Geschichten

Beim Anblick des Zimmers erstarrte Ria zu Eis. „Ich glaube, die haben sich bei der Reservierung vertan. Blake bringt uns beide um, wenn er das herausfindet."

Zweifelnd hob Reece eine Augenbraue. „Das sind zwei einzelne Betten, Ria. Es besteht wirklich kein Grund zur Beunruhigung. Du wolltest einen Ort zum reden."

Eingehend musterte sie die beiden Einzelbetten. Sie war drauf und dran sich ein eigenes Zimmer zu buchen, bis ihr einfiel, dass Blake herausfinden würde, wo sie wirklich waren, wenn sie ihre Karte nutzte. Sie wollte einfach nicht, dass er herausfand, dass sie sich mit ihren Fragen an Reece wandte und nicht an ihn. „Verirr dich im Bett und du wirst einen tieferen Eindruck in meine Kampfkünste bekommen."

Daran zweifelte Reece keinen Augenblick. Was ihm neben dem drohenden Tonfall aber auch auffiel, waren die Verletzlichkeit und Unsicherheit, die sie unter ihrer taffen Art verbarg. „Soll ich umbuchen?"

Bestimmt schüttelte sie ihren Kopf. „Nein, ist schon in Ordnung. Wann möchtest du den Tatort besichtigen?"

Belustigt deutete er auf eines der Betten. „Willst du nicht erst mal auspacken?" Der verständnislose Blick, den sie ihm zuwarf, brachte ihn zum Lachen. „Du willst also aus dem Koffer leben?"

Verwundert runzelte sie die Stirn. „Das sind doch nur zwei Nächte. Da packt niemand aus."

Seufzend setzte er sich auf sein Bett. „Bis auf deine neuen Outfits bist du noch genauso undamenhaft wie zuvor."

Sie quittierte sein zweifelhaftes Kompliment mit einem aufgebrachten Schnauben. „Das Zeug trage ich nur, weil Blake meine eigentlichen Sachen in den Keller geschlossen hat. Ich kann schlecht nackt durch die Gegend laufen."

Reece musste sich auf die Zunge beißen, um den Kommentar, der ihm auf der Zunge lag zu unterdrücken. „Was ist es, dass du mich fragen wolltest?"

Ihre leicht scherzhafte Aura verschwand und Anspannung breitete sich in Ria aus. Sie holte tief Luft, wie um sich selbst zu wappnen. „Es ist etwas, das Blake gesagt hat. Ich bin mir nicht sicher, wie ich fragen soll, weil ich selbst nicht so genau weiß, worum es geht. Mir sagt niemand was."

Er ahnte, in welche Richtung das Gespräch gehen würde. „Ich denke ich weiß ganz gut, was dich bedrückt."

Schweigend setzte sie sich auf ihr Bett, ihm gegenüber.

„Können wir uns erst die Stadt ansehen und etwas essen? Mein Magen hängt langsam in den Kniekehlen."

„Natürlich." Mit verständnisvollem Blick erhob er sich. „Dann komm."

Es fiel Ria schwer, in den nächsten Stunden die nötige Distanz zu wahren. Sie und Reece verstanden sich wirklich gut. Und jetzt, wo sie sicher war, dass niemand sie beobachtete, empfand sie es als unheimlich schwer, in ihrer Rolle zu bleiben. Hier kam es ihr vor, als würde sie sich Blakes finsteren Besitzansprüchen entziehen können. Klar, sie gehörte zu ihm und sie verstand auch irgendwo, dass er meinte, Ansprüche auf sie zu haben, aber da hörte das Ganze auch schon auf.

„Hey", protestierte sie schwach, als Reece ihr den Salat klaute, den sie aus Geschmacksgründen nicht angerührt hatte. Ein verschmitztes Lächeln huschte über sein Gesicht. Er wirkte so zufrieden, wie sie sich fühlte. Es war ein sehr schöner Nachmitttag gewesen. Zuerst hatten sie sich alle großen Sehenswürdigkeiten angesehen und anschließen hatte sie ihn durch alle möglichen Szeneboutiquen geschleift und sich einen erneuten Vorrat an gescheiten – schwarzen – Klamotten zugelegt. Es stellte sich heraus, dass er anscheinend anderer Ansicht war, was den Begriff gescheit anging. Das hatte sie dennoch nicht daran gehindert, sich einen ordentlichen Vorrat zuzulegen. Schließlich waren sie über dieses kleine, schnuckelig aussehende Restaurant gestoßen und hatte beschlossen, dort ihren Tag ganz entspannt ausklingen zu lassen.

