16 Cosa Nostra.
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❰ L I A M ❱
„Das kann doch nicht euer Ernst sein!"
Ich blieb mitten im großen Wohnzimmer von Harrys Penthouse stehen. Eigentlich war ich für eine Runde Billard hier, auch, wenn der späte Nachmittag mich hätte stutzig machen sollen. Normalerweise kroch Harry um diese Zeit erst aus seinem Bett.
Jetzt saß er in einem schweren Ohrensessel und drehte einen Joint zwischen seinen Fingern. Ihm gegenüber saß Zayn Malik und dröhnte sich bereits die Birne zu. Sofort ging meine Laune in den Keller.
Wer nicht in dieses Bild passte, war Niall.
Mit verschränkten Armen lehnte er gegen die Couch und wirkte nicht, als käme er vom Gericht.
„Hört mal, ich habe genug zu tun und muss meine Zeit nicht in der Nähe von dem da verplempern", sprach ich und nickte auf Malik. Der blieb jedoch absolut gelassen, kein Wunder, wenn er sich hier schon länger zudröhnte.
Ich dachte an die Immobilien, die ich mir die letzten Wochen angesehen hatte und schließlich waren Sophia und ich fündig geworden. Ein Haus, etwas außerhalb von New York hatte uns beiden gefallen und die Renovierungen liefen auf Hochtouren. Ich musste immer wieder dort vorbei und die Veränderungen prüfen. Außerdem wollte ich noch mit Paul sprechen.
Die Sicherheit meiner Frau ging vor. Ab und an fühlte Sophia sich von dem Schatten jedoch belästigt. Mir war allerdings wohler dabei, dass sie wenig Angriffsfläche bot.
„Es wird nicht lange dauern", meinte Niall und zog meine Aufmerksamkeit auf sich. „Setzt dich."
Nein danke, ich blieb lieber stehen. Ohne mich zu regen, blieb ich, wo ich war. Das brachte meinen besten Freund dazu, tief zu seufzten: „Okay, von mir aus, spiel da weiter Denkmal. Harry, willst du Liam aufklären?"
Das, was ich als Nächstes hörte, überraschte mich.
„Seit einigen Wochen hält sich ein Typ in New York auf, der uns ein wenig Magenschmerzen bereitet", sprach der Lockenkopf. Automatisch hob ich die Augenbrauen, denn wenn Harry von Magenschmerzen redete, dann lag das definitiv nicht am schlechten Essen.
Ich erinnerte mich an diesem Mann, der Gemma vor ein paar Jahren belästigte. Damals hatte Harry zum ersten Mal 'Magenschmerzen' und sie waren verschwunden, sobald wir uns um den Kerl 'gekümmert' hatten.
„Wie schlimm sind deine Magenschmerzen, wenn wir jetzt schon die Anwesenheit von Pisskopf ertragen müssen?", mit dem Kinn nickte ich auf Malik. Doch dieser reagierte nicht einmal auf meine Beleidigung.
Niall löste die gekreuzten Arme vor der Brust: „Normalerweise habt ihr keine Probleme damit jemanden, der ungemütlich ist, loszuwerden, indem ihr euch auf eure Art und Weise absprecht. Aber dieses Mal spielt ihr alle in derselben Liga."
Das war neu.
Es kam nicht oft vor, dass einer von uns wollte, jemand würde aus New York verschwinden. Doch die New Yorker High Society und das Drumherum war klein. In der Regel kannte man sich untereinander. Die einen besser, die anderen schlechter. Normalerweise gab es nie Schwierigkeiten, Intrigen waren nichts Besonderes in unserem Kreis, aber Intrigen ihre Grenzen.
Nur gab es Ausnahmen. Wir führten keine Liste über besagte Sonderfälle. Das Einzige, was sie gemeinsam hatten, war, dass wir sie alle als Ausnahme ansahen. Alte Freunde und Familie gehörten zu den Ausnahmen, denen man möglichst keinen Schaden zufügte.
Das System funktionierte ohne ausgemachte Regeln.
„Wir müssen David Grant loswerden", sprach Zayn schließlich und in diesem Moment änderte sich meine Haltung.
