10 Eine kleine Sünde.
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❰ E L E A N O R ❱
„Dieser verfluchte Egomane!", schimpfte ich wütend vor mir hin. Es war brütend heiß, Sommer in New York und ich klebte auf der Rückbank eines Taxis. Mit dabei eine schwere Kiste und einer großen Tasche mit allen möglichen Schnickschnack.
Ich hasste es, aber ich musste noch einmal bei Louis vorbei.
Kaum war der dämliche Goldjunge in seinen Feierabend gegangen, da kam die Nachricht rein, dass das Model, welches Henry & Payne für die Herbstkampagne buchen wollten, in einem Drogenentzug steckte. Noch dazu war Carmen Torres ausgewählt worden, weil sie zum Großteil zu den Kollektionen passte. Louis suchte sie aus und er sollte nun auch über den Ersatz entscheiden.
Ich wünschte, Sophia würde sich um die Models kümmern, aber sie hatte für den Herbst über die Farben entscheiden dürfen. Sie und Louis machten da immer seltsame Kompromisse. Der Eine entschied das, der Andere dies.
Da ich schon einmal bei Louis gewesen war, wusste ich in etwa noch, wo ich hin musste. Zumindest tat Max mir den Gefallen und rief Teuflinson an, um mein Kommen anzukündigen. Seinen dürren Arsch nach Henry & Payne zu bewegen, kam für ihn nicht in Frage.
Schnell bezahlte ich den Taxifahrer und wuchtete die Kiste mit den Bewerbungen nach draußen. Nachdem ich an der Haustür geklingelt hatte, kam es mir vor, als würde Louis sich extra Zeit lassen mir die Tür zu öffnen.
Natürlich half er mir mit meinem Ballast nicht die Treppen hoch. Ich musste das mal wieder alleine machen und vermisste die ganzen Gentlemen, mit denen ich eigentlich ausging. Diese halfen einem in den Mantel, ließen Geschenke springen und ihnen würde nicht einmal im Traum einfallen, mich die Kiste selbst tragen zu lassen.
So stampfte ich eine Stufe nach der Nächsten ab und stolperte durch die offene Tür.
„Schuhe aus", hörte ich Teuflinsons Stimme und aus reinen Protest behielt ich die Sandaletten an.
„Ich bringe persönliche Post", teilte ich ihm mit und betrat die große Küche der Hölle. Es war merkwürdig ordentlich und ruhig. Im Flur hingen weniger Jacken und als ich mich umblickte, da konnte ich direkt ins Wohnzimmer sehen, wo ein paar Babyspielzeuge lagen.
„Neieieieieieieieieieiein!", kreischte eine Kinderstimme und ich bemerkte Freddie, der ziemlich sicher auf eigenen Füßen durch die Tür sauste. Er trug einen niedlichen Schlafanzug mit grinsenden Wolken drauf und noch bevor er bis zum Tisch kam, wurde er von zwei starken Armen geschnappt.
Vergnügt johlte er auf und ließ sich von Louis herzen. Ganz der typische Werbeträger von Adidas wirkte Louis trotzdem ungewöhnlich losgelöst und entspannt. Er lächelte und sprach: „Keine Chance, Kumpel. Du gehörst ins Bett."
Missmutig schob Freddie die Unterlippe vor und in meine Richtung sprach Teuflinson: „Bin in zehn Minuten da."
Damit ließ er mich stehen und kam seiner väterlichen Pflicht nach. Ich versuchte nicht hinzuhören, als Louis Freddie ins Bett brachte und mit seinem Sohn diskutierte. Stattdessen packte ich die Kiste auf dem Esstisch aus und setzte mich auf einen Stuhl.
Elegant schlug ich die Beine übereinander und bereitete mich mental auf das nächste Duell mit ihm vor. Doch zu merken, dass Teuflinson nicht immer so unterkühlt und kaltschnäuzig war, machte es schwer einen Angriff zu starten. Deshalb wartete ich erst einmal ab.
Louis brauchte keine zehn Minuten, er kam früher zurück als erwartet und musterte mich: „Ich hätte nicht gedacht, dass du tatsächlich heute noch vorbeikommst."
