22 Die zweite Freundin.
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❰ H A R R Y ❱
Ich musterte Taylor. Sie trug ein elegantes mädchenhaftes Kleid, welches viel Bein zeigte, aber in meinem Umfeld fast schon spießig wirkte. Ihr blondes Haar strich sie sich aus dem Gesicht und als ich an die Bar trat, da nahm sie gerade ihren Martini entgegen.
„Ist der geschüttelt oder gerührt?", fragte ich und sie wandte sich nach rechts. Zuerst wirkte Taylor irritiert, dann lächelte sie, nur um prompt die Mundwinkel hängen zu lassen, als sie mich erkannte.
„Harold"
„Hör mir mit Harold auf, das klingt, als wäre ich ein Mann in Rente", korrigierte ich sie. „Harry klingt da mehr nach-"
„Playboy und Bunnys?", warf Taylor erschreckend schlagfertig und mit einer unschuldigen Miene ein. „Ehrlich gesagt gefällt mir Harold mehr als Harry, er gaukelt einem etwas von Reife und Erwachsen sein vor."
Ich verstand die Anspielung sofort. „Ich bin erwachsen."
„Aber nicht reif, nicht wahr?", Taylor nippte an ihrem Martini und kurz wandte sie den Blick ab. „Zuerst dachte ich auch, dass du nur ein prätentiöser Lebemann bist, aber du warst höflich und hast dir Mühe gegeben."
Sie erinnerte sich zu gut daran, dass ich sie nach Hause brachte, mir das mit den Filmen ausdachte und dann – Taylor schnippte mit dem Finger: „Hat es dir einfach zu lange gedauert von der ersten zur zweiten Base zu gelangen."
Das stritt ich nicht ab. „Na ja, ich dachte, ich muss meine Taktik ändern", gab ich zu und das Einzige, was mir eingefallen war, war die typische Masche. Leicht schmunzelte Taylor: „Dumm nur, dass besagte Taktik nicht aufgegangen ist."
„Damit hätte ich rechnen müssen", sprach ich. Normalerweise trieb man Spielchen und Eifersucht war ein starkes Druckmittel. Mich mit langbeinigen Kolleginnen von Taylor zu treffen, lag deshalb nur nahe. Denn ich sorgte dafür, dass sie von diesen Verabredungen hörte.
Im Nachhinein wusste ich selbst nicht mehr so genau, was mich da ritt – abgesehen von einem unwichtigen Model natürlich. Nur, weil ich nicht geduldig genug war Base für Base zu erobern hatte Taylor nun allen Grund mir buchstäblich die Tür vor der Nase zu zuschlagen.
Niall hatte sich köstlich darüber amüsiert und ich hatte Glück, das Zayn mir diese Dummheit nicht abspielte, wie ein Plattenspieler.
„Ist es möglich noch mal ins Team zu kommen, bevor man eine Base betritt?", fragte ich und merkte, dass Taylor leicht den Kopf neigte und nachdachte: „Hm... ich wüsste nicht wieso. Denn so charmant und anziehend bist du nicht, dass ich einen Grund hätte, mir das zu überlegen."
Betroffen griff ich mir an die Brust: „Das hat gesessen."
Taylor zog das Stäbchen mit der Olive aus ihrem Martini, automatisch hielt ich die Luft an, als sie diese zwischen ihren dezent geschminkten Lippen nahm. Liam nannte Taylor liebevoll Milchtüte, doch für mich war diese Milchtüte anziehend, sexy und es gab mehrere Gründe, weshalb sie mir nicht aus dem Kopf ging. Nicht, weil sie schwer zu kriegen spielte, sondern weil sie interessant war.
Die Frauen warfen sich mir sonst ohne nachzudenken an den Hals, immer aggressiv und zielorientiert. Taylor war nichts von alldem. Und vielleicht war es das, was ich genoss, wenn sie sich in meiner Nähe aufhielt. Leider geschah es nicht mehr allzu oft.
„Es tut mir leid, dass ich Spielchen getrieben habe", sprach ich direkt und das schien Taylor zu überraschen. Kurz blinzelte sie, doch statt etwas zu erwidern, schwieg sie lediglich. Ich wartete ein wenig, dann wechselte ich das Thema: „Gefällt dir die Ausstellung?"
„Nein", gab Taylor ehrlich zu und ich schmunzelte: „Wieso nicht?"
„Ich weiß, dass Kunst nicht jedem gefallen kann, aber mir erschließt sich die Besonderheit dieser Bilder nicht", erzählte sie. „Mir liegt Sport mehr. Ich besuche gerne Stadien."
Das überraschte mich sehr und ich horchte: „Welche Sportart?"
Taylors Mundwinkel zuckten: „Baseball."
Prompt musste ich laut auflachen und begriff, woher sie die Metapher mit der Base hatte. „Und welches Team ist dein Favorit?"
