31 Liebe.
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❰ L I A M ❱
Ich hatte die Polizei erwartet und tat das, was ich mit den anderen abgemacht war. Nämlich unwissend zu sein und fest daran zu glauben, dass ich nur beim Poker gewesen war. Wir waren so gut vorbereitet, dass wir den gesamten Abend genau rekonstruieren konnten.
Ohne Elizas und meine Abwesenheit.
Allerdings stellte man sich mit der NYPD besser gut und war hilfsbereit. Ruhig schrieb ich ihnen die Nummer und Namen der anderen auf und erzählte, dass ich dieses blöde Boot verlor und worum wir so gespielt hatten. Denn das war keine Lüge, wir hatten durchaus gepokert.
Die Polizisten wollten mein Alibi überprüfen und verabschiedeten sich mit den Worten: „Bleiben Sie in der Stadt. Für weitere Fragen versteht sich."
Was sollte man darauf sagen? Natürlich war ich ihr Hauptverdächtiger, aber sie würden Schwierigkeiten mit ihren Theorien bekommen, wenn sie bei Harry und den anderen antanzten.
„Ich habe nicht vor abzuhauen", sprach ich und Sophia trat aus dem Wohnzimmer. Die Beamten sahen sie an und sie sprach: „Wir machen Urlaub und sind noch ein paar Tage hier."
Mit einem merkwürdigen Gefühl im Magen sah ich den Beamten nach, wie sie das Haus verließen und zu ihren Wagen gingen. Ich schloss die Haustür und sah Sophia an: „Die sind ganz sicher morgen wieder hier."
„Stimmt mit deinem Alibi etwas nicht?"
„Mit dem stimmt alles und das wird sie misstrauisch machen, aber sie werden es nicht knacken können", behauptete ich. Denn wenn ich dran war, waren alle anderen wegen Mittäterschaft ebenfalls angeklagt. „Ich mache mich jetzt ans Essen."
Und damit ging ich in die Küche und suchte zusammen, was ich brauchte. Mir war danach meine Hände beschäftigt zu halten und so nutze ich ein altes Rezept meiner Mutter und machte die Nudeln selbst. Der Geruch von Mehl und Teig erfüllte die Küche und hatte eine beruhigende Wirkung auf mich.
Aus dem Wohnzimmer hörte ich, dass Sophia den Fernseher angemacht hatte und ihre Lieblingskitschserie Im Schatten der Leidenschaft in Endlosschleife schaute. Sie hatte wohl Milliarden Folgen aufzuholen.
Als ich den Teig ruhen ließ und mich an die Bolognese machen wollte, da klingelte das Telefon. Mein Vater war dran und wollte wissen, warum zum Teufel er von Richard Grant bedroht worden war.
»Sag mir, dass du nichts Dummes gemacht hast!«
„Nein, nichts Dummes, ich war nur pokern", sprach ich ruhig. „Wieso, was ist denn passiert?" Die Rolle des Unwissenden zu spielen fiel mir nicht schwer.
»Und wieso ist David Grant dann im Krankenhaus? Er wurde als Messerschärfer benutzt und -«
„Hör auf mich anzuschreien", unterbrach ich ihn. „Sonst kriegst du noch einen Herzinfarkt." Ich wartete auf die Exlosion, doch stattdessen holte mein Vater tief Luft: »Warst du bei Harry?«
„Ja, es waren eine menge Leute da, unter anderem auch Zayn fucking Malik."
»Na Gott sei dank!«, entwich es ihm. Beinahe hätte ich gelacht. „Was auch immer David versucht mir anzuhängen, ich war es nicht."
Mein Vater schien sichtlich verstimmt und murmelte etwas von NYPD und merkwürdige Fragen. Ich ließ ihn reden und schließlich wechselte er das Thema: »Eliza hat angerufen.«
„Ist das gut oder schlecht?"
»Das weiß ich noch nicht«, wich er aus, aber ich hörte den Funken Freude in seiner Stimme. Innerlich war ich froh darüber, dass meine Schwester sich dafür entschied, sich zu melden. Knapp berichtete er mir, dass sie ihn nächste Woche besuchen kommen wollte.
„Soll ich dir Tipps geben?", fragte ich dreist und lehnte mich gegen die Arbeitsfläche. Mein Vater fasste das nicht so lustig auf, wie ich und empörte sich, dass er es wohl hinbekommen würde, mit seiner ältesten Tochter eine Tasse Kaffee zu trinken. Nach seiner Schimpferei beruhigte er sich wieder und wollte wissen: »Wie kommt ihr zurecht?«
„Keine Ahnung, ich würde allerdings gerne noch ein paar Tage länger mit ihr hierblieben. Ihr Goldjunge scheint in der Firma alles im Griff zu haben", meinte ich und mein Vater verstand das. Dann warf er ein, dass er von dem Testament von Kenneth Grant wusste.
