Kapitel 29

Die Abendsonne schien mir warm ins Gesicht, während ich durch die Straßen lief mir einem völlig unbekannten Viertel. Hier reihten sich kleine Geschäfte und Restaurant an einander, welche alle sich in unterschiedlichen Farben präsentierten und zu einer Reizüberflutung führten.

So chaotisch diese Straße auch wirken mochte, so hatte sie doch ihren ganz eigenen Charme. Etwas erinnerte sie mich an die Winkelgasse von Harry Potter nur mit deutlich weniger Magie und Menschen. Die meisten Ladenbesitzer waren schon dabei aufzuräumen und ihre Läden zuschließen, aber deswegen war ich sowieso nicht hier.

Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass ich mein Ziel gleich erreicht hatte. Ich musste nur die Straße überqueren.

,,Das nennst du also leger?", fragte mich eine mir viel zu bekannte Stimme, als ich vor dem Ladeneingang stand und durch das große Fenster einen Blick in den Innenraum warf. Innen war alles in dunkelgrün und braun gehalten, sodass man sich fühlte als würde man in einen Wald sehen.

Ich drehte mich zu Fynn um und zog meine Augenbrauen hoch, bevor ich kurz an mir herab sah. Ich trug eine helle enge Jeans und darüber ein weißes Hemd, was ich nur zu einer Hälfte in meine Hose gesteckt hatte. ,,Ja", meinte ich schlicht und zuckte mit meinen Schultern.

Fynn lächelte und strich sich durch seine dunklen Haare. Er trug eine dunkelblaue Jeans und darüber ein schwarzen Pulli, welcher ein Bandlogo zeigte, die ich jedoch selbst nicht kannte. ,,Das nächste Mal, sollte ich definieren, was ich unter leger verstehen", sprach er, bevor er das Restaurant betrat und ich ihm folgte.

Fynn steuerte einen Tisch im hinteren Bereich des Ladens an, während ich aus dem Staunen nicht herauskam. Die Tische hatten alle ihre eigene Nische. Hier und da waren schmale Baumstämme angedeutet, die sich in der Decke in einem Astwerk verloren. In diesen vielen verschlungen Ästen an der Decke waren Glühbirnen befestigt, die in unterschiedlichster Höhe in den Raum hinein hingen.

,,Wow", dachte ich laut, während ich die Decke begutachtete, wodurch sich Fynn zu mir umdrehte. ,,So etwas haben die Luxusrestaurants, die du normalerweise kennst, nicht oder?", hinterfragte er und zog meine Aufmerksamkeit auf ihn. Meine blauen Augen sahen ihn etwas genervt an.

,,Nein haben sie nicht. Aber das sagt ja nicht, dass ich nur in solchen Kreisen verkehre", entgegnete ich und deutete ihm an, dass er weiter laufen soll.

,,Hey", begrüßte Fynn einen jungen Mann, der an einem Tisch saß, an welchem es keine Stühle gab, sondern die zwei Bänke waren so aufgebaut wie Schaukel aus Holz, die mit einfachen dunklen Metallketten an der Decke befestigt waren.

Der Mann sah auf und auf seinem Gesicht erschien ein breites Lächeln. Seine Haare waren etwas länger, wobei er vereinzelt Strähnen von seinem dichten schwarzen Haar geflochten hatte.

,,Wie schön, dass ihr Zeit für ein persönliches Kennenlernen habt", begrüßte uns der Mann, bevor er von der Bank aufstand und mir die Hand hinhielt.

,,Ich bin Theo und heute, neben diesem reizenden jungen Mann, dein Abendprogramm", erklärte er freundlich, weshalb ich selbst lächeln musste.

Theo trug eine weite helle Jeans, die an einigen Stellen gerissen und mit kleineren bunten Patches genäht war. Darüber trug er ein schlichtes weißes Oberteil.

,,Freut mich dich endlich kennenzulernen. Ich bin Phia", erwiderte ich lächelnd und ergriff seine Hand. Theo war derjenige, der mir seine Galerie zur Verfügung stellte, um meine Ausstellung in zwei Wochen dort durchzuführen.

Danach sah Theo zu Fynn, wobei sein Lächeln noch eine Spur breiter wurde, bevor sich die Beiden in die Arme schlossen und sich gegenseitig auf den Rücken klopften. ,,Es ist viel zu lang her", kommentierte Fynn dies, was mich etwas irritierte.

,,Ja aber nur, weil du es nicht hinbekommst ein Handy zu bedienen und dich zu melden", erwiderte Theo und stieß Fynn leicht gegen die Schulter.

,,Tut mir leid, ich hatte zutun", erklärte er und zuckte kurz mit seinen Schultern. Theo sah dabei zu mir und nickte wissend.

,,Und ich dachte, ihr seid nur Bekannte", ergriff ich das Wort, als wir auf die Bank rutschten.

,,Nur Bekannte? So stellt er als seinen besten Freund vor", sagte Theo und griff sich theatralisch an die Brust. ,,Vielen Dank auch, Fremder", wendete er sich nun an Fynn und zeigte ihm den Mittelpunkt.

,,Besten Freund?", wiederholte ich und sah Fynn fragend an, der neben mir saß.

,,Bekannter hat seriöser geklungen. Hättest du das Angebot in betracht gezogen, wenn ich gesagt hätte, dass mein bester Freund eine Galerie besitzt?", hinterfragte Fynn und sah mir dabei direkt in die Augen. Das war eine verdammt gute Frage, die ich um ehrlich zu sein, nicht beantworten konnte.

