Kapitel 1
12 Stunden zuvor...
Manchmal fragte ich mich, wie einfach es doch sein könnte, wenn ich keine millionenschwere Tochter von niemand geringeren als Nicolaj Royal wäre.
Hätte ich dann ein ganz normales Leben in einer ganz normalen Wohnung mit einem ganz normalen Job?
Ohne vier Brüder, die ich über alles liebte und gleichzeitig am liebsten alle in die Hölle schicken würde.
Das Klingeln meines Weckers riss mich aus meinem unruhigen Schlaf. Blind tastete ich nach diesem, um dieses nervtötende Piepen auszustellen. Wahr es wirklich schon so spät.
,,Noch zehn Minuten", hörte ich die raue Stimme neben mir, worauf hin ich nochmals an den warmen Körper meines Dozenten gezogen wurde, der seinen Kopf in dem Kissen vergrub. Seine schwarzen Haare waren noch zerzaust von gestern Nacht.
,,Elijah...", murmelte ich und versuchte den Arm von mir weg zuschieben, daraufhin hob er seinen Kopf und blickte mich mit seinen verschlafenen Augen an.
Eigentlich hatte ich nicht vor gehabt hier auf zu wachen neben meinen viel zu heißen Dozenten. Verflucht.
Elijah lächelte mich schwach an, bevor er sich aufstütze und mir einen Kuss auf die Lippen hauchte.
Er wusste genau, dass ich ihm nicht widerstehen konnte. Nicht ihm und erst recht nicht seinem sündhaften Körper.
Allein dieses Selbstvertrauen und die Art wie er mich jedes Mal, während der Vorlesung betrachtete und förmlich mit seinen Augen auszog. Himmel, wie sollte ich da Nein sagen.
,,Soll ich uns etwas zum Frühstück holen?", fragte er und ließ mich los, um aus dem Bett zu schlüpfen. Natürlich erlaubte ich mir noch ein letztes Mal den Anblick seines nackten Körpers, bevor ich ebenfalls aufstand und mich rasch anzog.
,,Nein. Ich muss in die Firma. Du weißt doch, heute Abend ist die Jubiläumsfeier", erklärte ich, während ich meinen Pulli überzog.
Ich war nur gestern in der Bib gewesen, wie um Himmelswillen, war ich schon wieder in dieser kleinen Einzimmerwohnung gelandet?
Zwei Arme schlangen sich um meinen Körper, bevor Elijah mir einen Kuss auf den Nacken hauchte.
,,Wann sehen wir uns wieder, Phia?", allein wie er meinen Namen aussprach war wie ein Gebet, was mich fast zu dem Gedanken zwang, die Termine heute Vormittag abzusagen...aber nein.
Das hier musste aufhören...irgendwann.
Ich lächelte und löste mich von seinem Körper. ,,Am Montag in der Vorlesung, Herr Bennet", sagte ich zuckersüß, drehte mich ein letztes Mal zu ihm, damit ich ihm zuzwinkern konnte, bevor ich ihn splitternackt in seiner viel zu kleinen Wohnung stehen ließ.
Während ich den Flur des Wohnhauses entlang eilte, richtete ich meine dunkelblonden Haare und rief mir ein Taxi.
3 Stunden zuvor...
,,Das Fernsehen wird heute Abend auch zugegen sein, sie hoffen auf ein Interview mit dir, Phia", erklärte mir Olivia, welche mit ihrem Tablett hinter mir stand und mir die neusten Ereignisse mitteilte, während eine Stylistin meine Haare frisierte.
Heute Abend musste einfach alles gut laufen, schließlich war dieses Jubiläum nicht nur zum Feiern da, sondern es würde auch gute PR abgeben, da wir nicht nur die hohen Geschäftspartner eingeladen hatten, sondern auch die ,,einfachen" Arbeiter.
Diese Entscheidung haben ich und Ethan unserem Vater ins Ohr geflüstert. Ethan als Personalleiter und ich als Marketingleiterin und Pressesprecherin der Royals.
,,Haben sie dir schon einen Plan ihrer Fragen geschickt? Wenn nicht, dann schreib ihnen, dass sie es tuen sollen und ich dann entscheide, ob ich ihnen die Zeit opfere", antwortete ich Olivia, welche nickte und sofort mit tippen begann.
Olivia war gerade mal ein paar Jahre älter als ich, aber ich würde sie als Assistentin mit niemanden tauschen wollen. Zudem war sie nicht nur meine Angestellte, sondern auch eine meiner Vertrauten geworden.
Mein Leben drehte sich so stark um Royals Industrie, dass ich manchmal vergas, dass ich auch noch ein Privatleben besaß.
Die Stylistin lockte meine Haare und flocht meine linke Seite, sodass meine Haare auf meiner rechten Seite in großen Locken herunterfielen.
,,Die Mail ist raus gegangen...aber eins noch, was du wissen solltest", begann Olivia, jedoch wurde genau in diesem Moment meine Zimmertür aufgerissen.
,,Schon mal etwas von Klopfen gehört?", kommentierte ich das Verhalten meines Bruders Ethan und drehte mich zu ihm. Ethan war der jüngste meiner Brüder, jedoch immer noch 11 Monate älter als ich.
,,Ich bring Silas irgendwann noch um", fauchte Ethan und schloss die Tür hinter sich. Er trug schon seine dunkelblaue Anzugshose und das passende cremefarbene Hemd.
