8 Glasklare Wahrheit.

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Was zur Hölle war mit dieser Frau los?

Ich ließ Sophia schreien. Ihre Fingernägel gruben sich in das Fleisch meiner Unterarme und das war in Ordnung, denn mir kam es vor, als suche sie so etwas wie einen Anker. Panik stand ihr ins Gesicht geschrieben und ich fragte mich, vor was zum Teufel sie so viel Angst hatte.

Das letzte Mal flippte sie so aus, als sie glaubte, ich würde sie schlagen.

Sophia beruhigte sich, wenn auch nur sehr langsam.

„Atme", sprach ich. „Komm schon, schön gleichmäßig."

Sie klang, als würde sie wie ein Ertrinkender nach Luft schnappen. Sanft strich ich mit den Daumen je über ihre Wangen und merkte, dass sie kalt und angespannt war. Blass, wie die Wand, begann sie sich zu fangen. Stück für Stück.

Regungslos standen wir an der Küchenwand und erst, als sie den hysterischen Anfall überwunden hatte, da ließ ich sie los. Meine Fresse, sie brauchte definitiv ein großes Glas Wein. 

„Du solltest dich hinsetzten", sprach ich und tatsächlich ließ sie sich von mir zu einem Stuhl an der Theke führen.

So konnte ich die Hitze auf dem Herd niedriger stellen und den Ofen ausmachen. Dann nahm ich eine Flasche Rotwein, öffnete sie und wollte Sophia das Glas einschenken, doch sie schluckte hart und sprach: „Nein, bitte keinen Wein."

„Ein Bier?", fragte ich belustigt, doch sie wehrte ab. Wenig später nahm sie Wasser entgegen und ich hätte mich daran machen können den Braten anzuschneiden, stattdessen musterte ich sie: „Erklärst du mir was los ist und woher du die plötzliche Eingebung hast, was die Grants angeht?"

Niemand, außer mein Vater, meine Großeltern und der innere Kreis der Grants wusste davon. Es war nie ein wirklich wichtiges Thema, zumindest so lange, bis ich von diesen Anwälten kontaktiert worden war.

Sophia rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht und es sah nicht so aus, als würde sie auf meine Frage antworten. Von mir aus, aber wenn sie ihren nächsten Anfall hatte, dann sollte sie den wo anders ausleben.

„Liam?", sprach sie schließlich. „Kannst du dich einen Moment hinsetzten?"

Was kam denn jetzt noch?

Ich grinste spöttisch: „Nein, ich würde ja vorschlagen, dass wir jetzt essen könnten, aber du siehst nicht danach aus, als hättest du viel Appetit."

Sie presste ihre Lippen aufeinander und seufzte dann tief. „Du darfst nicht auflippen."

„Das hast du ja schon getan", zog ich sie auf, doch auch darauf ging sie nicht ein. Sophia blieb merkwürdig ernst. Ich stellte die Bierflasche ab und forderte sie auf: „Jetzt komm schon, spuck es aus, ich gehe schon nicht an die Decke."

Davon schien sie nicht überzeugt und während ich mich gegen die Kücheninsel lehnte, griff Sophia in den Saum ihres Kleides und wirkte nervöser denn je. Ich ließ ihr Zeit, wartete ab und schließlich schien sie sich durchzuringen.

„Ich bin schwanger."

Zuerst reagierte ich nicht und blinzelte sie an. „W-Was?"

Mit belegter Stimme sprach sie noch einmal: „Ich bin schwanger."

Was ich erwartete hatte, konnte ich nicht genau sagen, doch das war es ganz sicher nicht. Mein erster Impuls war es zu lachen. Laut und nicht kontrollierbar. 

Das konnte ich nicht ernst nehmen, nie und nimmer. Also stellte ich mein Bier weg und verschränkte die Arme vor der Brust: „Lass den Scheiß. Über so etwas macht man keine beschissene Witze!"

Sophia hob den Blick, ihre Miene regte sich nicht und zu meinem Ärger spielte sie ihr Drama weiter: „Ich kriege ein Kind, Liam."

In diesem Augenblick fuhr ich aus der Haut: „EINEN SCHEISS TUST DU! HÖR AUF DAMIT!"

Wütend sah ich sie an, doch noch immer saß sie absolut beherrscht vor mir. Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper, stattdessen klang ihre Stimme mittlerweile wie ein Donnerschuss in meinen Ohren: „Wie soll ich damit aufhören, wenn es-!"

Ohne mich unter Kontrolle zu haben, räumte ich den Herd und die Arbeitsfläche leer. Scheppernd knallten die Töpfe auf den Boden und zogen eine Spur der Verwüstung mit sich. 

