Chapter 2
Die letzten Tage habe ich es geschafft, ihm nicht wieder zu begegnen. Aber da ich mich gerade auf dem Weg zu einem Treffen mit seinem Bruder mache, sinken meine Erfolgschancen rapide. Ich müsste schon außerordentliches Glück haben, um ihn heute nicht anzutreffen.
Das Outfit für den heutigen Tag zu wählen, hat sich als deutlich schwieriger erwiesen, als sonst. Ellen hat gestern das Treffen mit Prinz James arrangiert. Er steht seinem Bruder in Punkto Frauen und Partys natürlich keinen Deut nach. Und das ist genau das, was mich so nervös macht. Mein einziger Lichtblick ist, dass Ellen auch anwesend sein wird.
Mit zitternder Hand klopfe ich an die Tür und werde sogleich herein gerufen. Schockiert formte mein Mund ein großes O als ich erkenne, dass sich sämtliche Mitglieder der königlichen Familie hier befinden. Den König selbst ausgenommen.
Ich versuche mir meine Aufregung nicht allzu sehr anmerken zu lassen, knickse und setze mich auf den Platz neben Ellen, die mich beruhigend anlächelt. Mason hingegen strafe ich mit Nicht- Beachtung und James, der mich neugierig mustert, werfe ich nur einen flüchtigen Blick zu.
Er sieht genauso gut aus, wie sein jüngerer Bruder obwohl er nicht ganz so muskulös und breit gebaut ist. Sie haben dasselbe dunkelblonde Haare und diese stechenden blauen Augen, die einen ohne Probleme in den Wahnsinn treiben können.
Viele Stunden später mache ich mich erschöpft auf den Heimweg. Ich habe mich ganz gut geschlagen und jeglichen Blickkontakt zu Mason vermieden. Niemand soll auf irgendwelche komischen Ideen kommen. Schon gar nicht die Queen.
*
Am nächsten Morgen bin ich, wider aller Erwartungen, gut drauf und hell wach. Das passiert mir so selten, dass sich meine Laune nicht einmal verschlechtert als meine Mutter über mein Aussehen meckerte, dass wir immer nicht hübsch genug sei.
Meine braunen Haare trage ich heute ausnahmsweise offen und eventuell rührt meine gute Laune daher, dass sie heute perfekt liegen. (Das passiert einmal in drei Jahren.) Ich habe meinen Lieblings Bleistiftrock an und eine rosa Bluse, mit einem leichten Ausschnitt und schönem fallenden Stoff. Zum Glück habe ich einen relativ dunklen Teint und deshalb steht mir rosa ganz gut, obwohl ich es nicht allzu häufig trage.
In meinem Büro angekommen, gehe ich schnell die neusten Nachrichten durch, die die Royals betreffen und kann zum Glück nichts ungewöhnliches entdecken. Ellen hat mir einen Zettel hinterlassen, auf dem sie eine Uhrzeit und einen Raum vermerkt hat. Normalerweise kommunizieren wir über das Telefon oder sie kommt her, aber naja, wird schon seinen Grund haben.
Ich erstelle Umfragen und gehe die neuen Bilder der Prinzen durch, die mir geschickt worden sind. Mason mit dem Supermodel Celia Vilo, James mit der Prinzessin von Spanien. Und immer ein charmantes Grinsen im Gesicht.
Gegen Mittag mache ich mich auf den Weg zu Ellen um sie im roten Salon zu treffen. Ich musste ein Dienstmädchen nach dem Weg fragen, weil ich absolut keinen Schimmer habe, wo das sein soll. Sie hat mir einen merkwürdigen Blick zu geworfen und mich wahrscheinlich als unfähig abgestempelt. Als ich das Zimmer endlich gefunden habe, öffne ich die riesigen, weißen Flügeltüren und bleibe wie angewurzelt stehen.
Sofort sticht mir ein riesiges Himmelbett mit dunkelroten Vorhängen ins Auge. Bis auf den schweren samt Teppich, ein edles Zweiersofa und einen vornehmen Nachtisch befindet sich nichts weiter in dem Zimmer. Ich drehe mich auf dem Absatz um und renne gegen eine steinharte Brust.
"Was zur.." Entfährt es mir, während mein Blick höher wandert und an Masons ausgeprägtem Kiefer hängen bleibt.