Auf dem Rückweg ins Hotel nahm Reece sich die Zeit, seine Begleitung noch einmal genau zu mustern. Wenn sie zusammen arbeiteten, flirteten sie schon ab und an miteinander. Das gehörte aber eher  zum guten Umgangston - stets hatte sie betont, dass sie nicht zu haben sei. Dass sie Damian Konstantin nur zögerlich als ihren Freund bezeichnete und eigentlich auch nur dann, wenn sie eine entschiedene Grenze ziehen wollte, war ihm auch schon aufgefallen. Sie hatte sich immerzu bemüht, distanziert und abgeklärt zu sein. Nie hatte er auch nur einen kurzen Blick auf das Mädchen hinter dieser Fassade werfen können. Bis zum heutigen Tage hatte er sich gefragt, ob sie überhaupt dazu in der Lage war, sich zu freuen und Spaß zu haben. Jetzt wusste er mit Sicherheit, dass sie es sehr wohl verstand, sich zu amüsieren. Ihr aufrichtiges Lachen war ansteckend und ihre gute Laune färbte auf ihre Umgebung ab. Wer hätte gedacht, dass sie so ein Sonnenschein sein konnte?

Er hörte das Sausen kurz bevor sie ihn zu Boden riss. Neben ihnen steckten zwei Wurfmesser im Boden. Ria handelte ohne groß nachzudenken. Sie schnappte sich die beiden Messer und jagte dem Unbekannten hinterher. Reece folgte ihr auf den Fersen. Schon lange hatte er nicht mehr an einer Verfolgung teilgenommen. Erst jetzt bemerkte er, wie sehr ihm der Adrenalinrausch gefehlt hatte. Ein Glück, dass sie ihre Schuhe beim Einkaufsbummel ausgewechselt hat, dachte er erleichtert. Er konnte sich nicht vorstellen, wie man mit Absatzschuhen jemanden verfolgen konnte.

Viel zu schnell endete die Jagd in einer dunklen Seitengasse. Es war Ria gelungen, die flüchtige Person mit dem der Messer an einen Zaun zu nageln.

„Wer schickt dich?" Dunkel schnitt Reeces tiefe Stimme durch die Stille. Die Person schreckte zusammen, als sie ihn aus dem Schatten hinter Ria treten sah, hielt aber den Mund.

Die Schwarzhaarige schnaubte verächtlich. „Hör zu, ich sage es dir nur einmal im Guten."

Interessiert beobachtete Reece, wie Ria mit dem zweiten Messer geradezu liebevoll über den Hals der Attentäterin strich. „Mein Freund hier mag vielleicht Polizist sein, aber ich bin es nicht. Weich seinen Fragen aus, wenn du willst, aber ich würde dir raten mir zu antworten. Andernfalls könnte es sehr, sehr schmerzhaft für dich werden." Zur Bekräftigung ritzte sie die Haut der Gefangenen ganz leicht ein. Diese wimmerte. „War das ein Ja?", fragte Ria gefährlich freundlich. Reece schauderte. Kein Wunder, dass sie sich bestens darauf verstand, in die Köpfe von Mördern einzutauchen.

Mit donnerndem Pulsschlag nickte die Frau. Ein zufriedenes Lächeln umspielte Rias Mundwinkel. In einem Ton, als würde sie mit einem kleinen, verängstigten Kind reden, fuhr sie fort. „Die erste Frage ist ganz leicht. Trotzdem beschäftigt sie mich schon sehr lange. Genau genommen, seit ich einen deiner Freunde das erste Mal gesehen habe. Ich sage dir gleich: er hat es nicht überlebt. Also, meine Frage. Warum zum Henker nochmal rennt ihr in diesen albernen Kostümen herum? Das ist ja sowas von lächerlich!"

Einen Moment lang starrten sowohl die Frau als auch Reece sie sprachlos an. Einen solchen Ausbruch hatte keiner von beiden erwartet. „Das war Teil des Auftrags. Wir bekommen einen Anruf und die Anweisung, die Zielpersonen in diesem Kostüm zu verfolgen."

Wer immer diese Leute anheuert, muss über einen durchaus ausgeprägten Galgenhumor verfügen, dachte Ria düster. „Namen?"