„HÖR AUF SO ETWAS ZU BEHAUPTEN!", fuhr ich sie an.

Innerlich brüllte eine Stimme durch meinen Kopf: Lüge... Lüge. Lüge!

Regungslos blieb Sophia sitzen und sah mich an. Zum ersten Mal veränderte sich ihr Ausdruck und sie faltete die Hände im Schoß: „Ich habe das nicht geplant, geschweige denn gewollt."

Mir wurde kotzübel.

Sie hatte gesagt, dass sie sich um die Verhütung kümmerte und ich vertraute ihr. Dieser Fehler traf mich mit voller Wucht. Abscheu ihr gegenüber breitete sich in mir aus und ich hatte Mühe nicht völlig auszuflippen.

„Du hast das nicht gewollt?", spottete ich zynisch. „Wieso ist dieser Bullshit überhaupt passiert?"

„Das weiß ich nicht", versuchte sie sich zu erklären. „Ich habe nicht darauf geachtet, dass... verdammt, Liam, ich habe nicht an die Zeitverschiebung in Europa gedacht oder als wir den Zwischenfall bei Ari hatten. Es gibt viele mögliche Gründe."

Ich konnte das nicht fassen. „WIE KONNTEST DU DARAUF NICHT ACHTEN!" Ohne es zu wollen, hob sich meine Stimme. „Du hast gesagt-!"

„ICH WEISS SELBST WAS ICH GESAGT HABE!", wehrte sich Sophia in diesem Augenblick lautstark. „Aber ich kann es nicht ändern, okay?"

Ich musste runterkommen und einen klaren Kopf haben. Überfordert und geschockt rieb ich mir über das Gesicht und zwang mich die Sache nüchtern zu betrachten: „In der wievielten Woche bist du?"

Sophia holte tief Luft und ich machte mich auf das Schlimmste gefasst. Schließlich sprach sie: „In der Zehnten."

Mir fiel eine Tonne Gewicht von den Schultern. „Das ist gut. Also ist es noch nicht zu spät."

Ich merkte nicht, wie Sophias Haltung sich veränderte. Sie zog die Schultern zurück und entkrampfte ihre gefalteten Hände: „Du willst, dass ich es abtreiben lasse?"

„Das fragst du noch?", zischte ich. „Eine andere Option hast du nicht!"

Zu meinem Entsetzen schien sie aber genau das zu glauben. Ich wusste nicht, was mich mehr schockte, die Nachricht oder, dass sie in eine ganz andere Richtung dachte. 

„Sophia", sprach ich mühsam beherrscht. „Du kannst nicht wirklich annehmen, dass... dass du dieses Dinge behalten wirst."

„Dieses Ding?", echote sie. „DIESES DING?"

„Mach keinen Aufriss", wies ich sie zurecht. „Es ist doch die Wahrheit, oder denkst du echt, dass-", ich suchte nach der richtigen Beschreibung. „-das anders ablaufen könnte?"

Sophia schwieg.

Und dieses Schweigen sorgte für einen faden Beigeschmack.

„Ich kenne jemanden, der sich um so etwas kümmert", sprach ich schließlich und just in diesem Moment funkelte mich Sophia wütend an: „Du kennst jemanden? Ist das eine Situation, die du schon öfters so gelöst hast? Kriegst du womöglich für neue Kundschaft noch einen Anteil?"

„Mach dich nicht lächerlich!", wehrte ich rüde ab. „Ich laufe nicht dämlich durch die Gegend und schwängere Frauen, nur um sie dann-"

„-dazu zu überreden an sich rumpfuschen zu lassen?", unterbrach sie mich und rutschte vom Stuhl. „Es ist mein Körper, der das alles aushalten muss, nicht deiner!" Damit rauschte sie aus der Küche.

Das Ganze ging in die völlig falsche Richtung. Wieso zum Teufel waren wir uns nicht einig? Es hätte ihr doch klar sein müssen, dass es nur eine einzige Lösung für dieses Desaster gab. Ich eilte Sophia hinterher: „Wage es nicht-!"

Sie fuhr herum und stieß mich energisch von sich, ich stolperte mehrere Schritte zurück und sah in ihr wutentbranntes Gesicht: „Wage DU es nicht zu glauben, du könntest darüber bestimmen, was ich zu tun habe! Es ist ganz alleine meine Entscheidung, was ich mit meinen Körper machen lasse und was nicht."

Verachtend reckte sie das Kinn und ihr schien noch etwas anderes auf der Zunge zu liegen, doch stattdessen setzte sie lediglich hinzu: „Ich muss nachdenken. Lass mich in Ruhe."

SIE musste nachdenken?