"Ich habe mich schon gefragt, wo du bleibst." Er grinst, mit genau dem selben Lächeln, wie auf den Fotos, die ich gerade noch angesehen habe. Und ich schüttle nur perplex den Kopf. Er geht zwei Schritte vorwärts und zwingt mich somit, weiter in das Zimmer zu gehen.
Mein Blick wandert höher zu seinen wohlgeformten Lippen und zu seinen hohen Wangenknochen. Seine Anziehung ist einfach unfassbar stark und ich kann verstehen, wieso kein weibliches Wesen ihm widerstehen kann. Er ist die absolute männliche Perfektion. Leider.
Ich bemerke kaum, wie er die Tür schließt und sich vor mich stellt. Er mustert mein Gesicht, meinen Auschnitt und meine Taille. Ich muss mich dringend beruhigen und dafür muss ich es irgendwie schaffen den Blick von seinem super sexy, verwuschelten Haar zu nehmen.
Ich betrachte seine tiefhängende Jeans und das weißes Shirt, dass um seinen Bizeps spannt. Das macht es nicht besser. Nein. Ganz und garnicht. Schweren Herzens reiße ich mich von dem Anblick los und trete weitere zwei Schritte nach hinten. Aus dem Fenster kann man den Schlossgarten sehen und die blühenden, bunten Blumenmeere.
Ich räuspere mich und straffe die Schultern, meine zitternden Hände verschränke ich hinter meinem Rücken. "Wo ist Ellen?", breche ich die Stille und schaue dabei weiter aus dem Fenster. Schau ihn bloß nicht an, warne ich mich selbst.
"Wie kommt du darauf, dass SIE dir den Zettel geschrieben hat?" Seine Stimme ist rau und tief und befindet sich definitiv viel zu nah an meinem Ohr.
"Wer soll es denn sonst.." Ich schaue ihn ungläubig an und mustere dann das Himmelbett. Mir platzt gleich sowas von der Kragen.
"Verfluchte Scheiße. Was soll das?" Meine Stimme klingt piepsig und hysterisch, während ich anklagend auf das Bett deute.
"Ich wollte in Ruhe mit dir reden."
"Wieso?" Ernsthaft, worüber sollten wir reden.
Er ignoriert meinen Einwurf. "Und da dachte ich, dass sich meine Privatgemächer am besten dafür eigenen." Seine Augen funkeln amüsiert und seine Mundwinkel zucken verräterisch.
"Was soll das heißen 'deine Privatgemächer'?", stottere ich ungläubig und völlig fassungslos, obwohl ich die Antwort vermutlich kenne.
"Das hier ist mein Schlafzimmer."
Bitte was? Alle meine Alarmglocken schrillen lauthals, doch ich kann nichts anders als ihn an zu starren. Wie, um alles in der Welt, kann man so dreist sein?
Meine Augen formen sich zu Schlitzen und ich baue mich bedrohlich vor ihm auf. Jedenfalls versuche ich das. Ob es bedrohlich aussieht, weiß ich nicht, vermutlich nicht. Wahrscheinlich eher wie ein wütendes Kaninchen, weniger angsteinflößend geht es nicht.
"Mason. Wieso bin ich hier?" Ich betone jedes einzelne Wort, und schaue ihn gerade heraus an. Ich will eine Antwort. Jetzt. Sonst gehe ich. Die Tür ist zwar hinter ihm, aber er wird mich ja wohl nicht aufhalten. Hoffe ich.
Er rauft sich frustriert durch seine dunkelblonden Haare und für einen kurzen Moment entgleisen seine Gesichtszüge. Er sieht müde aus, geschafft, und so als würde er die Last der Welt auf seinen Schultern tragen. Nichts erinnert mehr an das fröhliche, ausgelassene Kind, das er vor zehn Jahren gewesen ist.
Dann ändert sich seine Miene und er funkelt mich genervt an. "Ich bin der begehrteste Junggeselle ganz Englands, ach was, der ganze Welt. Und ich lasse mich ganz sicher nicht von dir anschnauzen." Hochmütig blickt er mit seinen 1,89 auf mich herunter und ich verdrehe nur genervt die Augen. Nichts, was ich nicht schon hundert Mal gehört habe.