Die Gefangene schüttelte den Kopf. „Der Auftraggeber bleibt anonym."

Sie hatte nichts anderes erwartet. Schließlich kannte sie den Namen derer, die Blake um einen Gefallen baten auch nicht. „Dein Boss?"

Die Frau wurde bleich. „Er bringt mich um, wenn ich seinen Namen verrate."

Ungerührt hob Ria eine Augenbraue. „Nun, entweder er oder ich. Wenn du mir seinen Namen sagst, hast du noch genug Zeit, zu verschwinden."

„Nein", keuchte die brünette Mittvierzigerin. „Er bringt meine Kinder um."

Verärgert steckte Ria das Messer weg. „Warum bist du auch so dämlich und verrätst deinem Boss wo du wohnst? Ganz zu schweigen davon, dass du dich als Attentäterin versuchst?"

Erneut starrten Reece und die Frau Ria überrascht an. Sie schien es nicht zu genießen, mit der Fremden zu reden.

Mit unbarmherziger Miene beugte sie sich vor. „Hör zu. Ich hatte heute einen sehr schönen Tag. Den schönsten seit ich denken kann, um genau zu sein. Und den hast du mir versaut. Wenn du ohne große Schmerzen davonkommen willst, würde ich dir raten, den Namen auszuspucken. Dann bleiben deine Kinder sogar am Leben."

„Zajc." Es war ein resigniertes Seufzen, doch es war alles, was Ria hören wollte. Sie nahm den Kopf der Frau in ihre Hände und brach ihr das Genick.

„Was tust du da?" Fassungslos starrte Reece auf die Leiche.

Ria schenkte ihm ein mitleidsloses Lächeln. „Sie weiß nicht, wo ihr Boss ist. Sie ist nur ein Bauernopfer. Genau wie die anderen mittelmäßigen Ninja, die dein Verdächtiger auf uns angesetzt hat." Bedauern zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. „Ich bin nicht der Engel, für den du mich vielleicht halten magst. An meinen Händen klebt viel mehr Blut, als nur das dieser Frau."

Reece überraschte sie, indem er sie sacht am Kinn fasste und dazu zwang, ihn anzusehen. „Ich habe dich nie für ein Unschuldslamm gehalten. Ich habe schon sehr erfahrene Tatortermittler bei Bildern erbleichen sehen, die wesentlich harmloser waren als die, die du dir bei deinem ersten Besuch in meinem Büro angesehen hast."

„Vor vielen Jahren", hörte Ria sich sagen, „wurde meine Mutter ermordet. Ich habe sie damals gefunden. Sie war genauso übel zugerichtet, wie Kits Leiche. Mein Vater wurde für den Mord verantwortlich gemacht und hingerichtet. Ich habe dabei zusehen müssen, wie sie kamen und ihn nach und nach zerstückelten. Gerne wäre ich aus dem Raum geflohen, aber ich konnte nicht. Ich hatte mich unter seinem Bett versteckt. Niemand wusste, dass ich da war." Ihre Augen blickten ihn zwar an, waren jedoch auf weit entfernte, grausame Ereignisse gerichtet. Dabei waren sie so dunkel, dass sie fast als schwarz hätten durchgehen können. „Irgendwann kamen Kemal und Blake. Kemal war es, der mich fand. Blake war zu sehr damit beschäftigt, die Einzelteile meines Vaters zusammenzusuchen. Er hat dafür gesorgt, dass er eine richtige Beerdigung bekam."

So langsam meinte Reece zu ahnen, von welchem Vorfall sie sprach. Natürlich hatte er davon gehört. Lange Zeit war das unter seinesgleichen das Thema schlechthin gewesen.

„Blake nahm den Platz meines Vaters ein, so wurde mir gesagt. Lange Zeit habe ich nicht verstanden, was damit gemeint war. Ich sah ihn auch nur selten. Wie ich dir bereits erzählt habe, hat Kemal mich aufgezogen. Wir haben zuerst eine lange Zeit in Japan gelebt und sind dann nach Brasilien gegangen. Blake kam nur ab und an vorbei, um mit Kemal zu reden. Vereinzelt trainierte ich auch mit ihm. Dann kam der Tag, an dem Blake mich wieder nach Europa holte. Und jetzt bin ich hier."