ICH sollte sie in Ruhe lassen?

Unverständnis und Wut überrollten mich, aber Sophia war schneller, sie flüchtete so schnell, dass ich ihr kaum nachkam. Was nicht zuletzt daran lag, dass sie im Flur den Schirmständer umwarf, über den ich stürzte. Der Fahrstuhl schloss sich direkt vor meiner Nase und sie war weg.

Ich wollte ihr nach brüllen, dass nicht alleine zu entscheiden hätte und sie gefälligst zurückkommen sollte, doch es war mehr als sinnlos. Unkontrolliert flippte ich aus, verwüstete den Flur, die Küche und konnte nicht glauben, was sie sich herausnahm. Pure Panik machte sich in mir breit, denn sollte sich Sophia für... dieses Ding... entscheiden, dann-

Nein.

Verdammte Scheiße, NEIN!

Ich wollte kein Vater werden, geschweige denn, dass sie sich dafür entschied. Mir kam es vor, als würde sie mir eine Pistole auf die Brust pressen und noch nicht wissen, ob sie abdrücken sollte oder nicht.

Völlig überfordert raufte ich mir die Haare und blieb hilflos zurück. Was sollte ich nun tun? Was zur HÖLLE sollte ich jetzt machen?

Ich ließ die Verwüstung zurück und flüchtete genauso wie Sophia zuvor. Kopflos, nur mit der Jacke in der Hand, verschwand ich aus dem Penthouse und wehrte im Foyer ab, als man mir einen Fahrer rufen wollte. Ich wollte niemanden bei mir haben und einfach nur raus.

Die Luft draußen war warm und ich bemerkte nicht einmal mehr, dass ich zur Abwechslung keinen Fotografen im Windschatten hatte. Im Sommer waren die Geier fast immer in Europa unterwegs und suchten dort ihr neues eine Millionen-Dollar-Foto.

Ich verschwand in der abendlichen Dunkelheit. Ohne Plan tauchte ich unter und landete irgendwann im MARQUEE, einem schnelllebigen Club, der mich einst in Schwierigkeiten brachte, bevor ich Sophia traf. Doch was soll's? Schließlich steckte ich auch mit Sophia in der Scheiße.

Das MARQUEE war nicht übermäßig gut besucht, denn die meisten Stammgäste waren auf ihren Jachten und zogen sich das Koks wo anders durch die Nase. Das kam mir gelegen. Die Musik dröhnte so laut, dass ich den Bass unter meinen Füßen spürte.

An der Bar hievte ich mich auf einen der zahlreichen Hocker und bestellte mir ein Glas Wodka, doch als der Barangestellter die Flasche wieder schloss, da streckte ich die Hand aus und ließ ihn wissen, dass er das Zeug gleich bei mir lassen sollte.

Im MARQUEE herrschten andere Regeln, ich konnte hier ungestört rauchen und wusste nicht, was ich nun mit mir anfangen sollte. Sich die Birne zu zuknallen schien mir am sinnvollsten. Doch je öfter ich den Geschmack von starken Wodka auf der Zunge spürte, umso frustrierter wurde ich.

Früher war es viel leichter gewesen. Ich hatte mir um so einen Bullshit keine Sorgen machen müssen und hatte einfach einen Tag nach dem Nächsten in den Angriff genommen. Verschwenderisch und sorglos zu sein fehlte mir. Krampfhaft versuchte ich zu ignorieren, dass mir das Leben mit Sophia aber eigentlich genauso gefallen hatte.

Menorca mit ihr zu erleben, war... schön gewesen. 

Ich dachte an die Stunden auf den Markt, der kleinen Galerie und die Fahrt mit dem Motorrad. Ihr zarter Duft stieg mir in die Nase, ich spürte die Wärme an meinem Rücken, als sie sich an mir festhielt und schmeckte Salz auf meinen Lippen. Nur, weil meine Gedanken mich zu der Erinnerung führten, als Sophia sich von mir hatte herausfordern lassen und ihre Kleidung an Land ließ, wurde die Zeit in Europa wieder erschreckend gegenwärtig.

Sie wagte sich splitterfasernackt ins Meer und meine Fingerspitzen kribbelten bei dem Gedanken daran, wie sie sich mühelos auf sämtliche Abenteuer einließ. Es behagte mir nicht, dass sie einen größeren Einfluss auf mich ausübte, als ich ihr zutraute.

Mir hatte es gefallen, wie es zwischen uns lief. Doch jetzt... kam es mir vor, als würde sich all die Zeit rächen. Fast fühlte es sich an wie eine Bezahlung für Zufriedenheit und Glück.

