Kapitel 27

Die Welt des Luxus wirkt für viele vermutlich wunderschön und eines der erstrebenswerten Ziele im Leben. Mit harter Arbeit schafft man dies vermutlich auch. Aber einer von Ihnen zu sein, ist eine ganz andere Nummer.

Jeder noch so kleiner Makel wird begutachtet und kommentiert. Entweder hinter vorgehaltener Hand oder offen in dein Gesicht. Aus diesem Grund mied ich in letzter Zeit solche Veranstaltungen...aber heute führte leider kein Weg da herum.

Ein letztes Mal zog ich meinen dunkeln Lippenstift nach, bevor ich von dem Stuhl vor meinem Schminktisch aufstand. Ich warf mir durch den Spiegel ein aufmunterndes Lächeln zu, während ich meine Schultern straffte. Wir hatten uns die letzten Wochen von jeglichen öffentlichen Auftritten, die nicht direkt die Firma betrafen zurück gehalten, weil wir zu gut wussten, welches Feuer auf uns wartete.

Langsam schritt ich die Treppe in den Eingangsbereich herunter, während ich eine Hand locker an dem Geländer herunter gleiten ließ. Währenddessen streifte ich die verletzte Phia von mir ab, wie eine zweite Haut und ließ sie zurück. Heute brauchten wir Perfektion und Stärke. Sonst würden wir den Abend nicht überleben.

,,Du siehst gut aus", kommentierte Gideon mein Aussehen, während ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen lag. Seine blonden Haare waren zurück gegellt und auch wie sein schwarzer Anzug, saßen sie perfekt. Gideon war zu einem Mann herangewachsen, der unserem Vater nicht ähnlicher sein konnte.

,,Du siehst auch ganz akzeptabel aus", entgegnete ich und nahm ihn meinen hellen Mantel ab, den er in der Hand hielt.

,,Anscheinend übst du schon einmal für heute Abend...nicht schlecht, aber an deinem Blick müssen wir noch üben", warf er ein, bevor wir das Haus verließen.

Sofort begrüßte mich die kalte Herbstluft, die mir einen Schauer über den Rücken jagte. Mein Kleid endete kurz über den Knien und auch meine dünne Strumpfhose war nicht wirklich ein Schutz gegen die Kälte.

Wir liefen zu Gideons schwarzen Wagen, an welchem Silas lehnte. Seine blonden Haare hatte er locker gestylt, sodass sie wirkten als hätte er rein gar nichts damit gemacht, lediglich etwas Haarspray. Zudem trug er zwar ebenfalls einen schwarzen Anzug, jedoch fehlte ihm gänzlich eine Krawatte oder Fliege. Stattdessen waren die ersten zwei Knöpfe seines weißen Hemdes aufgeknöpft.

,,Wenigstens einer muss seinem Ruf gerecht werden", erklärte er schulterzuckend, als er meinem Blick bemerkte, bevor er die Autotür öffnete und auf die Rückbank rutschte.

,,Wo ist eigentlich Ethan? Wollte er nicht auch kommen?", fragte Silas, als ich mich auf den Beifahrersitz sinken ließ und dunkelgrünen Stoff meines Kleides ein Stück weiter über meine Oberschenkel schob. Das Kleid war Olivias Idee gewesen, langsam fragte ich mich, wer hier welchem Ruf gerecht werden würde.

,,Ethan ist Washington. Die Washington Commanders haben heute ein wichtiges Spiel und da wir Geschäftspartner sind, dachte er es wäre sicherlich gut, ein klein bisschen Interesse zu zeigen", antwortete ich, als der Wagen von Hof vor.

,,Ach der Typ hat sicherlich VIP Karten und eine Einladung zur Aftershow-Party, da würde ich auch nicht nein sagen", meinte Silas amüsiert von hinten und ich musste nur lächeln. Vermutlich hatte Ethan gerade sehr viel Spaß, schließlich war Football genau sein Ding und dann auch noch mit einer Mannschaft feiern zugehen...innerlich musste sein kleines Kind sicherlich vor Freude weinen.

***

,,Willkommen, Mrs. Royal", begrüßte mich ein Angestellter und überreichte mir höflich eine silberne Maske. Ich trat ein paar Schritte weiter in den großen Flur hinein, um mich dann zu meinen beiden Brüdern umzudrehen. ,,Eine Maske?", wisperte ich, sodass die anderen Angestellten, die mir zum einen meine Jacke abnahmen und mir zum anderen ein Getränk anboten, nichts hörten.