Ja, dachte Reece traurig, das bist du. Und wenn das, was er vermutete stimmte, war sie wirklich in Gefahr. Er konnte Konstantin nur zustimmen, wenn er darauf bestand, sie zu überwachen. Offenbar wusste er auch, was er war. Sonst würden ihnen ganz bestimmt mehr Leute folgen.

An ihrem sich klärenden Blick erkannte er, dass sie wieder zu sich kam. Verlegen drehte sie ihren Kopf zur Seite und zog das Messer aus dem Arm der Toten. Sorgfältig wischte sie die Klinge am Stoff des Kostüms ab. „Wir sollten ins Hotel gehen."

Wortlos folgte er ihr. Im offenkundigen Gegensatz zu ihr war er im Bewusstsein um seine Herkunft aufgewachsen. Für sie musste es ein riesiger Schock sein, zu erfahren was sie in Wirklichkeit war. Es lag an ihr, die Fragen zu stellen, die ihr auf dem Herzen lagen. Eines musste er jedoch wissen, sobald sie im Hotelzimmer aus dem Bad kam. „Warum vertraut er mir?"

Ihrer Miene nach zu urteilen, fragte sie sich das auch. Mit einem Schulterzucken erklärte sie: „Er sagte, bei dir, Kemal und ihm sei ich sicher. Vielleicht kannst du mehr damit anfangen. Genauso wie ich gerne wüsste, was es mit diesen angeblichen Veränderungen auf sich hat und dem uns, von dem Blake andauernd faselt." Sie hockte sich neben ihm aufs Bett und sah flehentlich zu ihm auf. „Bitte, Reece. Ich möchte einfach nur wissen, was los ist. Niemand sagt mir etwas."

Intuitiv zog er sie an seine Brust. Er musste sie einfach trösten. „Ich weiß nichts über deine Umstände, aber ich kann dir erzählen, warum du dich veränderst, ohne es zu wollen."

Tröstend strich er ihr übers Haar. „Ich werde versuchen, dir deine Fragen zu beantworten." Eine nachdenkliche Pause folgte, in der er abwog, ob es wirklich ratsam war, es ihr zu sagen. Es musste einen Grund haben, weshalb sie nur sporadisch mit Informationen abgespeist worden war. Andererseits musste sie es erfahren. Denn wenn sein Verdacht stimmte, hätte sie mit dem Wissen um ihre Herkunft aufwachsen müssen. Sie wirkte nicht wie jemand, der erst im Laufe des Lebens von ihnen erfuhr. „Es gibt nicht allzu viele von uns, Ria. Wir sind keine Menschen. Wir selbst sehen uns gerne als Jäger. Der Populärliteratur zufolge sind wir wohl so etwas wie Vampire." Ungläubig starrte sie ihn an. „Oh, die haben das alles ganz groß ausgebaut, was uns angeht", bemerkte er trocken. „Wir infizieren niemanden, indem wir ihn beißen oder so. Nicht alle müssen Blut trinken. Wir Jäger ziehen unsere Energie aus den Emotionen anderer. Jedes Gefühl schmeckt ein wenig anders. Das ist auch der Grund, weshalb es dir besser geht, wenn du Menschen tötest."

„Ich quäle diese Leute nicht", widersprach sie heiser. „Normalerweise schleiche ich mich an, töte und verschwinde dann wieder."

„Das hat sich aber geändert", mutmaßte er.

Ria nickte. „Ja." Sie führte es gar nicht erst weiter aus, aber das brauchte sie auch nicht. „Weißt du, viele der ungeklärten Morde, die wir das erste Mal zusammen durchgegangen sind, habe ich verübt. Deshalb konnten auch keine Spuren gefunden werden. Und wer Kit ermordet hat... nun ja, ich werde nicht gegen Blake aussagen. Ich kann dir nichts Genaues sagen. Wenn ich die vagen Andeutungen richtig verstanden habe, hat Kit mit dem Ninja-Boss gemeinsame Sache gemacht. Ich war nicht dabei. Wenn du also mehr wissen willst, musst du dich wohl oder übel an Blake wenden. Auch wenn ich bezweifle, dass er dir Auskunft über das geben wird, was er herausgefunden hat."

Einen Augenblick lang dachte er über ihre Worte nach. Es war nicht ungewöhnlich, dass  Jäger sich einen Job suchten, der ihnen Adrenalinkicks verschaffte. Er selbst hat lange Zeit beim Geheimdienst gearbeitet, bis dieser Job langweilig geworden war. „Das Blutbad trägt, abgesehen von den gefundenen Spuren, nicht deine Handschrift. Ich denke, es liegt in unser beider Interesse, Zajc und seinen mysteriösen Auftraggeber zu fassen."