»Vielleicht solltest du dich mit seiner Frau in Verbindung setzten, was es eigentlich damit auf sich hat, bevor du GCooper zerstörst und damit eine menge Arbeitsplätze.«
Ehrlich gesagt hatte ich nicht einen Gedanken daran verschwendet, was aus den Angestellten werden würde, wenn ich mich entschieden hatte, was ich mit GCooper machte. Noch konnte ich mir Zeit nehmen, was das betraf.
»Wie dem auch sei, ich melde mich wieder, wenn das NYPD zu aufdringlich wird«, begann Dad sich zu verabschieden. Wenig später legte ich auf und machte die Soße der Pasta fertig, dann ließ ich sie köcheln. Sie würde eh fünf Stunden brauchen und nüchtern betrachtet war es dumm von mir so spät mit dem Kochen anzufangen.
Sophia würde sicher nicht bis elf Uhr nachts warten, bis sie etwas zu Essen bekam. Wobei, aktuell konnte ich sie überhaupt nicht gut einschätzen – als wenn ich das je gekonnt hätte. Ich öffnete mir ein Bier und gerade, als ich die Nudeln zum trocknen aufgehangen hatte, da trat sie durch die Küchentür.
„Hast du Zeit Myra zu verabschieden?"
Sofort sah ich auf: „Also hast du schon etwas passendes gefunden?"
„Ja", sie packte die Kiste im Flur aus und ich trat hinter sie. Zum Vorschein kam eine dicke Kerze, die von einer Art Laterne geschützt wurde. „Man lässt sie ins Meer gleiten und schwimmen. Ich habe für jeden von uns eine gekauft. Das andere ist eine Himmelslaterne, allerdings in LED-Form. Nicht, dass am Ende ein Haus oder Wald brennt."
Ohne, dass Sophia mir erklären musste, warum sie sich für diese beiden Dinge entschieden hatte, wusste ich es. Beides wirkte, wie ein Licht in der Dunkelheit. Es hatte wahrscheinlich die metaphorische Bedeutung, dass sie Myra den Weg leuchten sollten. Auf die andere Seite.
Wir machten Licht auf der Terrasse und statt die Kerzen ins Meer gleiten zu lassen, steckte ich sie in den Sand. Ich wollte keinen Müll im Meer abladen. Nicht so, und der Wind würde die Himmelslaterne Richtung Festland blasen.
Sophia nahm das hin und zog sich die Socken aus, als wir durch den Sand gingen und die aufgebaute Himmelslaterne schließlich anmachten. Dabei sprachen wir kein Wort und als wir der Himmelslaterne nachsahen, wie sie höher und höher stieg und das Brausen der Wellen uns einnahm, da atmete ich tief durch.
Ein Stein nach dem Nächsten purzelte von meiner Schulter. Die Himmelslaterne stieg höher und höher und schließlich verschwand sie aus unserem Blickfeld und wurde ein Teil des Sternenzeltes. Neben mir setzte sich Sophia in den Sand und sah nach oben, auch sie atmete tief durch und dann sprach sie: „Es ist komisch, aber ich fühle mich tatsächlich etwas besser."
„Ich auch", gab ich zu. „Auch, wenn... es irgendwie Unsinn ist."
„Auch Unsinn hat manchmal sein Gutes", fand sie und es zeichnete sich ein Lächeln auf ihren Lippen ab. Alleine diese kleine Regung machte mich glücklich und ich fand, dass es okay war auf diese Kleinigkeiten zu bauen.
„Liam?"
„Was ist, Sweets."
„Liebst du mich?"
Es war eine simple Frage, auf die es zwei simple Antworten gab. Doch ich sah weiter in den Himmel und schließlich gab ich zu: „Ja. Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte."
Sophia schmunzelte, ihre Wangen verloren an Blässe: „Ist schon in Ordnung, es ging mir genauso."
Nun wandte ich mich ihr zu und sie hielt mir ihre Hand hin, damit ich ihr aufhelfen konnte. „Wie meinst du das?"
„Na ja", begann sie. „Zuerst war ich ziemlich schockiert über die Erkenntnis, aber dann wurde mir bewusst, dass... es keinen Grund dafür gibt. Du bist ein bisschen, wie eine Zwiebel."
Der Vergleich verwirrt mich und sie fuhr fort: „Man schält dich, weint und weint und hasst dich und dann, wenn man dich in kleine Stücke hackt, dann merkt man, wie super du zum kochen bist."
Laut und unbeherrscht lachte ich los. „Das ist der dämlichste Vergleich, den ich je gehört habe. Aber gut, bin ich eine Zwiebel."
Unsere Finger blieben miteinander verschränkt, doch statt zurück zum Haus zu gehen, blieben wir im Sand stehen. Dann fragte sie: „Bin ich auch eine Zwiebel?"
„Nein", konterte ich. „ Allerdings habe ich keinen passenden Vergleich für dich, nur das, was ich sehe."
