Kapitel 12
Meine Finger verschlossen die kleine silberne Schnalle an meinen Schuhen, bevor ich mich aufrichtete und noch einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel warf.
Ich trug ein figurbetontes dunkelgrünes Kleid, was meine Kurven gut ins Szene setze, jedoch auch nicht nuttig wirkte.
Meine blonden Haare trug ich in einem tiefen Dutt und nur wenige Strähnen umspielten locker mein Gesicht, damit es nicht zu streng wirkte.
Eine gefährliche innere Ruhe hatte sich in meinem Körper ausgebreitet. Eigentlich müsste ich wahnsinnig wegen der Nervosität sein...aber irgendwie war ich viel zu ruhig.
So als hätte mein Bewusstsein schon längst damit abgeschlossen, dass dieser ganze Abend ein Spießrutenlauf werden könnte.
Als ich den Flur entlanglief, der mich zu der Treppe führte, blieb ich kurz stehen, nur um langsam um die Ecke zu schielen.
Da stand er. Fynn. Er war in einem schwarzen maßgeschneiderten Anzug gekleidet, während er unten an der Wand lehnte und auf seinem Handy herum tippte.
Ich lud ihn ein, da ich dachte, dass es vielleicht ganz gut war, wenn er wusste, auf was er sich einließ, wenn er wirklich mein Assistent werden wollte.
Aber vielleicht war es der falsche Zeitpunkt, vielleicht war er noch nicht bereit und der ganze Abend wurde nur noch schlimmer, weil er noch nicht darauf vorbereitet war, solch eine Gala zu überleben ohne Skandale oder noch mehr Feinde auf der Liste.
,,Du starrst ihn an", flüsterte plötzlich eine viel zu bekannte Stimme hinter mir und ich zuckte zusammen. Ich drehte mich auf meinem Absatz um und sah Ethan wütend an, während er mich breit anlächelte.
Er trug eine graue Jogginghose und ein weißes Oberteil, da er in der Villa blieb.
,,Und wenn?", hinterfragte ich und Ethan wackelte nur kurz mit seiner Augenbraue.
Er verschränkte seine Arme vor der Brust, bevor er wieder sprach: ,,Ich wünsche dir einen schönen Abend, Phia."
Ich verdrehte die Augen und lief elegant die Treppe herunter.
Ich war professionell, so etwas würde mir nicht mal im Traum einfallen. Schließlich war ich nicht Silas.
Fynn sah von seinem Handy hoch und lächelte mich an. Dabei leuchtete seine braunen Augen kurz auf, bevor er einen Schritt auf mich zu trat und mir seinen Arm anbot.
,,Wir wollen es nicht übertreiben, Mr Montgomery", kommentierte ich dies und lief eiskalt an ihm vorbei, wobei sein Lächeln nur ein Stück breiter wurde.
,,Ich dachte, sie mögen Gentlemans", erklärte er und war dabei viel zu nahe an meinem Ohr, was mir eine kleine Gänsehaut über den Rücken jagte.
Unauffällig brachte ich etwas Abstand zwischen uns, während wir das Haus verließen.
,,Und ich dachte, dass sie sich nur auf beruflicher Ebene über mich informiert haben."
Unser Fahrer, den ich für heute arrangiert hatte, machte mir die Tür auf. Ich warf Fynn einen amüsierten Blick über die Schulter zu.
,,Aber anscheinend, lagen wir beide falsch."
Die Gala wurde von niemand geringeren als Tristan Grey veranstaltet, der Leiter der bekanntesten Zeitung der Stadt, wenn nicht sogar von ganz Virginia.
Ich kannte den Mann schon seitdem ich in der Firma angefangen hatte.
Ein konservativer Mann, der uns Frauen viel zu oft unterschätzt, besonders dann, wenn man keine Modelmaße oder ein schönes Gesicht besaß.
Er begehrte das Schöne und den Luxus...genau das musste ich heute schamlos ausnutzen, auch wenn mein innere Feminismus mich hassen wird. Für die Firma.
Ich stieg aus dem Wagen, wobei Fynn sofort an meiner Seite war. Diesmal unterließ er es, mir seinen Arm anzubieten.
Das Anwesen war riesig und wurde von mehreren Lichtern angestrahlt, dass es sogar nachts wuchtig aussah.
,,Da versucht aber jemand große Komplexe zu kompensieren", kommentierte Fynn so leise, dass nur ich es hören konnten, als wir das Anwesen betraten und von zwei Angestellten in einen Saal geführt wurden. Ich musste schmunzeln, jedoch erwiderte ich nichts.
Der Saal war über und über mit glitzernden und goldenen Elementen geschmückt. Sogar eine riesige Champagnerpyramide war in der Mitte des Saales drapiert wurden.
Der ganze Raum stank nur förmlich von Geld und einem Mann, der dies nur viel zu gerne zur Schau stellte.
Vorne im Saal gab es Bilder und Schautafeln zu dem eigentlichen Thema der Gala, welches jedoch fast schon lächerlich klein wirkte im Gegensatz zu dem Rest der Dekoration.
,,Miss Royal", flötete mir Tristan Grey zu und ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich ein extra breites Lächeln aufsetzte und ich mit schnellen Schritten zu dem Mann lief.