Mein Blick glitt zu Niall und dieser deutete auf einige Unterlagen, die auf dem niedrigen Tisch zwischen ihnen lagen: „Grant hat mehrere versiegelte Akten und das bedeutet ganz sicher nichts Gutes. Ich meine, ihr drei-", er machte eine Geste von mir, zu Harry und zu Zayn, „-habt alle ein Vorstrafenregister. Aber keiner von euch lässt die Taten verschwinden oder versiegeln."
Harry neigte den Kopf: „Nialls Schnüffler ist dabei die Akten entriegeln zu lassen, damit wir wissen, was drin steht."
„Den Gerüchten nach ist er lediglich gewalttätig", meinte Zayn trocken, als würde das nicht reichen.
Ich versuchte mich zu entspannen, doch das schaffte ich nicht: „Es ist kein Gerücht."
Just in diesem Augenblick hatte ich die Aufmerksamkeit aller drei und fuhr fort: „Er prügelt Frauen gerne ins Krankenhaus, wahrscheinlich geht ihm richtig einer ab dabei. Seine Kohle und Papis Einfluss nutzt er, um strafrechtlich nicht verfolgt zu werden. Richter und Bullen werden geschmiert. Hat zumindest in England immer Bombe geklappt."
Niall runzelte die Stirn: „Woher weißt du das?"
„Sagt mir erst, wieso Grant hier überhaupt zur Sprache kommt. Hat er was gemacht?", ich vergrub die Hände in den Hosentaschen und sah sie abwartend an. Zayn war es jedoch, der redete: „Gewisse Quellen haben mir ebenfalls erzählt, er wäre ein Frauenschläger, aber... es ist seltsam."
Normalerweise hatte ich nicht viel Geduld mit Malik, doch jetzt kratzte ich alles an Gelassenheit zusammen.
„Erinnerst du dich an die blonde Puppe, die mit dir im Wagen gesessen hat, als du deine Karre im Schaufenster von Dior geparkt hast?", fragte er.
„Courtney White", antwortete ich automatisch.
„Sie ist verschwunden", ließ Harry die Bombe platzen. Ich blinzelte: „Ja und? Vielleicht ist sie wieder im Entzug, oder ihr Vater hat sie ins Kloster gesteckt."
Könnte alles möglich sein. Ein Entzug war nichts Ungewöhnliches.
„Das haben wir geprüft", erklärte Niall. „Niemand weiß nicht, wo sie ist."
Was sollte das heißen?
„Man hat sie letzte Woche zuletzt gesehen, als sie mit Grant etwas in einer Bar getrunken hat, sie sind in sein Auto gestiegen und dann - puff", Malik schüttelte den Kopf. „Courtneys Freundinnen waren noch der Meinung, sie hätte einen krassen Fang gemacht."
„Ja, krass krank", entwich es mir. Es wurde Zeit auszupacken und das tat ich auch. „Ich weiß, dass Grant ein Frauenschläger ist, weil... ich jemanden kenne, der ihn überlebt hat."
„Überle-", Harry blieb der Rest im Hals stecken. Hektisch fuhr er aus dem Sessel: „Ich habe genug gehört, lasst uns dafür sorgen, dass dieser Psycho verschwindet! Das hier ist meine Stadt und ich werde nicht die nächsten Monate damit verbringen hinter meiner Schwester herzustalken, bis er von selbst feststellt, dass New York nicht die Bahamas sind!"
Niall spannte sich an und biss sich nachdenklich auf die Unterlippe: „Du denkst also wirklich, das Grant vielleicht einen Mord auf dem Gewissen hat?"
„Das weiß ich nicht", gab ich zu. „Ich weiß nur, dass er zu vielem fähig ist und er New York verlassen sollte."
„Uh, Payno hat ihm ne' Ansage gemacht und er hat natürlich plopp, das Weite gesucht", sprach Malik sarkastisch. „Hät' ich auch gemacht, bist ja auch so furchteinflößend."
„Darauf habe ich nicht gesetzt", gab ich zu. „Also, irgendwelche Pläne, was Grant angeht?"
„Wir treten ihm die Tür ein, brechen ihm ein paar Knochen und bezahlen den Transport in ein Krankenhaus nach England", schlug Harry vor und Niall hob die Hände: „Da bin ich raus."