"Soll mich das jetzt beeindrucken?", frage ich spöttisch und verziehe amüsiert den Mund. Dieser eingebildete Schnösel!
Er mustert mich belustigt. "Beleidigst du mich gerade gedanklich?"
"Wie kommst du denn darauf?" Meine Stimme trieft vor Hohn und ich mache mir keine Mühe, ihn von dem Gedanken abzubringen.
Er schüttelt den Kopf und grinst. "Du bist genauso süß wie damals."
"Haha." Ich benötige all meine Anstrengung, um zu verhindern, dass meine Wangen rot werden. Vergeblich. Scheiße. Sein Grinsen wird breiter und er zieht die Augenbrauen triumphierend in die Höhe.
"Eleonore." Ich bilde mir ein, seinen Atem an meiner Wange zu spüren und seine einnehmende Stimme löst eine angenehme Vibration in meinem Inneren aus. Unfassbar, wie seine Stimme mein Blut in Wallung bringt.
Ich muss versuchen mich zusammen zu reißen. Ich höre schon die Vorwürfe und Anschuldigungen meiner Mutter. Wie konntest du nur? Du bist nicht gut genug. Er ist ein Prinz! Was hast du dir nur dabei gedacht? Immer das Gleiche mit dir.
Ich schüttle den Kopf, um wieder nachdenken zu können und registriere seinen Blick, der aufmerksam auf mir liegt.
"Wie läufts mit Celia?", frage ich, hauptsächlich um ihn ein bisschen aus der Fassung zu bringen und damit er eine Sekunde von mir abgelenkt ist. Tatsächlich schaut er mich überrascht an und legt dann den Kopf schief.
"Schon eifersüchtig? Wir stehen doch noch ganz am Anfang unserer Beziehung!" Sein ironisches, selbstgefälliges Grinsen würde ich ihm gerne aus dem Gesicht wischen. Trotzdem muss ich lächeln und einen winzigen Moment driftet mein Bewusstsein in den Sommer vor zehn Jahren ab.
Ich war elf, er zwölf. Wir sind mit den Ponys an den See geritten und waren dort baden. Wir haben niemandem gesagt, wo wir hingehen und haben uns tagelang jeden Morgen aufs Neue weg geschlichen. Das war der erste und einzige Sommer, den ich nicht bei uns zuhause verbracht habe. Und mit Abstand der Schönste.
Es fällt mir schwer, in ihm den kleinen, süßen Jungen von damals zu sehen. Seine Gesichtszüge sind zu hart und seine Stirn trägt zu viele Falten. Sein unbeschwertes, lautes Lachen und seine frechen Finger, mit denen er mich immer gekniffen hat, es fehlt mir.
Ich beiße mir auf dir Unterlippe und wende mich erneut dem Fenster zu. Der Garten und die strahlenden Blumen erfordern meine gesamte Aufmerksamkeit und ich bestaunen ehrfürchtig die Weiten der grünen Wiese, die in das tiefe Blau des Himmels übergeht.
Mason räuspert sich und ich zucke erschrocken zusammen.
"Seit wann bist du so schreckhaft?"
"Ich muss jetzt zurück." Ohne seine Frage zu beantworten, schiebe ich mich an ihm vorbei und öffne die große Tür. Ich bleibe aber nochmal stehen und drehe mich zu ihm um.
"Es ist mir wirklich wichtig, diesen Job hier zu behalten. Ich werde nichts tun, was ihn gefährden könnte. Und ich möchte, dass du Rücksicht darauf nimmst."
Seine Gesichtszüge erfrieren, einen Augenblick später trägt er seinen typisch herablassenden Ausdruck und scheint meine Anwesenheit vergessen zu haben. Er wendet sich ab und öffnet eine der anderen Türen, die ich überhaupt nicht wahrgenommen habe. Benommen schaue ich ihm hinterher, bevor ich die Tür schließe und mich wieder an die Arbeit mache.
Muss er ja nicht wissen, dass das nicht stimmt, dass mir dieser Job egal ist. Oder zumindestens war.
Als ich am Abend das Schloss verlasse, begegnen mir Mason und Celia. Ich knickse und er geht wortlos an mir vorbei. Celia widmet mir ebenfalls keinen Blick und ich schüttle nur den Kopf. Versteh einer die Kerle.
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