Eine weitere Lektion
Der Zug hatte Verspätung. Schon wieder. Nie kam er pünktlich. Schon gar nicht zu dieser Zeit. Manche Wochen waren einfach grauenhaft. Da war auf nichts und niemandem Verlass. Sie wollte einfach nicht verstehen, was an einem Freitod so ehrenvoll sein sollte. Interessiert beobachtete sie ihre Mitschülerinnen und Mitschüler, wie sie sich von ihren Müttern verabschiedeten, die ihnen eines dieser Bento in die Hand gaben. Sie hatte auch Essen. Die Haushälterin hatte es zubereitet. Das machte sie jeden Tag, nachdem Kemal ihr erklärt hatte, warum sie auf eine normale Schule gehen musste. Das hatte sie schon früher gehasst.
Das Lachen und die fröhlichen Gesichter der anderen machten sie krank. Wie konnten die anderen nur so fröhlich sein? Das Leben war nicht nett, das zeigte der verspätete Zug nur allzu deutlich.
In der Schule wurde es noch schlimmer. All ihre Mitschüler standen weinend in der Gegend herum. Suchend sah sie sich im Raum um. Es gab nur eine Person, die zählte. Ein Mädchen, mit dem sie sich angefreundet hatte. Eines, das so lieb und fröhlich war, dass selbst sie sich ihrem Charme nicht hatte entziehen können. Aber Kanon war nicht da. Und sie würde auch nie wieder kommen, wie sie von einem Lehrer erfuhr. Der Zug war ihretwegen zu spät gewesen.
An diesem Tag lernte sie drei Dinge:
1. Erwachsene schaden ihren unschuldigen, hilflosen Kindern, töten sie sogar.
2. Ihr Herz an andere zu hängen, war verlorene Liebesmüh. Sie verließen sie alle viel zu früh.
3. Vertraue niemandem. Vor allem keinen Erwachsenen, sie belügen und betrügen dich.
Ria, 9 Jahre
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So, ziemlich kurz. Diese Rückblenden sind dazu gedacht, Rias Verhalten und Einstellungen ein wenig nachvollziehbarer zu gestalten. Ich weiß, das Kapitel ist kurz. Das nächste ist länger.
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