Kapitel 27

Als frisch gekrönter König, blieb Asher nicht viel Zeit sich um andere Dingen neben seinem Amt zu bemühen.

So kam es vor, dass ich wochenlang nichts von ihm hörte. Der Frühling kam und ging vorüber und die ersten Anzeichen des Sommers meldeten sich.

Ich sah Interviews von Ahser, in denen er gefragt wurde, ob er liiert sei, doch jedesmal wich er mit der Antwort aus, dass er sich zuerst an sein neues Amt gewöhnen müsse, bevor er daran denken konnte, seine Familie zu erweitern.

Es war recht ungewöhnlich, dass ein unverheirateter Mann König wurde. In der Geschichte Dänemarks hatten bisher nur verheiratete Männer den Thron bestiegen. Aber es war ihnen zumindest erlaubt zu Beginn ihres Amtsantritt nicht liiert zu sein, ganz zu Schweigen von den Frauen. Soweit ich wusste, galt dieses Gesetz in Dänemark noch, dass nur verheiratete Frauen zur Königin werden durften.

In England hatte dieses Gesetz auch gegolten, bis Willow den Thron bestiegen hatte und diese Vorschrift kurzerhand geändert hatte.

Eine Fernbeziehungzu führen gefiel mir zwar nicht, aber es war mich auch ganz recht, dass ich ein wenig Abstand zu Asher hatte. Die ganzen Veränderungen, die in Dänemark gerade vor sich gingen, waren mir nicht ganz geheuer. Und ich musste auch nicht ständig sehen, wie Asher sich als König machte. Die Medien taten in diesem Bereich schon genug.

Wenn wir es dann endlich schafften zu telefonieren, erzählte Ash meistens von seinen Sitzungen und seinen neuen Aufgaben und ich hörte ihm aufmerksam zu, auch wenn alles in mir am liebsten schreien wollte. So sehr ich mich bemühte, ich konnte mich einfach nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass mein Freund nun ein König war.

Also versuchte ich mich so gut es ging auf meinen Entzug zu fokussieren. Ich ging regelmäßig zu den AA-Treffen und kämpfte jeden Tag gegen den Drang an, Alkohol zu konsumieren. Doch ich hielt durch, so gut ich konnte.

Emmett versuchte immer wieder, den Kontakt zu mir herzustellen, aber ich blockte ab. Noch war ich nicht bereit meiner Familie unter die Augen zu treten. Und bis auf Emmett hatte ich seit dem Streit, weder von Willow noch von Dad etwas gehört.

Ich saß gerade mit einem Skizzenblock und einem Glas Limonade auf dem Wohnzimmerboden, als es an der Tür klingelte. Die ersten Sommertage waren extrem schwül und man konnte erst abends die Fenster aufmachen, damit kühle Luft eindrang. Tagsüber war es in meiner Wohnung kaum auszuhalten, weshalb ich mehrere Ventilatoren aufgestellt hatte, die leise vor sich hin brummten.

Barfuß und in Shorts und einem dünnen Top, lief ich zur Tür und drückte auf den Knopf, damit sich unten die Haustüre öffnete. Dann öffnete ich die Wohnungstür und wartete, bis mein Besuch nach oben kam.

Am wenigstens damit gerechnet hatte ich, dass plötzlich Asher vor mir stand. Zuerst dachte ich es wäre die Hitze, aber nachdem ich zweimal geblinzelt hatte, realisierte ich, dass er tatsächlich hier war.

„Waren wir verabredet?" Panisch durchforstete ich mein Gehirn, ob ich vielleicht vergessen hatte, dass wir einen Termin ausgemacht hatten, aber da war nichts.

Das letzte Mal hatten wir vor drei Tagen telefoniert und da hatte er mir nur von einer Woche voller Termine erzählt und dass er sich wahrscheinlich erst nächste Woche wieder melden konnte.

„Ich freue mich auch dich zu sehen", erwiderte er gespielt verletzt. „Aber wenn du dich nicht über meinen Überraschungsbesuch freust, kann ich auch wieder gehen."

„Mach dich nicht lächerlich, komm rein." Lächelnd begrüßte ich ihn mit einem Kuss. „Ich habe Zitronenlimonade gemacht. Willst du ein Glas?"
„Sehr gerne."

Während ich in die Küche ging, Eiswürfel und Limonade in ein Glas füllte und dieses mit einer Zitronenscheibe garnierte, blieb Asher im Wohnzimmer und sah sich meine Skizzen an.

„Die neuen Entwürfe sind toll geworden", lobte er meine Arbeit.
„Danke."

„Hast du schon einen Plan was du mit deiner Marke machen willst?"

Im Schneidersitz setzte ich mich neben ihn aufs Sofa und nahm erst einen langen Schluck von meiner Limonade. Das kühle Getränk war herrlich frisch an einem so heißen Tag.

„Nein, nicht wirklich. Momentan bleibt Royal Dress noch geschlossen."

