Kapitel 2
30 Minuten zuvor...
,,Vielen Dank, Miss Royal. Werden sie auch noch eine Rede halten heute Abend?", fragte mich der Reporter, nachdem er seinem Team zu verstehen gab, dass sie die Kamera nun ausschalten sollen. Ich lächelte ihn charmant an und fuhr mir durch meine Haare.
,,Heute Abend soll der Fokus allein auf meinem Vater und seiner Firma stehen, weshalb ich ihm heute ausnahmsweise das Rampenlicht überlasse", scherzte ich und der Reporter nickte, wobei er mein Lächeln erwiderte.
Innerlich überkam mich ein Würgereiz, denn ich konnte nur viel zu gut aus diesem Lächeln herauslesen, was dieser Mann sich gerade erhoffte.
,,Wann wird das Interview ausgestrahlt?", hinterfragte ich sofort und sah mich schon beiläufig im Saal um, sodass ich einen netten Eindruck machte, jedoch auch desinteressiert an einem längeren Gespräch wirkte.
,,Morgen oder übermorgen Abend", erklärte der Mann und ich nickte.
,,Sicherlich bekommen sie es bis morgen Abend hin", bemerkte ich leise, als ich seine Krawatte richtete, wobei mir das billige Parfüm in der Nase brannte. Danach trat ich einen Schritt zurück und nickte ihm kokett zu.
,,Haben sie noch einen schönen Abend", fügte ich noch hinzu, bevor ich rasch unter den Gästen verschwand.
Der Raum war in den Farben dunkelblau, gold und weiß geschmückt, da es auch die Selben waren, die sich in unserem Firmenlogo widerspiegelten.
Während ich mich durch den Raum bewegte, hielt ich hier und da Smalltalk mit einigen Gästen und bedankte mich, dass sie gekommen waren, jedoch scannten meine Augen den Raum ebenfalls nach meinen Brüdern ab, schließlich konnte nicht nur Silas auf dumme Gedanken kommen.
Zudem war Landon heute Mittag zurück aus Mexiko gekommen, weshalb ich ihn gerne vor der Rede meines Vaters begrüßen wollte.
,,Wie lief das Interview?", fragte mich Olivia und reichte mir lächelnd ein Glas Champagner. Sie trug eine schwarze Stoffhose und eine weiße Bluse mit blauen Streifen, die ihren dunkleren Teint betonte.
,,Man könnte meinen du gehörst zur Deko", scherzte ich aufgrund ihrer Farbwahl, woraufhin sie nur schmunzelnd die Augen verdrehte.
,,Das Interview lief gut. Wenn alles gut läuft, wird es morgen Abend ausgestrahlt", erklärte ich ihr und nippte an meinem Glas. Diesmal durfte ich mir nur etwas Champagner genehmigen, schließlich durfte ich nicht halbschwangend auf der Bühne nachher stehen.
,,Na so wie du mit ihm geflirtet hast, wird sicherlich nichts schief gehen", Olivia zwinkerte mir zu. Über ihre Schulter hinweg sah ich, wie der ältere Zwilling den Raum betrat.
Seine langen blonden Haare, die ihm bis kurz über die Schulter reichten, trug er offen.
,,In fünfzehn Minuten geht es los, also werd' bitte nicht allzu sentimental", neckte mich Olivia, bevor sie sich wieder unter die Leute mischte.
,,Landon", begrüßte ich meinen älteren Bruder lächelnd und schloss ihn in die Arme, wobei mir natürlich nicht entging, dass ihm die Sonne in Mexiko mehr als nur gut getan hatte.
,,Na kleine Schwester", lächelte er und strich mir über den Kopf. Wie ich diese Geste hasste, aber leider tat das gefühlt jeder der vier, nur um nochmals zu unterstreichen, dass sie alle einen Kopf größer waren als ich.
,,Das wird Dad aber nicht gefallen", kommentierte ich seine Ketten am Hals, die den Platz einer Krawatte einnahmen.
Landon war etwas legerer gekleidet. Zwar trug er einen Anzug, jedoch waren die ersten drei Knöpfe seines Hemdes aufgeknöpft und zwei längere schwarze Ketten hingen an seinem Hals, wobei die eine einen Kreuzanhänger besaß.
,,Ach der ist doch eh viel zu beschäftigt dafür, er merkt es sicherlich erst, wenn er sich das Gruppenbild zu genau ansieht", meine Landon abwegig und steckte eine seiner Hände in die Anzugstasche.
,,Wie war Mexiko?", hinterfragte ich und hakte mich bei meinem Bruder ein, um mit ihm durch den Saal zuschreiten.
,,Sehr gut. Ich werde vermutlich in ein paar Wochen wieder runter fliegen", antwortete er mir und schnappte sich elegant eine Praline von dem Tablett eines Kellners.