Tristan Grey war ein Mann Anfang fünfzig, welcher durch Schönheitsoperationen jung geblieben war, trotz dessen waren seine Haar fast gänzlich grau gefärbt, was jedoch in den letzten Jahren zu seinem Markenzeichen wurde.
,,Mr Grey, ich freue mich so sehr über die Einladung", entgegnete ich ihm zuckersüß, während er mir einen Kuss auf die linke und dann auf die rechte Wange hauchte.
,,Wie oft habe ich gesagt, dass du mich Tristan nennen darfst", er lächelte mich an und sein ekelhafter Blick glitt über meinen Körper.
Ich legte eine Hand auf seine Brust und beugte mich etwas vor, damit er einen kleinen Blick auf meinen Ausschnitt erhaschen konnte.
,,Doch nicht vor den Leuten, Tristan", kicherte ich und lehnte mich wieder zurück, bevor er ich ein Glas Champagner von dem Tablett eines Kellners nahm.
,,Ein Engel, wie er im Buche steht", kommentierte Tristan, während seine grauen Augen mich nicht los ließen und jede Bewegung in sich aufsaugten.
Er begehrte mich, aber ich war nur eine von vielen. Ich lächelte ihn an und strich mir dabei kokett eine Strähne hinter das Ohr.
,,Es tut mir schrecklich leid, was dir und deiner Familie passiert ist", gab er von sich und mein Lächeln verrutschte keinen Zentimeter.
Seine Zeitung war die Erste gewesen, die einen hasserfüllten Bericht über uns verfasst hat. Die Abneigung, die ich verspürte, durfte ich jedoch jetzt nicht zeigen.
,,Es ist eine Tragödie", kommentierte ich und gab einen Seufzer von mir, der trauriger und schmerzhafter nicht sein konnte.
Tristan griff nach meiner Hand und sah mir in die Augen. ,,Es wird sicherlich eine Erklärung dafür geben...", begann er und erwähnte in keinem Wort, dass er weder daran glaubte, dass mein Vater schuldig oder unschuldig war. Also die neutrale Einstellung. Schön.
,,Ich hoffe es sehr. Du weißt gar nicht, wie mich das alles belastet", jammerte ich und spielte das verletzliche Mädchen, was Tristan nur zu gerne sah.
Denn so bekam er den Eindruck in einer Machtposition zu sein, aber das war er nicht.
Er strich mit seiner Hand etwas höher, sodass sein Finger über meinen Unterarm strichen. Innerlich drehte sich mein Magen um.
,,Wenn es irgendetwas gibt, was ich für dich tuen kann, Phia. Sag es ruhig. Du weißt, dass ich schon immer Sympathie für dich gehegt habe", flüsterte er und ich musste mir einen Brechreiz verkneifen.
,,Das bedeutet mir so viel, das von dir zu hören, Tristan", seufzte ich und sah ihm direkt in die Augen.
,,Da gibt es tatsächlich etwas, was du tuen könntest."
,,Das ist widerlich", haute Landon heraus, als ich mich von Tristan gelöst hatte und mich mit triumphierender Miene zu meinem Bruder gesellte.
Er hatte das ganze Schauspiel anscheinend von Weitem beobachtet, vermutlich wäre er auch dazwischen gegangen, wenn Tristan mit seiner Hand noch weiter hochgewandert wäre.
Ich exte mein Glas und schnappte mir ein neues.
,,Da sagst du was. Aber ich brauchte den Artikel", erklärte ich und winkte Fynn zu mir, welcher auch die ganze Zeit in meiner Nähe geblieben war, nur mit der Aufgabe sich etwas umzuhören, damit wir wussten, wem unsere Anwesenheit hier missfiel. Fynn sah ebenfalls nicht wirklich begeistert aus, als er zu uns trat.
,,Mir fehlen die Worte", sagte er und sein Blick lag auf mir, unsicher ob er mich dafür verurteilen oder bewundern soll.
,,Willkommen im Spiel um die Macht. Schreibst du Olivia eine Email, dass alles glatt geht? Sie soll nächsten Montag in Greys Büro", teilte ich ihm mit, während es sichtlich in Fynn arbeitete, so als wollte er mir mitteilen, dass er das ganz und gar nicht in Ordnung fand. Er nickte lediglich, bevor er sich entschuldigte.
,,Was springt für Grey heraus?", ergriff Landon wieder das Wort und ich schluckte.
,,Ich musste ihm versprechen, dass ich mal mit ihm essen gehe", ich zuckte mit den Schultern und Landons Miene verdunkelte sich sofort. Der sonst so geebnete Landon sah mich an, als wolle er mir an die Kehle springen.
,,Du prostituierst dich nicht für die Firma", fauchte er mir zu und ich schluckte.
,,DAS hatte ich auch nicht vor, Landon. Ich habe Grey nichts versprochen, also bin ich die mit dem längeren Hebel", entgegnete ich und fasst kurz nach Landons Hand, um diese zu drücken.
,,Vertrau mir. Ich hab das im Griff", fügte ich hinzu und lächelte ihn an, bevor ich ihn hinter mir wieder in die Menge zog.
Diesmal ein etwas längeres Kapitel, ich hoffe es gefällt euch.
Vergiss das ☆ nicht ;)
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