„Ich auch", stimmte Malik zu. „Weißt du wie schwer es ist jemanden einen Knochen zu brechen, wenn der sich nicht im Gesicht befindet?"
Kurz kreuzen sich unsere Blicke, denn wir hatten das schon gegenseitig versucht.
„Wisst ihr, wo er sich in New York aufhält?", fragte ich und machte Harry noch nervöser. „Ist es auch ganz sicher Grant gewesen, den man mit Courtney gesehen hat? Wir haben hier eine Menge Anzugsträger. Hinterher war es nur ein Börsen-Fuzzi und all der Scheiß umsonst."
„Ich kenne jemanden, der schuldet mir noch etwas und lasse Flüge überprüfen", sprach Niall langsam. „Dann wissen wir, ob er wirklich abgehauen ist."
„Sollte er es nicht sein, dann-", Harry machte eine würgende Bewegung mit seinen Händen. „-brachen wir einen Plan, um ihn loszuwerden."
Ich kam mir vor wie ein Teil der Cosa Nostra, nur ohne den Don. Solche Zusammenkünfte hatten wir selten und das letzte Mal war Strohkopf Andy ein Teil davon gewesen.
„Wie lange wirst du brauchen, um die Flüge zu checken?", fragte ich. Mein bester Freund schien unschlüssig: „Keine Ahnung, ich lasse das heute noch in Angriff nehmen."
„Haltet mich auf dem Laufenden", sprach ich und ließ weiterhin ein paar Details aus. Viel wichtiger war, dass nun auch weitere Leute wussten, dass mein Halbbruder Dreck am stecken hatte. „Und sorgt dafür, dass aus eurem Umfeld niemand mit ihm zu viel Zeit verbringt."
Grace hatte sich bei Onkel Chet eingeschlossen, um sie musste ich mir keine Sorgen machen, dass sie rein zufällig David über den Weg lief. Was Eliza anging... ich wusste nicht einmal, wo sie sich zur Zeit aufhielt. Doch ich war mir sicher, dass meine Schwester gut auf sich selbst aufpassen konnte.
Trotzdem machte es mich nervös, dass David eventuell immer noch in New York war. Denn ich ging fest davon aus, dass er das Weite suchte. So lange ich keine absolute Gewissheit hatte, würde ich Sophia weiterhin Personenschutz aufs Auge drücken.
Ich verließ Harrys Penthouse und checkte meine Nachrichten. Man nervte mich, dass ich meinen Instagram-Account besser pflegen sollte, aber all das musste warten. Meine Pläne waren für heute ein paar andere.
Bis zu Henry & Payne brauchte ich lange. Der Verkehr war dicht und ich ungeduldig. Automatisch wollte ich nach meinen Zigaretten im Handschuhfach des Rovers langen. Doch kaum hatte ich das Nikotin in den Händen, da warf ich es angespannt zur Seite.
Im Hauptgebäude fand ich Sophia in den Schneiderräumen. Umgeben von Kleiderpuppen und zahlreichen Stoffen, die sich auf Tischen türmten, saß sie auf dem Boden und beugte sich über ein auffälliges Muster. Oder eher ein Muster, das gerade erst entstand. Von Hand nähte sie aufwendige Blumen auf den rotbraunen Stoff.
„Hör auf mich wütend zu machen, Louis!", hörte ich Sophia sagen und bemerkte ihren 750.000 Dollar-Deal. Der Fusselkopf hockte in einem altmodischen Ohrensessel und kratzte sich im Nacken, seine Miene war unbewegt: „Ich meine nur, dass wir bezüglich der Farben mutiger sein sollten. Damit wir uns von den anderen abheben."
Tief seufzte Sophia: „Und ich dachte, wir sind uns wegen der Farben endlich einig. Du musst aufhören ständig deine Meinung zu überdenken, Louis. Damit machst du uns nichts als Ärger und zusätzliche Arbeit."
„Ich rede ja nicht davon, dass wir sämtliche Farben neu entscheiden sollten. Nur so... bei vier, fünf Entwürfen", warf der zweite Designer ein. Das war der Moment, in dem ich mich bemerkbar machte: „Entscheidet das morgen und nicht heute."
