17 Der Rainbow Room.
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❰ L I A M ❱
Diese dämliche Gala.
Ich bereute es, mich überredet gelassen zu haben. Erst am Morgen versuchte ich Sophia von diesem gesellschaftlichen Tamtam abzuhalten, indem ich ihr anbot für sie zu kochen, was sie wollte und auch so viel, wie sie wollte. Instagram war mir mittlerweile egal.
Doch sie ließ sich nicht erweichen. „Wir haben zugesagt, also gehen wir auch hin", erklärte sie ernst. „Reiß dich ein Bisschen zusammen, es ist schließlich der Rainbow Room. So furchtbar wird es nicht werden."
Es wurden Spenden gesammelt, die oberen Affen gaben sich die Ehre, man zwängte sich in einem Smoking. Man konnte auch Gutes tun, ohne dafür eine Party zu schmeißen, besonders, weil es mehr darum ging, gesehen zu werden und sich selbst ins rechte Licht zu rücken.
Da waren mir schmutzige und wilde Partys einfach lieber.
Ich war alleine zum Rockefeller Center gefahren, weil Sophia direkt von der Arbeit aus kommen wollte. Noch immer heftete sich Pauls Crew an ihre Fersen und ich war ganz froh drum gewesen. Morgen würde ich sie nach den letzten Wochen allerdings abziehen, denn ich verstand Sophia nur zu gut, dass sie es nicht mochte observiert zu werden.
Es gab keine Vorfälle und ich ließ Paul direkt überprüfen, wo sich David aufhielt. Der letzte Stand war sein Aufenthalt in England.
Mäßig gut gelaunt zupfte ich an meiner schwarzen Fliege herum und fühlte mich im Frack wie ein Pinguin. In der 65. Etage war der Rainbow Room bereits gut besucht. Ich musste meine Einladung vorzeigen und ein Kellner führte mich zum extra reservierten Tisch. Hier und da nickte ich einem bekannten Gesicht zu.
Unter anderem sah ich Harry, der mit einer unbekannten exotischen Schönheitskönigin weiter hinten im Saal saß. Was war aus diesem Bleichgesicht geworden, an die er so hartnäckig dran gewesen war?
Knapp hob ich die Hand zum Gruß und er erwiderte die Geste, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Mulan zu. Die Mitte des Rainbow Rooms war zur Tanzfläche umfunktioniert. Unser netter Bürgermeister samt Gattin rauschten von einem Geldsack zum nächsten, um ordentlich Spenden zusammen zu trommeln.
Das Orchester gab sich Mühe die Stimmung am Anfang angenehm zu gestalten und ich war sicher, dass die eigentliche Party erst viel später in Schwung kam. Statt zu bestellen, wartete ich bis Sophia endlich da war und blickte nach draußen auf das abendliche New York. Der Sommer fand sein Ende.
Meine Gedanken gingen zum Krisenrat bei Harry. Dieser dämliche Alptraum um David musste aufhören. Es gab genug andere Dinge, um die ich mich kümmern wollte.
Aus irgendeinem Grund prickelte mein Nacken und mein Blick glitt über die Tanzfläche. Auf der anderen Seite des Rainbow Rooms sah ich etwas Rotes und instinktiv verschoben sich meine Mundwinkel. Ich musste schmunzeln.
Sophia trug ein langes, rotes Kleid.
Es war elegant, trägerlos und hatte einen züchtigen Herzausschnitt. Schlicht und simpel gehalten, schien nichts besser zu ihr zu passen. In den Händen hielt sie eine kleine Tasche und strich sich eine leicht gelockte Haarsträhne hinter das Ohr.
Innerlich stellte ich mir bereits vor, wie ich eine Haarnadel nach der Nächsten aus ihren Haarknoten zog und sich die lange, schöne Mähne vor meinen Augen aufrollte. Ein Kellner führte sie in meine Richtung und ich musterte die Art, wie sie sich bewegte.
Sophia wirkte wie eine Frau, die sich ihr ganzes Leben lang schon in der High Society befand. Mir war nie aufgefallen, wie sehr mich ihre Eleganz reizte.