„Man hat dich doch angerufen", erinnerte ich ihn, doch er zuckte nur mit den Schultern: „Sehr viel Auskunft gab es nicht. Also, sind das alle eventuellen Models die wir zur Auswahl haben?
„Ja", bekräftigte ich und bevor ich ihm die Ansammlung erklären konnte, fragte Louis mich, ob Kate Upton Platz in ihrem Terminkalender hätte. Ich hing mich sofort ans Telefon um das abzuklären. Doch ihr Manager teilte mir mit, dass Mrs Upton sich das ganze Jahr freigenommen hätte und überhaupt kein Shooting machte.
„Was ist mit Perrie Edwards?", warf ich ein. „Sie hat dir gut gefallen."
Louis wehrte ab: „Sie hat kleinere Shootings für den Sommer gemacht und ist erst wieder im Winter gebucht. Wir brauchen Abwechslung, außerdem passen die Farben zu ihren Tein nicht."
Demnach nutzen wir die Suchkriterien und ich fragte: „Wo ist der Rest deiner lebhaften Truppe? Es ist so ruhig hier."
Während Louis die unhandlichen Mappen durchging, antwortete er: „Phoebe und Daisy sind auf Klassenfahrt, Fizzy macht ein Sleepover mit Freundinnen und Lottie ist auf irgendeiner Collegeparty. Das heißt, sie kommt nicht vor übermorgen wieder, weil sie erst ihren Kater auskurieren muss."
„Machst du dir da keine Sorgen?", horchte ich und er schmunzelte: „Nein. Sie hat ihren Bodyguard von Freund dabei, er lässt sie keine zwei Sekunden aus den Augen."
Wahrscheinlich hatte der Bodyguard vorher noch eine klare Ansage von Louis bekommen und viel zu viel Schiss um die Party zu genießen.
Wir suchten. Und das verdammt lange.
Zahlreiche junge Frauen, die irgendwie nicht ins Magermodelschema passten, sahen wir uns genauer an. Doch an allen hatte Louis etwas auszusetzen. Zu gewöhnlich, zu austauschbar, kein Wiedererkennungswert. Allerdings verstand ich auch, nach was genau Louis suchte. Nur hatten die wenigsten Model-Agenturen sich auf Frauen spezialisiert, die nicht in übliche Schema passten.
„Muss die Frau unbedingt dunkelhaarig und südländisch sein?", warf ich ein und bemerkte, dass Louis sich ein Bier öffnete: „Ja, weil Taylor und Perrie Edwards bereits blond und blass sind. Man würde uns sonst rassistisches Verhalten vorwerfen."
Er reichte mir sein Bier und ich nahm es an: „Was für ein Schwachsinn."
„Wir sind in Amerika, hier ist es möglich gegen den Klopapierhersteller zu klagen, der eine Rolle zu wenig auf den öffentlichen Toiletten herausrückt", meinte Louis und machte geschickt das nächste Bier auf. Dabei fielen mir seine gepflegten Hände auf. Vielleicht sollte er anfangen sie versichern zu lassen, immerhin machte er damit seine Entwürfe.
Wir suchten weiter.
Der Stapel mit den abgelegten Models wurde größer und größer und schließlich klickten wir uns durch die gescannten Dateien. Irgendwann bemerkte ich, dass Louis nicht mehr auf den Bildschirm meines Laptops sah, sondern mich musterte.
„Was ist?", sprach ich gereizt und zeigte ihm somit, wie genervt ich war.
Eigentlich.
Uneigentlich mochte ich es, wenn wir uns mit Worten duellierten.
„Bist du dicker geworden, Calder?", provozierte er mich zuverlässig, wie ich es von ihm erwartete und versuchte das Prickeln in meinem Nacken zu ignorieren. Genauso, wie meine Kehle, die sich trotz Bier zusammenzog und trocken anfühlte.
Möglichst gelassen konterte ich: „Nein, nur braun. Du solltest deine Augen überprüfen lassen."