,,Was hat er diesmal verbrochen?", fragte ich leicht desinteressiert und prüfte nochmals meine Frisur, ob auch alles saß. Heute durfte einfach kein Fehler passieren.
,,Diese Ratte hat schon wieder mit einer seiner Assistentinnen geschlafen", brummte Ethan und ließ sich auf mein Himmelbett fallen, was einige Meter hinter meinen Schminktisch stand.
Was Silas in seiner Abteilung trieb, wollte ich eigentlich nicht so genau wissen, aber Ethan war schon immer sehr mitteilungsbedürftig, weshalb mir die Details leider nicht erspart, die er in seiner Personalabteilung mitbekam.
,,Warum ist das jetzt unser Problem?", fragte ich, bevor ich mich bei der Stylistin bedankte und mich nun gänzlich meinem Bruder widmen konnte, der immer noch gefrustet auf meinem Bett lag. So würde er das Hemd doch total zerknittern.
,,Naja sie will jetzt eine Beförderung...sonst wendet sie sich an die Presse, was dann zu deinem Problem wird", erklärte mein Bruder und stütze sich auf seine Unterarme, damit er mich ansehen konnte.
Ethan hatte die runden Gesichtszüge von Mum geerbt, während die anderen das kantige Gesicht unseres Vaters abbekamen.
,,Dann ist es eben noch so ein kleiner Skandal, aber das ist nichts Neues bei Silas, also vielleicht interessiert sich die Press dafür gar nicht dafür", warf ich ein und zuckte mit meinen Schultern, bevor ich nach meinem Handy griff und durch die neuen Emails scrollte, wo ich zum Beispiel den Fragebogen fand, den das Fernsehen nachher mit mir durchgehen wollte. Das ging ja schnell.
,,Olivia, du kannst gehen. Mach dich fertig, wir sehen uns dann auf der Feier", wand ich mich an meine Assistentin und lächelte sie warm an. Was würde ich nur ohne diese Frau machen.
,,Naja, Silas seine wundervolle Affäre hat anscheinend in der Forschung gearbeitet, also hat sie Informationen, an was er und sein Team gerade arbeitet", argumentierte Ethan weiter und ich seufzte erneut. Kann sich Silas nicht einmal jemand suchen, der nicht so viel Ärger machen konnte?
Als hätten wir ihn heraufbeschworen, als wir über ihn reden, betrat niemand geringeres als Silas mein Zimmer kurz darauf. Natürlich ohne vorher anzuklopfen.
Mit einem breiten Lächeln, schwang sich der jüngere Zwilling neben Ethan auf mein Bett. ,,Wir hatten es gerade von dir", begrüßte ich ihn und seine Mundwinkel zuckten noch ein Stück höher.
,,Hoffentlich nur Gutes", daraufhin traf ihn eines meiner weißen Kissen direkt an den Kopf.
,,Das du deinen Schwanz nicht unter Kontrolle hast, darum ging es", nörgelte Ethan, woraufhin Silas nur gekonnt mir seinen Schultern zuckte und sich seine ebenfalls blonden Haare aus dem Gesicht strich.
,,Wegen dir werden wir noch arm", jammerte Ethan weiter und ließ sich wieder rückwärts auf mein Bett fallen.
,,Ach übrigens arm werden, meint ihr ich bekomme den Vorstand heute Abend dazu überredet die Forschungsgelder etwas zu erhöhen? Ich bin da an etwas dran", sagte er euphorisch.
So gerne Silas sich auch mit ,,anderen Dingen" während seiner Arbeitszeit vergnügte, so intelligent war der Kerl auch. Seitdem er in der Firma arbeitete, hatte er schon einiges erreicht. Allein die neue Methode, wie CO2 reduziert werden konnte, indem man den Treibstoff der Flugezeuge umstellte, für welche die Royals bekannt waren.
Wie er das hinbekam, hat er mir sicherlich an die hundert Mal erzählt, aber leider war die Wissenschaft noch nie meine Stärke gewesen.
,,Solange du nicht die Ehefrauen der Vorstandsmitglieder gevögelt hast", warf Ethan säuerlich ein und ich musste schmunzeln.
,,Jetzt mal was Anderes, habt ihr davon schon gehört, dass Callum McKeanzie gestern gestorben ist? Meint ihr, dass könnte uns irgendwie gefährlich werden?", hinterfragte Silas nun ganz ernst und ich sah von meinem Handy hoch, bevor ich es in die Tasche des dunkelblauen Kleides rutschen ließ.
Callum war ein wichtiger Geschäftspartner der Firma gewesen, nicht nur ein reicher Investor, sondern auch ein wichtiger Händler von Ersatzteilen für die Flugzeuge.
Dass er gestorben ist, hat mir Olivia heute früh schon am Telefon gesagt, als ich im Taxi gesessen habe. Den restlichen Tag habe ich in meinen kurzen Pausen dran gearbeitet, wie wir damit umgehen.
,,Ich glaube nicht. Morgen wird eine Mitleidsbekundung an die Familie herausgeschickt und ich werde es heute Abend auch noch mal im Fernsehen sagen, wie leid uns das frühzeitige Ableben von ihm tut", erklärte ich und zupfte eine Fussel von meinem Kleid.
,,Wir werden auch auf die Beerdigung gehen. Aber zu mehr sind wir nicht verpflichtet. Wir haben ihn ja schließlich nicht unter die Erde gebracht."
Vergesst nicht auf das ☆ zudrücken.
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