Ich hatte meinen Mitarbeitern erklärt, dass ich eine Pause brauchen würde, um gewissen Dinge in meinem Leben zu ordnen und dass das Geschäft solange pausieren würde. Die meisten hatten sich verständlich gezeigt und Lesly und ich hatten ihnen geholfen, um in anderen Unternehmen einen neuen Job zu finden.

Nur meine Assistentin war so verrückt darauf zu warten, bis es weitergehen würde. Wenigstens hatte ich genug Mittel sie in dieser Zeit zu bezahlen. „Lesly und ich arbeiten aber daran und haben bald einen Termin bei einem Unternehmensberater. Ach übrigens", ich fischte grinsend mein Smartphone vom Wohnzimmertisch. „Naresh und Nilay haben mir Bilder geschickt."

Ich zeigte ihm die neusten Bilder von den zwei Kindern, die sich in dem Kinderdorf, in dem sie untergebracht waren, sehr gut entwickelten.

„Nilay spricht nun mittlerweile ziemlich gut Englisch und hat ihre Liebe zum Zeichnen entdeckt. Naresh erzählt mir am Telefon immer, dass er am liebsten den ganzen Tag nur Fußball spielen möchte. Er träumt davon Profispieler zu werden."

Lächelnd klickte sich Asher durch meine Galerie. „Das ist toll. Die beiden sehen gut aus."
„Es geht ihnen auch gut. Ich glaube sie können ihr Trauma hinter sich lassen. Zumindest wünsche ich mir das für sie."

Ich hatte immer noch regelmäßigen Kontakt zu Nilay und Naresh, die ich damals in Indien kennengelernt hatte. Wir telefonierten sehr oft und sie schickten mir über das Handy ihrer Betreuer Bilder. Sie liebten es Selfies zu machen, oder Nilay fotografierte gerne ihre neusten Werke ab oder filmte Naresh beim Fußball spielen.

Ich war unglaublich froh, dass die beiden endlich Kinder sein durften und nicht mehr wie Sklaven in einer Fabrik arbeiten musste. Momentan plante ich sogar, bald wieder nach Indien zu fliegen, um die Kids zu besuchen.

„Wie laufen deine Treffen?"
Asher hatte einen Arm um mich gelegt und strich mir in ruhigen Bewegungen über die Schulter.

„Gut. Ich denke ich mache Fortschritte."

Er küsste mich auf die Schläfe. Ich genoss seine Berührungen. Es war ewig her, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten und auch wenn ich nicht wusste, wie ich mit der aktuellen Situation umgehen sollte, hatte ich ihn vermisst.

„Und wie ist die Lage in Dänemark?"
„Anstrengend. Jeder will ständig was von mir."

„Es muss schrecklich sein, wenn man die ganze Zeit im Mittelpunkt steht", scherzte ich. Asher lachte rau. „Ja es ist furchtbar."

Asher zog mich näher an sich und verschloss unsere Lippen zu einem Kuss. „Ich habe dich vermisst", murmelte er an meinen Mund.

„Ich dich auch", flüsterte ich zurück.

Seine Küsse wurden immer inniger und irgendwann landete ich auf seinem Schoß. Meine Hände hatte ich in seinen weichen Haaren vergraben, seine hingegen wanderten ruhelos über meinen Körper. Als er mit seiner Zunge in meinen Mund eindrang, um ihn zu erkunden, konnte ich mir ein Stöhnen nicht mehr verkneifen. Scheinbar war er nicht zum reden gekommen.

Atemlos löste ich mich von ihm. „Ash", keuchte ich. „Du bist aber nicht bloß gekommen, um mit mir zu schlafen, oder?"

Er zog eine Linie von Küssen über meinen Hals. „Und wenn es so wäre?" Sanft knabberte er an meiner Haut und löste damit eine Gänsehaut an meinem Körper aus.

„Dann würde ich mich irgendwie benutzt fühlen."

Ash seufzte und lehnte sich ein wenig zurück. „Als ob du das niegetan hast."

„Wie bitte?", fragte ich total perplex. Bitter lachte Ash auf. „Du hast doch all deine vorherigen Männer auch nur für Spaß benutzt. Aber sobald du benutzt wirst, tickst du aus."

Ich glitt von seinem Schoß und stand auf. Verwirrt fuhr ich mir durch die Haare. Meine geschwollenen Lippen prickelten noch von den vielen Küssen, aber meine Erregung war verschwunden. Ich konnte nicht fassen, was er mir gerade vorwarf.

„Was ist denn mit dir los?" Die Wut brodelte gefährlich in mir.

Ash rieb sich über das Gesicht. Beinahe hatte ich Mitleid mit ihm, denn er sah total fertig aus. Vermutlich bekam er nicht besonders viel Schlaf ab. Die Augenringe schrien zumindest gerade zu danach.

Ich wollte dieser ganzen verrückten Scheiße einfach nur mal kurz entkommen und meineFreundin besuchen. Ist das denn zu viel verlangt?"

„Nein", erwiderte ich so ruhig wie möglich. Ich war verwundert darüber wie tonlos ich klang. „Aber ich bin mir sicher, dass es bei euch ebenfalls ein Protokoll gibt, dass besagt es dürfen keinerlei vorehelicher Aktivitäten stattfinden."