Auch die Angestellten trugen Masken, jedoch schlichte schwarze passend zu ihrem Outfit. ,,Ich habe keine Ahnung, was sich Blair da für einen kranken Scheiß ausgedacht hat", sagte Silas, während er sich seine Maske aufsetzte und die Augen verdrehte.

,,Egal. Wir spielen ihr Spiel mit und verabschieden uns so früh wie es der Anstand erlaubt", erklärte Gideon, welcher mir gerade dabei half meine Maske aufzusetzen, da sie hinten mit einem silbrigen Seidenband zugebunden werden musste.

Blair Grey. Niemand geringeres als Tristan Greys älteste Tochter und selbst ernannte Queen der High Society feierte heute ihren 24. Geburtstag. Und sie nahm es als persönliche Kränkung, wenn man dieses Event verpasste. Kein Grund war gut genug, um zu Fehlen.

Wir liefen den Gang herunter und gelangten in einen großen Saal, da wo auch die Gala von ihrem Vater vor ein paar Wochen statt gefunden hatte.

Der Raum war gefüllt mit vielen Leuten, die man jedoch nur anhand ihrer Frisur erkennen konnte, was es schwierig machte. Aber gleichzeitig hatten wir dadurch ein bisschen Hoffnung, nicht sofort aufzufallen.

,,Phia, oh wie schön, dass ihr kommen konntet", flötete mir Blair entgegen und breitete ihre zierlichen Arme aus. Sie war gänzlich in gold gekleidet, was sie von der Menge abhob. Schließlich lautete der Dresscode dunkel und schlicht.  Wie sie es liebte im Mittelpunkt zustehen.

Ich erwiderte ihre Umarmung, wobei wir uns rechts und links ein Kuss zu hauchten. Blair war damals mit mir auf der Highschool gewesen und ich weiß nicht wieso, wahrscheinlich wegen meinem Namen, aber ich gehörte ihrem ,,Gefolge" an. Zum Glück war diese Zeit vorbei.

,,Es freut mich sehr, dich endlich wieder zu sehen. Du musst mir alles über deinen Sommer in Frankreich erzählen", redete ich darauf los und lächelte sie anerkennend an. ,,Diese Party ist gelungen, wobei ich das mit den Masken noch nicht ganz durchschaut habe, aber sicherlich steckt auch dahinter wieder irgendeine deiner Ideen", fügte ich etwas leiser hinzu, was sie schmunzeln ließ.

Wie ihr Vater liebte sie es, mit Komplimenten überhäuft zu werden. Sicherlich versuchte Silas gerade eine Würgegeräusch zu unterdrücken. ,,Wenn ich Zeit habe, werde ich sicherlich zu dir kommen und dir alles berichten", entgegnete sie mir bevor sie Silas und Gideon überschwänglich in den Arm nahm, als seien sie beste Freunde.

Silas lobte ihr Kleid und beteuerte, dass sie damit jeder Frau die Show stehlen würde heute Abend. Dies war auch sicherlich insgeheim der Grund für diese Kleiderwahl.

,,Wieso hast du mir verschwiegen, dass dein Bruder solch ein Glow-Up gemacht hat?", flüsterte mir Blair zu und griff dabei leicht meinen Oberarm, was mich leicht anspannte. Ihre Finger bohrten sich dabei leicht in meine Haut.

,,Welcher von beiden?", hinterfragte ich, woraufhin Blair die Augen verdrehte. ,,Silas, natürlich", fuhr sich mich theatralisch an. Ja natürlich das konnte ich ja schließlich riechen.

,,Wie ich hörte bin ich ja eh nicht Gideons Beuteschema...man sagt er stehe auf Ältere", dabei betonte sie das Wort ,,Ältere", was mich ihr ein warnenden Blick zu werfen ließ. Aber bevor ich etwas entgegnen konnte, betraten neue Gäste den Raum, die sie begrüßen musste.

,,Den hast du nötig", meinte Silas, der mir ein Glas Champagner in die Hand drückte und mich leicht, aber bestimmt von Eingang weg brachte. ,,Wieso? Seh ich so bedürftig aus?", fragte ich und ließ meinen Blick über die Menge schweifen, wo war Gideon? Aber vielleicht war es auch gut, dass er nicht hier in der Nähe war.

,,Bei dem ganzen Schleim, den du von dir abgesondert hast, musst du dringend deinen Wasserhaushalt wieder auffüllen", erklärte er grinsend, bevor er mir mit seinem Glas zu prostete und es mit einem Zug leerte. Einen Ruf den er zu verteidigen hatte, schon klar.