„Die New Yorker Yankees natürlich", sie klang, als hätte ich sie beleidigt. Baseball war nicht mein Sport und das ließ ich durchsickern. Die Regeln waren mir fremd und ich verstand die Faszination nicht. Von Football und Basketball hatte ich mehr Ahnung, doch Taylor gähnte gespielt angestrengt: „Football ist nur etwas für Grobiane."
„Gar nicht wahr!", jetzt war ich es, der empört war und eh ich mich versah, diskutierte ich mit Miss Ich-liebe-öde-alte-Filme-ohne-Spezialeffekte über Sport, Skandale, verkaufte Spieler und welche Liga die Spannendste war. Taylor blieb dabei in ihrer Wortwahl weiterhin höflich und elegant, etwas, was mir nur schwer gelang.
Sie trank einen zweiten Martini, aber falls ich geglaubt hatte, Taylor würden die Drinks zu Kopf steigen, dann hatte ich mich geirrt. Nach dem zweiten Longdrink stieg sie auf Wasser um und die Galerie um uns herum leerte sich nach und nach.
„Sollen wir die Unterhaltung in eine andere Bar verlegen?", fragte ich, doch erneut verblüffte mich Taylor: „Nein, ich bin nicht gerne in solchen Etablissements. Außerdem denke ich, dass ich genug getrunken habe."
Mit Bedauern stellte ich fest, dass Taylor den Abend beenden wollte, was ich schade fand. Gerne hätte ich mich weiter mit ihr unterhalten. Deshalb bot ich an: „Darf ich dich nach Hause fahren lassen?"
Sie zögerte, sah nach draußen und nickte: „Das wäre sehr nett."
Mein Fahrer, Mick, grinste als er sah, wem ich die Tür der Galerie aufhielt und begrüßte Taylor mit einem Nicken. Ich warf ihm einen warnenden Blick zu und zu seinem eigenen Glück schwieg er. Im Auto herrschte zuerst eine merkwürdige Stille. Erst, als sich der Wagen in Bewegung setzte, da fragte Taylor: „Stimmt es, dass Liam das Haus in den Hamptons bearbeitet hat?"
„Ja", ich erfuhr, dass Eleanor es Taylor verriet und beide Sophia Raum geben wollten, zu verarbeiten, was es zu verarbeiten gab. Trotzdem machten sich beide Sorgen. Eleanor war äußerlich unheimlich wütend und Taylor hilflos. Beide wollten ihre Freundin unterstützen, aber wussten nicht, wie sie das richtig anstellen sollten.
„Und Louis Tomlinson ist da ebenfalls keine große Hilfe. Er bringt Eleanor regelmäßig zum platzen", verriet Taylor mir. Das machte mich hellhörig. Deshalb horchte ich: „Ist das seine Art?"
„Manchmal, aber dieses Mal ist sein Sarkasmus rauer. Er ist unfreundlich, aber nicht gemein. Aber der Zwischenfall scheint ein paar Dinge geändert zu haben."
Ich merkte mir den Namen Louis Tomlinson. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich sonst vielleicht ein Detail übersah.
An der richtigen Adresse hielt Mick den Wagen an und ich war so Gentleman und hielt Taylor die Wagentür auf. Sie bedankte sich, aber sie erinnerte mich auch daran, dass ich aktuell an keiner Base stand.
Und das war okay und richtig so.
„Rein Theoretisch", sprach ich als sie schon zur Haustür des Wohnkomplex schritt, „wenn ich Karten für die Yankees hätte, würdest du mir die Regeln dann live im Stadion erklären?"
„Nur, wenn es das Essen dazu gibt", machte mir Taylor Hoffnung. „Gute Nacht Harold."
„Gute Nacht." Ich sah ihr nach. Sie verschwand und normalerweise wäre ich unglaublich frustriert gewesen, aber aus irgendeinem Grund war ich es nicht. Seltsam, aber dieser Schnelldurchlauf reizte mich nicht mehr. Ich wollte etwas Neues und nicht nur etwas Hübsches zu ansehen.
Nur langsam verstand ich, dass es genau dies war, was Liam dazu brachte inne zu halten. Natürlich war seine Frau schön, aber sie verblasste neben den anderen Puppen, mit denen er sonst ausgegangen war. Sophia hielt Liam anders und ich fand mich furchtbar dumm, dass ich es vorher nie gesehen hatte.
„Mich, kannst du mich zu Paul fahren?"
Mein Fahrer nickte, schlug aber vor Paul Higgins vorher anzurufen. Higgins war die erste Adresse bei der man Backgroundchecks machen ließ. Er war teuer, aber gründlich und vor allem sauber. Mir war es egal, dass die offiziellen Geschäftszeiten schon vorbei waren. Das Schnüfflersystem Higgins funktioniert 24 Stunden am Tag, also würde er sich für mich Zeit nehmen. Besonders, wenn ich ihm einen guten Bonus zahlte.
„Mr Styles, ich möchte nicht unhöflich sein", begrüßte mich die Sekretärin in dem Altbaugebäude bei Richmond County, „aber wir haben geschlossen."