„Dann heirate mich."

Stille. Ich konnte meinen Herz hören, dass unangenehm schnell in meiner Brust hämmerte. Aber nicht vor freudiger Aufregung.

Ungläubig lachte ich auf. „Das ist doch nicht dein Ernst."

„Doch." Asher sah auf und blickte mir direkt in die Augen. „Du hast mir vor der Krönung versprochen, dass du für mich da sein wirst."

„Damit habe ich mich nicht ehelich an dich gebunden."
„Nein. Aber unterstützt hast du mich in den letzten Monaten auch nicht."

Diese ganze Situation wurde immer skurriler, je länger Asher auf meinem Sofa saß.

„Zuerst kommst du her um mich für Frust-Sex zu benutzen, dann wirst du ausfällig, weil ich mich weigere, dann machst du mir einen Pseudo-Antrag und jetzt wirst du mir vor, ich würde dich nicht genug unterstützen? Falls du es nicht gemerkt hast, habe ich ein eigenes Leben, dass nicht beinhaltet, dass ich vierundzwanzig Stunden in Dänemark sitze und dein Hand halte!"

Meine Worte hallten von den Wänden wieder.

„Dann ist die Vorstellung mich zu heiraten also so schrecklich für dich?" Ein Stich durchfuhr mein Herz. Asher klang so verletzt, dass ich ihn am liebsten in den Arm genommen und ihm die Welt versprochen hätte. Aber das hart erkämpfte Fünkchen Selbstachtung hielt mich davon ab.

„Ja."

Asher nickte langsam. So wie er auf dem Sofa saß, war da keine Spur von Haltung mehr. Er war regelrecht in sich eingefallen. Das machte also die Krone mit einem.

„Dann war das also eine Lüge, als du sagtest du würdest mich lieben."
„Das hat nichts mit Liebe zu tun."

„Verdammt nochmal Liv, natürlich hat das was mit Liebe zu tun. Aber scheinbar liebst du mich nicht genug. Denn wenn du es tun würdest, würdest du mich heiraten."

„Schau dich dochmal an", rief ich vorwurfsvoll. „Du bist noch kein halbes Jahr im Amt und schon völlig am Ende. Ich. Liebe. Dich. Aber dieses Leben das du führst..." Ich biss mir auf die Lippen und ging vor ihm auf die Knie. Sanft nahm ich seine Hände in meine. „Ich kann das nicht."

„Aber wir können doch gemeinsam kämpfen", flüsterte Ash.
Tränen brannten mir in den Augen und ich schüttelte den Kopf.

„Ich kann nicht, Ash. Ich habe mich von allen königlichen Pflichten distanziert, weil ich genau dieses Leben nicht führen will. Und das kann ich auch nicht für dich aufgeben. Aber ich werde mich nicht in eine Rolle zwingen lassen. Ich werde meine Kinder kein gigantisches Erbe auferlegen und sie auf den Thron zwingen, nur weil sie die Erstgeborenen sind. Du kannst nicht von mir verlangen, dass ich meine Freiheit aufgebe."

In dem Moment, als ich es aussprach, war ich mir sicher, dass es der richtige Weg war. Asher hatte mir dazu verholfen Respekt mir selbst gegenüber zu erlernen. Und den würde ich nicht über Bord werfen, denn genau so würde es sich anfühlen, wenn ich die nächste Königin von Dänemark werden würde.

Asher war die erste große Liebe meines Lebens und würde sie vermutlich immer sein. Aber dieses Leben... Das konnte ich einfach nicht.

„Dann stimmt es also doch." Ashers Stimme klang so kalt, dass sich augenblicklich eine Gänsehaut auf meinem Körper ausbreitete.
„Stimmt was?"

„Das du den Männern in deinem Leben überdrüssig wirst und sie nach Belieben austauschst."

Er riss mir das Herz heraus. Brutal. Ohne Gnade. Seine Worte schlangen sich wie Kralle um mein Herz, zerrten, rissen, zerfetzten, bis nichts mehr davon übrig war.

Ich machte mich ruckartig von ihm los. „Raus", flüsterte ich.

Er reagierte nicht. Sondern saß einfach da, sah mich an. Kalt. Angeekelt. Verletzt.

„ICH SAGTE RAUS! VERSCHWINDE!" Meine Lunge brannte, so laut hatte ich geschrien.

Benommen erhob sich Asher und sah dabei nicht mehr aus, als wäre er Herr seiner Sinne.

Ich griff nach dem nächstbesten Gegenstand – eine Vase von meinem Wohnzimmertisch – und warf sie in seine Richtung.

Er zuckte erschrocken zusammen, als die Vase gegen die Wand krachte und in Tausend Scherben auf dem Boden zerfiel.

Sobald er die Wohnungstür hinter sich geschlossen hatte, versagten meine Beine und ich sank auf den Fußboden. Schluchzend schlang ich die Arme um mich. Ich weinte. Ich schrie. Aber der dumpfe, eklige, kalte, Schmerz blieb.

*****

Ich lasse das jetzt einfach ohne weitere Worte stehen.

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