,,Blair steht auf dich", warnte ich Silas vor, was er nur mit einem Schulterzuckend kommentierte, während er sein Glas gegen ein volles umtauschte. ,,Was glaubst du eigentlich, wieso ich mir gerade mühsam einen Pegel aufbaue? Sicherlich erwartet sie von mir, dass ich sie umgarne...zumindest etwas", erklärte er frustriert.

Der Saal füllte sich immer mehr mit Leuten, die ich jedoch nicht recht zu ordnen konnte, schließlich bedeckte die Maske die Augenpartie, sowie die Nase. Aber genau das nutze ich zu meinem Vorteil, sodass ich mich unbewegt durch den Raum bewegen konnte.

,,Hast du schon gesehen? Drei der Royals sind anwesend", hörte ich ein brünettes Mädchen zu einer Blondine sagen. Ich blieb stehen und tat so, als würde mich das Büfett, was niemand bei solch einer Veranstaltung anrührte, wirklich begeistern.

,,Ja. Phia und zwei der Brüder...ich glaube es müsste der Älteste sein und Silas, oder Ethan", antwortete die Blondine, während sie einen kleinen Schluck von ihrem Glas nahm.

,,Das die sich trauen hier aufzutauchen...schließlich ist ihr Vater immer noch des Mordes angeklagt", fuhr die Brünette fort und die Missbilligung in ihrer Stimme traf mich. Ich umschloss mein Glas fester in meiner Hand, jedoch beschäftigte ich mich weiter mit den Schokopralinen.

,,Und weißt du, was ich eben gehört habe? Das ganze Tamtam um Landons Hochzeit...das ist alles nur ein weiterer Skandal, schließlich hat einer der Brüder mit seiner Verlobten geschlafen", wetterte nun auch die Blondine weiter. Ich drehte mich zu den Beiden um, jedoch standen sie mit dem Rücken zu mir.

,,Was, wirklich? Das wusste ich nicht mal", sprach die Brünette erschrocken aus und drehte sich zu ihrer Freundin. Dabei drehte sie auch ihren Blick leicht zu mir, sodass sie merkte, dass sie nicht ungestört redeten. Wenn man auf solch einer Veranstaltung überhaupt ungestört reden konnte.

,,Einen schönen Abend die Damen", ergriff ich nun das Wort und lächelte ihnen zu. Nun drehte sich auch das blonde Mädchen um, wobei sich ihre Augen leicht weiteten hinter der Maske, als sie erkannte wer ich war.

,,Ich wollte euer Gespräch nicht stören, ganz im Gegenteil, es ist wirklich sehr interessant. Redet weiter, vielleicht erfahre ich auch noch etwas Neues über meine Person", ermutigte ich sie amüsiert. Während die Blondine schon mit einer Entschuldigung rang, reckte die Brünette ihr Kinn etwas nach oben.

,,Ach, ist das so? Es ist unhöflich andere Gespräche zu belauschen, aber das muss ich dir ja nicht sagen, woher sollst du auch etwas von Anstand gelernt haben, bei deiner Familie", fuhr mich die Brünette an, was mich nur abwertend Lächeln ließ.

,,Wenigstens musste meine Familie kein Insolvenz anmelden, weil mein Vater Steuern hinterzogen hat", konterte ich und tat so als würde ich überlegen. ,,War es nicht auch dein Vater, der meinen um etwas Geld gebeten hat...und mit etwas Geld meine ich mehrere Tausend", fuhr ich fort und sah der Frau direkt ins Gesicht. das mit der Insolvenz wussten nicht viele Leute, da ihr Vater durch meinen einen Kredit erhalten hat, sodass es nicht an die große Glocke gehangen wurde.

,,Also halt lieber den Mund, bevor ich deinem Vater den Geldhahn zudrehe....dann schauen wir mal, was ich für ein anständiges Mädchen ich bin", fügte ich noch im Vorbeigehen hinzu, bevor ich die Frauen alleine ließ.

Das hier war alles nur ein Spiel. Ein Spiel aus Intrigen und Macht. Die Macht über Wissen und wie man dieses richtig einzusetzen hat, um seinen eigenen Vorteil daraus zu ziehen.

Ich warf meine blonden Locken über die Schulter und tauchte wieder in der Menge ab, die langsam bemerkt hatte wer ich war. Aber das war in Ordnung.

Ich war vorbereitet.

Phia kann doch eine kleine Badbitch sein.

Vergiss das ☆ nicht, wenn es dir gefallen hat.

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