„Die Tür stand offen", redete ich mich dreist raus und schritt durch den hohen Flur und bog nach links ab. Ich kannte mich hier bereits aus, meine Mutter ließ hier regelmäßig die Treue ihrer Männer überprüfen. Mein Vater allerdings auch.
Makaber, aber sollte ich jemals heiraten, dann nur einmal und mit der Frau zog ich es durch bis einer von uns hops ging. Aber wahrscheinlich würde ich die Frau erst finden, wenn ich fünfzig war und bei meiner Lebensart wurde ich eh nicht viel älter als 65.
Ich warf mich in einen wuchtigen Sessel des Wartebereichs und schlug die Beine übereinander. Ein paar Personenschützer, Schnüffler und andere Mitarbeiter gingen ein und aus. Schließlich hatte ich den Chef persönlich vor mir.
Paul Higgins war groß, aber unauffällig gekleidet, wahrscheinlich hatte er gerade jemanden observiert. Als er mich sah, da wich jegliche Erschöpfung aus seiner Körperhaltung und er wies seine Sekretärin an, dass sie uns einen Kaffee brachte.
Im Gegensatz zum Hausdrachen, schien es ihm egal zu sein, dass ich nach offiziellen Geschäftszeiten noch anwesend war. „Mr Styles, wie kann ich Ihnen helfen?"
„Ich möchte, dass Sie jemanden für mich überprüfen und ich würde so gerne mit meiner Anwesenheit beehren, bis die Überprüfung zu Ende ist."
Paul wirkte erstaunt: „Dann müssen Sie viel Zeit haben."
„Die habe ich in der Tat", meinte ich. „Wie wäre es, wenn Sie ihren Kaffee während der Recherche trinken, anstatt hier mit mir Wurzen zu schlagen."
„Ich habe Feierabend", erinnerte er mich, doch sein Schmunzeln sagte mir, dass er den Auftrag sowieso schon angenommen hatte. Mein Kaffee kam und Paul verschwand für einen Hintergrundcheck in sein Büro.
In der Zeit telefonierte ich, trank zwei Tassen Kaffee, nervte die Sekretärin und vertrödelte irgendwie die Wartezeit. Ab und an ging ich im Warteraum auf und ab und betrachtete vier Leute, die ihre Ausrüstung für eine nächtliche Observation machten.
Halb liegend im Sessel schlief ich allerdings fast ein und ließ mich von der Fantasie einer entgegenkommenden Taylor einlullen. Auch, wenn sie ganz sicher niemals so reagieren würde, wie ich es gerne hätte. Trotzdem malte ich mir gerne aus, wie ihre Lippen wohl schmeckten und wie sich ihre Haut unter meinen Fingern anfühlte.
Die Gedanken an Taylor lenkten mich davon ab, an Liam zu denken und die Wut und Ohnmacht, der er aktuell ausgesetzt war. Ich konnte ihm im Moment sowieso nicht helfen und jetzt, wo Sophia in den Hamptons war, sollte ich dort nicht unbedingt auftauchen.
„Sie sind tatsächlich noch da", riss mich Paul Higgins Stimme aus meiner Träumerei. Ich rappelte mich auf und er reichte mir eine Mappe mit den Unterlagen: „Wenn ich detaillierter und weiter zurück suchen soll, nach was auch immer, dann müssen Sie mir zwei, drei Tage Zeit geben."
„Ich weiß selbst nicht so genau, nach was ich suche", gab ich zu und schlug die Mappe auf. Meine Augen huschten über die Formalen angaben, wie Geburtsort, Familienstand und Schule und Ausbildung.
Zuerst fiel es mir nicht auf, aber dann blätterte ich noch einmal zurück. Erstaunt sah ich Paul an und sprach: „Sind Sie ganz sicher, dass diese Daten stimmen?"
„Ja", er nickte bekräftigend.
Paul hatte sich ein fettes Trinkgeld verdient und ich gab es ihm. Dann wünschte ich ihm eine gute Nacht und trat nach draußen in die finstere Nacht. Mick trat gerade vor dem Wagen seine Zigarette aus und mein Fahrer und Vertrauter hob die Augenbrauen: „Sie wirken nicht besonders glücklich."
„So würde ich das nicht sagen", gab ich zu und schwang mich auf den Rücksitz. Ich war kein Profi, was die Welt der Mode anging. Zwar kannte ich die Label, aber ich wusste nicht, wie die jeweilige Firmenpolitik funktionierte.
Mit den Daumen strich ich über den Lebenslauf und mein Bauchgefühl hatte mich nicht betrogen. Bevor Louis Tomlinson zu Henry & Payne kam, arbeitete er bei Chanel. Das interessierte mich jedoch nicht. Viel mehr war es eine Überraschung, wo er vor Chanel seine Ausbildung gemacht hatte.
Louis Tomlinson war ein ehemaliger Mitarbeiter von GCooper. Jener Firma, die Familie Grant gehörte. Die Welt war erstaunlich klein.
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