„Sicher?", horchte er noch mal und lehnte sich vor. Ich hob den Kopf und musterte ihn: „Und wenn ich zugenommen hätte?"
Louis schien die Frage nicht zu verstehen, denn er blinzelte und ich setzte hinzu: „Ist das ein Problem, wenn ich dicker geworden wäre? Würde ich meinen Job verlieren oder Opfer von Pummelwitzen werden?"
Prompt zuckten kurz seine Mundwinkel: „Hältst du mich für so einen Vollidioten?", knapp schüttelte er den Kopf. „Tzz, alles, was ich wollte, war, dass du aus der Haut fährst und mir unter Beweis stellst, dass du noch immer so aussiehst, wie das letzte Mal, als ich dich nackt gesehen habe."
Ich musterte ihn.
„Aber scheinbar bist du nicht mehr so kampfbereit, wie ich dich in Erinnerung habe", sprach er leichthin und machte eine unwischte Bewegung mit der Hand.
In diesem Moment stand ich elegant auf und neigte leicht den Kopf. Meine Hände glitten zum Verschluss des leichten Kleides. Obwohl Louis sich nicht regte, sah ich an seinem Blick, dass er darauf gewartet hatte.
„Bei all der Kohle, die Sophia dir in den Rachen wirft-", ich kam nicht dazu zu Ende zu sprechen, denn er unterbrach mich: „Ich würde niemals für Sex zahlen."
„In gewisser Weise tust du das schon", behauptete ich und ließ das Kleid langsam über meinen Körper rutschen. Es fiel zu Boden und Louis blickte mich an, als hätte er noch nie etwas Heißeres gesehen.
Und genau das gefiel mir unglaublich gut.
„Ach, bei dir ist das in Ordnung", fand Louis. „Ich kriege auch ordentlich etwas dafür geboten."
Nun musste ich über seine Direktheit lachen und kurz schmunzelte er, es kam einen Ritterschlag gleich. Dann ließ er seine Augen über meinen Körper wandern und ich ignorierte die Gänsehaut.
Louis' Stimme klang nun merkwürdig rau: „Du könntest, dreißig Kilo zunehmen und ich würde dich wahrscheinlich immer noch sexy finden." Sein Zeigefinger verhakte sich im Bund meines Höschens und zog mich so zu sich. Einen Augenblick lang überraschte er mich mit dieser ehrlichen Aussage, aber dann wurde ich abgelenkt.
Tiefe Küsse raubten mir den Verstand, ich verlor völlig den Kopf. Und genau dies war das Problem. Louis und ich passten auf dieser Ebene zusammen, wie Pech und Schwefel. Aber im direkten Vergleich waren wir wohl eher das Streichholz und Benzin.
Ich ließ mich nicht gerne benutzen, aber bei Louis war mir das irgendwie egal. Vielleicht, weil es sich nicht so anfühlte. Stattdessen machte er mich glücklich und gab mir für einen begrenzten Zeitraum Wärme und Leidenschaft.
Leise bewegten wir uns über den Flur, damit wir Freddie nicht weckten und im Schlafzimmer stieß ich Louis auf die Matratze. Er ließ dies geschehen und hatte keinerlei Probleme damit mir die Zügel zur Abwechslung zu überlassen.
Seine Klamotten landeten auf dem Boden und kaum saß ich auf seinem Schoß, da erkundeten seine Hände genüsslich meinen Körper. Louis machte kein Geheimnis daraus, dass ihm gefiel, was er unter seinen Fingern entdeckte.
Vielleicht war das oberflächlich, aber für den Moment reichte mir das.
Es reichte mir auch noch, als ich nackt unter ihm lag und mich den Bewegungen seines Körpers anpasste. Seine Hände verschränkten sich mit meinen und ohne Hemmungen gab ich mich diesen Rausch hin, den Louis auslöste.
Meine Lippen brannten durch seine Küsse und ich erreichte einen Sturzflug, der das Blut in meinen Adern gefühlt kochen ließ. Erhitzt und rollten wir am Ende über die Laken und ich hörte Louis nach Luft schnappen.
„Das... war...", begann ich und er schob hinterher: „... mal wieder sehr zufriedenstellend."