Ihr Nicken wirkte einigermaßen gefasst. „Erzähl mir mehr über uns Jäger. Was macht uns aus?"

„Leg dich hin, du bist viel zu durcheinander und brauchst Ruhe."

Genervt verdrehte sie ihre Augen. Schon wieder diese nervigen Anweisungen. Dennoch konnte sie nicht abstreiten, dass er recht hatte. Sie war müde.

Er achtete darauf, dass sie sich ordentlich zugedeckt hatte, bevor er ihr mehr erzählte. „Also, die meisten von uns ziehen ihre Energie aus Emotionen. Wie dir schon aufgefallen ist, brauchen wir auch normales Essen. Einige andere sind da der allgemeinen Vorstellung von einem Vampir näher. Sie ziehen ihre Energie aus Blut. Keine Bange, das mit den Reißzähnen ist nur ein Mythos", erklärte er lachend, als er ihre schockierte Miene bemerkte. „Wir sind den Menschen körperlich überlegen, es liegt in unserer Natur. Allerdings entwickeln wir unsere Fähigkeiten erst, wenn wir intensiven Kontakt zu unsereins hatten." Sanft fuhr er ihr über die Haare. „Bis dahin sind wir wie Menschen. Ab einem gewissen Zeitpunkt hören wir auf zu altern. Ich habe mit einigen wahrlich Alten gesprochen. Das, was unseren Lebenswillen all die Jahre erhalten kann, sind die intensiven Emotionen, die wir mitten unter den Menschen erfahren." Er beschloss ihr vorzuenthalten wie ihre Art starb. Für Ria zählte das Leben und nicht der Tod. Dabei wollte er es belassen.

„Wovon lebst du?"

Diese Frage kam für ihn überraschend. Seine Hand kam auf ihrem Schulterblatt zum Liegen. „Na ja, es ist nicht besonders einfach unauffällig an Blut zu kommen, wenn man keine Verbindungen hat. Allerdings bin ich der Ansicht, dass wir den Menschen ihre Blutkonserven lassen sollten. Sie brauchen sie für die Versorgung ihrer Verletzten. Auch du hast im Krankenhaus welches bekommen, obwohl wir wesentlich schneller heilen."

Verblüfft setzte sie sich auf. Das mit der Bluttransfusion hatte sie zwar nicht gewusst, aber das interessierte sie auch gar nicht. „Du hast es versucht?"

„Ich habe schon vieles ausprobiert." Er lächelte traurig. Dabei sah er so elend aus, dass sie ihn einfach in die Arme schließen musste. Ein wenig verdutzt erwiderte er ihre Umarmung.

„Es tut mir leid. Du hattest es bestimmt nicht immer leicht."

Er fühlte sich seltsam gerührt. Das Paradoxe dabei war, dass er sie hatte beruhigen wollen, indem er ihr erzählte was sie war und nun war sie es, die versuchte, ihn aufzumuntern. „Mir geht es gut, Ria. Danke." All das lag schon sehr lange zurück. Länger, als sie dachte, dessen war er sich sicher.

Anstatt ihn wieder loszulassen, klammerte sie sich an ihn. „Lass mich jetzt bitte nicht los." Er war der Erste, dem sie wirklich vertrauen konnte. Nie hatte sie mit Kemal über ihre Sorgen gesprochen oder Blake ihre innere Unsicherheit gezeigt. Aber Reece... sie hatte ihm erzählt, dass sie gewissenlos mordete und das Gefühl hatte, von Mal zu Mal grausamer zu werden und noch gewissenloser zu töten. Erstaunlicherweise hatte er sie nicht für ein Monster gehalten. Er hatte sie nicht verstoßen, sondern wieder ins Zimmer begleitet und ihr in aller Ruhe erzählt, was sie wissen wollte. Für sie war es etwas vollkommen Neues, jemandem wirklich zu vertrauen. Es fühlte sich gut an, nicht mehr alleine zu sein. 

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Heute mal ein richtig langes Kapitel für euch :) Ich bin nicht ganz so zufrieden damit. Hoffe, es gefällt euch trotzdem. Und vielen lieben Dank für all die Votes :)

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