„Mr Payne", sprach der Kellner und rückte meiner Frau den Stuhl. Sophia setzte sich und dann gaben wir unsere Bestellung der Getränke auf. Jetzt konnte ich sie aus der Nähe betrachten und erkannte, dass sie sich sorgfältig geschminkt hatte, dennoch waren da die Müdigkeitsspuren.
„Wir müssen nicht hier sein", sprach ich und Sophia seufzte: „Weißt du, zur Abwechslung könntest du mehr Wert auf Smalltalk legen."
„Bei unserer ersten Begegnung hast du mir noch gesagt, dass ich nicht der Typ dafür wäre", konterte ich und sah an ihrem Schmunzeln, dass auch sie sich daran erinnerte. Leicht ließ sie die Karte sinken: „Trotzdem hätte ich nun nichts dagegen."
Ich beugte mich leicht vor und musste grinsen, dann begann ich: „Du siehst heute wirklich toll aus, das Kleid steht dir. Eigene Kollektion?"
„Du sollst mir nicht schmeicheln, sondern nach meinem Tag fragen", lachte sie.
Tief seufzte ich: „Du bist heute aber auch mit gar nichts zufrieden, Sweets. Wieso trägst du dein Haar zusammen? Es macht dein Gesicht rund."
Statt beleidigt zu sein, amüsierte Sophia sich ziemlich gut mit mir: „Kein Grund zu kritteln. Es ist warm und ich verspreche dir, dass ich sie offen habe, sobald wir das Rockefeller Center verlassen."
Das klang doch mal nach einen Grund hier möglichst früh zu verschwinden.
„Früher hättest du dir ein Bein ausgerissen um Party zu machen", sprach Sophia und ich verzog das Gesicht: „Das hier ist keine Party, sondern nur eine lästige Pflicht."
Wir bekamen unsere Getränke und bestellten Essen von der neuen Karte. Chirlane belästigte uns und schwor erst zu gehen, wenn ich ein bisschen Kleingeld für den guten Zweck locker gemacht hätte. Zu meiner Verblüffung öffnete Sophia ihre kleine Tasche und reichte Chirlane zwei Schecks: „Geoff lässt sich entschuldigen und wir hoffen, dass wir einen Anteil für renovierte Sozialwohnungen leisten können."
Chirlane strahlte und zählte die Nullen. An sich war nichts verkehrt am sozialen Engagement, doch Chirlane konnte enorm ungemütlich werden, wenn man ihre Projekte nicht unterstütze. Im Gegensatz zu mir wusste Sophia genau, worum es bei der heutigen Gala ging und plauderte mit der Gattin des Bürgermeisters.
Als unser Essen serviert wurde, da verabschiedete sich Chirlane milde gestimmt und ich schüttelte den Kopf: „Tz."
Mir gegenüber ließ Sophia den Blick schweifen und ich merkte, dass sie die Musik und den Ausblick sichtlich genoss. Ich kannte die Art und Weise wie sie die Menschen zu mustern. Mein Vater hatte die Angewohnheit im Urlaub ebenfalls.
Unser Essen kam und bereits nach wenigen Bissen ließ ich das Besteck sinken. Wir hatten eine Platte mit Hähnchen, gebratenen Gemüse und einer Soße, wo jemand es mit dem Salz zu gut gemeint hatte.
Sophia verzog mir gegenüber das Gesicht und gab zu: „Ich habe das Essen besser in Erinnerung."
„Das war, bevor du meines probiert hast", meinte ich großspurig, doch sie erwiderte freimütig: „Ja, irgendwie bin ich da wohl zu verwöhnt."
Wir pickten uns von der Platte, was wir halbwegs mochten und kaum räumte man unseren Tisch, da verstummte die Musik und Bill hielt seine Dankesrede. Neben ihm strahlte Chirlane und machte den einen oder anderen Scherz. Schließlich bat Bill: „Genießen Sie den Abend und begrüßen Sie mit mir unseren Ehrengast."
Adele höchst persönlich beanspruchte das Orchester für sich und selbst verwöhnte Snobs wussten eine goldene Stimme zu schätzen. Sophia mochte Anita Baker lieber, doch sie erhob sich trotzdem und fast automatisch tat ich es ihr gleich. Meine Hand fand ihre und ohne sie zu fragen, zog ich sie Richtung Tanzfläche, wo sich die ersten Paare tummelten.