„... okay", korrigierte ich ihn.
Louis warf mir einen arroganten Blick zu: „Es war mehr als okay und das weißt du auch." Seine Haarspitzen waren feucht und ich betrachtete die Muster seiner Tattoos. Jetzt, im Sommer sah man zumindest die an seinen Armen öfters. Er versteckte sie im Büro nicht und manch einer fand das verwerflich. Ich fand, es war sein gutes Recht sie zu zeigen.
Nackt kletterte er aus dem Bett und zog die Schublade der Nachtkonsole auf. Kurz darauf roch ich Nikotin und Louis wandte sich um. Ohne ein Wort zu verlieren, hielt er mir die Zigarettenschachtel hin.
Ich drehte mich auf die Seite und nahm sie an, während er zum Fenster ging und es öffnete. „Wir sollten Marquita Pring für die Kollektion nehmen", sprach er völlig unvermittelt. „Sie wirkt zwar etwas älter, aber sie passt gut rein, und falls Sophia ein, zwei Grundfarben bei Ausnahmen ändert, dann wäre Kylie Jenner kein Problem. Aber die zu verpflichten wird teuer."
Ich schnaubte und zündete die Zigarette an: „Ich kann dir jetzt schon verraten, was Sophia dazu sagen wird."
Louis schmunzelte: „Nicht nur du. Deshalb halte ich Marquita Pring für eine gute Wahl."
Innerlich schrieb ich mir ein Memo mir den Namen zu merken. „Nun denn, ich mache mich mal auf dem Heimweg. Immerhin habe ich meinen Job erledigt und du bezahlst", ich zwinkerte. „Das war teures Bier."
Einen Augenblick lang sah Louis mich mit ausdrucksloser Miene an. „Ich könnte aus einem Bier noch mehr machen."
Nun hielt ich inne, ich hatte gerade nach meinem Höschen geangelt. „Ich will ein Frühstück."
„In Ordnung", fand er und erst da begriff ich, was genau ich mir damit nun eingebrockt hatte. Denn Frühstück hieß heute über Nacht zu bleiben. Ich wusste nicht, was ich seltsamer fand. Das ich es vorschlug, oder dass Louis es tatsächlich erlaubte.
Tief atmete ich das Nikotin ein und schlüpfte schließlich in mein Höschen. „Gut, aber ich werde nicht bis Morgen früh warten, sondern jetzt schon einen Blick in deinen Kühlschrank riskieren."
„Nur zu, bediene dich."
Ich verließ leise das Schlafzimmer und rauchte die Zigarette in der Küche aus, dann entsorgte ich sie und warf einen Blick in Teuflinsons Kühlschrank. Zu meiner Verblüffung war er gut eingeräumt und vor allem gesund. Das dürften die Mädels weniger cool finden. Ich nahm mir einen Jogurt und als ich mich umwandte, der Kühlschrank hinter mir schloss, da sah ich etwas auf dem Küchentisch blinken.
Es war mein Handy.
Obwohl ich mir vorgenommen hatte, nach zwanzig Uhr nicht mehr ständig meine Nachrichten zu checken, ging ich doch hin und stellte fest, dass es ein Update auf einer der zahlreichen Klatschblogs gab, die ich abonniert hatte. Seit ich für Henry & Payne arbeitete, war es wichtig zu wissen, was die High Society so trieb.
Doch dieses Mal gab es keine verwöhnte Göre, die sich Backpulver durch die Nase zog oder einen halbstarken Kerl, der einen Fotografen eins aufs Maul gab. Ich blickte auf ein Bild, dass mir ein nur zu bekanntest Gesicht zeigte.
David Grant war in New York und das nicht erst seit gestern. Sofort ging mein Puls durch die Decke und ich fühlte mich, als hätte mich jemand direkt in ein Schlachtfeld geworfen. Um mich herum schien alles nieder zu brennen und David Grant war der Auslöser.
Das Handy in meiner Hand schien zu glühen, wie heißes Eisen. Es wog eine Tonne aus Angst und innerliche Abscheu.
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