,,Zurück zu den wirklich wichtigen Dingen", begann Theo, nachdem wir unser Essen bestellt hatten. ,,In genau zwei Wochen wird die Ausstellung stattfinden. Natürlich haben wir die meisten Eckdaten schon besprochen. Aber mit wie vielen Leuten dürfen wir rechnen? Ich meine, wenn eine Royal ausstellt, müssten uns ja die Türen eingerannt werden", fuhr er fort und ich rutschte etwas auf der Bank hin und her.

,,Ich würde gerne die Presse raushalten...sowie auch meinen Namen. Deswegen hatte ich gehofft, dass du mir da helfen könntest, da du in dieser Szene aktiv bist. Ich würde ein paar Leuten von mir bescheid geben, aber keine Werbung machen, weil ich die Befürchtung habe, dass die falschen Leute kommen könnten", erklärte ich ihm.

Ich brauchte keine Presse, die sich nicht für meine Kunst interessierte, sondern nur an meiner Person Fragen über meine Familie stellen wollte. Auch brauchte ich keine gutbetuchten Menschen, die sich vielleicht nur darüber auslassen würden, was für eine mittelmäßige Künstlerin ich bin. 

,,Das verstehe ich...was hälst du von Musik? Ich kenne da einen neuen DJ, der die Galerie mit etwas Musik füllen könnte, so hat das alles etwas mehr Style", fragte Theo, während er sich auf seinem Handy Notizen machten.

,,Wenn er zu meiner Kunst und der Galerie passt, wieso nicht", antwortete ich, wobei auf Theos Gesicht ein Lächeln erschien. ,,Perfekt. Caterring habe ich aus diesem Restaurant angefragt, deswegen hab ich euch heute auch hierher eingeladen", meinte Theo, während die Getränke gebracht wurden.

,,Du hast dir ein ganzes Netzwerk von Leuten aufgebaut", kommentierte Fynn und nippte an seinem Gin Tonic.

,,Das ist mein Job, aber ja ich kann mit so gut wie jedem bieten...nur nicht mit einem Auftragsmörder, noch nicht", konterte Theo und griff ebenfalls nach seinem Getränk.

,,Wenn ich fragen darf, was machst du beruflich? Außer die Galerie zu vermieten", mit dieser Frage traf ich anscheinend direkt ins Schwarze. Theo drehte sich zu mir und ein stolzer Ausdruck bildete sich auf seinem Gesicht.

,,Ich bin ein Königsmacher", erklärte er mit viel Nachdruck in seiner Stimme. Sofort nachdem er das ausgesprochen hatte, erklang ein das raue Lachen von Fynn.

,,Jetzt übertreibst du aber deine Position", lachte Fynn, was ihm nur einen bösen Blick von Theo bescherte.

,,Im Gegensatz zu dir habe ich keinen langweiligen Job im Büro, aber bei solch einer Chefin, sei es dir verziehen", Theo zwinkerte mir kurz zu, bevor er seinen Freund weiter warnend ansah. ,,Und du warst ja die letzte Zeit nicht im Land...es hat sich viel in meinem Business getan."

,,Tut mir leid, ich wollte dich damit nicht angreifen", entschuldigte sich Fynn aufrichtig und Theo machte nur eine abwehrende Handbewegung. ,,Entschuldigt mich kurz, ich muss mal kurz jemanden zurück rufen", meinte Fynn, als er kurz auf sein Handy sah und aufstand.

,,So jetzt, wo er weg ist, wie hälst du das nur mit dem die ganze Zeit aus?", fragte Theo schmunzelnd, wobei er sich etwas auf den Tisch nach vorn lehnte.

,,Viel Koffein und viele Aufgaben, die er machen muss, damit es ihm nicht langweilig wird", erklärte ich ihm mit einem leichten Lächeln. Er nickte daraufhin nur anerkennend, wss mich zum Kichern brachte.

,,So und woher kennt ihr euch eigentlich?", hinterfragte ich, wobei Theo kurz das Gesicht verzog.

,,Wir kennen uns von früher. Wir waren zusammen auf dem Internat. Meine Eltern wollten mich los werden, weil sie Angst hatten ich könnte noch mehr Skandale für unsere Familie bedeuten und Fynn...naja er wurde auch von seiner Familie weggeschoben, wie ein ungewolltes Kind. Ich glaube deswegen haben wir uns angefreundet", erzählte Theo während er in seinem Drink herumstocherte mit seinem Strohhalm.

,,Wir beide passten nie in die Welt von euch", fügte er hinzu und sah mich dabei lange an. In seinen grünen Augen lag etwas verbittertes. Zwar galt dieser Zorn nicht mir, trotzdem lief es mir kalt den Rücken herunter.

Egal, was Theo erlebt hat, es hatte tiefe Wunden hinterlassen.

,,Vielleicht ist das auch gut...schließlich ist auch keine schöne Welt", hörte ich mich sagen, was Theo nur mit einem kurzem Schnauben kommentierte.

,,Nein. Aber ich bin froh, dass du nicht so bist, wie die Anderen. Und ich freue mich schon sehr auf unsere Zusammenarbeit", lockerte er wieder die Stimmung auf und hob sein Glas, um mit mir anzustoßen.


Vergiss das ☆ nicht, wenn es dir gefallen hat.

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