Zu Soul konnte man gut tanzen und ich wusste, dass Sophia dies gerne tat. Als sie ihre Hand auf meine Schulter legte und sich von mir führen ließ, da erinnerte mich an diese Fake-Hochzeit auf dem Boot meines Onkels.
Eigentlich glaubte ich, dass ich mich alleine wegen der Erinnerung regelmäßig übergeben würde, aber irgendwie trat die Übelkeit nicht ein. Stattdessen dachte ich an das Kleid, welches Sophia an jenem Abend trug und wie es sich anfühlte mit ihr zu tanzen.
Sie bewegte sich sanft in meinen Armen, ich roch ihr zartes Parfüm.
Obwohl mein Leben gerade Kopf stand und sich um 180 Grad drehte, so war ich erstaunlich zufrieden und glücklich. Es war merkwürdig nicht ständig daran zu denken, wie man das Leben in einem Tempo beschreiten konnte, wo man nicht eine Sekunde darüber nachdachte, wie leer man sich am Morgen fühlte. Denn wenn die Sonne aufhing, dann war die Party vorbei.
Die Schatten verschwanden und man sah die Realität ungeschminkt, hässlich und ohne den Bonus von Illusion.
Jetzt waren mir die Illusionen egal.
„Was ist los?", holte Sophia mich zurück ins hier und jetzt. Ihre Finger strichen über meinen Nacken und ich sorgte dafür, dass wir während des Tanzes nicht ins Gehege von den alte Mr und Mrs Carrington zu kommen. Der Ölbaron und seine Gattin hatten die 80 überschritten und tanzten auf jeder Party, auf die sie kommen konnten.
Leider nicht immer sehr geschickt, sondern eher linkisch.
„Ich dachte nur daran dich eine Drehung machen zu lassen, aber mir ist das hier zu eng", sprach ich und Sophia lachte. Sie wirkte losgelöst und nicht mehr so angespannt, wie in den vergangenen zwei Wochen.
Adele trieb den Glamourfaktor höher und fast alle Gäste nutzten das aus. Die Romantik des Rainbow Rooms verbreitete sich, über uns glänzte der riesige Kronleuchter und Sophias Hand in meiner fühlte sich absolut richtig an.
Leicht lehnte sie sich gegen mich und wir wogen uns nach dem dritten Lied nur noch sanft hin und her. Obwohl wir nichts Besonders machten, so genoss ich diesen Augenblick wirklich sehr.
„Können wir gehen?", fragte Sophia und ich musste lachen: „Nein, du hast selbst gesagt, das hier gehört zur Pflicht. Wir sollten noch ein paar Hände schütteln und so."
Aber Sophia wollte keine Hände schütteln, stattdessen meinte sie: „Wir gehen, komm schon. Es wird nicht einmal auffallen, wenn wir nicht mehr da sind."
„Was war in deinem Essen, dass du bereit bist Konventionen zu brechen?", tat ich so, als würde ich hierbleiben wollten. Sophia runzelte die Stirn: „Das Essen hat nicht geschmeckt und ich will dich zu Hause in die Küche zerren."
„Zur Abwechslung könntest du mich auch mal wo anders hin zerren und den Raum wechseln", warf ich prompt ein. Bevor sie antworten konnte, da ließ ich sie einen Damensolo machen und sorgte dann dafür, dass wir ganz unauffällig zwischen den anderen Tanzenden verschwinden konnten.
Wir brauchten nicht auf Jacken zu warten und huschten schweigend in den Aufzug. Kaum schlossen sich die Türen, da hörte ich Sophia lachen: „Wenn wir gefragt werden, dann waren wir da!"
„Das ist Anstiftung zur Falschaussage, würde Niall jetzt sagen", erklärte ich ihr.
Sie schnaubte: „Hör auf so vernünftig zu sein! Das steht dir nicht."
„Wie soll ich sonst sein?"
„Kindisch, unreif und vulgär."
Kindisch und unreif war für den heutigen Tag aus, aber vulgär konnte ich ihr bieten. Es war schwer im Auto die Finger von ihr zu lassen, doch sobald wir das Gebäude erreichten, in dem unser Penthouse lag, da konnte ich nicht anders und ließ meinen Blick erneut über das rote Kleid gleiten.