Sophia hob den Kopf und ich musterte sie. Wieso konnte sie ihr Haar auf der Arbeit nicht einfach offen Tragen? Ich hasse diesen Haarknoten, der sie so konservativ und nüchtern aussehen ließ. Gegen das dunkelblaue Kleid konnte ich nichts einwenden, es betonte ihre Beine.
„Ich dachte du kommst erst am Nachmittag", sprach sie und kämpfte sich umständlich auf die Beine. Automatisch griff Louis nach ihrer Hand, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor.
„Es ist Nachmittag", erinnerte ich sie und Sophia stellte fest, dass sie vor lauter Arbeit die Zeit vergessen hatte. „Schon gut", kam ich ihr entgegen. „Mach den Weiberkram erst fertig, danach können wir immer noch zum neuen Haus und darüber lästern, wie schlampig die Arbeiten vorangegangen sind."
Tomlinson konnte man nicht provozieren, er blieb völlig gleichgültig. Hatte der Typ auch was anderes, als seine Arbeit? So im Nachhinein wusste ich absolut nichts über ihn, außer, dass Sophia seine Ideen liebte.
Sie wollte ihre Arbeit einsammeln, doch Louis winkte ab: „Lass nur, ich mache das fertig."
„Danke, ich revanchiere mich", sie klopfte sich nicht vorhandenen Staub vom Kleid und drehte sich zu ihrer Handtasche um. Dabei bemerkte ich, dass ihr Kleid leicht am Bauch spannte.
Prompt wurde mein Hals trocken.
Nicht vor Panik, sondern... einfach so.
Mir fielen lauter Kleinigkeiten auf. Die morgendliche Übelkeit ließ bei ihr nach, dafür hatte sie einen sehr großen Appetit entwickelt und kämpfte dagegen an ständig müde zu sein. Ich wartete auf Launenhaftigkeit, die man schwangeren Frauen vorwarf, aber Sophia beschwerte sich nur darüber, dass ihre Füße regelmäßig anschwollen und sie nicht in ihre Pumps passte.
Darum kümmerte sich zum Glück Eleanor und so weit ich wusste wollten beide diese Woche die Garderobe erneuern. Sophia bekam keine Hose mehr zu, obwohl sie noch weit von einer richtigen Kugel entfernt war. Der Bund ihrer Anzugshosen gab nicht nach und machte die Wölbung ihres Bauches zum Problem.
Im Auto lehnte sich Sophia neben mir entspannt zurück und kickte sich mit den Hacken die flachen offenen Schuhe von den Füßen. „Am liebsten würde ich in Jogginhose arbeiten", gestand sie. „Können wir vorher bei Dunkin' Donuts halten?"
„Da waren wir gestern schon."
„Das ist den Donuts doch egal!"
Ich diskutierte nicht mit ihr, es war sowieso sinnlos. Also bekam sie ihren Willen und kaufte eine 12er Box. Hoffentlich kotzte sie davon heute Abend nicht. Den Becher mit den Smoothie vernichtete sie noch im Auto und ich lenkte den Wagen sicher durch den New Yorker Verkehr nach draußen.
„Übrigens", begann Sophia, „Geoff möchte, dass wir morgen an einer Spenden-Gala teilnehmen. Sie findet im Rainbow Room statt."
„Nein", wehrte ich ab. Doch Sophia ließ den Smoothie sinken und grinste: „Doch, doch. Komm schon Liam, wir waren schon mal im Rainbow Room und das Essen ist gut dort."
„Ist dir aufgefallen, wie verfressen du geworden bist?", wollte ich sie beleidigen, aber sie lächelte nur: „Adele tritt dort auf."
Tja, Pech, dass ich kein Fan von Adele war. Kanye West wäre ein anderes Thema.
Nach all den Monaten wusste Sophia jedoch ganz genau, wie sie mich rumkriegen konnte: „Was ist, wenn ich dafür sorge, dass man dich mit diesem Instagram-Wahninn in Ruhe lässt? Gehst du dann mit mir zur Gala?"
Wie könnte ich diesen Deal nicht machen?
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