Geht das auch etwas genauer, schließlich sind hier dutzende Türen", erwiderte er.

,,Hier. Gleich gegenüber", ertönte die müde Stimme von Ethan, welcher auf den Flur getreten war und gähnte. Er trug nur eine graue Jogginghose, die tief auf seiner Hüfte hing.

,,Sorryyyy", kicherte ich und Ethan sah mich leicht irritiert an. ,,Verfluchte Scheiße", kam über seine Lippen, bevor er von mir zu Fynn guckte und wieder zurück.

,,Und ich dachte, dass ich das nie erleben würde...die unvernünftige Seite, sie gibt es ja doch", fügte er immer noch erstaunt hinzu, während Fynn mich in mein Zimmer trug. Er war so davon erstaunt, mich betrunken zu sehen, dass er ganz vergessen hatte, dass wir ihn damit geweckt hatten. Ethan folgte uns in mein Zimmer, damit er den Lichtschalter betätigen konnte.

,,Ich glaube wir sollten sie unter die kalte Dusche stellen, damit sie wieder einigermaßen auf der Höhe ist", schlug Ethan vor, als mich Fynn auf mein Bett absetzte. Jedoch krallte ich mich in sein Oberteil, sodass er über mir gebeugt blieb.

,,Du musst mich los lassen", kommentierte er dies mit einem Lächeln.

,,Ich muss gar nichts", erwiderte ich und Fynn lachte kurz auf. ,,Sogar betrunken versuchst du deinen Willen durch zusetzen", meinte Fynn und schob meine Arme von seinen Schultern.

,,Leute...ich bin immer noch im Raum", warf Ethan ein, während er uns skeptisch ansah.

,,Keine Sorge. Da läuft nichts, was du nicht sehen willst", sagte Fynn und sah zu meinen Füßen.

,,Komm hilf mir die Schuhe auszuziehen", fügte er hinzu, bevor er anfing die Schnürsenkel meiner Turnschuhe aufband. ,,Das wird sie jetzt noch ihr ganzes Leben verfolgen oder?", hinterfragte er und sah zu Ethan, welcher einfach nur teuflisch lächelte.

,,Oh ja", meinte dieser, bevor er Fynn half.

,,Ich hol ihr schnell was zu trinken und Schmerztabletten für morgen. Hoffentlich bin ich dann ihr Lieblingsbruder", Ethan verließ kurz mein Zimmer um runter in die Küche zu laufen.

Fynn legte die Decke über mich und setzte sich kurz an den Bettrand. ,,Vielleicht war es doch keine gute Idee, dich mit zu nehmen", sagte er und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht.

,,Oh doch, das war toll. Wirklich. Es tut mir leid, dass ich so viel getrunken habe", nuschelte ich, woraufhin Fynns Blick sanft wurde. ,,Das muss dir doch nicht leid tun, jeder hat mal einen Aussetzer", erklärte er amüsiert.

,,Vielleicht bist du doch kein so schlechter Assistent wie ich anfangs dachte", gähnte ich und machte es mir in meinem Bett gemütlich. Mein Körper fühlte sich plötzlich bleischwer an.

,,Und du bist gar nicht mal so übel als Chefin", erwiderte er, bevor er aufstand.

,,Bleib hier...", murmelte ich und versuchte nach ihm zugreifen, jedoch erreichte ich ihn nicht mehr.

,,Spätestens am Montag sehen wir uns wieder. Ich bin immer hinter dir, schon vergessen?", sagte er, bevor er sich noch einmal kurz herunter zu mir beugte und mir einen Kuss auf die Schläfe hauchte.


Vergiss das ☆ nicht, wenn es dir gefallen hat.

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