,,In Form eines Fluzeugs? Ihr habt maßlos übertrieben", stellt er fest, bevor er sie sich in den Mund schob.
Landon leitete die Stiftungen, sowie übernahm die geschäftlichen Treffen außerhalb der Staaten. So auch in Mexico, wo Royal Industrie einen weiteren Standort aufbauen möchte, um nicht nur zu expandieren, sondern auch in diesem Land mehr Arbeitsplätze zuschaffen. Gut bezahlte Arbeitsplätze.
,,Ist Lou eigentlich auch hier?", fragte ich als Olivia mir von einigen Metern entfernt mit einer Geste Bescheid gab, dass wir gleich auf die Bühne mussten.
Lou war Landons feste Freundin seit der Uni, jedoch sah ich sie nur selten, da auch Landon eher in der Weltgeschichte umher reiste, als zuhause zu sein.
,,Nein. Sie kommt später", antwortete er mir knapp. Das war seltsam, aber wirkliche Zeit, um seine Antwort zu hinterfragen blieb mir leider auch nicht, da Landon mich zu der kleinen Bühne führte, wo sich auch schon der Rest meiner Familie befand.
,,Wo bleibt Dad?", hinterfragte ich, als ich zwischen meinen Brüdern hin und her sah.
,,Er kommt sicher gleich, er benötigt sicherlich seinen eigenen Auftritt, du kennst ihn ja", erklärte mir Gideon, der Älteste von uns Fünf, und zog mich kurz an sich, um mir einen Kuss auf den Scheitel zu hauchen.
,,Hey Phia, du siehst wunderschön aus", flüsterte er mir zu, was mich zum Strahlen brachte. Danach strich er mir eine meiner blonden Locken hinter das Ohr und lächelte mich an, wobei er etwas angespannt wirkte.
,,Du warst vorher noch in der Firma oder?", ich musterte ihn besorgt und schluckte. Unter seinen Augen lagen Schatten, die er versucht hatte zu kaschieren und er starrte förmlich auf seine Smartwatch, als würde er schon damit rechnen, dass er noch mal zurück in sein Büro geordert wurde.
Er war wie Dad. Außer Arbeit und Überleben gab es bei den Beiden nicht, wobei zweites meistens zu kurz kam.
,,Es ist gerade viel los", er zuckte mit seinen Schultern und ich zog eine meiner blonden Augenbrauen hoch.
,,Das sagst du immer", ich stieß ihn mit meinem Ellenbogen leicht in die Seite, was ihn zum Schmunzeln brachte.
Bis dahin war meine Welt perfekt. Die Feier lief gut, sehr gut sogar.
Ich genoss die Aufmerksamkeit der Presse, sowie dass meine Familie komplett anwesend war, was leider in letzter Zeit immer weniger wurde.
Landon reiste in der Weltgeschichte umher, während Silas und Gideon nur in ihrer Abteilung auffindbar waren, langsam zog ich es wirklich in Erwägung, dass sie dort lebten.
Der Einzige, der es sich nehmen ließ, viel zu oft in meinem Büro vorbeizuschauen, war Ethan. Für ihn war das sture Leben für einen Job noch nie etwas gewesen.
Wir betraten dicht hinter meinem Vater die Bühne und positionierten uns vor dem dunkelblauen Vorhang, auf welchem das Firmenlogo prangte.
Allein dieses Bild würde ich mir gerne von der anderen Seite ansehen. Wir mussten wirken wie eine starke Einheit, die durch nichts zerschlagen werden konnte.
Bis zu diesem Augenblick dachte ich es zumindest, dass wir genau das waren.
Eine homologe Masse, die durch nichts und niemanden durchbrochen werden konnte.
Aber dieses Gedanken hätte ich genau in diesem Moment verwerfen müssen, als der Saal von Polizeibeamten überflutet wurde.
Aber ich habe an den Lippen meines Vaters gehangen und jedes Wort mit Ehrfurcht in mich hineingesaugt, auch wenn ich selbst diese Rede x Mal überarbeitet hatte.
Wenn mein Vater sprach, stand die Welt für einen kurzen Moment still. Er war schon immer mein Vorbild gewesen, egal was er gemacht oder gesagt hat, ich habe ihn bewundert.
Bis zu diesem einen Moment.
,,Mister Royal, sie sind des Mordes an Mister Callum McKeanzie angeklagt."
Eigentlich sollte man behaupten, dass einem der Instinkt genau vor solchen Momenten vorwarnt, dass man es im Gespür haben sollte, wenn die Welt entgleist.
Aber nein, dieser Satz schlug mir ohne Vorwarnung, ohne jegliches Signal, mitten ins Gesicht.
Ist Nicolaj unschuldig? Was denkt ihr? Was sagt euer ,,innerer Instikt?
Vergesst nicht auf das ☆ zudrücken ;)
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