„Und was ist das?"
Ziemlich viel und ich musste mich räuspern. Sophia hetzte mich nicht, sie ließ mir Zeit meine Gedanken zu ordnen und dann sprach ich: „Ich kann das nicht beschreiben, weil... es mehr ein Gefühl ist. Du bist all das, was ich nicht bin, aber auch das, was ich bei mir selbst entdecke. Du gehst nicht in meinem Schatten und ich nicht in deinem. Aber... wenn ich mit dir zusammen bin, dann ist es so, als hätte ich nie etwas anderes gewollt."
Ja... genau das traf es ziemlich gut.
„Dabei weiß ich, dass ich mir immer etwas ganz anderes vorgestellt habe", gab ich zu. Sophia strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Noch immer sah ich die tiefen Schatten unter ihren Augen und bemerkte mit jeder Bewegung die Verletzungen durch Davids Angriff. „Ist das schlecht?"
„Nein", ich schüttelte den Kopf. „Im Gegenteil, es ist großartig."
Ich dachte nicht über meine Handlung nach, sondern hob die Hand, um nun selbst die nervige Haarsträhne zwischen meinen Fingern zu spüren, dabei strich ich sanft über ihre Schläfe und prompt schloss Sophia die Augen. Sie genoss diese kleine Liebkosung und ich ebenfalls.
„Ich will mehr, als nur fünf Jahre mit dir, Sweets", gestand ich und Sophia lächelte: „Halte mich für verrückt, aber ich auch."
Sie war nicht verrückt. Sie war mutig, stark, elegant, freundlich, fleißig, warm, zärtlich, aber ganz sicher nicht verrückt.
„Ich würde dich gerne noch einmal heiraten", entwich es mir. „Dieses Mal richtig, ohne so einen dämlichen Vertrag oder weil ich es muss. Sondern, weil ich es will."
Statt darauf zu antworten, verriet Sophia mir, was sie wollte: „Und ich möchte Kinder. Gewollte Kinder, die durch das Haus toben, die hoffentlich nicht dein rebellisches Temperament kriegen und laut durch die Räume grölen."
Nun musste ich lächeln. Die Vorstellung hätte mir vor einigen Monaten noch angst gemacht, aber jetzt war sie so lebendig, farbenfroh und schön, dass auch ich mir so etwas vorstellen könnte. Ich merkte, wie die Beklemmung, die meine Tat an David in mir auslöste, nach und nach nicht mehr ganz so bitter schmeckte.
„Ich verspreche dir etwas", sprach Sophia plötzlich und ich musterte sie ernst. „Egal was kommt, was das NYPD auch ermittelt, oder auch nicht, ich verspreche, dass ich dich mit all deinen Fehlern nehmen werde, wenn du das gleiche mit mir machst."
„Das brauchst du mir nicht versprechen", und dann verriet ich ihr etwas, was schon lange eine Tatsache war. „Ich vertraue dir. Das habe ich immer getan."
„Und ich habe das Vertrauen enttäuscht als-"
„Nein", unterbrach ich sie sofort. „Myra war eine unglaubliche Chance und eine Erfahrung, die ich nicht vermissen möchte. Sie hat mir gezeigt, was ich mir nie hätte vorstellen können. Ich meine, ganz ehrlich Sweets, ich hätte nicht gedacht, dass ich überhaupt älter als dreißig werde."
Das war die erschreckende Wahrheit. Früher war mein Leben unglaublich rasant, oberflächlich und leer gewesen. Mit dreißig glaubte ich ein alter Mann zu sein. Verantwortung war scheiße und man sollte sich selbst am nächsten sein.
Was für eine unglaublich dumme Einstellung ich damals hatte.
„Mit mir wirst du richtig alt", versprach Sophia mir und langsam schlenderten wir zum Haus zurück. „Und mit deiner Kochkunst leben wir so gesund und ausgewogen, dass wir mit achtzig noch-"
„-nackt im Meer baden?"
„Nein, nie wieder!"
„Ach komm, das war lustig und heiß", ich wackelte mit den Augenbrauen und Sophia neigte den Kopf, dann gab sie zu: „Okay... in gewisser Weise..."
Achtzig werden klang nach einem guten Plan. Sex am Strand haben ebenfalls. An der Schwelle zum Haus ging Sophia als erstes durch die Tür und ich blieb mitten drin stehen. Der Moment kam mir vor, wie eine Gablung des Weges. Ich hörte das Kinderlachen von dem sie gesprochen hatte. Spürte die Wärme, die von ihr ausging und begriff, dass dieses verdammte Gefühl namens Liebe so ziemlich alles ändern konnte, ohne, dass man dadurch sich selbst verlor.
Man musste es nur zulassen.
Es war so spielend leicht und ich bereute absolut gar nichts.
- - -
Ohne Worte ♥️
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