Überfordert raufte ich mir die Haare und goss mir ein weiteres Glas Wodka ein. Ich wollte nicht, dass sich irgendetwas änderte. Schon gar nicht wollte ich für jemand anderen Verantwortung übernehmen. Dafür war ich nicht gemacht, geschweige denn wäre so jemand wie ich ein guter Vater.

Wie konnte Sophia nur denken, dass dieser Wahnsinn auch nur irgendwie gut gehen würde?

Unsere Zeit war begrenzt, sobald die fünf Jahre um waren, ging jeder seinen Weg. Ein verdammtes Baby würde uns aneinander ketten und das durfte nicht passieren.

Ich musste das verdrängen.

Morgen war auch noch ein Tag und dann würde ich sie mir schnappen und ihr so lange ins Gewissen reden, bis sie einsah, dass ich recht hatte. Notfalls brachte ich persönlich in eine Klinik, wo man sich um sie kümmerte.

„Na das ist ja mal eine Überraschung", vernahm ich eine weibliche Stimme, die fast einem Schnurren glich. Ich wandte mich nach rechts und konnte nicht verhindern, dass ich durchaus verblüfft war.

Danielle Peazer an einem Wochentag hier zu finden, war ungewöhnlich. Doch dann fiel mir ein, dass meine Ex-Affäre einen bemerkenswerten Sturz hinter sich hatte. Sie verhielt sich Sophia gegenüber respektlos und wurde für neue Kampagnen bei Henry & Payne nicht gebucht. Komischer Weise machte dies andere Label skeptisch und sie verlor ihren Deal bei L'Oréal.

Ich bezweifelte, dass dies Sophias Absicht gewesen war, doch ein wenig belustigte mich das auch. Danielle schüttelte ihre wilde Lockenmähne und ich ließ den Blick über das silbrige kurze Hängerkleidchen gleiten. Ihre Haut wirkte nahtlos gebräunt und ich erinnerte mich daran, wie sexy sich ihr kleiner Arsch in meinen Händen angefühlt hatte.

Selbstbewusst nahm sie mir das Glas Wodka aus der Hand und nippte dran, aufreizend leckte sie sich über die Lippen. „Du siehst gestresst aus."

„Was du nicht sagst", ich fragte mich, ob sie unter diesem Fummel überhaupt etwas drunter trug. Danielle lehnte sich gegen die Theke und bemerkte meinen Blick, es schien ihr zu gefallen. Leicht beugte sie sich zu mir, der schwere Duft ihres Parfüms benebelte mir fast das Hirn.

„Lust mit mir nach oben zu gehen?", fragte sie direkt und spielte darauf an, dass das MARQUEE gleichzeitig zum Club, auch einige Zimmer besaß. Neckend strich sie mit ihren Fingerspitzen über meinen Nacken.

„Wir könnten uns ein wenig gehen lassen", zirpte sie. „Bleibt auch alles unter uns."

Ja klar. Wenn ich das glaubte, war ich mehr als dämlich. Ich spielte mit dem Gedanken mich mit Danielle abzulenken. Doch irgendwie konnte ich mich nicht dazu bringen, mich vom Barhocker zu erheben. Ich blieb einfach sitzen.

Dies schien Danielle nicht zu gefallen und ihre Hand wanderte von meinem Nacken, über meine Schulter und tiefer. „Angst, dass ich dich nicht mehr-"

Ich erfuhr nie, was sie nicht konnte, denn sobald sie ihre Hand in meinem Schritt hatte, dröhnte eine gehässige Stimme: „Sieh mal einer an, welche Ratte aus ihrem Loch gekrochen kommt."

Zayn Malik hatte mir gerade noch gefehlt und eine Wolke aus Marihuana wehte zu mir herüber als sich der Wichser zu meiner linken Seite aufbaute. Gelassen zog er an seinem Joint und erfasste die Situation mit seinem zugekoksten Hirn erschreckend genau.

„Hoppla, störe ich bei eurem Handel zur Prostitution? Kann ich mit einsteigen? Fürs zugucken, wenn Payno die Latte nicht steht, zahle ich auch das Doppelte", höhnte Zayn arrogant. „Wir könnten deine kleine Gattin fragen, ob sie Lust hat dabei zu sein, ich bin sicher, sie hat auch Bock drauf."

Und damit legte er sich heute mit dem Falschen an. Ich dachte nicht mehr nach, stattdessen spürte ich nur noch, wie gut es tat, als meine Faust die hässliche Visage von Malik traf. Mein ganzer Frust entlud sich und die Konsequenzen waren mir scheißegal.

Knochen knacksten.

Verdammt, tat das gut! 

Das neue Passbild war für Zayn fucking Malik gratis. 

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