Sophia bemerkte dies und drückte den passenden Knopf im Aufzug. „Was ist mit deinen Augen los?"
„Nichts, denen gefällt nur, was sie sehen", sprach ich und folgte ihr ins Penthouse. Im Flur schlüpfte Sophia aus ihren Schuhen und stellte die Handtasche ab. Die feinen Hände gingen zu ihren Haaren und sie hielt Wort.
Aufmerksam beobachtete ich, wie sich eine Haarsträhne nach der nächsten über ihrer Schulter entrollte. Sophia bemerkte es und ließ sich mit Absicht noch mehr Zeit. Ich grinste und zog den Frack von den Schultern. Achtlos legte ich ihn über einen Sessel im Flur und nestelte an den Knöpfen der Weste.
„Mach mich nicht wuschig", sprach Sophia, ihr Blick heftete an meinen Händen und ich schmunzelte: „Was spricht dagegen?"
Nichts.
Und das wussten wir beide.
Ich hatte den Moment verpasst, als alles, was mit Sophia zusammenhing leicht und kompliziert zugleich wurde. Ihr Kleid zu öffnen, den Stoff unachtsam auf den Boden gleiten zu lassen und mich von ihren Duft völlig den Verstand vernebeln zu lassen, war... als würde man kleine Enten in den Teich schubsen.
Ihre Küsse schmeckten vertraut, jede ihrer Liebkosungen sorgten für eine Gänsehaut auf meinem Körper und ich konnte gar nicht schnell genug dafür sorgen, dass sie jedes bisschen Stoff am Körper verlor.
Mit den Händen griff ich in ihr weiches Haar und brachte sie im Schlafzimmer im Bett unter mich. Jeden Zentimeter ihres Körpers erkundigte ich neu. Er hatte sich verändert, die Brüste waren größer, aber auch empfindlicher geworden und ich genoss Sophias Keuchen, als ich mit der Zunge über die Brustwarzen fuhr.
Nun fühlte sie sich unglaublich weich unter meinen Händen an und kurz hielt ich inne, denn die Wölbung ihres sonst so flachen Bauches sorgte für einen Stopp der Erkundungstour. Nichts hätte mir deutlicher signalisieren können, wie sehr sich die Zukunft bald änderte.
Mit den Fingerspitzen malte ich Muster auf ihren Bauch und Sophia ließ mich. Wir würden das schon hinkriegen, bis es so weit war, hatten wir noch genug Zeit uns an diesem Gedanken zu gewöhnen, dass wir Eltern wurden.
Irgendwann rollte Sophia mich auf den Rücken und kletterte auf meinen Schoss. Vorsichtig ließ sie sich auf meinem harten Schwanz nieder und ich streckte beinahe den Rücken durch. Sie so nah und stark zu fühlen erregte mich bis in die Haarspitzen.
Ihre Hände verschränkten sich mit meinen und sich im Rausch der Ekstase zu verlieren war alles, was wir die folgenden Minuten wollten. Unser Stöhnen erfüllte den Raum und ich saugte jeden Augenblick dieser Nähe in mir auf.
Nach dem Sex blieb Sophia neben mir liegen, ich hatte den Arm um sie geschlungen und strich über ihren nackten Rücken. Müde sprach Sophia: „Ich wette, es ist doch aufgefallen, dass wir gegangen sind."
„Es steht Aussage gegen Aussage", behauptete ich. „So lange wir beide dieselbe Version des Abends von uns geben."
Sie lachte und prompt stimmte ich mit ein.
Der Morgen vertrieb die Nacht und als ich die Augen aufschlug, da sah ich die Schatten an der Decke des Schlafzimmers und sie verschwanden. Die Realität war wieder da und sie war... erträglich.
Neben mir schlief Sophia, sie hatte die Decke bis zum Kinn hochzogen und ich betrachtete ihr entspanntes Gesicht.
Ich war glücklich. Wenn nicht sogar mehr als das.
Die Hektik, der ständige Drang zu rennen und die merkwürdige Kälte waren weg.
Was für ein wunderbares Gefühl.
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